TE Lvwg Erkenntnis 2018/6/8 LVwG-2017/27/1962-1

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Veröffentlicht am 08.06.2018
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Entscheidungsdatum

08.06.2018

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §13 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Rosenkranz über die Beschwerde des Herrn AA, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 31.07.2017, *****, wegen Untersagung des angemeldeten Gewerbes,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer hat mit Wirkung vom 01.08.2017 am 26.07.2017 das Gewerbe „BB“ im Standort Z, Adresse 1, im Zuge der WK-Online-Gewerbeanmeldung angemeldet.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde ausgesprochen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausübung des angemeldeten Gewerbes nicht vorliegen und ausgesprochen, dass die Ausübung des angemeldeten Gewerbes gemäß § 340 Abs 3 GewO 1994 untersagt wird.

Begründend wurde ausgeführt, dass gemäß § 13 Abs 1 GewO 1994 natürliche Personen von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen sind, wenn sie unter anderem wegen einer sonstigen strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen verurteilt wurden und die Verurteilung nicht getilgt ist. Aus dem eingeholten Strafregisterauszug sei zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer mit mehreren Urteilen wegen strafbarer Handlungen zu entweder einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen (die Urteile samt Freiheitsstrafe bzw Geldstrafe sind im angefochtenen Bescheid konkret angeführt) verurteilt wurde und die Verurteilungen noch nicht getilgt sind. Nach dem derzeitigen Stand der Strafregistereintragungen wird eine Tilgung voraussichtlich mit 09.01.2031 eintreten und liegt sohin ein Gewerbeausschlussgrund vor.

Dagegen hat der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben und darin ausgeführt, dass er ein geregeltes Eheleben führe und nicht zu befürchten sei, dass die Gewerbeausübung nicht als Gelegenheit zur Ausübung neuerlicher einschlägiger Straftaten ausgenützt werde. Es liege ein längeres Wohlverhalten vor. Zudem sei der Beschwerdeführer körperlich nicht mehr in der Lage als Unselbstständiger zu arbeiten, da zweimal das rechte Knie und die Bandscheiben operiert worden seien und weitere Beschwerden mit dem Nervenstrang der Wirbelsäule bestehe, dies bis zur Taubheit in den Füßen, und er die Chance im selbstständigen BB sehe, seinen Unterhalt selbst zu bestreiten, da er nicht vom Sozialamt leben wolle. Seine Tätigkeit bestehe rein in der Beratung von Architekten, Bauunternehmern und Bauherren mit Lösungen um Bauöffnungen zu schließen und den Kontakt mit den jeweiligen Herstellern zu vermitteln, dies gegen eine Provision.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den behördlichen Akt und den Akt des Landesverwaltungsgerichts.

Da eine reine Rechtsfrage zu klären war, war eine – ohnehin nicht beantragte – mündliche Verhandlung nicht notwendig.

II.      Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer hat im Wege der WK-Online-Gewerbeanmeldung am 26.07.2017 zur GISA***** das freie Gewerbe „BB“ mit dem Gewerbestandort Adresse 1, Z, angemeldet.

Dabei hat er auch erklärt, dass kein Grund für einen Gewerbeausschluss iSd § 13 GewO 1994 vorliegen würde.

Aus dem seitens der belangten Behörde eingeholten Strafregisterauszug ergibt sich, dass im Strafregister insgesamt 15 Verurteilungen aufscheinen, wobei für den vorliegenden Fall relevant folgende Verurteilungen sind:

„a) LG SALZBURG 19 VR 3948/83 HV 28/84 vom 12.06.1984 RK 12.06.1984

PAR 109 ABS 1 U 3/1 125 83/1 84 ABS 1 U 2/1 287(125) StGB

Freiheitsstrafe 10 Monate

b) LG INNSBRUCK 26 VR 3082/89 HV 180/89 vom 16.01.1990 RK 16.01.1990

PAR 287/1 (15 83/1 84 ABS 2/4 125) StGB

Geldstrafe von 200 Tags zu je 140,00 ATS (28.000,00 ATS) im NEF 100 Tage Ersatzfreiheitsstrafe

c) LG INNSBRUCK 27 HV 104/2002H vom 08.08.2002 RK 13.08.2002

PAR 83/1 84/1 StGB

Geldstrafe von 300 Tags zu je 8,00 EUR (2.400,00 EUR) im NEF 150 Tage Ersatzfreiheitsstrafe

d) BG X 002 U 127/2011z vom 16.12.2011 RK 22.05.2012

83 (1) StGB

Datum der (letzten) Tat 27.05.2011

Geldstrafe von 200 Tags zu je 4,00 EUR (800,00 EUR) im NEF 100 Tage Ersatzfreiheitsstrafe

e) LG INNSBRUCK 023 HV 56/2013m vom 04.06.2013 RK 03.12.2013

§ 83 (1) StGB

§§ 83 (1), 84 (1) StGB

§ 83 (2) StGB

Datum der (letzten) Tat 03.11.2012

Freiheitsstrafe 6 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Geldstrafe von 300 Tags zu je 5,00 EUR (1.500,00 EUR) im NEF 150 Tage Ersatzfreiheitsstrafe“

Laut Strafregisterauszug wird nach dem derzeitigen Stand der Strafregistereintragungen die Tilgung voraussichtlich mit 09.01.2031 eintreten. Die Auskunftsbeschränkung ist ausgeschlossen.

III.     Beweiswürdigung:

Der zuvor angeführte Sachverhalt konnte nun bedenklicher Weise aufgrund des behördlichen Akteninhalts, insbesondere aufgrund des Strafregisterauszuges getroffen werden.

IV.      Rechtslage:

Die wesentlichen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 lauten:

„§ 13

(…)

(3) Rechtsträger sind von der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende (§ 38 Abs. 2) ausgeschlossen, wenn

1.   das Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens rechtskräftig nicht eröffnet oder aufgehoben wurde und

2.   der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht in den genannten Insolvenzfall gewährt wird, noch nicht abgelaufen ist.

Dies gilt auch, wenn ein mit dem angeführten Ausschlussgrund vergleichbarer Tatbestand im Ausland verwirklicht wurde.

(…)“

„§ 340

(…)

(3) Liegen die im Abs. 1 genannten Voraussetzungen nicht vor, so hat die Behörde - unbeschadet eines Verfahrens nach § 366 Abs. 1 Z 1 - dies mit Bescheid festzustellen und die Ausübung des Gewerbes zu untersagen.“

V.       Erwägungen:

Eine rechtskräftige Verurteilung wegen der in § 13 Abs 1 GewO 1994 genannten justizstrafrechtlichen Delikte führt unmittelbar zum Ausschluss der verurteilten Person von der Ausübung des Gewerbes. Die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung bindet die Gewerbebehörde solcher Art, dass ihr die neuerliche Prüfung, ob der Antragsteller jene Straftaten, nach denen er verurteilt wurde, tatsächlich begangen hat, verwehrt ist.

Die Regelung des § 13 Abs 1 lit b GewO 1994 stellt lediglich auf das Ausmaß der im Strafurteil ausgesprochenen Strafe ab, sodass eine Überprüfung, ob die zur Feststellung der strafgerichtlichen Verurteilung führende Handlung aus Gewinnsucht begangen wurde, nicht erforderlich ist (vgl VwGH 29.03.1994, 93/04/0254). Der in § 13 Abs 1 GewO 1994 normierte Ausschluss von der Ausübung eines Gewerbes bei Vorliegen der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen tritt unabhängig davon ein, ob im Einzelfall die gewerberechtliche Zuverlässigkeit der betroffenen Personen Zweifel gezogen werden muss oder nicht (vgl VwGH 21.03.1995, 94/04/0151).

Die in § 13 Abs 1 GewO 1994 angeführten Verurteilungen müssen nicht Delikte betreffen, die bei Ausübung oder im Zusammenhang mit der Ausübung des Gewerbes begangen wurden (vgl VwGH 17.10.1980, 1646/79). Für die Beurteilung des Vorliegens eines Ausschlussgrundes von der Ausübung eines Gewerbes nach § 13 Abs 1 GewO 1994 sind gerichtliche Aussprüche über eine allfällige bedingte Strafnachsicht nicht von Relevanz (vgl VwGH 20.05.1992, 92/03/0088 ua). Nach § 1 Abs 1 Tilgungsgesetz 1992 tritt die Tilgung gerichtlicher Verurteilungen, sofern sie nicht ausgeschlossen ist, mit Ablauf der Tilgungsfristkraftgesetzes ein.

Im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer angesprochene mögliche Wandlung des Persönlichkeitsbildes ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere auch der seit Begehrung eines Deliktes verstrichene Zeitraum zu berücksichtigen (vgl VwGH 28.01.2004, 2003/04/0201 ua). Das bloße Verstreichen eines bestimmten Zeitraums seit Begehung eines Delikts führt jedoch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht automatisch zu einer positiven Prognoseentscheidung (vgl VwGH 28.04.2004, 2003/03/0017 ua).

Im vorliegenden Fall ist die letzte Verurteilung des Beschwerdeführers am 04.06.2013, rechtskräftig seit 03.12.2013 erfolgt.

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Feststellungen, dass der Beschwerdeführer wegen Hausfriedensbruchs, Sachbeschädigung, schwerer Körperverletzung mit einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten vom Landesgericht Salzburg (rechtskräftig) am 12.06.1984 bestraft wurde, weiters vom Landesgericht Innsbruck am 16.01.1990 wegen versuchter schwerer Körperverletzung im Zustand der Berauschung zu einer Geldstrafe von 200 Tagessätzen, weiters vom Landesgericht Innsbruck (rechtskräftig seit 13.08.2002) wegen schwerer Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 300 Tagessätzen und vom BG X rechtskräftig mit 22.05.2012 wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 200 Tagessätzen und schließlich vom LG Innsbruck am 04.06.2013, rechtskräftig seit 03.12.2013 wegen schwerer Körperverletzung und Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bedingt mit einer Probezeit auf drei Jahre sowie einer Geldstrafe von 300 Tagessätzen verurteilt wurde.

Aufgrund der Tatsache, dass die letzte Verurteilung seit 03.12.2013 rechtskräftig ist, kann noch nicht der Schluss gezogen werden, dass ein Wandel des Persönlichkeitsbildes mit ausreichender Sicherheit angenommen werden könnte. Im Übrigen ist gemäß § 13 Abs 1 Z 1 lit b GewO 1994 der Ausschlussgrund bereits bei Vorliegen der gesetzlich vorgegebenen Bedingungen gegeben. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob durch die in Rede stehenden Straftaten Personen im Rahmen des Gewerbes zu Schaden gekommen sind, da die zum Tatbild dieser Gesetzesstelle gehörenden Verurteilungen nicht Delikte betreffen müssen, die bei Ausübung oder im Zusammenhang mit der Ausübung des Gewerbes begangen wurden (vgl VwGH 26.04.2007, 2006/04/0223 ua).

Ungetilgte gerichtliche Strafen bilden einen Gewerbeausschlussgrund. Da sich aus den Feststellungen ergibt, dass eine Tilgung frühestens mit 09.01.2031 eintreten wird, hat die belangte Behörde sohin zu Recht festgestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes nicht vorliegen und daher die Ausübung des angemeldeten Gewerbes untersagt.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im Übrigen wird auf die vorzitierte Rechtsprechung verwiesen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Rosenkranz

(Richter)

Schlagworte

Strafrechtliche Verurteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2017.27.1962.1

Zuletzt aktualisiert am

23.07.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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