TE Vwgh Erkenntnis 2000/1/26 99/03/0361

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Veröffentlicht am 26.01.2000
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Index

L65000 Jagd Wild;
L65006 Jagd Wild Steiermark;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
JagdG Stmk 1986 §24 Abs3;
JagdRallg;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des OK in W, vertreten durch Dr. Helmut Klement und Dr. Annemarie Stipanitz-Schreiner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 29/3, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom 9. Juli 1999, Zl. 8.0 R 130 - 99/1, betrefffend Genehmigung der freihändigen Verpachtung einer Gemeindejagd (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Reisstraße, 8741 Weißkirchen, Kleinfeistritz), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid genehmigte die Bezirkshauptmannschaft Judenburg gemäß §§ 15, 24 Abs. 6 Steiermärkisches Jagdgesetz 1986, LGBl. Nr. 23 (JG), den in Entsprechung eines Pächtervorschlages gemäß § 24 Abs. 3 leg. cit. ergangenen Beschluss des Gemeinderates der mitbeteiligten Partei vom 20. April 1999, die Gemeindejagd der Katastralgemeinde Reisstraße an die aus zwei näher bezeichneten Personen bestehende Jagdgesellschaft Reisstraße zu einem Jagdpachtschilling von S 25.000,-- jährlich für die Jagdperiode vom 1. April 2001 bis zum 31. März 2006 freihändig zu verpachten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer hat durch Vorlage eines Grundbuchsauszuges nachgewiesen, dass er Grundeigentümer in der Katastralgemeinde Reisstraße ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erwogen:

Die belangte Behörde bestreitet in ihrer Gegenschrift die "Parteistellung" (gemeint: die Beschwerdelegitimation) des Beschwerdeführers. Diesbezüglich genügt es, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 23. September 1991, Zl. 91/19/0065, zu verweisen, in dem das Beschwerderecht eines Grundeigentümers gegen die Genehmigung eines Gemeinderatsbeschlusses bejaht wurde, mit dem einem Pächtervorschlag gemäß § 24 Abs. 3 JG entsprochen wurde.

In der Sache selbst wendet der Beschwerdeführer ein, dass bisher keine rechtswirksame Teilung des Gemeindejagdgebietes der aus zwei Katastralgemeinden bestehenden mitbeteiligten Partei nach Katastralgemeinden erfolgt sei. Mit diesem Vorbringen ist er im Recht:

Unbestritten ist, dass die mitbeteiligte Partei aus zwei Katastralgemeinden, nämlich der Katastralgemeinde Reisstraße und der Katastralgemeinde Kothgraben, besteht.

§ 24 JG ermöglicht die freihändige Verpachtung einer Gemeindejagd durch Beschluss des Gemeinderates. Dieser Beschluss ist nach Abs. 6 der genannten Bestimmung der Bezirksverwaltungsbehörde zur Genehmigung vorzulegen. Das Gesetz sieht vor, dass die Gemeindejagd grundsätzlich als Ganzes mit einem einheitlichen Pachtvertrag zu verpachten ist. Eine Verpachtung von Teilen einer Gemeindejagd ist nur im Falle der rechtswirksamen Teilung des Gemeindejagdgebietes nach Katastralgemeinden gemäß § 11 JG zulässig und geboten. Nach der letztgenannten Bestimmung erfolgt die Teilung eines Gemeindejagdgebietes durch Beschluss des Gemeinderates, der der Genehmigung der Bezirksverwaltungsbehörde bedarf.

Ist das Gemeindejagdgebiet im Zeitpunkt der Entscheidung der Bezirksverwaltungsbehörde über die Genehmigung der vom Gemeinderat gefassten Beschlüsse über die nach Katastralgemeinden geteilte Jagdvergabe noch nicht rechtswirksam geteilt, weil die nach § 11 JG erforderliche Genehmigung der Bezirksverwaltungsbehörde fehlt, so schließt dieser Umstand - wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 21. September 1988, Zlen. 87/03/0278, 88/03/0060, ausgesprochen hat - eine Genehmigung der Gemeinderatsbeschlüsse über die nach Katastralgemeinden geteilte Jagdvergabe aus.

Es ist daher auch im Beschwerdefall für die Rechtsmäßigkeit des angefochtenen Bescheides - unter anderem - entscheidend, ob das Gemeindejagdgebiet der mitbeteiligten Partei im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtswirksam im Sinne des § 11 JG geteilt war. Hiezu brachten die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei in ihren Gegenschriften vor, dass die Teilung des Gemeindejagdgebietes und die getrennte Vergabe der Katastralgemeindejagden im Jahr 1964 vom Gemeinderat beschlossen und von der Bezirksverwaltungsbehörde genehmigt worden sei. Die belangte Behörde legte dazu die Abschrift aus dem Sitzungsprotokoll des Gemeinderates der mitbeteiligten Partei vom 22. August 1964 vor, aus der hervorgehe, "dass bei dieser Sitzung die Trennung der (gesamten) GJ Reisstraße in die KG-Jagden Reisstraße und Kothgraben und ihre getrennte Vergabe beschlossen wurde", ferner die Ablichtung der Kundmachung dieses Beschlusses sowie die Ablichtung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom 21. Dezember 1964, Zl. 10 R 5/34-1953/64, vor. Daraus sei "die jagdbehördliche Genehmigung dieses Beschlusses und der getrennten Vergabe der KG-Jagden Reisstraße und Kothgraben ersichtlich".

Die vorgelegten Urkunden rechtfertigen nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht die Annahme, dass eine rechtswirksame Teilung des Gemeindejagdgebietes der mitbeteiligten Partei nach Katastralgemeinden zustandegekommen sei. Der am 22. August 1964 gefasste Gemeinderatsbeschluss lautete nach der von der belangten Behörde vorgelegten Abschrift des Sitzungsprotokolls:

"1. Die Gemeindejagd der KG.Kothgraben an den bisherigen Jagdpächter AS vlg.P,Landwirt in Kothgraben Nr.35 mit dem Beginn der nächstfolgenden Jagdpachtperiode ab 1.4.1965,zum frei angebotenen Jagdpachtschilling von S.10.000.- freihändig zu verpachten.

2. Die Gemeindejagd der KG.Reisstraße an die Jagdgesellschaft Kleinfeistritz, mit den Personen JE,JK und OK,mit dem Beginn der nächstfolgenden Jagdpachtperiode ab 1.4.1965, zum frei angebotenen Jagdpachtschilling von S.5.000.- freihändig zu verpachten.

3. Herrn WP,Kaufhaus in Z abzulehnen und ihm zu verständigen,dass die Gemeindejagd an ortsansässigen Grundbesitzer der Gemeinde Reisstraße,verpachtet wurde."

Dieser Beschluss wurde gemäß § 30 Abs. 2

Stmk. Jagdgesetz 1954, LGBl. Nr. 58, kundgemacht.

Die Bezirkshauptmannschaft Judenburg erließ folgenden Bescheid

vom 21. Dezember 1964:

"Der Gemeinderat der Gemeinde Reisstraße hat in seiner Sitzung vom 22.8.1964 den Beschluss gefasst, die Gemeindejagd Reisstraße für die kommende Jagdpachtperiode, das ist vom 1.4.1965 bis 31.3.1971, a) KG Kothgraben: an AS, P, wh. Kothgraben b) KG Reisstraße an die Jagdgesellschaft Kleinfeistritz mit den Mitgliedern E, K 42, JK, ZP 1 und OK, Reisstraße um einen jährlichen Jagdpachtschilling von a) KG Kothgraben: S 10.000.-

b) KG Reisstraße: S 5.000.-

zu vergeben.

Nach Anhörung der Bezirkskammer für Land- und Forstwirtschaft

und des Bezirksjägermeisters ergeht nachstehender

Spruch:

Gemäß § 30 Abs. 3 in Verbindung mit § 25 Abs. 3 des Steiermärkischen Jagdgesetzes, LGBl. Nr. 58/1954, wird der genannte Gemeinderatsbeschluss vom 22.8.1964 zur Kenntnis genommen.

Die Abschließung des Pachtvertrages mit dem Pächter auf die Dauer der Pachtperiode hat gem. § 31 des Steierm. Jagdgesetzes, LGBl. Nr. 58/1954 durch den Gemeinderat zu erfolgen. Im Sinne dieser Gesetzesstelle tritt der Pachtvertrag erst mit dem Zeitpunkt der Zuerkenntnisnahme durch die Bezirkshauptmannschaft in Kraft.

Innerhalb von 2 Wochen nach Rechtskraft dieses Bescheides sind die Gesellschaftsverträge, die verfrüht vorgelegt worden waren, nach Anzeige zur Gebührenbe(me)ssung beim Finanzamt in 4-facher Ausfertigung, 3 Exemplare mit je S 10.-- gestempelt, anher vorzulegen." (Es folgt die Kostenentscheidung sowie die Begründung, die sich in einem Verweis "auf das durchgeführte Verfahren und die zitierten Gesetzesstellen" erschöpft.)

§ 11 des im Zeitpunkt der Erlassung des angeführten Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom 21. Dezember 1964 geltenden Steiermärkischen Jagdgesetzes 1954, LGBl. Nr. 58, lautete:

"Wenn der Gemeinderat vor Erlassung der im § 10 erwähnten Kundmachung beschließt, dass das bis jetzt vereinigte Jagdgebiet nach Katastralgemeinden zu teilen oder das bisher nach Katastralgemeinden geteilte Jagdgebiet zu einem gemeinschaftlichen Jagdgebiete der ganzen Gemeinde zu vereinigen sei, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde diese Teilung, bzw. Vereinigung, dann zu verfügen, wenn keine erheblichen Bedenken hinsichtlich der Jagdausübung entgegenstehen. In keinem Falle dürfen Katastralgemeinden ein eigenes Jagdgebiet unter 300 Hektar bilden. Gegen die von der Bezirksverwaltungsbehörde getroffene Verfügung ist eine Berufung unzulässig."

Es kann dahingestellt bleiben, ob der am 22. August 1964 gefasste Beschluss des Gemeinderates der mitbeteiligten Partei überhaupt - auch - als Beschluss auf Teilung des bis jetzt vereinigten Jagdgebietes nach Katastralgemeinden im Sinne des § 11 leg. cit. anzusehen ist; keinesfalls kann aber dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom 21. Dezember 1964 ein normativer Abspruch dahin entnommen werden, "diese Teilung zu verfügen". Der genannte Bescheid beschränkt sich ausschließlich auf die Genehmigung der freihändigen Verpachtung der - wenn auch nach Katastralgemeinden getrennten - freihändigen Verpachtung der Gemeindejagd Reisstraße; ein Wille der Behörde, in förmlicher und der Rechtskraft fähigen Weise damit auch gemäß § 11 leg. cit. die Teilung des Gemeindejagdgebietes zu verfügen, geht daraus nicht hervor. Dies gilt auch für in der Folge ergangene weitere Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörde, mit denen - bloß - freihändige Vergaben der nach Katastralgemeinden geteilten Gemeindejagd genehmigt wurden.

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde und der mitbeteiligten Partei kann daher nicht von einer rechtswirksamen Teilung des Gemeindejagdgebietes ausgegangen werden. Dies verkannte die belangte Behörde, sodass der angefochtene Bescheid schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war. Ein Eingehen auf das weitere Vorbringen in der Beschwerde erübrigte sich.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 26. Jänner 2000

Schlagworte

Jagdrecht und Jagdrechtsausübung Genossenschaftsjagd Gemeindejagd Gemeinschaftsjagd Ausübung und Nutzung Verpachtung Jagdrecht und Jagdrechtsausübung Genossenschaftsjagd Gemeindejagd Gemeinschaftsjagd Ausübung und Nutzung freies Übereinkommen Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999030361.X00

Im RIS seit

02.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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