TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/10 W170 2199325-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.07.2018
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Entscheidungsdatum

10.07.2018

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z17
AsylG 2005 §2 Abs1 Z22
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
AsylG 2005 §34 Abs5
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W170 2199334-1/2E

W170 2199325-1/2E

W170 2199340-1/2E

W170 2199338-1/2E

W170 2199331-1/2E

W170 2199329-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

I. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.05.2018, Zl. 1116455609-160745138/BMI-BFA_STM_AST_01, zu Recht:

A) Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 28 Abs. 2

Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, stattgegeben und XXXX der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 4 leg.cit kommt XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter für drei Jahre zu. Gemäß § 3 Abs. 5 leg.cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018, nicht zulässig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.05.2018, Zl. 1115822409-160715883/BMI-BFA_STM_AST_01, zu Recht:

A) Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 28 Abs. 2

Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, in Verbindung mit §§ 3 Abs. 1, 34 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, stattgegeben und XXXX der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 4 leg.cit kommt XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigte für drei Jahre zu. Gemäß § 3 Abs. 5 leg.cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018, nicht zulässig.

III. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch XXXX und XXXX , diese vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.05.2018, Zl. 1115820807-160715905/BMI-BFA_STM_AST_01, zu Recht:

A) Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 28 Abs. 2

Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, in Verbindung mit §§ 3 Abs. 1, 34 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, stattgegeben und XXXX der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 4 leg.cit kommt XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter für drei Jahre zu. Gemäß § 3 Abs. 5 leg.cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018, nicht zulässig.

IV. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch XXXX und XXXX , diese vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.05.2018, Zl. 1115821009-1607159221/BMI-BFA_STM_AST_01, zu Recht:

A) Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 28 Abs. 2

Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, in Verbindung mit §§ 3 Abs. 1, 34 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, stattgegeben und XXXX der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 4 leg.cit kommt XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter für drei Jahre zu. Gemäß § 3 Abs. 5 leg.cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018, nicht zulässig.

V. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch XXXX und XXXX diese vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.05.2018, Zl. 1115821205-160715930/BMI-BFA_STM_AST_01, zu Recht:

A) Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 28 Abs. 2

Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, in Verbindung mit §§ 3 Abs. 1, 34 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, stattgegeben und XXXX der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 4 leg.cit kommt XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigte für drei Jahre zu. Gemäß § 3 Abs. 5 leg.cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018, nicht zulässig.

VI. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch XXXX und XXXX , diese vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung als Mitglieder der ARGE Rechtsberatung, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.05.2018, Zl. 1148042907-170416158/BMI-BFA_STM_AST_01, zu Recht:

A) Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. gemäß § 28 Abs. 2

Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, in Verbindung mit §§ 3 Abs. 1, 34 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, stattgegeben und XXXX der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 4 leg.cit kommt XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter für drei Jahre zu. Gemäß § 3 Abs. 5 leg.cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018, nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. XXXX (in Folge: beschwerdeführende Partei 1) stellte am 27.05.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, nachdem dessen Ehefrau XXXX (in Folge: beschwerdeführende Partei 2) und deren gemeinsame Kinder XXXX , XXXX und XXXX (in Folge: beschwerdeführende Partei 3, 4 und 5) bereits am 22.05.2016 einen solchen Antrag gestellt hatten. XXXX (in Folge: beschwerdeführende Partei 6), der am XXXX in Österreich geborene Sohn der beschwerdeführenden Parteien 1 und 2, stellte am 05.04.2017 - vertreten durch seine Eltern - ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Im Rahmen des Administrativverfahrens brachte die beschwerdeführende Partei 1 im Wesentlichen vor, sie habe Syrien verlassen, da sie fürchte, ansonsten als Reservist zum Militär eingezogen zu werden.

Im Rahmen des Administrativverfahrens legte die beschwerdeführende Partei 1 ihr Militärdienstbuch, ihr Familienbuch, ihre Bestätigung über den abgeleisteten Militärdienst und eine Heiratsurkunde samt entsprechender Übersetzung vor.

Im Rahmen des Administrativverfahrens brachte die beschwerdeführende Partei 2 im Wesentlichen vor, sie habe Syrien wegen des Krieges verlassen; auch sei ihr Mann - die beschwerdeführende Partei 1 - einberufen worden. Die beschwerdeführenden Parteien 3, 4, 5 und 6 hätten keine eigenen Fluchtgründe.

Im Rahmen des Administrativverfahrens legte die beschwerdeführende Partei 2 ihre Geburtsurkunde, ihr Familienbuch und ihren syrischen Personalausweis vor.

Im Rahmen des Administrativverfahrens wurden die beschwerdeführenden Parteien 3, 4, 5 und 6 nicht einvernommen, diese legten keine eigenen Dokumente vor.

Noch vor Bescheiderlassung gelangte dem Bundesamt zur Kenntnis, dass die beschwerdeführende Partei 1 in einem Streit wegen eines dieser nicht mundenden Mahls die beschwerdeführende Partei 2 geschlagen hätte; eine entsprechende Verurteilung ist aber weder dem Akt noch der Strafregisterauskunft der beschwerdeführenden Partei 1 zu entnehmen.

3. Nach Durchführung des oben dargestellten Ermittlungsverfahrens wurde der gegenständliche Antrag der beschwerdeführenden Partei 1 mit im I. Spruch bezeichneten Bescheid vom 25.05.2018, erlassen am 28.05.2018, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen. Unter einem wurde dieser der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die beschwerdeführende Partei 1 ihre Fluchtgründe nicht glaubhaft vorgetragen habe und daher eine asylrelevante Verfolgung nicht zu erkennen sei.

Die beschwerdeführenden Parteien 2, 3, 4, 5 und 6 erhielten gleichartige, in den II. bis VI. Sprüchen bezeichnete Bescheide, jeweils datiert mit 25.05.2018 und jeweils am 28.05.2018 zugestellt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass diese keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht hätten und daher im Familienverfahren wie dargestellt zu entscheiden gewesen sei.

4. Mit am 22.06.2018 bei der Behörde eingebrachtem Schriftsatz wurde gegen den jeweiligen Spruchpunkt I. der in den Sprüchen I. bis VI. bezeichneten Bescheide Beschwerde erhoben. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der beschwerdeführenden Partei 1 in Syrien die zwangsweise Einziehung zum Militär drohen würde und wurden Ausführungen zur Asylrelevanz des gegenständlichen Vorbringens getätigt.

5. Die Beschwerden wurden samt den bezugnehmenden Verwaltungsakten am 27.06.2018 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Hinsichtlich des XXXX hat das Bundesamt im diesen betreffenden Bescheid festgestellt, dass dessen Identität feststehe und dieser der Ehemann von XXXX sowie der Vater der minderjährigen, ledigen Kinder XXXX , XXXX , XXXX und XXXX sei; letzteres entspricht auch den Feststellungen in den Bescheiden von XXXX , XXXX , XXXX , XXXX und XXXX . Weiters ging das Bundesamt im Bescheid davon aus, dass XXXX am XXXX geboren worden sei; diesen Feststellungen ist weder XXXX noch XXXX , XXXX , XXXX , XXXX und XXXX in der Beschwerde entgegengetreten und sind diese nachvollziehbar bzw. mit der Aktenlage in Einklang zu bringen.

XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX und XXXX sind in Österreich unbescholten.

1.2. Das Bundesamt hat im XXXX betreffenden Bescheid festgestellt, dass dieser an keiner schwerwiegenden lebensbedrohenden physischen oder psychischen Erkrankung leide; dieser Feststellung ist XXXX in der Beschwerde nicht entgegengetreten und ist diese nachvollziehbar bzw. mit der Aktenlage in Einklang zu bringen.

1.3. Das Bundesamt hat im XXXX betreffenden Bescheid festgestellt, dass willkürliche Festnahmen, Misshandlungen, Folter und Verschwindenlassen durch Einheiten der Regierung weit verbreitet seien und systematisch in Syrien geschehen würden. Es gebe Berichte von desertierten syrischen Soldaten, welche gezwungen worden seien, auf unbewaffnete Zivilisten und Protestierende, darunter Frauen und Kinder, zu schießen.

Das Bundesamt hat im XXXX betreffenden Bescheid festgestellt, dass bei der Einreise nach Syrien über den Flughafen Damaskus oder andere Einreisepunkte in Gebiete, die vom syrischen Regime kontrolliert werden würden, bei Männern im wehrfähigen Alter überprüft werde, ob diese ihren Militärdienst bereits abgeleistet hätten und dass es, selbst wenn diese den Militärdienst bereits absolviert hätten, vorkomme, dass diese Männer erneut zwangsweise rekrutiert würden. Gemäß Art. 15 des Gesetzesdekrets Nr. 30 von 2007 bleibe ein syrischer Mann nach Beendigung des Pflichtwehrdienstes, und wenn er sich gegen Eintritt in den Militärdienst als Berufssoldat entscheide, Reservist und könne bis zum Erreichen des 42. Lebensjahres in den aktiven Dienst einberufen werden. Die vor dem Konflikt übliche Einberufung zum Reservedienst zur Auffrischung der militärischen Fähigkeiten in der Dauer von mehreren Wochen oder Monaten habe sich seit 2011 geändert.

Das Bundesamt hat im XXXX betreffenden Bescheid weiters bzw. abermals festgestellt, dass Personen bei der Einreise nach Syrien über den internationalen Flughafen Damaskus oder andere Einreiseorte kontrolliert würden. Bei männlichen Personen im wehrfähigen Alter werde auch kontrolliert, ob diese ihren Militärdienst bereits abgeleistet hätten. Männer im wehrfähigen Alter seien bei der Einreise besonders gefährdet, Opfer von Misshandlungen durch das Sicherheitspersonal zu werden. Die Sicherheitsorgane hätten am Flughafen freie Hand und gebe es keine Schutzmechanismen, wenn eine Person verdächtigt und deshalb misshandelt werde. Es könne passieren, dass die Person sofort inhaftiert und dabei Opfer von Verschwindenlassen oder Folter werde.

Diesen Feststellungen ist XXXX in der Beschwerde nicht entgegengetreten und sind diese nachvollziehbar bzw. mit der Aktenlage in Einklang zu bringen.

Das Bundesamt hat festgestellt, dass nicht festgestellt werden könne, dass XXXX im Falle einer Rückkehr nach Syrien zum Kriegsdienst herangezogen würde.

1.4. Das Bundesamt hat keine Tatsachen festgestellt, die auch nur den Verdacht des Vorliegens eines Asylausschluss- oder -endigungsgrundes durch XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , XXXX oder XXXX darstellen könnten; solche sind auch nicht erkennbar.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus der unbedenklichen Aktenlage sowie aus dem - schon durch das Bundesamt in das Verfahren eingeführte und den Parteien bekannte - Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Syrien vom 25.01.2018, zuletzt aktualisiert am 18.05.2018.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

1. Gemäß § 3 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017 (in Folge: AsylG), ist Asylwerbern auf Antrag der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft gemacht wurde, dass diesen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955 in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (in Folge: GFK), droht und dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG gesetzt hat.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG ist unter Herkunftsstaat der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt, oder - im Falle der Staatenlosigkeit - der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes zu verstehen. Dies ist im vorliegenden Fall für alle beschwerdeführenden Parteien zweifellos Syrien.

2. Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht einer Person, die sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; ebenso droht entsprechende Verfolgung einer Person, die staatenlos ist und sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in den Herkunftsstaat zurückzukehren. Es ist auszuführen, dass § 3 Abs. 1 AsylG auf den Flüchtlingsbegriff (drohende Verfolgung im Herkunftsstaat) im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK verweist. Danach ist entscheidend, ob glaubhaft ist, dass den Fremden in ihrem Herkunftsstaat Verfolgung droht. Dies ist dann der Fall, wenn sich eine mit Vernunft begabte Person in der konkreten Situation der Asylwerber unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat fürchten würde (VwGH 24.06.2010, 2007/01/1199). Weiters setzt die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung nicht voraus, dass der Asylwerber vor seiner Ausreise eine individuell gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlung bereits erlitten haben müsste oder ihm zumindest eine solche bereits konkret angedroht worden wäre; eine derartige Befürchtung ist auch dann gerechtfertigt, wenn die Verhältnisse im Heimatland des Asylwerbers dergestalt sind, dass die Angst vor der vorgebrachten, drohenden Verfolgung objektiv nachvollziehbar ist (siehe VwGH 25.01.1996, 95/19/0008, wenn auch zum Asylgesetz 1991, BGBl. Nr. 8/1992 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 76/1997, jedoch unter Bezugnahme auf den Flüchtlingsbegriff der GFK).

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt ausdrücklich die Auffassung, dass unter dem Gesichtspunkt des Zwangs zur Mitwirkung an völkerrechtswidrigen Militäraktionen - etwa gegen die Zivilbevölkerung - auch eine bloße Gefängnisstrafe asylrelevante Verfolgung darstellen kann (siehe VwGH 25.3.2003, 2001/01/0009, zitiert nach Feßl/Holzschuster [Asylgesetz 2005, 117 ff]). Dies wird auch ausdrücklich im Art. 9 Abs. 2 lit e der Richtlinie 2011/95/EU als asylrelevante Verfolgung festgehalten. Daher ist eine (drohende) Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter den Anwendungsbereich der Ausschlussklauseln des Artikels 12 Absatz 2 der genannten Richtlinie fallen, eine (drohende) asylrelevante Verfolgung.

Schon durch das Bundesamt wurde festgestellt, dass es im Bürgerkrieg in Syrien zu durch staatliche Stellen zu verantwortende Menschenrechtsverletzungen kommt.

Das Bundesamt hat des weiteren festgestellt, dass syrische Männer bis zum 42. Lebensjahr Reservisten des syrischen Militärs sind und solche eingezogen und in der Aufstandsbekämpfung eingesetzt werden. Zwar hat das Bundesamt - wenn auch nicht unwidersprochen - festgestellt, dass nicht festgestellt werden könne, dass die beschwerdeführende Partei 1 im Falle einer Rückkehr nach Syrien zum Kriegsdienst herangezogen würde, die hier geforderte Feststellung einer Sicherheit, dass diese zum Kriegsdienst herangezogen würde, ist aber auch nicht notwendig. Es reicht aus, dass die beschwerdeführende Partei 1 diese Heranziehung zum Kriegsdienst objektiv nachvollziehbar fürchten muss; dass diese Furch objektiv nachvollziehbar ist, ergibt sich aus den (oben zitierten) Länderfeststellungen des Bundesamtes und aus dem Umstand, dass die beschwerdeführende Partei eine militärische Ausbildung erhalten hat und mit gerade einmal 30 Jahren im besten Alter für den Militärdienst ist.

Daher muss die beschwerdeführende Partei 1 fürchten, im Falle einer Rückkehr nach Syrien bereits am Flughafen Damaskus - eine andere Einreisemöglichkeit ist vom Bundesamt nicht festgestellt worden und auch nicht erkennbar - als Reservist der syrischen Armee eingezogen und zur Mitwirkung an völkerrechtswidrigen Handlungen gezwungen zu werden, widrigenfalls ihr jedenfalls eine Gefängnisstrafe droht.

3. Da die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative im Hinblick auf das ihr u.a. innewohnende Zumutbarkeitskalkül die sichere und legale Erreichbarkeit des ins Auge gefassten Gebietes erfordert (VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063) und eine sichere und legale Rückkehr der beschwerdeführenden Partei 1 nach Syrien nur über den Flughafen von Damaskus möglich wäre, dieser aber in der Hand des Regimes ist und dieses der Verfolger der beschwerdeführenden Partei 1 ist, kommt eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht in Betracht; ebenso liegen keine Asylausschluss- oder -endigungsgründe vor; soweit der Vorfall vom 12.02.2018 (Verdacht der Körperverletzung durch die beschwerdeführende Partei 1) nicht zu einer Verurteilung geführt hat - dass dies der Fall wäre, ist im Lichte der negativen Strafregisterauskunft der beschwerdeführenden Partei 1 nicht zu erkennen - ist dieser hier nicht entscheidungsrelevant.

Daher ist der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des im I. Spruch bezeichneten Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017 (in Folge: VwGVG), stattzugeben und der beschwerdeführenden Partei 1 gemäß § 3 Abs. 1 AsylG der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen; gemäß § 3 Abs. 5 AsylG ist weiters auszusprechen, dass der beschwerdeführenden Partei 1 somit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG kommt der beschwerdeführenden Partei 1 damit eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu.

4. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist Familienangehöriger unter anderem wer Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.

Daher sind die beschwerdeführende Partei 2 - die Ehe zur beschwerdeführenden Partei 1 hat bereits vor der Einreise bestanden - und die beschwerdeführenden Parteien 3 bis 6 - diese sind minderjährige, ledige Kinder der beschwerdeführenden Partei 1 - Familienangehörige der beschwerdeführenden Partei 1. Dieser kommt nunmehr der Status des Asylberechtigten zu.

Gemäß § 34 Abs. 2 und 5 AsylG hat das Bundesverwaltungsgericht auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist und gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).

Weder sind die beschwerdeführenden Parteien 2 bis 6 in Österreich straffällig geworden, noch ist gegen die beschwerdeführende Partei 1 ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten anhängig.

Daher ist den Beschwerden gegen den jeweiligen Spruchpunkt I. der im II. bis VI. Spruch bezeichneten Bescheide gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG stattzugeben und den beschwerdeführenden Parteien 2 bis 6 gemäß §§ 3 Abs. 1, 34 AsylG der Status der bzw. des Asylberechtigten zuzuerkennen; gemäß § 3 Abs. 5 AsylG ist weiters auszusprechen, dass den beschwerdeführenden Parteien 2 bis 6 somit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG kommt den beschwerdeführenden Parteien 2 bis 6 damit jeweils eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigte bzw. Asylberechtigter zu.

5. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2018 - der diesbezüglich § 24 Abs. 4 VwGVG vorgeht (VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017) - kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig und in ordnungsgemäßem Ermittlungsverfahren erhoben wurde, zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes immer noch aktuell und vollständig ist und das Verwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilt.

Das ist hinsichtlich des entscheidungsrelevanten Sachverhalts hier der Fall, da dieser bereits von der Behörde ermittelt wurde; diese hat lediglich die sich aus dem ermittelten Sachverhalt ergebenden Rechtsfolgen übersehen und waren daher nur Rechtsfragen zu klären.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 22/2018 (in Folge: B-VG), zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die für die Lösung des Falles relevante Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter A) dargestellt und ist dieser gefolgt; es ist daher keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zu erkennen.

Schlagworte

Asylgewährung, befristete Aufenthaltsberechtigung, Bürgerkrieg,
Familienangehöriger, Familienverfahren, Flüchtlingseigenschaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W170.2199325.1.00

Zuletzt aktualisiert am

26.07.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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