Entscheidungsdatum
11.07.2018Norm
BBG §40Spruch
W132 2195896-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK als Vorsitzende und den Richter Mag. Christian DÖLLINGER sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Regina BAUMGARTL als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien vom XXXX , betreffend die Zurückweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 41 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Am 08.01.2018 hat die Beschwerdeführerin beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung:
Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) unter Vorlage eines Befundkonvolutes einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b der Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960 gestellt, welcher auch als Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gilt, sofern die antragstellende Partei nicht bereits im Besitz eines solchen ist.
1.1. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Fachärztin für Orthopädie, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 21.02.2018, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung in Höhe von 20 vH bewertet wurde.
1.2. Mit dem Bescheid vom 26.02.2018, OB 49743529000015, hat die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 BBG abgewiesen und festgestellt, dass der Grad der Behinderung 20 vH beträgt.
Dagegen hat die Beschwerdeführerin keine Beschwerde erhoben, dieser Bescheid ist daher in Rechtskraft erwachsen.
1.3. Mit dem Bescheid vom 26.02.2018, OB 49743529000027, hat die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29 b Abs. 1 StVO 1960 abgewiesen.
Dagegen hat die Beschwerdeführerin keine Beschwerde erhoben, dieser Bescheid ist daher in Rechtskraft erwachsen.
2. Die Beschwerdeführerin hat am 18.04.2018 neuerlich einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b der StVO 1960, welcher einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses inkludiert, gestellt. Diesen Antrag hat die Beschwerdeführerin unter Vorlage von Beweismitteln im Wesentlichen damit begründet, dass sich ihr Gesundheitszustand in den letzten Wochen wesentlich verschlechtert habe. Vor Wochen habe sie an guten Tagen noch ohne Stock gehen können, was nunmehr nicht mehr möglich sei. Außerdem habe sich die Wegstrecke, welche sie mit relativ weniger Schmerzen habe gehen können, reduziert. Darüber hinaus sei es ihr nicht mehr möglich etwas zu tragen, sodass sie für Einkäufe auf Hilfe angewiesen sei. Ergänzend zu den bereits vorgelegten Attesten, lege sie eine nervenärztliche Bestätigung von Prof. XXXX vor. Es werde ersucht, bei der nächsten Untersuchung auch die Befunde eingehend zu prüfen, weil diese belegen würden, dass die Beschwerdeführerin schon seit längerer Zeit berechtigt sei, einen Behindertenausweis zu erhalten.
Die Nachstehend angeführten Beweismittel wurden vorgelegt:
XXXX 2.1. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein mit 24.04.2018 datiertes Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, basierend auf der Aktenlage, mit dem Ergebnis eingeholt, dass mangels diesbezüglicher, aussagekräftiger Untersuchungsbefunde und Behandlungsberichte (Dr. XXXX vom 28.02.2018) eine offenkundige Änderung des Leidenszustandes nicht ausreichend belegt werde.
3. Mit dem Bescheid vom XXXX , hat die belangte Behörde den Antrag vom 18.04.2018 auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 41 und § 45 BBG zurückgewiesen. Unter Zitierung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen wurde begründend ausgeführt, dass seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen sei und die Beschwerdeführerin eine offenkundige Änderung ihrer Gesundheitsschädigung(en) nicht glaubhaft geltend gemacht habe.
4. Mit dem Bescheid vom 26.04.2018, OB 49743529000040, hat die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29 b Abs. 1 StVO 1960 abgewiesen.
5. Mit dem Schreiben vom 08.05.2018 hat die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben. Ohne Vorlage von Beweismitteln wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin mit dem Ergebnis des ersten und zweiten Verfahrens nicht einverstanden sei. Im Juli 2015 sei sie an einer schweren Gürtelrose erkrankt, diese habe sie mit Spitalsaufenthalt und dreifachen Zoster-Behandlungen, einer Serie von Vitamin- und Schmerzmittel-Infusionen überstanden. Während der letzten drei Jahre habe sie sich praktisch ständig einer Schmerztherapie unterziehen müssen. Wie bei älteren Patienten üblich, seien allerdings eine Neuropathie mit Schmerzschüben auf der linken Körperseite und eine Beeinträchtigung beim Gehen links zurückgeblieben. Daraus folge tatsächlich, dass die Beschwerdeführerin kaum noch 50 m gehen könne, in letzter Zeit hätte sich die Gehstrecke sogar verkürzt. Das Tragen von Lasten, zB beim Einkaufen, sei nicht mehr möglich, sie sei dafür auf Hilfe angewiesen.
5.1. Da die Beschwerde zwar fristgerecht, aber mangelhaft eingebracht worden ist, wurde der Beschwerdeführerin mit Hinweis auf die Neuerungsbeschränkung gemäß § 46 BBG aufgetragen, den angefochtenen Bescheid bzw. die angefochtenen Bescheide durch Anführung von Datum und Betreff sowie Nennung der belangten Behörde zu bezeichnen.
5.2. Mit dem Schreiben vom 08.06.2018 hat die Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass sich die Beschwerde vom 08.05.2018 gegen den Bescheid der belangten Behörde vom XXXX , richte, welchen sie seinem gesamten Inhalt nach anfechte. Das im erstinstanzlichen Verfahren und dem Bescheid vom 26.02.2018 zugrunde gelegte Sachverständigengutachten sei unrichtig, was sich aus dem vorgelegten Gutachten von Univ.-Doz. Dr. XXXX vom 28.02.2018 und 08.03.2018 ergebe.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin wurde zuletzt mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 26.02.2018, OB 49743529000015, rechtskräftig festgestellt. Dieser wurde am 26.02.2018 dem Zustellorgan übergeben.
1.2. Der neuerliche Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ist am 18.04.2018 bei der belangten Behörde eingelangt.
1.3. Die Beschwerdeführerin hat nicht glaubhaft geltend gemacht, dass innerhalb eines Jahres, seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung, eine offenkundige Änderung ihrer Funktionsbeeinträchtigungen eingetreten ist.
2. Beweiswürdigung:
Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.
Zu 1.2.) Dem am neuerlichen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b der StVO 1960, welcher einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses inkludiert, angebrachten Eingangsstempel der belangten Behörde ist das Datum 18.04.2018 zu entnehmen.
Zu 1.3.) Die Feststellungen gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die vorgelegten und eingeholten Beweismittel:
In der von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Stellungnahme Dris. XXXX vom 24.04.2018 wird basierend auf der Aktenlage nachvollziehbar, unter Einbeziehung der vorgelegten Unterlagen, festgehalten, dass keine offenkundige Verschlechterung des Leidenszustandes eingetreten ist.
Die nervenfachärztliche Bestätigung Dris. XXXX vom 28.02.2018 ist entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin kein Sachverständigengutachten. Es wird beschrieben, dass bei der Beschwerdeführerin, bedingt durch die ausgeprägte Listhese L4/L5, eine Claudicatio spinalis-Symptomatik bestehe, welche nach ca. 50 bis 70 m zu einer massiven Schmerzsymptomatik führe, sodass ein längeres Gehen nicht möglich sei. Die Beschwerdeführerin sei dadurch bei zahlreichen Alltagsverrichtungen massiv eingeschränkt, sodass aus neurologischer Sicht der Antrag auf einen Behinderten-Parkausweis unterstützt werde. Diese Bestätigung enthält keinen klinischen Befund und trifft auch keine Aussage zu einer eventuellen maßgebenden Verschlechterung des Leidenszustandes der Beschwerdeführerin im Vergleich zum im Rahmen der persönlichen Untersuchung am 21.02.2018 von Dr. XXXX erhobenen klinischen Befund. Daher ist dieses Beweismittel nicht geeignet, eine offenkundige Änderung der von Dr. XXXX festgestellten Funktionseinschränkungen zu dokumentieren.
Lässt ein ärztliches Attest nicht erkennen, auf welchem Weg sein Aussteller zu seinen Schlussfolgerungen gekommen ist, ist es mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel nicht geeignet. Dies gilt unabhängig davon, dass für den Kausalitätsnachweis nach § 4 Abs. 1 KOVG 1957 Wahrscheinlichkeit ausreicht. Eine Vermutung, dass das in einem "befundlosen" Attest abgegebene Fachurteil nach den Regeln der Wissenschaft erstellt worden sei, besteht nicht. (VwGH vom 06.11.2001, Zl. 94/09/0060)
Ein mit 08.03.2018 datiertes Schreiben Dris. XXXX wurde weder im verwaltungsbehördlichen noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegt. Die Beschwerdeführerin hat auch im Antrag vom 18.04.2018 angegeben "eine" nervenärztliche Bestätigung von Dr. XXXX vorzulegen. In der Beschwerdeschrift werden keine Beilagen erwähnt. Eine Vorlage im Rahmen der Mängelbehebung wäre aufgrund der Neuerungsbeschränkung unzulässig.
Die übrigen Beweismittel datieren aus einer Zeit vor der der persönlichen Untersuchung am 21.02.2018, weshalb diesen keinesfalls eine Aussagekraft betreffend eine Veränderung des Krankheitsbildes zukommt.
Das Beschwerdevorbringen ist nicht zielführend, weil sich diese auf eine Heilbehandlung 2015 (Gürtelrose) und dessen Folgewirkungen (Neuropathie) bezieht. Die Angaben, dass sich die Gehstrecke in letzter Zeit verkürzt habe und das Tragen von Lasten nicht mehr möglich sei, sind weder belegt, noch substantiiert und daher ebenfalls nicht geeignet eine offenkundige Änderung glaubhaft zu machen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
1. Zur Entscheidung in der Sache:
Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten. (§ 1 Abs. 2 BBG)
Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpaß auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderten-einstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist. (§ 40 Abs. 2 BBG)
Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.
Zuständige Stelle ist:
-
Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).
-
Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
-
In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.
(§ 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988)
Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376.
Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluß der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen. (§ 45 Abs. 1 BBG)
Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird. (§ 41 Abs. 2 BBG)
"Offenkundig" sind solche Tatsachen, deren Richtigkeit - unter Bedachtnahme auf die Lebenserfahrung - der allgemeinen Überzeugung entsprechen bzw. allgemein bekannt sind. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Beurteilung der Leidenszustände ist nicht erforderlich. Denn "Offenkundigkeit" bringt es mit sich, dass eine Tatsache erkennbar ist, ohne dass eine Prüfung der individuellen Situation erforderlich ist. (VwGH vom 16.09.2008, Zl. 2008/11/0083)
Daher ist auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterblieben.
Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, waren weder das Vorbringen der Beschwerdeführerin noch die vorgelegten Unterlagen geeignet, eine offenkundige, andauernde Änderung der Gesundheitsschädigungen der Beschwerdeführerin glaubhaft geltend zu machen.
Da objektiviert wurde, dass der neuerliche Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses innerhalb der Jahresfrist gestellt wurde und eine offenkundige andauernde Änderung des Leidenszustandes nicht glaubhaft geltend gemacht werden konnte, war spruchgemäß zu entscheiden.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)
Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)
Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)
Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung war, ob eine offenkundige Änderung des Leidenszustandes der Beschwerdeführerin glaubhaft geltend gemacht wurde.
Wie unter Punkt II.3. bereits erörtert, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben, weil "Offenkundigkeit" mit sich bringt, dass eine Tatsache erkennbar ist, ohne dass eine Prüfung der individuellen Situation erforderlich ist.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde.
Schlagworte
Behindertenpass, Frist, Gesundheitszustand, Grad der BehinderungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W132.2195896.1.00Zuletzt aktualisiert am
23.07.2018