TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/19 W198 2199909-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.07.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

19.07.2018

Norm

ASVG §18b
ASVG §225
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W198 2199909-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Karl SATTLER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, XXXX, XXXX, gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt, Hauptstelle Wien, vom 05.04.2018, Aktenzeichen HVBA-XXXX, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 13.02.2018 bei der Pensionsversicherungsanstalt (im Folgenden: PVA) einen Antrag auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung gemäß § 18b ASVG für Zeiten der Pflege der nahen Angehörigen XXXX(Ehepartnerin), geb. XXXX, ab 01.06.2008.

2. Mit Bescheid der PVA vom 05.04.2018, wurde der Anspruch auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege der nahen Angehörigen ab dem 01.02.2017 bis 28.02.2018 anerkannt und ausgesprochen, dass die Berechtigung zur Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für die Zeit vom 01.06.2008 bis 31.01.2017 nicht gegeben sei.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer die gegenständliche Beschwerde (ein Einlangensdatum ist der Beschwerde nicht beigefügt). Begründend führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass seine Gattin ab 01.06.2008 ein Pflegegeld der Stufe 5 bezogen habe und dass die gesamte Pflege vom Beschwerdeführer durchgeführt worden sei und diesem daher die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für die Zeiten der Pflege eines nahen Angehörigen zustehen würde, zumal der Beschwerdeführer zuvor nicht vom Bestehen dieser Selbstversicherung gewusst habe.

4. Am 04.07.2018 (einlangend) legte die belangte Behörde die Beschwerde samt den Bezug habenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

5. Am 06.07.2018 ersuchte das Bundesverwaltungsgericht die PVA um Übermittlung einer vollständigen Bescheidausfertigung, da dem Gericht lediglich die erste Seite des Bescheides vom 05.04.2018 zugesandt wurde. Auf das zeitgleiche Ersuchen um Übermittlung eines diesbezüglichen Rückscheins bzw. Zustellnachweises hinsichtlich des genannten Bescheides, teilt die PVA mit, dass kein entsprechender Nachweis vorhanden wäre.

6. Am 11.07.2018 legte die PVA den angefochtenen Bescheid vom 05.04.2018 in vollständiger Form vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der in der Steiermark wohnhafte Beschwerdeführer stellte am 13.02.2018 einen Antrag auf Selbstversicherung für eine im angefochtenen Bescheid näher bezeichnete nahe Angehörige (Ehepartnerin), welche zumindest seit 01.06.2008 Pflegegeld zumindest der Stufe 3 bezieht und seit diesem Zeitpunkt vom Beschwerdeführer unter erheblicher Beanspruchung seiner Arbeitskraft im gemeinsamen Haushalt gepflegt wird.

2. Beweiswürdigung:

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der Behörde (PVA) in Zusammenhalt mit der Beschwerde. Der Beschwerdeführer bestritt den von der Behörde festgestellten Sachverhalt nicht, sondern wandte sich lediglich dagegen, dass ihm die Selbstversicherung nicht auch für die Zeit vor dem 01.02.2017 zuerkannt worden sei.

Das für die Beurteilung dieser Frage nötige Antragsdatum ergibt sich zweifelsfrei aus dem im Verwaltungsakt einliegenden Antrag.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und Allgemeines

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat. In Ermangelung eines solchen Antrages liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1.1. Maßgebliche Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG)

Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege naher Angehöriger

§ 18b. (1) Personen, die einen nahen Angehörigen oder eine nahe Angehörige mit Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 3 nach § 5 des Bundespflegegeldgesetzes oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldgesetze unter erheblicher Beanspruchung ihrer Arbeitskraft in häuslicher Umgebung pflegen, können sich, solange sie während des Zeitraumes dieser Pflegetätigkeit ihren Wohnsitz im Inland haben, in der Pensionsversicherung selbstversichern. Je Pflegefall kann nur eine Person selbstversichert sein. Die Pflege in häuslicher Umgebung wird durch einen zeitweiligen stationären Pflegeaufenthalt der pflegebedürftigen Person nicht unterbrochen.

(1a) [...]

(2) Die Selbstversicherung beginnt mit dem Zeitpunkt, den die pflegende Person wählt, frühestens mit dem ersten Tag des Monats, in dem die Pflege aufgenommen wird, spätestens jedoch mit dem Monatsersten, der dem Tag der Antragstellung folgt.

(3) Die Selbstversicherung endet mit dem Ende des Kalendermonats,

1. in dem die Pflegetätigkeit oder eine sonstige Voraussetzung nach Abs. 1 weggefallen ist oder

2. in dem die pflegende Person den Austritt aus dieser Versicherung erklärt hat.

(4) bis (6) [...]

§ 225. (1) Als Beitragszeiten aus der Zeit nach dem 31. Dezember 1955 sind anzusehen:

3. Zeiten einer freiwilligen Versicherung, wenn die Beiträge innerhalb von zwölf Monaten nach Ablauf des Beitragszeitraumes, für den sie gelten sollen, oder auf Grund einer nachträglichen Selbstversicherung nach § 18 oder § 18a in Verbindung mit § 669 Abs. 3 wirksam (§ 230) entrichtet worden sind;

3.1.2. Maßgebliche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH)

Mit den Ausführungen im Erkenntnis vom 4. November 2015, Ro 2015/08/0022, hat der Verwaltungsgerichtshof die Anwendung des § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG auf die Selbstversicherung nach § 18b ASVG bejaht und die damit verbundene zeitliche Begrenzung einer rückwirkenden Anerkennung von Versicherungszeiten - im Sinn der allgemeinen Regel - auf zwölf Monate (frühestmöglicher Beginn ist somit der vor der Antragstellung liegende Monatserste des Vorjahres) klargestellt. Weiters hat der Gerichtshof mit seinen Aussagen (implizit) auch zum Ausdruck gebracht, dass die im § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG enthaltene Sonderregelung für die Fälle des § 18 bzw. § 18a iVm. § 669 Abs. 3 ASVG auf die Selbstversicherung nach § 18b ASVG nicht anzuwenden ist. Gegen diese Beurteilung bestehen auch insofern keine Bedenken, als in der unterschiedlichen Behandlung der Selbstversicherung nach § 18a und § 18b im § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG keine planwidrige Lücke zu erkennen ist, besteht doch kein Anhaltspunkt, dass der Gesetzgeber bei Schaffung der Sonderregelung für § 18a iVm. § 669 Abs. 3 ASVG durch BGBl. I Nr. 3/2013 die Bestimmung des § 18b ASVG etwa übersehen hätte. (VwGH 07.04.2016, Ro 2014/08/0058, RS 1)

In der unterschiedlichen Behandlung der Selbstversicherung nach § 18a und § 18b im § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG kann im Hinblick auf die verschiedenen Zugangskriterien (vor allem die unterschiedliche Intensität der Beanspruchung der Arbeitskraft durch die Pflege) keine unsachliche Differenzierung erblickt werden. Der Gesetzgeber wollte mit der Sonderregelung für § 18a im § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG die sozialrechtliche Stellung von Pflegepersonen behinderter Kinder im Hinblick auf die (damals vorausgesetzte) gänzliche Beanspruchung der Arbeitskraft durch die Pflege, welche eine daneben ausgeübte die Pflichtversicherung begründende Erwerbstätigkeit nicht zuließ, verbessern (vgl. RV 2000 BlgNR 24. GP, S 3, 18, 23). Auf Pflegepersonen nach 18b ASVG traf dies freilich nicht zu, stand doch im Hinblick auf die vorausgesetzte bloß erhebliche Beanspruchung ihrer Arbeitskraft durch die Pflege einer daneben ausgeübten die Pflichtversicherung begründenden Erwerbstätigkeit nicht entgegen. (VwGH 07.04.2016, Ro 2014/08/0058, RS 2)

3.1.3. Für den Beschwerdefall bedeutet das:

Im vorliegenden Fall ist strittig, ob dem Antrag auf Selbstversicherung nach § 18b ASVG über den im angefochtenen Bescheid bereits anerkannten Zeitraum hinaus - also vor dem 01.02.2017 - stattzugeben gewesen wäre.

Diesbezüglich ist auf die oben angeführte Judikatur des VwGH zu verweisen, wonach unter Anwendung des § 225 Abs. 1 Z 3 ASVG auf die Selbstversicherung nach § 18b ASVG eine zeitliche Begrenzung einer rückwirkenden Anerkennung von Versicherungszeiten von zwölf Monaten bestehe. Daraus ergibt sich ein frühestmöglicher Beginn mit dem vor der Antragstellung liegenden Monatsersten des Vorjahres. Dass die Sonderregelung des § 669 Abs. 3 ASVG nicht auf § 18b ASVG anzuwenden ist, stellt nach Ansicht des VwGH keine planwidrige Lücke dar.

Da der Beschwerdeführer seinen Antrag auf Selbstversicherung nach § 18b ASVG am 13.02.2018 stellte, kommt damit eine rückwirkende Selbstversicherung frühestens ab dem 01.02.2017 (vor der Antragstellung liegenden Monatsersten des Vorjahres) in Betracht. Die Entscheidung der Behörde erfolgte damit zu Recht.

3.3. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Im vorliegenden Fall stellte die Beschwerdeführerin zwar Antrag auf eine mündliche Verhandlung, allerdings ergab sich der Sachverhalt zweifelsfrei aufgrund der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde. Es wurden lediglich Rechtsfragen aufgeworfen, welche zudem bereits vom VwGH beantwortet sind. Unter diesen Umständen geht das Gericht davon aus, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMR, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe das unter 3.1.2. angeführte Erkenntnis des VwGH vom 07.04.2016, Ro 2014/08/0058); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Selbstversicherung, Zeitraumbezogenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W198.2199909.1.00

Zuletzt aktualisiert am

26.07.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten