TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/13 W140 2200232-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.07.2018
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Entscheidungsdatum

13.07.2018

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76 Abs3 Z3
FPG §76 Abs3 Z9

Spruch

W140 2200232-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. HÖLLER als

Einzelrichterin im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Zahl: XXXX , über die weitere Anhaltung von XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA.

Algerien, in Schubhaft zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG idgF wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

II. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Am 13.03.2018 wurde der Beschwerdeführer (BF) vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Regionaldirektion Steiermark, niederschriftlich einvernommen. Im Zuge dieser Einvernahme zeigte sich der BF nicht kooperativ und nicht ausreisewillig.

Mit Bescheid des BFA, Regionaldirektion Steiermark, Außenstelle Leoben, vom 13.03.2018 wurde über den BF gemäß § 76 Absatz 2 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, iVm § 57 Absatz 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl Nr. 51/1991 (AVG) idgF, die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Die Verwaltungsbehörde führte u.a. aus:

"Feststellungen

Der Entscheidung liegen folgende Feststellungen zugrunde:

Zu Ihrer Person:

Sie sind nicht österreichischer Staatsbürger.

Sie sind Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Zi. 1 FPG, da Sie die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen. Ihre Identität steht nicht fest, zumal Sie über keinerlei Dokument verfügen, woraus die Glaubhaftigkeit Ihrer Angaben nachvollziehbar festgestellt werden kann. Ihre Einreise in das Bundesgebiet erfolgte illegal.

Soweit im Bescheid und Verfahren Ihr Name und Ihr Geburtsdatum, XXXX , geboren am XXXX , genannt werden, dient dies nur Ihrer Individualisierung und stellt Ihre Verfahrensidentität dar.

Sie sind ledig und haben keine Kinder.

In Österreich wurden Sie bereits mehrmals strafrechtlich verurteilt.

Zu Ihrer rechtlichen Position in Österreich:

Ihr Asylverfahren wurde bereits rechtskräftig negativ entschieden.

(...)

Sie halten sich somit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Sie sind weder im Besitze eines gültigen Reisedokumentes noch im Besitze eines gültigen Einreise- bzw. Aufenthaltstitels. Ihre Identität könne Sie nicht nachweisen, da Sie über keinerlei Ausweisdokumente verfügen.

Vor Ihrer Inhaftierung hielten Sie sich unangemeldet in Wien auf und war Ihr tatsächlicher Aufenthaltsort den Behörden unbekannt.

Die Behörde hat unter Berücksichtigung dieser Umstände jedenfalls ein Verfahren zur Beendigung Ihres Aufenthaltes durchzuführen - da Sie nicht im Besitze eines Reisedokumentes sind - und Ihre Identitätsfeststellung über Ihre Vertretungsbehörde zu veranlassen. Zur Feststellung Ihrer wahren Identität wurde nun mit Ihrer Vertretungsbehörde ein Interviewtermin vereinbart.

Bis auf Ihrer Inhaftierung auf Grund Ihrer rechtskräftigen Verurteilung, war Ihr tatsächlicher Aufenthaltsort nicht bekannt. Sie sind ausreiseunwillig, wodurch in Ihrem Fall zur Sicherung dieses Verfahrens die Schubhaft anzuordnen ist sowie werden Sie nach Vorliegen der Voraussetzungen für eine Abschiebung auch in Ihr Heimatland abgeschoben.

Zu Ihrem bisherigen Verhalten:

-

Seit rechtskräftigem Abschluss Ihres Asylverfahrens halten Sie sich illegal in Österreich auf.

-

Sie sind nach Österreich illegal eingereist.

-

Bis zur Ihrer Verhaftung hielten Sie sich in Wien unangemeldet auf und setzen während Ihres laufenden Asylverfahrens die strafbaren Handlungen - Diebstahl durch Einbruch und versuchten Diebstahl.

-

Im bisherigen Verfahren verhielten Sie sich unkooperativ und machten auch zum schriftlichen Parteiengehör keine Angaben.

-

Sie besitzen kein gültiges Reisedokument. Sie können Österreich aus eigenem Entschluss nicht legal verlassen.

-

Obwohl eine gesetzliche Verpflichtung hiezu besteht, verweigern Sie eine freiwillige Ausreise aus Österreich.

-

Sie missachteten die österreichische Rechtsordnung, indem Sie trotz Ihres laufenden Asylverfahrens bereits straffällig wurden.

-

Sie verfügen nicht über ausreichend Barmittel um Ihren Unterhalt zu finanzieren. Einer legalen Beschäftigung gehen Sie nicht nach.

-

Sie hielten sich unangemeldet in Österreich auf.

-

Sie sind in keinster Weise integriert, da Sie über keinerlei Bindungen im Bundesgebiet verfügen.

Zu Ihrem Privat- und Familienleben:

Sie sind in Österreich weder beruflich noch sozial verankert.

Wie bereits oben ausgeführt, hielten Sie sich vor Ihrer Verhaftung unangemeldet in Österreich auf.

Laut Ihren eigenen Angaben haben Sie keine familiäre und sonstigen Bindungen in Österreich. Ihre Eltern und Geschwister leben im Heimatland.

Etwaige Hinweise auf integrationsverstärkende Anhaltspunkte sind in Ihrem Fall nicht hervorgekommen und wurden von Ihnen auch nicht angegeben.

Beweiswürdigung

Die von der Behörde getroffenen Feststellungen resultieren aus dem Inhalt Ihres BFA-Aktes, Zl. 1103978805 sowie aus Ihrer Einvernahme am 10.08.2016

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 3 BFA-Einrichtungsgesetz (BFA-G) und § 3 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) ist das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) die zuständige Behörde nach dem BFA-VG, dem Asylgesetz 2005 (AsylG), dem 7., 8. und 11. Hauptstück des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), dem Grundversorgungsgesetz-Bund 2005 (GVG-B) und der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-VO).

Gemäß Art. I Abs. 2 Z 1 des Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008 (EGVG) wendet das BFA das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) an.

Gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG können Fremde festgenommen oder angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit bzw. Durchführbarkeit in Asylverfahren oder um die Abschiebung zu sichern. Für die Anordnung der Schubhaft muss Fluchtgefahr und Verhältnismäßigkeit vorliegen.

Wird gemäß § 76 Abs. 5 FPG eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

Die Schubhaft ist mit Bescheid anzuordnen, dieser ist gem. § 57 AVG zu erlassen. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gem. § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Die Schubhaft dient der Sicherung der angeführten Verfahren bzw. der Sicherung der Abschiebung. Zur Prüfung der Fluchtgefahr ist auf alle Umstände des konkreten Falles Bedacht zu nehmen, um die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens, als schlüssig anzusehen. Dabei kommt insbesondere auch dem bisherigen Verhalten des Fremden Bedeutung zu (VwGH 27.2.2007, 2006/21/0311). Von einer Anordnung der Schubhaft ist Abstand zu nehmen, wenn sie im Einzelfall nicht notwendig und verhältnismäßig ist. So ist eine verfassungsrechtlich gebotene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen (VfGH 24.6.2006, B362/06). In diesem Zusammenhang sind die Kriterien gem. § 76 Abs. 3 FPG zu beachten.

1. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

2. ob der Fremde entgegen eines aufrechten Einreiseverbots, eines aufrechten Aufenthaltsverbots oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des

d. Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß §§ 56 oder 71 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

Entsprechend ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende Kriterien in Ihrem Fall eine Fluchtgefahr:

Sie hielten sich nach Ihrer illegalen Einreise in das Bundesgebiet unstet in Österreich auf und stellten erst nach Ihrem Aufgriff durch die Exekutive einen Asylantrag. Dabei gaben Sie schon erstmalig ein falsches Geburtsdatum an. In weiterer Folge hielten Sie sich weiterhin unangemeldet in Wien auf und wurden noch während des laufenden Asylverfahrens straffällig. Sie haben es unterlassen, Ihren Aufenthaltsort den Behörden bekannt zu geben. Noch während der Verbüßung Ihrer Freiheitsstrafe, wurde Ihr Asylverfahren rechtskräftig negativ entschieden sowie wird gegen Sie auch eine Rückkehrentscheidung iVm. Einreiseverbot erlassen. Obwohl gegen Sie nun eine Ausreiseverpflichtung besteht, zeigten Sie sich wenig kooperativ und zeigte Ihr Verhalten eindeutig, dass Sie nicht bereits sind, in Ihr Heimatland zurückzukehren.

Diese Interviewtermine bei Ihrer Vertretungsbehörde stellen eine Grundlage zur Feststellung Ihrer wahren Identität sowie auch die Erlangung eines Heimreisezertifikates dar. Auf Grund Ihrer dokumentierten Ausreisewilligkeit und bei Belassen auf freiem Fuß, wäre es daher nicht möglich, Ihre wahre Identität festzustellen sowie in weiterer Folge für die weiteren behördlichen Maßnahmen - ev. Abschiebung - ein Heimreisezertifikat zu erlangen. Sie haben durch Ihr bisher gesetztes strafbares Verhalten und Ihren nunmehrigen Angaben Ihre Ignoranz gegenüber der österreichischen Rechtsordnung und Ihre Ausreiseunwilligkeit ausreichend dokumentiert.

Daher ist die Entscheidung auch verhältnismäßig, da auf Grund Ihrer fehlenden Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens davon auszugehen war, dass Sie sich abermals unangemeldet im Bundesgebiet aufhalten, umso die weiteren behördlichen Maßnahmen zu verhindern.

Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist

davon auszugehen, dass Sie auch hinkünftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten.

Bezüglich Ihrer Person besteht ein beträchtliches Risiko des Untertauchens zumal Sie, wie bereits mehrfach angeführt, Sie sich unstet im Bundesgebiet aufhielten und Ihr wahrer Aufenthaltsort den Behörden unbekannt war.

In Ihrem Fall ist davon auszugehen, dass straffällig wurden um sich so Ihren weiteren Lebensunterhalt zu finanzieren. Dies ergibt sich daraus, dass Sie auch während Ihres laufenden Asylverfahrens bereits einen Diebstahl durch Einbruch und einen versuchten Diebstahl begingen.

Bei der Prüfung der Fluchtgefahr ist auch ein massives strafrechtliches Verhalten des Fremden in Bezug auf Gewalt- und Vermögensdelikte in Verbindung mit der wegen seiner Mittellosigkeit naheliegenden Wiederholungsgefahr einzubeziehen (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276). Der VwGH hat auch ausgesprochen, dass eine erhebliche Deliquenz des Fremden das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Effektivität einer baldigen Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276).

So wurden Sie bereits ausgeführt kurz nach Ihrer illegalen Einreise in das Bundesgebiet straffällig und weisen bereits rechtskräftige Verurteilungen auf.

Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen. Sie haben durch die oben angeführten Verurteilungen Ihre Ignoranz gegenüber der österreichischen Rechtsordnung dokumentiert.

Zu Ihrem Heimatland wird ausgeführt, dass Algerien am 18. Februar 2016 in die Liste der sicheren Drittstaaten aufgenommen wurde. Die algerische Botschaft hat jüngst in zahlreichen Gesprächen mit dem Bundesministerium für Inneres zugesichert zur Rückübernahme algerischer Staatsbürger bereit zu sein und Heimreisezertifikate auszustellen. Zusätzlich hat auch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in den letzten Wochen und Monaten zahlreiche Schritte bei der Zusammenarbeit mit der Botschaft der Demokratischen Volksrepublik Algerien im Bereich der Dokumentenbeschaffung gesetzt und laufend Gespräche geführt, sodass nunmehr eine kontinuierliche Zusammenarbeit gegeben ist und bereits einige positive Identifizierungen durch die algerische Botschaft erfolgt sind.

Zu diesem Zweck ist beabsichtigt, Sie der algerischen Delegation zur Feststellung Ihrer Identität vorzuführen. Aufgrund der vereinbarten Vorgehensweise mit der algerischen Botschaft ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Abschiebung Ihrer Person in Ihr Heimatland wahrscheinlich und keinesfalls aussichtslos.

Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher in Ihrem Fall, dass Ihr privates Interesse an der Schonung Ihrer persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.

Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio - Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht.

Doch auch was die Unterkunftnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden.

Schon während Ihres laufenden Asylverfahrens - wo Sie ja zum Aufenthalt berechtigt sind - setzen die strafbaren Handlungen. Ihren tatsächlichen Aufenthaltsort haben Sie nicht bekanntgeben, sodass es nun unumgänglich ist, Ihre Vorführung zur Identitätsprüfung bzw. auch weiteren damit verbundenen behördlichen Maßnahmen zu sichern.

Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima - ratio - Situation vor,

die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt.

Es ist weiters aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie Ihre Haftfähigkeit, gegeben sind.

(...)

Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist."

Mit Verfahrensanordnung vom 13.03.2018 wurde dem Beschwerdeführer durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 52 Abs 1 BFA-VG für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

Die Verwaltungsbehörde übermittelte am 04.07.2018 zum Zwecke der Überprüfung der Schubhaft im Sinne des §22a Abs. 4 BFA-VG die Verwaltungsakten womit "die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht gilt" und führte aus:

"Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erlaubt sich mitzuteilen, dass mit ho. Bescheid vom 13.03.2018, GZ:, XXXX über den im Betreff genannten Fremden - Partei - gem. § 76 Abs. 2 Z 1 FPG die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt wurde.

Dieser Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Eingangs sowie im Besonderen darf höflich auf den

* im Schubhaftbescheid vom 13.03.2018, sowie

* der Rückkehrentscheidung iVm. einem Einreiseverbot für eine Dauer von 10 Jahren vom 06.12.2017 mehrfach umfassend dokumentierten Sachverhalt verwiesen werden.

Sachverhalt:

Laut Aktenlage stellten Sie am 10.04.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei Sie angaben, den Namen XXXX zu führen, aus Algerien zu stammen und am XXXX geboren worden zu sein.

Anlässlich der niederschriftlichen Befragung am 10.04.2016 bei der Abteilung Fremdenpolizei und Anhaltevollzug Referat AFA 1 - FB AFA

1.3 -ZBFA gaben Sie ihre Fluchtgründe bekannt.

Sie wurden am 23.02.2017 aufgrund des Verdachtes eine gerichtliche strafbare Handlung begangen zu haben, festgenommen.

In der Folge wurde über Sie durch das Landesgericht XXXX die Untersuchungshaft verhängt.

Weiters wurden Sie am XXXX rechtskräftig durch das Landesgericht XXXX wegen der Verwirklichung der Tatbestände der §§ 15, 127, 129 Abs. 1 Zif. 1, 130 Abs. 1 1. Fall und 130 Abs. 2 2. Fall, 135 Abs. 1, 229 Abs. 1 und 241e Abs. 3 StGB unter der Zahl 48 Hv 93/14k zu einer Freiheitsstrafe von insgesamt 19 Monaten verurteilt.

(...)

Mit Verfahrensanordnung wurde Ihnen ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

Ferner ging aus den Aktenunterlagen hervor, dass Herr XXXX über keinerlei persönliche Beziehungen oder Bindungen zum Bundesgebiet verfügte.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Zahl IFA:

1111046104, VZ 160507229, wurde gemäß § 52 Abs. 1 Zi. 2 FPG eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung gem. § 46 FPG nach Algerien zulässig ist. Weiters wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm. Absatz 3 Zif. 1 FPG gegen Sie ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Am 13.03.2018 wurde über Herrn XXXX gem. § 76 Abs. 2 Zi. 1 FPG die Schubhaft zum Zwecke seiner Abschiebung in seine Heimat Algerien verhängt.

Am 04.04.2018, um 20:00 Uhr, trat Herrn XXXX in den Hungerstreik und vom Amtsarzt im AHZ XXXX auf Grund gesundheitlicher Probleme attestiert, dass die Vitalwerte in nächster Zeit in einen kritischen Bereich kommen werden und er alle weiteren Untersuchungen verweigern wird. Da die Voraussetzungen zur Heilbehandlung gem. § 78 Abs. 6 FPG vorgelegen sind, wurde der Fremde am 17.04.2018 vom AHZ XXXX in das PAZ XXXX überstellt.

Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes, welcher sich zusammengefasst wie folgt darstellt:

Herr XXXX

* ist nicht erwerbstätig,

* besitzt kein Geld,

* hat seinen Aufenthalt in Österreich durch einen Antrag auf internationalen Schutz legitimiert,

* steht in keinem Ausbildungsverhältnis,

* gelangte illegal in das Bundesgebiet,

Auf Grund all dieser Tatsachen wurde in diesem Fall schlüssiger Weise eine hohe Fluchtgefahr angenommen. Die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für Algerien wird als sehr wahrscheinlich angenommen.

Es wurden bisher auf Seiten des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, in Kooperation mit dem Bundesministerium für Inneres und dem Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres, zahlreiche Schritte bei der Zusammenarbeit mit den Botschaften gesetzt.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl leitet mit der Übermittlung des Ersuchens um HRZ-Ausstellung an die Botschaft das Verfahren zur HRZ-Beschaffung ein. Die Identifizierung der Personen erfolgt durch die algerischen Behörden.

(...)

Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt erfolgten seitens der ho. Behörde bereits drei Schubhaftprüfungen gem. § 80 Abs. 6 FPG, wobei jedesmal festgestellt wurde, dass die Schubhaft nach wie vor aus den im Schubhaftbescheid angeführten Gründen unbedingt erforderlich ist und kein gelinderes Mittel anwendbar scheint.

Da nun die Ausstellung eines Heimreisezertifikates von der algerischen Botschaft als wahrscheinich angesehen wird, ist nach Ansicht der ho. Behörde die Anhaltung gem. § 76 Abs. 2 Z 1 FPG weiterhin erforderlich.

Aufgrund der Fristerreichung der durchgehend andauernden Schubhaft von vier Monaten mit 14.07.2018, wird der hierortige Verfahrensakt des Obgenannten zur weitern Prüfung einer möglichen Fortsetzung der Schubhaft i.S.d. § 22a Abs. 4 BFA-VG übermittelt."

Mit E-Mail vom 09.07.2018 teilte das BFA in einer ergänzenden Stellungnahme Folgendes mit:

"Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erlaubt sich mitzuteilen, dass der Fremde am 8.3.2018 von der algerischen Botschaft als algerischer Staatsbürger identifiziert wurde und der Antrag die Ausstellung eines Heimreisezertifikates bei den algerischen Behörden bearbeitet wird. Aufgrund der Erfahrungswerte ist mit der Ausstellung eines Heimreisezertifikates innerhalb eines Zeitraumes - von drei bis vier Monaten - zu rechnen. Jedoch ist im konkreten Fall mit der Ausstellung eines Heimreisezertifikates mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu rechnen."

Das Bundesverwaltungsgericht hat von Amts wegen erwogen:

Sachverhalt:

Der volljährige Beschwerdeführer, ein algerischer Staatsangehöriger, stellte am 10.04.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 06.12.2017 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Algerien (Spruchpunkt II.) abgewiesen wurde. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Algerien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG wurde ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.), sowie einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.). Gegen diesen Bescheid wurde vom Beschwerdeführer unterstützt durch seine Rechtsberatung mit Schreiben vom 04.01.2018 Beschwerde erhoben. Der Beschwerdeführer zog - unterstützt durch seine Rechtsberatung - mit Schreiben vom 05.01.2018 seine Beschwerde zurück. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.01.2018 wurde das Verfahren wegen Zurückziehung der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich vorbestraft. Mit Urteil des Landesgerichtes für XXXX XXXX vom XXXX , RK XXXX , § 229 (1) StGB § 135 (1) StGB, §§ 127, 129 (1) Z 1 2. Fall, 130 (2) 2. Fall StGB § 241e (3) StGB, Datum der (letzten) Tat 16.08.2016, wurde der BF zu einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten, davon Freiheitsstrafe 7 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre Junge(r) Erwachsene(r) - verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX , RK XXXX , § 15 StGB §§ 127, 129 (1) Z 1, 130 (1) 1. Fall, (2), 2. Fall StGB Datum der (letzten) Tat 23.02.2017, wurde der BF zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten Junge(r) Erwachsene(r) - verurteilt.

Mit Bescheid des BFA, Regionaldirektion Steiermark, Außenstelle XXXX , vom 13.03.2018 wurde über den BF gemäß § 76 Absatz 2 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, iVm § 57 Absatz 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl Nr. 51/1991 (AVG) idgF, die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

Das BFA führte aus:

"Entsprechend ihres bisherigen Verhaltens begründen folgende

Kriterien in Ihrem Fall eine Fluchtgefahr:

Sie hielten sich nach Ihrer illegalen Einreise in das Bundesgebiet unstet in Österreich auf und stellten erst nach Ihrem Aufgriff durch die Exekutive einen Asylantrag. Dabei gaben Sie schon erstmalig ein falsches Geburtsdatum an. In weiterer Folge hielten Sie sich weiterhin unangemeldet in Wien auf und wurden noch während des laufenden Asylverfahrens straffällig. Sie haben es unterlassen, Ihren Aufenthaltsort den Behörden bekannt zu geben. Noch während der Verbüßung Ihrer Freiheitsstrafe, wurde Ihr Asylverfahren rechtskräftig negativ entschieden sowie wird gegen Sie auch eine Rückkehrentscheidung iVm. Einreiseverbot erlassen. Obwohl gegen Sie nun eine Ausreiseverpflichtung besteht, zeigten Sie sich wenig kooperativ und zeigte Ihr Verhalten eindeutig, dass Sie nicht bereits sind, in Ihr Heimatland zurückzukehren.

Diese Interviewtermine bei Ihrer Vertretungsbehörde stellen eine Grundlage zur Feststellung Ihrer wahren Identität sowie auch die Erlangung eines Heimreisezertifikates dar. Auf Grund Ihrer dokumentierten Ausreisewilligkeit und bei Belassen auf freiem Fuß, wäre es daher nicht möglich, Ihre wahre Identität festzustellen sowie in weiterer Folge für die weiteren behördlichen Maßnahmen - ev. Abschiebung - ein Heimreisezertifikat zu erlangen. Sie haben durch Ihr bisher gesetztes strafbares Verhalten und Ihren nunmehrigen Angaben Ihre Ignoranz gegenüber der österreichischen Rechtsordnung und Ihre Ausreiseunwilligkeit ausreichend dokumentiert.

Daher ist die Entscheidung auch verhältnismäßig, da auf Grund Ihrer fehlenden Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens davon auszugehen war, dass Sie sich abermals unangemeldet im Bundesgebiet aufhalten, umso die weiteren behördlichen Maßnahmen zu verhindern.

Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist

davon auszugehen, dass Sie auch hinkünftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten.

Bezüglich Ihrer Person besteht ein beträchtliches Risiko des Untertauchens zumal Sie, wie bereits mehrfach angeführt, Sie sich unstet im Bundesgebiet aufhielten und Ihr wahrer Aufenthaltsort den Behörden unbekannt war.

In Ihrem Fall ist davon auszugehen, dass straffällig wurden um sich so Ihren weiteren Lebensunterhalt zu finanzieren. Dies ergibt sich daraus, dass Sie auch während Ihres laufenden Asylverfahrens bereits einen Diebstahl durch Einbruch und einen versuchten Diebstahl begingen.

Bei der Prüfung der Fluchtgefahr ist auch ein massives strafrechtliches Verhalten des Fremden in Bezug auf Gewalt- und Vermögensdelikte in Verbindung mit der wegen seiner Mittellosigkeit naheliegenden Wiederholungsgefahr einzubeziehen (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276). Der VwGH hat auch ausgesprochen, dass eine erhebliche Deliquenz des Fremden das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Effektivität einer baldigen Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 25.03.2010, 2009/21/0276).

So wurden Sie bereits ausgeführt kurz nach Ihrer illegalen Einreise in das Bundesgebiet straffällig und weisen bereits rechtskräftige Verurteilungen auf.

(...)

Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher in Ihrem Fall, dass Ihr privates Interesse an der Schonung Ihrer persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.

Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio - Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht.

Doch auch was die Unterkunftnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden.

Schon während Ihres laufenden Asylverfahrens - wo Sie ja zum Aufenthalt berechtigt sind - setzen die strafbaren Handlungen. Ihren tatsächlichen Aufenthaltsort haben Sie nicht bekanntgeben, sodass es nun unumgänglich ist, Ihre Vorführung zur Identitätsprüfung bzw. auch weiteren damit verbundenen behördlichen Maßnahmen zu sichern.

Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des

Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima - ratio - Situation vor,

die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt.

(...)

Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist."

Der BF befindet sich seit 13.03.2018 durchgehend in Schubhaft. Diese wird derzeit im PAZ XXXX vollzogen. Die Überprüfung der Schubhaft erfolgte monatlich.

Es besteht auch aktuell Fluchtgefahr. Der BF wurde am 08.03.2018 von der algerischen Botschaft als algerischer Staatsbürger identifiziert. Der Antrag auf Ausstellung eines Heimreisezertifikates wird derzeit von den algerischen Behörden bearbeitet. Im konkreten Fall ist mit der Ausstellung eines Heimreisezertifikates mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu rechnen.

Zum Entscheidungszeitpunkt ist die Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer - aufgrund der positiven Identifizierung - realistisch.

Entscheidungsgrundlagen:

* gegenständliche Aktenlage;

Würdigung der Entscheidungsgrundlage:

Die Aktenlage beinhaltet keine Anhaltspunkte für eine entsprechende Änderung dieser Ausgangslage, sodass auch aktuell von der Haftfähigkeit auszugehen ist.

Zusammenfassend ist daher anzumerken, dass das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers in der Form:

* Der BF ist ein 2-fach verurteilter Straftäter;

* Der BF wurde aus der Grundversorgung wegen unbekannten Aufenthaltes abgemeldet, er war in weiterer Folge nicht aufrecht gemeldet;

* Der BF kann aufgrund eines fehlenden Dokumentes sowie fehlender Barmittel nicht selbstständig das Land verlassen;

* Das Asylverfahren des BF ist rechtskräftig negativ abgeschlossen, es besteht eine Rückkehrentscheidung und ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot;

* Im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme am 13.03.2018 vor dem BFA zeigte sich der BF nicht kooperativ und nicht ausreisewillig;

* Der BF befand sich bereits mehrfach im Rahmen der Schubhaft im Hungerstreik, um seine Abschiebung zu verhindern;

* Der BF war auch im Rahmen der Schubhaft verhaltensauffällig, er fiel durch herabwürdigendes Verhalten gegenüber den Beamten auf;

* Der BF verfügt in Österreich über keine familiären oder beruflichen Anknüpfungspunkte und über keine gesicherte (stete) Unterkunft, verfügt über keine ausreichenden Existenzmittel und ist nicht erwerbstätig;

* Der BF verfügt über ein soziales Netz im Bundesgebiet, das ihm ein Leben im Verborgenen ermöglicht

zur schlussfolgernden Feststellung führt, dass Fluchtgefahr bestand und besteht.

Sein bisheriges Verhalten und seine Lebensweise lassen somit keine Zweifel daran, dass der BF in Österreich nicht integriert ist und dass er seine Freilassung nur dazu nützen wird, sich seiner Abschiebung zu entziehen.

Festzuhalten ist, dass die Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer zum Entscheidungszeitpunkt - aufgrund der positiven Identifizierung - realistisch ist.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. - Fortsetzung der Schubhaft

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

Gemäß § 76 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn 1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder 2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

§ 76 Abs. 3 FPG lautet:

Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird.

Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig.

Aufgrund der Kriterien des § 76 Abs. 3 Z 3 und Z 9 FPG liegt weiterhin Fluchtgefahr vor und ist auch Sicherungsbedarf gegeben. Insbesondere zu berücksichtigen ist, ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat. Die Schubhaft ist jedenfalls wegen Fluchtgefahr aufrechtzuerhalten, weil aus dem vergangenen und aktuellen Verhalten des Beschwerdeführers mit Sicherheit geschlossen werden kann, dass der Beschwerdeführer seine Abschiebung zu verhindern oder jedenfalls zu behindern beabsichtigt.

Der Beschwerdeführer hatte keine berücksichtigungswürdigen Umstände dargetan, wonach die Schonung seiner Freiheit das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung überwiegen würde.

Die Schubhaft ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände und vor dem Hintergrund der Erlangbarkeit eines Heimreisezertifikates - in absehbarer Zeit - auch verhältnismäßig.

In diesem Zusammenhang war auch die Straffälligkeit des Beschwerdeführers zu berücksichtigen und §76 Abs. 2a FPG anzuwenden:

"(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt."

Das Verhalten des Beschwerdeführers in der Vergangenheit schließt auch die Anordnung gelinderer Mittel aus.

Die getroffenen Feststellungen und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihres Zukunftsbezuges keine - die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft - ändernden Umstände erkennen.

Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Zu Spruchpunkt II. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Wie ausgeführt, sind keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen, es waren auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Amtswegigkeit, Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft, mangelnder
Anknüpfungspunkt, Schubhaft, Sicherungsbedarf, strafrechtliche
Verurteilung, Überprüfung, Verfahrensentziehung, Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W140.2200232.1.00

Zuletzt aktualisiert am

23.07.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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