TE Vwgh Erkenntnis 2000/1/26 99/03/0275

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Veröffentlicht am 26.01.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §103 Abs1 Z1;
KFG 1967 §4 Abs7a;
VStG §5 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des WF in Z, vertreten durch Dr. Willibald Rath, Dr. Manfred Rath und Mag. Gerhard Stingl, Rechtsanwälte in 8020 Graz, Friedhofgasse 20, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 20. Mai 1999, Zl. UVS 30.8-35/98, betreffend Übertretungen des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des die Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 7a KFG 1967 betreffenden Abspruches wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem in Beschwerde gezogenen Teil des im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheides wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 7a KFG 1967 mit einer Geldstrafe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) bestraft, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer "und daher gemäß § 9 VStG Verantwortlicher" einer näher bezeichneten Gesellschaft mbH, die Zulassungsbesitzerin eines jeweils nach dem Kennzeichen bestimmten Lkws und Anhängers sei, nicht dafür Sorge getragen habe,

"dass der Zustand bzw. die Ladung des obig. KFZ den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht.

Das oa. KFZ wurde am 26.05.1997, um 20.05 Uhr, in Seiersberg, auf der A 9, Höhe StrKm. 187,1, Richtung Graz, von RK gelenkt, obwohl die zulässige Gesamtlänge gem. § 4 Abs. 7 a KFG von 18,75 m um 1, 25 m überschritten wurde."

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 7a letzter Satz KFG 1967 in der im Beschwerdefall auf Grund der am 20. Februar 1998 erfolgten Zustellung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses anzuwendenden Fassung der 19. Novelle, BGBl. I Nr. 103/1997, darf die größte Länge von Kraftwagen mit Anhängern 18,75 m nicht überschreiten.

§ 103 Abs. 1 Z. 1 KFG 1967 ordnet an, dass der Zulassungsbesitzer dafür zu sorgen hat, dass das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung - unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder -bewilligungen - den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht.

Nach den vom Beschwerdeführer nicht bekämpften Feststellungen der belangten Behörde war der beschwerdegegenständliche Kraftwagen mit Anhänger zur Tatzeit mit insgesamt 8 Kraftwagen beladen und wies unter Einbeziehung so genannter Ladestützen eine Länge von 20 m auf.

Der Beschwerdeführer beruft sich auf den Erlass des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 16. März 1987, Zl. 439.342/I-IV/2/87. Dort heißt es unter anderem:

"Das Bundesministerium für öffentliche Wirtschaft und Verkehr gibt aus gegebenem Anlass zur Frage der Länge von Fahrzeugen zum Transport von Fahrzeugen bzw. der Länge solcher Kraftwagenzüge nachstehendes bekannt:

1.1 Bei Fahrzeugen zum Transport von Fahrzeugen haben Längenüberschreitungen durch Ladestützen zur zusätzlichen Sicherung und Stabilisierung des zulässigen Überhangs von Ladungen außer Betracht zu bleiben, sofern die Ladung auch über die Ladestützen hinausragt. Dabei ist es gleichgültig, ob die Ladestützen abnehmbar oder mit dem Fahrzeug fest verbunden und nur ausziehbar sind.

1.2 Als Ladestützen im Sinne der Z. 1.1 gelten Einrichtungen, die zur Sicherung des Überhangs einer Ladung, deren Schwerpunkt über dem Fahrzeug (Ladefläche) liegt, verwendet werden. Die Ladestütze dient daher der Stabilisierung des hinten hinausragenden Teils der Ladung und wird insoweit zu deren Sicherung zusätzlich verwendet.

Der Begriff "zusätzlich" setzt voraus, dass der Schwerpunkt der hinausragenden Ladung ohne die zusätzliche Sicherung zweifelsfrei auf bzw. über dem Fahrzeug liegen muss.

2. Sofern daher das Fahrzeug, bzw. der Kraftwagenzug ohne Ladestützen die im §§ 4 Abs. 6 bzw. 104 Abs. 9 KFG 1967 festgesetzten Abmessungen nicht überschreitet, ist keine Ausnahmegenehmigung bzw. Ausnahmebewilligung erforderlich.

3.1 Werden Ladestützen verwendet, so ist ihre Länge so zu bemessen, dass in jedem Fall die hintere Begrenzung des Fahrzeuges oder des Kraftwagenzuges durch die Ladung gebildet wird."

Dem Beschwerdeführer sei dieser Erlass - so die Beschwerde - bekannt gewesen; er habe ihn dahin interpretiert, dass bei der Klärung der Frage, ob ein Kraftfahrzeug die höchstzulässige Gesamtlänge überschreite oder nicht, lediglich von den Abmessungen des Fahrzeuges auszugehen sei, die dieses ohne Ladestützen aufweise.

Der erwähnte Erlass erging - wie der in den Verwaltungsakten erliegenden Ausführungen zu entnehmen ist - an die Landeshauptmänner; er ist somit als eine bloß an nachgeordnete Organe ergangene Verwaltungsverordnung anzusehen, die keine subjektiven öffentlichen Rechte zu begründen und auch den Verwaltungsgerichtshof nicht zu binden vermag (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1990, Zl. 90/19/0315).

Ob die im Erlass zum Ausdruck gebrachte Interpretation dem Gesetz entspricht, kann dahingestellt bleiben. Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, müsste dem Beschwerdeführer bei Zutreffen der im Erlass für die Nichtberücksichtigung von Ladestützen angeführten Voraussetzungen ein unverschuldeter Rechtsirrtum im Sinne des § 5 Abs. 2 VStG zugebilligt werden, zumal sich keine Anhaltspunkte ergeben haben, die den Beschwerdeführer zu Zweifeln an der im Erlass vertretenen Rechtsansicht hätten veranlassen müssen.

Ob die im Erlass für die Nichtberücksichtigung von Ladestützen genannten Voraussetzungen im Beschwerdefall tatsächlich gegeben waren, kann auf Grund des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhaltes allerdings nicht beurteilt werden. Hiefür wären insbesondere Feststellungen über die genaue Aufstellung des mit dem Anhänger transportierten und über diesen hinausragenden Fahrzeuges auf der Ladefläche des Anhängers sowie auf den Ladestützen sowie über die daraus resultierende Schwerpunktsverteilung erforderlich, die zu treffen die belangte Behörde verabsäumt hat.

Der angefochtene Bescheid war somit aus dem oben aufgezeigten Grund in dem im Spruch ersichtlichen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 26. Jänner 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999030275.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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