TE Vwgh Beschluss 2000/1/26 97/12/0233

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Veröffentlicht am 26.01.2000
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
10/10 Datenschutz;
40/01 Verwaltungsverfahren;
91/02 Post;

Norm

AVG §9;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
B-VG Art131 Abs2;
DSG 1978 §37 Abs1;
DSG 1978 §7;
PTSG 1996 §1 Abs1;
PTSG 1996 §10;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, in der Beschwerdesache der P in W, vertreten durch Dr. Hanno Zanier, Rechtsanwalt in Wien I, Nibelungengasse 8/16, gegen den Bescheid der Datenschutzkommission vom 27. November 1996, Zl. 120.521/7-DSK/96, betreffend einen Verstoß gegen das Datenschutzgesetz in der Fassung des Berichtigungsbescheides der Datenschutzkommission vom 21. Mai 1997, Zl. 120.521/9-DSK/97 (mitbeteiligte Partei: E W in W), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei teilte der belangten Behörde mit Schreiben vom 7. und 13. Februar bzw. vom 7. März 1996 mit, dass "die Post den Banken Telefon-Geheimnummern bekannt gibt", die im Rahmen der Einzahlung der Telefongebühren verwendet werden.

Zu diesem als Individualbeschwerde gewerteten Vorbringen der mitbeteiligten Partei ersuchte die belangte Behörde mit Schreiben vom 11. April 1996 bei der Generaldirektion für die Post- und Telegraphenverwaltung um eine Stellungnahme.

Diese gab der Ombudsmann der Post & Telekom Austria mit Schreiben vom 10. Mai 1996 ab.

Nach Einräumung des Parteiengehörs hiezu, von dem die mitbeteiligte Partei aber keinen Gebrauch machte, wurde - soweit den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens zu entnehmen ist - in einer Sitzung der belangten Behörde am 27. November 1996 folgender Spruch einhellig beschlossen:

"Die Datenschutzkommission stellt aufgrund der Beschwerde der Frau Erika Wantoch vom 7. Februar 1996, diese ergänzt durch die Schreiben vom 13. Februar 1996 und 7. März 1996 gemäß § 14 Abs. 1 iVm § 7 Datenschutzgesetz, BGBl. Nr. 565/1978, idgF (DSG), folgendes fest:

Die zuständige Fernmeldebehörde der Post- und Telegraphenverwaltung hat gegen § 7 DSG dadurch verstoßen, dass sie die automationsunterstützt verarbeitete geheime Teilnehmernummer der Erika Wantoch an ihr Kreditinstitut als Zuordnungkriterium des Kunden bei Einziehungsaufträgen zur Begleichung des Telekomentgeltes übermittelt hat."

Nach einem nachträglichen Vermerk der Schriftführerin wurde offenbar von dieser die Formulierung "Die zuständige Fernmeldebehörde der Post- und Telegraphenverwaltung" durch "Das Fernmeldebüro für Wien, Niederösterreich und Burgenland" ersetzt und der Bescheid vom 27. November 1996 in dieser Form gegenüber der mitbeteiligten Partei erlassen; der Post und Telekom Austria AG, Generaldirektion, wurde der Bescheid mit Begleitschreiben zur Kenntnis gebracht.

In einer Sitzung der belangten Behörde vom 21. Mai 1997 wurde der ausgefertigte Spruch des Bescheides vom 27. November 1996 mit dem nunmehr den Anlass der Beschwerdeführung darstellenden Bescheid vom 21. Mai 1997 nach Bezug auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Zl. 92/07/0133, nach dem eine Berichtigung auch zulässig sei, wenn die schriftliche Ausfertigung eines Bescheides nicht mit der Urschrift oder mit dem Inhalt der mündlichen Verkündung übereinstimme, wie folgt berichtigt:

"Der Bescheid der Datenschutzkommission vom 27. November 1996, GZ 120.521/7-DSK/96, wird gemäß § 62 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes, BGBl. Nr. 51/1991 (AVG) dahingehend berichtigt, dass im Spruch und in der Begründung der Ausdruck 'Fernmeldebüro' durch den Ausdruck 'Post- und Telegraphendirektion' ersetzt wird."

Dieser an die mitbeteiligte Partei adressierte Bescheid wurde an die "Post und Telekom Austria AG, Generaldirektion" zur Kenntnisnahme von der belangten Behörde übermittelt.

Gegen diesen Bescheid in Verbindung mit dem der Post und Telekom Austria AG, Generaldirektion, mit Schreiben der belangten Behörde vom 27. November 1996 zur Kenntnis gebrachten Bescheid vom gleichen Datum richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die beschwerdeführende Partei sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf gesetzmäßigen Vollzug des Datenschutzgesetzes (= DSG) verletzt. Es werde ihr zu Unrecht vorgeworfen, das DSG verletzt zu haben.

Nach Eröffnung des Vorverfahrens hat die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Zurückweisung oder hilfsweise die Abweisung der Beschwerde beantragt. Die mitbeteiligte Partei hat trotz gebotener Gelegenheit keine Äußerung abgegeben.

Eine rechtliche Beurteilung der Vorgangsweise der belangten Behörde in diesem Zusammenhang muss dahingestellt bleiben, weil zunächst die Frage der Beschwerdeberechtigung der beschwerdeführenden Partei zu klären ist.

Mit dem angefochtenen Bescheid in seiner berichtigten Fassung wurde festgestellt, dass die "Post- und Telegraphendirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland" gegen § 7 DSG verstoßen hat. Diese Feststellung wurde im Rahmen der Regelungen des DSG für den öffentlichen Bereich (2. Abschnitt des Art. 2 DSG) erlassen. Sie betraf die Tätigkeit einer dem öffentlichen Bereich des Bundes zuordenbaren, unselbstständigen Einrichtung, die ohne eigene Rechtspersönlichkeit im Rahmen der Ministerverantwortlichkeit grundsätzlich in Bindung an das Legalitätsprinzip ihre Leistungen zu erbringen hatte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerde zweier Finanzämter gegen einen Bescheid der belangten Behörde mit seinem Beschluss vom 22. September 1986, Slg. N. F. Nr. 12.230/A, mit der Begründung zurückgewiesen, dass den beschwerdeführenden Behörden (Finanzämtern) als Exekutivorganen des Bundes die Rechtspersönlichkeit mangle, sodass sie durch einen solchen Feststellungsbescheid der belangten Behörde nicht in Rechten verletzt werden könnten.

Die Beschwerdelegitimation einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, die einer gewissen Aufsicht des Bundes unterliegt und der in einem gesetzlich bestimmten Umfang Vollzugsaufgaben übertragen worden sind, ohne ihr aber die Stellung einer "Formalpartei" im Sinne des Art. 131 Abs. 2 B-VG einzuräumen, hat der Verwaltungsgerichtshof davon abhängig gesehen, ob ein solches Rechtssubjekt durch die bescheidmäßige Feststellung einer Verletzung des DSG im Falle der Rechtswidrigkeit dieses Bescheides in eigenen subjektiven Rechten verletzt sein kann (vgl. diesbezüglich das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. September 1990, Slg. N. F. Nr. 13.271/A, bzw. den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Mai 1999, Zl. 98/12/0059).

Im Beschwerdefall ist der Organisationseinheit, deren Verstoß gegen § 7 DSG festgestellt wurde, nämlich einem Teilorgan der ehemaligen Post- und Telegraphenverwaltung, weder eine eigene Rechtspersönlichkeit als Voraussetzung für die Verletzung subjektiver Rechte zugekommen, noch war dieser Einrichtung durch eine gesetzliche Vorschrift eine Beschwerdelegitimation als "Formalpartei" im Sinne des Art. 131 Abs. 2 B-VG eingeräumt. Eine Beschwerdeberechtigung wäre daher bezogen auf die seinerzeitige Organisationsstruktur, deren nicht rechtmäßiges Vorgehen die belangte Behörde festgestellt hatte, nicht gegeben gewesen.

Hinsichtlich der "Wirkung solcher Bescheide" normiert § 37 Abs. 1 DSG, dass die Verwaltungsbehörden im Falle der Festellung einer Verletzung von Bestimmungen des DSG durch die Datenschutzkommission verpflichtet sind, mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung der Datenschutzkommission entsprechenden Zustand herzustellen.

Mit dem am 1. Mai 1996 in Kraft getretenen Poststrukturgesetz, Art. 95 des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 201, wurde zur Besorgung der bisher von der Post- und Telegraphenverwaltung wahrgenommenen Aufgaben nach § 1 Abs. 1 leg. cit. eine Aktiengesellschaft errichtet, für die - sofern keine abweichenden Regelungen getroffen worden sind - das Aktiengesetz 1965 anzuwenden ist. Sonderbestimmungen gelten nach dem PTSG für die Übernahme der Beamten und die Ruhe- und Versorgungsgenussempfänger, für die Personalämter zur Wahrnehmung der Behördenfunktion eingerichtet wurden (vgl. §§ 17 f PTSG). Eine Gesamtrechtsnachfolge ist nur hinsichtlich des bisher im Eigentum des Bundes gestandenen Vermögens der Post- und Telegraphenverwaltung an die genannte Aktiengesellschaft im § 10 Abs. 1 leg. cit. normiert.

Die rechtliche Bindungswirkung der mit dem angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellung, die auf Grund eines nach den Regeln für den öffentlichen Bereich geführten Verfahrens bezogen auf einen in der seinerzeitigen Organisationsform verwirklichten Sachverhalt ergangen ist, erfasst nach § 37 Abs. 1 DSG ausdrücklich nur diesen Bereich. Dem angefochtenen Bescheid kann daher keine darüber hinausgehende dingliche Wirkung beigemessen werden.

Zutreffend verweist die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift darauf, dass es sich bei der nunmehr als beschwerdeführend auftretenden Partei um einen mit dem Poststrukturgesetz neu errichteten, vom Bund verschiedenen Rechtsträger handelt. Der von dieser beschwerdeführenden Partei bekämpften Feststellung nach § 7 DSG kann aber eine Bindungswirkung jedenfalls nur im Rahmen der seinerzeitigen Organisationsform der Post im Rahmen des öffentlichen Bereiches zukommen. Weder die allgemeine Regelung der Aufgabenübertragung an die mit dem PTSG nach § 1 Abs. 1 leg. cit. neu errichtete Aktiengesellschaft noch die im § 10 PTSG geregelte Vermögensübertragung ist als eine umfassende Gesamtrechtsnachfolge zu verstehen. Nur für den Bereich der Umsatzsteuer ist im § 10 Abs. 6 PTSG der unmittelbare Eintritt der genannten Aktiengesellschaft in die Rechtsstellung des Bundes normiert. Ungeachtet dessen, dass der angefochtene Bescheid der beschwerdeführenden Partei zur Kenntnis gebracht wurde, kann er sowohl im Lichte der Regelung des § 37 Abs. 1 DSG, der nur eine Verpflichtung von Verwaltungsbehörden normiert, als auch mangels einer dinglichen Wirkung bzw. im Hinblick auf die mit dem PTSG vorgenommene privatrechtliche Organisation der beschwerdeführenden Partei mangels einer Verletzungsmöglichkeit dieser in einem ihr zustehenden subjektiven Recht nicht die Berechtigung zur Beschwerdeerhebung auslösen. Auch der Beschwerdepunkt nennt kein durch den angefochtenen Bescheid verletztes, der beschwerdeführenden Partei zustehendes subjektives Recht, sondern gibt nur die Verletzung im Recht auf gesetzmäßigen Vollzug des DSG an. Ein derartiges Recht auf objektive Rechtmäßigkeit ist der österreichischen Rechtsordnung aber fremd.

Die Beschwerde war daher in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 26. Jänner 2000

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Mangel der Rechtsfähigkeit und Handlungsfähigkeit sowie der Ermächtigung des Einschreiters Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION Rechtsfähigkeit Parteifähigkeit Gebilde ohne Rechtsfähigkeit VwRallg7 FORMALPARTEI

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1997120233.X00

Im RIS seit

02.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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