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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AlVG 1977 §12 Abs3 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der I in W, vertreten durch Dr. Georg Freimüller, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Alserstraße 21, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktsservice Wien vom 29. November 1999, LGSW/Abt.10-AlV/1218/56/1998-1175, betreffend Widerruf und Rückforderung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Arbeitslosengeldbezug der Beschwerdeführerin vom 6. bis 31. Mai 1995 widerrufen und S 10.863,-- als unberechtigt empfangene Leistung zurückgefordert. Tragende Grundlage des angefochtenen Bescheides ist die Feststellung der belangten Behörde, die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales habe mit Bescheid vom 20. April 1999 rechtskräftig festgestellt, dass die Beschwerdeführerin in der Zeit vom 1. April bis 30. September 1995 in einem Dienstverhältnis der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht unterlegen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gem. § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die vorliegende Beschwerde richtet sich nicht gesondert gegen den Ausspruch über die Rückforderung und bestreitet insbesondere nicht das Vorliegen von deren Voraussetzungen für den Fall der Rechtmäßigkeit des Widerrufs des Anspruchs auf Arbeitslosengeld im strittigen Zeitraum.
Gegen den Widerruf richtet sich die vorliegende Beschwerde unter zwei Gesichtspunkten: sie rügt zum einen, dass die belangte Behörde ihr Verfahren nicht bis zur Erledigung der gegen den Bescheid der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 20. April 1999 erhobenen Verwaltungsgerichtshofbeschwerde (hg. Zl. 99/08/0089) gem. § 38 AVG ausgesetzt hat, und zum anderen, dass die belangte Behörde den genannten Bescheid über die Versicherungspflicht ohne nähere eigene Ermittlungen und Sachverhaltsfeststellungen ihrem eigenen Bescheid zugrundegelegt hat, wobei unter anderem mit der (materiellen) Unrichtigkeit dieses - beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen - Bescheides argumentiert wird.
Was das letzte Argument betrifft, so ist darauf hinzuweisen, dass es auf die Frage der materiellen Richtigkeit des Bescheides über die Versicherungspflicht nicht ankommt, wenn die belangte Behörde zurecht angenommen hat, an diesen- keinem weiteren administrativen Rechtszug unterliegenden und daher (jedenfalls vorerst) rechtskräftigen - Bescheid gebunden zu sein.
Mit der Frage der Reichweite der Bindungswirkung eines Bescheides, welcher die Vollversicherung nach dem ASVG und die Arbeitslosenversicherung für den Bezugszeitraum von Arbeitslosengeld bejaht, hat sich der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 30. Juni 1998, Zl. 98/08/0129, beschäftigt. Der Gerichtshof ist darin mit näherer Begründung - auf die gem. § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird - zum Ergebnis gelangt, dass dann, wenn die Versicherungspflicht als Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 1 iVm Abs. 2 ASVG für den fraglichen Zeitraum feststeht, die Behörden des AMS ohne eigene Ermittlungen diese Hauptfragenentscheidung der bei Beurteilung der Frage der Arbeitslosigkeit erforderlichen Lösung der Vorfragen, ob gemäß § 12 Abs. 3 lit. a AlVG ein Dienstverhältnis (im Sinne eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses gemäß § 4 Abs. 2 ASVG) vorlag bzw. ob gemäß § 12 Abs. 6 lit. a AlVG Anspruch auf ein die Geringfügigkeitsgrenze nicht übersteigendes Entgelt (im Sinne des § 49 ASVG - vgl. das Erkenntnis vom 12. Februar 1988, Zl. 87/08/0050) bestanden hat, zugrundezulegen und daher das Vorliegen von Arbeitslosigkeit für den gleichen Zeitraum schon deshalb zu verneinen haben. Die belangte Behörde hat daher zurecht in Bindung an den mehrfach genannten, die Versicherungspflicht feststellenden Bescheid das Vorliegen von Arbeitslosigkeit im Widerrufszeitraum verneint.
Eine nachträgliche Aufhebung des Bescheides über die Versicherungspflicht und deren in weiterer Folge allenfalls ausgesprochene Verneinung wäre - aufgrund der Verknüpfung der Vorfrage mit der Hauptfrage der Versicherungspflicht - im Wege eines Wiederaufnahmsantrages im Grunde des § 69 Abs. 1 Z. 3 AVG geltend zu machen.
Eine Aussetzung des Verfahrens gem. § 38 AVG wegen der genannten Vorfrage kam für die belangte Behörde aufgrund der bereits vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides eingetretenen Rechtskraft der Entscheidung über die Versicherungspflicht nicht mehr in Frage, sodass die Frage nicht beantwortet werden muss, ob die belangte Behörde bis zur Erlassung des Bescheides der Bundesministerin zu einer solchen Vorgangsweise verpflichtet gewesen wäre (zur ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach der Partei kein Rechtsanspruch auf Aussetzung des Verfahrens gem. § 38 AVG zukommt, vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I, § 38 E 103 ff, zitierten Erkenntnisse).
Da somit bereits aus dem Beschwerdevorbringen zu entnehmen ist, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung - wegen Klarstellung durch die bisherige Rechtsprechung in einem gem. § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - abzuweisen.
Wien, am 26. Jänner 2000
Schlagworte
Besondere Rechtsprobleme Verhältnis zu anderen Normen Materien Sozialversicherung und andere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:2000080005.X00Im RIS seit
18.10.2001