Entscheidungsdatum
09.07.2018Norm
ASVG §410Spruch
W 156 2194741-2/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Alexandra Krebitz als Einzelrichterin über die Beschwerde des K XXXX P XXXX , R XXXX L XXXX XXXX , 10 XXXX XXXX , vertreten durch Dr. Werner Goeritz, RA in 1080 Wien, gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vom 06.04.2018, Zl: XXXX , beschlossen:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG als verspätet
zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang
1. Mit Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vom 06.04.2018, Zl: XXXX , wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer seit dem 01.07.2016 der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG unterliege und bis zum 30.09.2017 verpflichtet sei, die noch offenen Beiträge in Höhe von € 3.880,17 an rückständigen Sozialversicherungsbeiträgen inklusive Verzugszinsen, Nebengebühren und Beiträgen zur Selbständigenvorsorge zu bezahlen. Weiter sei er verpflichtet, die ab 01.10.2017 anfallenden Verzugszinsen von 3,38 % aus einem Kapital von € 3.416,45 zu bezahlen.
2. Der Bescheid wurde durch Übernahme per Adresse der rechtsfreundlichen Vertretung am 10.04.2018 zugestellt.
3. Gegen diesen Bescheid wurde mit Schreiben vom 08.05.2018, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 09.05.2018, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.
4. Mit Schreiben vom 29.05.2018 wurde die Beschwerde an die belangte Behörde weitergeleitet.
5. Mit Schreiben vom 06.06.2018 wurde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht samt Bezugsakt vorgelegt.
6. Mit Schreiben vom 19.06.2018, zugestellt am 20.06.2018, wurde der Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs aufgefordert, zum Verspätungsvorhalt Stellung zu nehmen.
7. Eine Stellungnahme wurde nicht abgegeben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Der angefochtene Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft wurde durch Hinterlegung nachweislich am 10.04.2018 zugestellt.
Der Einspruch ist mit 08.05.2018 datiert, an das Bundesverwaltungsgericht adressiert und zugestellt und trägt den ho. Eingangsstempel vom 09.05.2018.
Dem Beschwerdeführer wurde mit Schreiben vom 19.06.2018 Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Der Beschwerdeführer gab keine Stellungnahme hinsichtlich der Rechtzeitigkeit ab.
2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A) Zurückweisung der Beschwerde
Die Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheides lautet auszugsweise:
"Der vorliegende Bescheid kann während der unerstreckbaren Frist von vier Wochen nach der Zustellung durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist [...] bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Landesstelle Wien, einzubringen. Die Beschwerde ist an das Bundesverwaltungsgericht zu richten (Adressat der Beschwerde)."
Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.
Somit ergibt sich, dass die Frist von vier Wochen, beginnend mit Dienstag, 10.04.2018, am Dienstag, 08.05.2018, geendet hätte. Die Beschwerde wurde am letzten Tag der Frist, dem 08.05.2018, per Post an das Bundesverwaltungsgericht übermittelt und ist am 09.05.2018 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.
Gemäß § 12 VwGVG sind Schriftsätze bis zur Vorlage an das Verwaltungsgericht bei der belangten Behörde einzubringen.
Die Beschwerde wäre daher bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft als belangte Behörde einzubringen gewesen.
Gemäß § 6 Abs. 1 AVG hat die Behörde ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen; langen bei ihr Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, so hat sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen.
Die Beschwerde wurde mit 29.05.2018 an die belangte Behörde weitergeleitet. Auch bei Weiterleitung mit selbigen Tag des Einlangens beim Bundesverwaltungsgericht am 09.05.2018 wäre dem Bundesverwaltungsgericht eine fristwahrende Weiterleitung nicht möglich gewesen, da die Beschwerdefrist bereits mit Ablauf des 08.05.2018 geendet hat.
Die Beschwerde war daher als verspätet zurückzuweisen.
Entfall der mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr. 210/1958, noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl Nr. C 83 vom 30.03.2010 S 389 entgegenstehen.
In seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7.401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), hat der EGMR unter Hinweis auf seine frühere Judikatur dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigen. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische Fragen" ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft, und im Zusammenhang mit Verfahren betreffend "ziemlich technische Angelegenheiten" ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige, hingewiesen (vgl. auch die Entscheidung des EGMR vom 13. März 2012, Nr. 13.556/07, Efferl/Österreich; ferner etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2013, Zl. 2010/07/0111, mwN) (VwGH 19.03.2014, 2013/09/0159).
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Beschwerde beantragt.
Das Bundesverwaltungsgericht erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG jedoch nicht für erforderlich. Weder kann dem Grundsatz der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs im vorliegenden Fall durch eine mündliche Verhandlung besser und effizienter entsprochen werden, noch erscheint eine mündliche Verhandlung im Lichte des Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC geboten (vgl. mwN Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 5 zu § 24 VwGVG).
Vielmehr erschien der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage geklärt.
In der vorliegenden Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen.
Eine mündliche Verhandlung konnte somit gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
§ 32 Abs. 2 AVG trifft eine klare Regelung (im Sinne der Entscheidung des OGH vom 22.03.1992, 5Ob105/90), weshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
Schlagworte
Rechtsmittelfrist, Verspätung, Zurückweisung, ZustellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W156.2194741.2.00Zuletzt aktualisiert am
24.07.2018