Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei I***** S.p.A., *****, Italien, vertreten durch Dr. Ralf Geymayer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die verpflichtete Partei A*****, vertreten durch Dr. Esther Pechtl-Schatz, Rechtsanwältin in Imst, wegen 377.928,70 EUR sA, über 1. den ordentlichen Revisionsrekurs der R***** S***** eGen, *****, vertreten durch Dr. Josef Kurz, Rechtsanwalt in Silz, und 2. den außerordentlichen Revisionsrekurs der A***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Emilio Stock, Mag. Gerhard Endstrasser, Rechtsanwälte in Kitzbühel, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 16. August 2017, GZ 1 R 150/17a-142, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 17. Oktober 2017, GZ 1 R 150/17s-143, mit dem der Rekurs der Pfandgläubigerin R***** S***** eGen gegen den Meistbotsverteilungsbeschluss des Bezirksgerichts Landeck vom 8. Mai 2017, GZ 11 E 18/12y-131, zurückgewiesen wurde, und über Rekurs der betreibenden Partei dieser Meistbotsverteilungsbeschluss abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der ordentliche Revisionsrekurs der Erstrevisionsrekurswerberin wird zurückgewiesen.
Der außerordentliche Revisionsrekurs der Zweitrevisionsrekurswerberin wird gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Mit rechtskräftigem Beschluss des Erstgerichts vom 13. Dezember 2012 wurde der Betreibenden zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung von 377.928,70 EUR sA antragsgemäß die Zwangsversteigerung der Liegenschaften des Verpflichteten (EZ 618 und 305) bewilligt.
Zur Meistbotsverteilung der beiden Liegenschaften meldeten ua die Erstrevisionsrekurswerberin (in Hinkunft: Bank) und die Zweitrevisionsrekurswerberin (in Hinkunft: GmbH) Forderungen an.
Die Bank behauptete eine auf der EZ 618 und einer weiteren Liegenschaft durch ein Simultanpfandrecht im Höchstbetrag von 73.000 EUR gesicherte Forderung von (ausgedehnt) 75.249,72 EUR und schloss sich den Einwendungen der Betreibenden gegen die von der GmbH geltend gemachte Forderungseinlösung an.
Die GmbH brachte dazu vor, sie habe mit (den gleichzeitig in Kopie vorgelegten) Kaufverträgen vom 6. Dezember 2013 (in Hinkunft: ./A und ./B) vom Verpflichteten ua Grundstücke aus einer der beiden Liegenschaften samt einem darauf errichteten Hotel um 730.000 EUR und 20.000 EUR gekauft. Vereinbart sei, den Kaufpreis direkt an die R***** O***** eGen (in Hinkunft: Pfandgläubigerin) zu leisten. Damit sei eine Einlösung der zu diesem Zeitpunkt offenenen Verbindlichkeiten des Verpflichteten bei der Pfandgläubigerin iSd § 1422 ABGB bewirkt worden und die in der EZ 618 zugunsten der Rechtsvorgängerin der Pfandgläubigerin eingetragenen Pfandrechte auf die GmbH übergegangen, ebenso die in der EZ 618 zugunsten der Pfandgläubigerin eingetragenen Höchstbetragshypotheken. Infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Verpflichteten mit Beschluss vom 17. Februar 2014 sowie der Nichtbeibringung von Löschungserklärungen weiterer Pfandgläubiger habe das Eigentumsrecht der GmbH nicht verbüchert werden können. Der Masseverwalter sei von den Kaufverträgen zurückgetreten. Das Hotel sei der GmbH dennoch übergeben worden und von dieser mit einem (näher aufgeschlüsselten) Aufwand von 80.393,20 EUR erhalten und instandgesetzt worden, sodass die berechtigte Forderung der GmbH gegen den Verpflichteten (750.000 + 80.393 =) 830.393,20 EUR betrage (ON 67). In der Folge teilte die GmbH mit, die Pfandgläubigerin habe ihr gegenüber erklärt, dass es zu keiner Forderungseinlösung gekommen sei (ON 70). In der Meistbotsverteilungstagsatzung vom 1. Februar 2016 verwies die GmbH auf eine (in Kopie vorgelegte) Löschungserklärung (in Hinkunft: ./C), die im Gegenzug für die von der GmbH geleisteten Zahlungen von der Pfandgläubigerin ausgestellt worden sei.
Auch die Betreibende meldete eine Forderung an und erhob Einwendungen gegen die Forderungsanmeldung der GmbH.
Die EZ 618 weist folgende, hier relevante Belastungen in der bücherlichen Rangordnung auf:
zu C-LNR 14 (unter Berücksichtigung der Vorrangseinräumungen) ein Pfandrecht im Betrag von 1.958.000 ATS zugunsten einer Bausparkasse GmbH,
zu C-LNR 6 ein Pfandrecht über den Betrag von 3.800.000 ATS zugunsten der
Rechtsvorgängerin der Pfandgläubigerin,
zu C-LNR 7 ein Pfandrecht über den Betrag von 3.200.000 ATS zugunsten der Rechtsvorgängerin der Pfandgläubigerin,
zu C-LNR 16 ein Höchstbetragspfandrecht von 73.000 EUR zugunsten der Bank,
zu C-LNR 21, 22, 44, 45 und 48 Höchstbetragspfandrechte über die Beträge von 400.000, 107.000, 70.000, 100.000 und 31.000 EUR zugunsten der Pfandgläubigerin,
zu C-LNR 53 ein Höchstbetragspfandrecht im Betrag von 390.000 EUR zugunsten der Betreibenden und
zu C-LNR 62 ein Zwangspfandrecht im Betrag von 66.000,40 EUR zugunsten einer AG.
Mit Ausnahme des Pfandrechts zugunsten der Bausparkasse GmbH besteht zu sämtlichen in EZ 618 angeführten Pfandrechten eine Simultanhaftung mit EZ 305.
Das Erstgericht wies mit seinem Meistbotsverteilungsbeschluss vom 13. April 2016 das Meistbot aus der EZ 618 von 527.000 EUR in der bücherlichen Rangordnung der Bausparkassen GmbH mit 89.050,49 EUR (rechtskräftig) und der Rechtsvorgängerin der Pfandgläubigerin im Rang zu C-LNR 6 mit 276.156,76 EUR und im Rang zu C-LNR 7 mit 161.792,75 EUR zu; gleichzeitig gab es (im Spruch vor Punkt C.) den Widersprüchen der Betreibenden und der Bank gegen die aufgrund behaupteter Forderungseinlösung im Rang C-LNR 6a und 7a angemeldete Forderung der GmbH statt. Das Meistbot aus der EZ 305 von 9.500 EUR wies es der Republik Österreich im Betrag von 65,28 EUR (rechtskräftig) als Vorzugsposten und der Rechtsvorgängerin der Pfandgläubigerin im Betrag von 9.434,72 EUR in der bücherlichen Rangordnung zu der zu C-LNR 3 einverleibten Darlehensforderung zu.
Gegen die Zuweisungen an die Rechtsvorgängerin der Pfandgläubigerin erhoben die Betreibende, die Bank und die GmbH Rekurse.
Das Rekursgericht gab den Rekursen der Bank und der GmbH nicht Folge. Dem Rekurs der Betreibenden gab es Folge, hob den Meistbotsverteilungsbeschluss im Umfang der Zuweisungen an die Rechtsvorgängerin der Pfandgläubigerin aus den Meistboten beider Liegenschaften auf und verwies die Exekutionssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück, ohne den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zuzulassen.
Die Bank habe die angemeldete Forderung nicht ausreichend urkundlich nachgewiesen; eine Berücksichtigung der vom Erstrichter unterlassenen Anleitung zur Verbesserung der Anmeldung komme mangels Rüge dieses primären Verfahrensmangels im Rekurs nicht in Betracht.
Die von der GmbH behauptete Forderungseinlösung lasse sich aus den dazu vorgelegten Urkunden nicht zweifelsfrei ableiten. Zwar liege eine Löschungserklärung der Pfandgläubiger vor, allerdings sei weder die Rechtsnachfolge der Pfandgläubigerin noch die Zahlung der GmbH urkundlich nachgewiesen.
Die Betreibende mache zu Recht als Verfahrensmangel geltend, dass das Erstgericht über die Festbetragshypotheken der Rechtsvorgängerin der Pfandgläubigerin zu C-LNR 6 und 7 nicht verhandelt und die Betreibende mit der Befriedigung dieser überrascht habe. Das Erstgericht werde in einer ergänzenden Meistbotsverteilungstagsatzung über die Ansprüche der Rechtsvorgängerin der Pfandgläubigerin zu verhandeln haben.
Im fortgesetzten Verfahren verwies die Bank in ihrer Mitteilung zur Forderungsanmeldung auf ihren Schriftsatz ON 57, legte Urkunden vor und erhob Einwendungen gegen die Forderungsanmeldung der GmbH „wie anlässlich der letzten Meistbotsverteilungstagsatzung“.
Die GmbH meldete 1.140.393,20 EUR zur Zuweisung in der bücherlichen Rangordnung aus dem Meistbot der EZ 618 an. Sie habe sämtliche Verbindlichkeiten des Verpflichteten bei der Pfandgläubigerin durch Überweisung von 1.060.000 EUR im Mai 2013 bezahlt und durch ihr rechtzeitiges Begehren eine Forderungseinlösung gemäß § 1422 ABGB bewirkt. Die Zahlung sei durch Überweisung vom Treuhandkonto des Vertreters der Pfandgläubigerin erfolgt. Dadurch seien die Pfandrechte auf die Gläubiger übergegangen. Das Vorbringen zum Insolvenzverfahren des Verpflichteten wurde ebenso wiederholt wie die Behauptungen zum auf die Grundstücke gemachten Aufwand von 750.000 EUR an „Kaufpreis“ und 80.393,20 EUR an Erhaltungs- und Instandsetzungsaufwand für das Hotel (ON 118). Später ergänzte die GmbH ihr Vorbringen (detailliert) dahin, dass ihr folgende Tatsachen erst nach der ersten Meistbotsverteilungstagsatzung am 1. Februar 2016 (zum Teil aus dem Prozess 5 Cg 82/15k beim Rekursgericht [in Hinkunft: Schadenersatzprozess], in dem sie den ehemaligen Vertreter der Pfandgläubigerin, der von ihr mit der treuhändigen Abwicklung der Zahlung von 1.060.000 EUR an die Pfandgläubigerin sowie mit der Errichtung des Kaufvertrags über das Hotel beauftragt worden sei [in Hinkunft: Treuhänder], auf Schadenersatz in Anspruch genommen habe, und zum Teil durch von Dritten erhaltenen Urkunden) bekannt geworden seien (ON 121): Im Ersturteil zum Schadenersatzprozess vom 29. November 2016 werde eine Forderungseinlösung angenommen und die Haftung des Treuhänders deshalb verneint. Die GmbH habe in einem E-Mail vom 5. April 2013 ausdrücklich die Einlösung der Forderungen des Verpflichteten gewünscht. Vom Treuhandkonto des ehemaligen Vertreters der Pfandgläubigerin, auf das die GmbH in mehreren Raten die 1.060.000 EUR bezahlt habe, sei am 10. Mai 2013 die Überweisung auf ein Konto der Pfandgläubigerin erfolgt. Am 15. Mai 2013 sei die Weiterleitung auf das Betriebsmittelkonto des Verpflichteten erfolgt. Von diesem seien per 22. Mai 2013 durch entsprechende (zahlenmäßig detaillierte) Umbuchungen die bei der Pfandgläubigerin bestehenden Gesamtverbindlichkeiten um 1.060.000 EUR reduziert worden. Davon seien ua auf das Konto Nr 20.730.990 ein Teilbetrag von 264.230,99 EUR geleistet worden und auf das Konto Nr 20.731.428 ein Teilbetrag von 303.244,80 EUR. Der Verpflichtete sei mit Einantwortungsurkunde vom 12. Oktober 1999 bzw mit Schuldübernahmeerklärung vom 29. September 1999 in die diesen Kontonummern zugeordneten, in den Jahren 1982 und 1983 begründeten und zu C-LNR 6 und 7 besicherten Dahrlehensverhältnisse, die von seinem Rechtsvorgänger eingegangen worden seien, eingetreten. Diese hätten zum 31. Mai 2012 mit 299.185,76 EUR und 264.230,99 EUR ausgehaftet. Durch die beiden dargestellten Zahlungen verbunden mit dem Wunsch nach einer Forderungseinlösung seien die zu C-LNR 6 und 7 einverleibten „Festbetragshypotheken“ auf die GmbH übergegangen. Mit einem weiteren Schriftsatz (ON 125) schränkte die GmbH ihre Forderungsanmeldung dadurch ein (erkennbar durch Aufgabe der Forderung von 80.393,20 EUR an Erhaltungs- und Instandsetzungsaufwand), dass sie, gestützt auf die Forderungseinlösung, die Zuweisung in der bücherlichen Rangordnung auf ihre Forderung von (nur mehr) 1.060.000 EUR begehrte. In der Meistbotsverteilungstagsatzung vom 20. Februar 2017 brachte die GmbH noch vor, zum Zeitpunkt der Überweisungen sei klar gewesen, dass mit Zahlung der Summe die Verbindlichkeiten des Verpflichteten bei der Pfandgläubigerin von der GmbH eingelöst werden sollten. Die späteren Kaufverträge, die nicht einmal grundverkehrsbehördlich genehmigt und durch den Rücktritt des Masseverwalters unwirksam geworden seien, würden daran nichts ändern. Die GmbH legte mit allen drei Schriftsätzen zahlreiche (in keiner Weise bezeichnete) Urkunden vor, darunter ein E-Mail an den Treuhänder vom 5. April 2013 (in Hinkunft: ./D), ein Schreiben eines Gesellschafters der GmbH an den Geschäftsführer der GmbH vom 26. April 2013 (in Hinkunft: ./E) und ein Schreiben des Geschäftsführers der GmbH an den Treuhänder vom 26. April 2013 (in Hinkunft: ./F).
Die Betreibende meldete erneut eine Forderung über 277.928,70 EUR sA näher begründet an (ON 119) und erhob Einwendungen gegen die Forderungsanmeldung der GmbH (ON 123): Der Übergang der Pfandrechte an die GmbH sei bereits mit der Rekursentscheidung ON 111 rechtskräftig verneint worden. Abgesehen davon habe die Pfandgläubigerin eine Einlösung ausdrücklich bestritten. Die 1.060.000 EUR seien von der GmbH nicht direkt an die Pfandgläubigerin, sondern an den Treuhänder geleistet worden; dies wie sich aus den Kaufverträgen ergäbe zum Zweck des Ankaufs der Liegenschaften. Durch die Auszahlung vom Treuhandkonto sei es daher zur Tilgung der bestehenden Verbindlichkeit des Verpflichteten bei der Pfandgläubigerin durch den vom Verpflichteten vereinnahmten Kaufpreis gekommen. Auch aus der Auftragserteilung zur Auszahlung des Treuhanderlags vom 26. April 2013 ergebe sich zweifelsfrei, dass der Betrag von 1.060.000 EUR für die Freistellung der Liegenschaft von den Pfandrechten der Pfandgläubigerin verwendet worden sei, nicht aber zur Einlösung. Der Verfasser des E-Mails vom 5. April 2013, das ein Verlangen nach Abtretung der Gläubigerrechte der Pfandgläubigerin gar nicht enthalte, sei – nach den Feststellungen im Ersturteil zum Schadenersatzprozess – gar nicht befugt gewesen, für die GmbH verbindliche rechtsgeschäftliche Erklärungen abzugeben. Selbst wenn die GmbH bei Abschluss der Kaufverträge am 6. Dezember 2013 Inhaberin der eingelösten Forderungen gewesen sein sollte, könne der Inhalt der Verträge nur dahin verstanden werden, dass es entweder zur Aufrechnung mit der Kaufpreisforderung des Verpflichteten gekommen sei oder die Vertragsparteien im Sinn einer Novation den Rechtsgrund von Forderungseinlösung in Kaufpreiszahlung abgeändert hätten.
Die Betreibende erhob auch Einwendungen gegen die (weitere) Forderungsanmeldung der Bausparkasse GmbH.
Das Erstgericht wies im zweiten Rechtsgang der GmbH den gesamten Meistbotsrest von 437.949,51 EUR zur EZ 618 sowie von 9.434,72 EUR zur EZ 305 auf deren angemeldete Forderung von 1.060.000 EUR im Rang der aufgrund einer Forderungseinlösung auf sie übergegangenen Darlehensforderungen der Pfandgläubigerin zu. Dem von der Betreibenden gegen die Anmeldung der Forderung von 4.706,12 EUR der Bausparkasse GmbH erhobenen Widerspruch gab es (unbekämpft) statt, nicht jedoch den Widersprüchen der Betreibenden und der Bank gegen die Zuweisung an die GmbH.
Dagegen erhoben die Bank und die Betreibende Rekurs, und zwar jeweils soweit keine Zuweisung an sie erfolgte.
Das Rekursgericht wies den Rekurs der Bank zurück und sprach aus, dass der Revisionsrekurs nach § 78 EO, § 528 Abs 1 ZPO zulässig sei. Dem Rekurs der Betreibenden gab es Folge und änderte den Meistbotsverteilungsbeschlusses dahin ab, dass es das restliche Meistbot zur EZ 618 zur Gänze der Betreibenden zuwies, den Widerspruch der Bank zurückwies und den Widersprüchen der Betreibenden gegen die Zuweisung an die GmbH und gegen die Forderungsanmeldung der Bausparkasse GmbH stattgab; zur EZ 305 wies es das restliche Meistbot ebenfalls zur Gänze der Betreibenden zu. Den ordentlichen Revisionsrekurs zur Abänderung ließ es mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zu.
Die von der Bank angestrebte Befriedigung aus dem Meistbot sei schon im ersten Rechtsgang vom Rekursgericht unbekämpfbar und damit rechtskräftig abgelehnt worden. Die Bank sei daher am weiteren Verteilungsverfahren nicht zu beteiligen gewesen; es habe keine Zuweisung an sie erfolgen können.
Die von der Betreibenden bestrittenen Forderungseinlösung durch die GmbH durch Zahlung der 1.060.000 EUR sei ua auch Gegenstand des Schadenersatzprozesses gewesen. Wie der Oberste Gerichtshof zu „3 Ob 83/17d“ (gemeint: 3 Ob 83/17b) zu dieser Frage ausgeführt habe, seien der GmbH zum Zeitpunkt der Meistbotsverteilung im Zwangsversteigerungsverfahren hypothekarisch besicherte Forderungen der Pfandgläubigerin gegen den Verpflichteten auch dann nicht (mehr) zugestanden, wenn sie diese Forderungen ursprünglich im Sinn des § 1422 ABGB eingelöst hätte.
Gegen die Zurückweisung ihres Rekurses richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs der Bank. Die GmbH bekämpft die Abänderung durch das Rekursgericht mit ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs. Die Betreibende erstattete jeweils eine Revisionsrekursbeantwortung.
Rechtliche Beurteilung
I. Zum ordentlichen Revisionsrekurs der Bank:
Als „allgemeine“ Bestimmung der ZPO über das Rechtsmittel des Rekurses gilt § 528 ZPO gemäß § 78 EO auch im Exekutionsverfahren (RIS-Justiz RS0002321). Beschlüsse, mit denen das Rekursgericht einen Rekurs gegen eine erstinstanzliche Entscheidung zurückgewiesen hat, sind nur dann anfechtbar, wenn (kumulativ) eine erhebliche Rechtsfrage vorliegt und der Entscheidungsgegenstand 5.000 EUR übersteigt (RIS-Justiz RS0044501). Zwar hat das Rekursgericht nicht dargestellt, was es als erhebliche Rechtsfrage ansieht, es zeigt allerdings auch der Revisionsrekurs, der die Abänderung im Sinn einer Zuweisung entsprechend der Anmeldung anstrebt, keine erhebliche Rechtsfrage auf, weshalb das Rechtsmittel – ungeachtet des nicht bindenden Zulässigkeitsausspruchs – als nicht zulässig zurückzuweisen ist:
Die Begründung des Rekursgerichts ist dahin zusammenzufassen, eine Teilnahme am und Zuweisung im zweiten Rechtsgang des Verteilungsverfahrens sei ausgeschlossen, weil der Teilnahmeanspruch der Bank schon im ersten Rechtsgang rechtskräftig verneint wurde.
Dagegen trägt der Revisionsrekurs der Bank schon deshalb nichts Substantielles vor, weil sie sich mit dieser Argumentation überhaupt nicht auseinandersetzt. Obwohl die relevante Rechtsfrage darin liegt, welche Bedeutung der Rechtskraft eines Verteilungsbeschlusses, in dem der Teilnahmeanspruch eines Gläubigers verneint wurde, für eine neuerliche Forderungsanmeldung desselben Gläubigers in einer Nachtragsverteilung zukommt, betreffen die Rechtsmittelausführungen der Bank (nur) die angebliche Unrichtigkeit der Entscheidung über ihre Forderungsanmeldung im ersten Rechtsgang und die inhaltliche Berechtigung ihrer seinerzeitigen Forderungsanmeldung. In der ersten Rekursentscheidung sei „absolut nicht festgestellt“ worden, dass die Bank nicht einmal zur Erhebung des Rekurses berechtigt gewesen wäre. Wenn keine/eine mangelhafte Forderungsanmeldung vorliege, sei nach dem Grundbuchsstand zu verteilen. Die „Entscheidung gegen den Meistbotsverteilungsbeschluss vom 08. 05. 2017“ (gemeint wohl die Rekursentscheidung ON 142) nehme neuerlich keinen Bezug darauf, dass keine ordnungsgemäße Anmeldung vorgelegen wäre.
Damit wird die genannte präjudizielle Rechtsfrage nicht einmal am Rande angesprochen, sodass der Revisionsrekurs schon deshalb keine erhebliche Rechtsfrage aufzeigt.
Das gilt auch für den Vorwurf, das Erstgericht hätte in der zweiten Meistbotsverteilungstagsatzung bei Vorliegen einer unzureichenden Forderungsanmeldung zur Verbesserung anleiten müssen, weil die angefochtene Rekursentscheidung bezüglich der Bank von solchen Umständen im zweiten Rechtsgang gar nicht ausgegangen ist.
II. Zum außerordentlichen Revisionsrekurs der GmbH:
Die Rechtsmittelwerberin strebt eine Abänderung im Sinn der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Verteilungsbeschlusses an; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der Revisionsrekurs der GmbH stellt jedoch ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage dar und ist deshalb als nicht zulässig zurückzuweisen.
II.1. Die zur Meistbotsverteilung angemeldeten Ansprüche sind nach § 210 Abs 1 EO durch Urkunden nachzuweisen, wenn sie nicht aus dem Grundbuch oder den Exekutionsakten entnommen werden können; andere Beweismittel, zB Zeugenaussagen, sind nicht zugelassen (RIS-Justiz RS0003104). Außer den Anmeldungen dürfen lediglich die Akten des laufenden Versteigerungsverfahrens, in dem die Verteilung erfolgt, berücksichtigt werden, nicht aber auch die Akten früherer, bereits beendeter Verfahren (RIS-Justiz RS0003176). Hängt die Berücksichtigung einer zur Meistbotsverteilung angemeldeten Forderung davon ab, ob der Bestand oder der Rechtsübergang durch Urkunden nachgewiesen wird, so muss das Exekutionsgericht von Amts wegen prüfen, ob der Nachweis erbracht ist. Dies gilt unabhängig davon, ob ein Widerspruch erhoben wurde. Ist der Nachweis aufgrund der vom Anmeldenden vorgelegten Urkunden als erbracht anzusehen, so ist die Forderung nach Maßgabe der Verteilungsmasse durch Zuweisung zu berücksichtigen. Ein Widerspruch ist in diesem Zusammenhang nur notwendig, wenn damit geltend gemacht wird, dass der Inhalt der Urkunden unrichtig ist (3 Ob 26/88). Erbringt der Gläubiger nicht den nach der Grundbuchs- und Aktenlage gemäß § 210 EO gebotenen Nachweis einer angemeldeten Forderung und ist diese daher schon aus diesem Grund nicht zu berücksichtigen, ist ein aus diesem Grund erhobener Widerspruch nicht auf den Rechtsweg zu verweisen (3 Ob 148/80 = RIS-Justiz RS0002022 [T1]; Markowetz in Burgstaller/Deixler-Hübner 24. Lfg, §§ 210, 211 EO Rz 31 und 37).
II.2. Die Vorschriften über die Verteilungstagsatzung gelten sinngmäß auch für den Fall einer Nachtragsverteilung, die ua im Fall eines erfolgreichen Rekurses gegen den Verteilungsbeschluss (§ 234 Abs 2 EO) erforderlich ist. Dabei handelt es sich um ein neues Verteilungsverfahren, also nicht bloß um die Fortsetzung der früheren Verteilung. Sie ist deshalb nach den Vorschriften der §§ 209 ff EO durchzuführen (3 Ob 24/88; 3 Ob 33/01a; RIS-Justiz RS0003005; Angst in Angst/Oberhammer³ § 209 EO Rz 12 f; Markowetz in Burgstaller/Deixler-Hübner, 24. Lfg, § 209 EO Rz 15 f). Bildet eine neue Verteilung den Gegenstand des Verfahrens, können hiezu die Forderungen neuerlich angemeldet werden; dies ermöglicht auch die Anmeldung einer höheren Forderung als früher. Da aber gemäß § 210 Abs 1 EO Forderungen schon vor der Meistbotsverteilungstagsatzung angemeldet werden können, behalten frühere Forderungsanmeldungen ihre Gültigkeit, auch wenn sie nicht ausdrücklich aufrecht erhalten werden, und es ist hierauf Bedacht zu nehmen (Angst § 209 EO Rz 14; vgl 3 Ob 109/90; 3 Ob 33/01a).
II.3. Für die vorliegende Nachtragsverteilung folgt daraus:
II.3.1. Die GmbH konnte ihre im ersten Rechtsgang erstattete Forderungsanmeldung modifizieren, (hier: durch Erweiterung des angemeldeten Betrags und durch Änderung des die behauptete Forderungseinlösung begründenden [Tatsachen-]Vorbringens). Schon wegen dieser Änderungen stellt sich die von der Betreibenden angesprochene Frage einer Rechtskraft der Verneinung des Teilnahmeanspruchs der GmbH im ersten Rechtsgang nicht.
II.3.2. Ob der GmbH der Nachweis der geltend gemachten Forderungseinlösung nach § 1422 ABGB im Sinn des § 210 Abs 1 EO gelungen ist, war jedoch (nur) anhand der von der GmbH dazu vorgelegten Urkunden zu prüfen (und zwar jener, die sie im ersten und zusätzlich im zweiten Rechtsgang vorlegte). Die beiden Kaufverträge ./A und ./B, jeweils abgeschlossen zwischen der GmbH als „Käufer“ und dem Verpflichteten als Verkäufer über Grundstücke der EZ 618 (./A) und auch weiterer Liegenschaften (./B) waren bei der von Amts wegen vorzunehmenden Prüfung ebenfalls zu berücksichtigen. Diese enthalten jeweils folgende Formulierung:
„Der Nettokaufpreis/ Gesamtkaufpreis […] wurde vom Käufer bereits bezahlt und für die Abdeckung der Verbindlichkeiten des Verkäufers bei der [Pfandgläubigerin] verwendet. Der Verkäufer quittiert den Erhalt des Nettokaufpreises/Kaufpreises mit Unterfertigung dieses Vertrags.“
II.4. Auch in dem von der GmbH mehrfach angesprochenen Schadenersatzprozess war die – hier ebenso relevante – Frage zu lösen, ob von der GmbH (angeblich nach § 1422 ABGB eingelöste) Forderungen der Pfandgläubigerin gegen den Verpflichteten bei der gegenständlichen Meistbotsverteilung noch aufrecht waren. Diese Frage hat der Oberste Gerichtshof im Schadenersatzprozess zu 3 Ob 83/17b (NZ 2017/132, 358 = ZIK 2017/243, 188 = ecolex 2018/49, 127) wie folgt beantwortet:
„In den Kaufverträgen [gemeint: ./A und ./B] wurde ausdrücklich und entsprechend dem wirtschaftlichen Hintergrund der gesamten Transaktion vereinbart, dass die Kaufpreise „von der [GmbH] bereits bezahlt und für die Abdeckung der Verbindlichkeiten des [Verpflichteten] bei der [Pfandgläubigerin] verwendet wurden“. Die [GmbH] zahlte somit die vereinbarten Kaufpreise nicht bar, sondern durch Begleichung der Schulden des [Verpflichteten] bei der [Pfandgläubigerin] im Ausmaß von 1.060.000 EUR. Die allenfalls auf die [GmbH] übergegangene Forderung der [Pfandgläubigerin] gegen den [Verpflichteten] verwendete die [GmbH] somit unstrittig zur Zahlung des Kaufpreises. Dadurch wurde aber auch das Erlöschen der allenfalls übergegangenen Forderung der [GmbH] gegen den [Verpflichteten] bewirkt. Der im [Verpflichtetenkonkurs] erklärte Rücktritt des Insolvenzverwalters von den Kaufverträgen ändert an dieser Beurteilung nichts: [...]. Daraus folgt aber, dass der [GmbH] zum Zeitpunkt der Meistbotsverteilung im Zwangsversteigerungsverfahren hypothekarisch besicherte Forderungen der [Pfandgläubigerin] gegen den [Verpflichteten] auch dann nicht (mehr) zustanden, wenn sie diese Forderungen ursprünglich iSd § 1422 ABGB eingelöst hätte. Diese Forderungen wären vielmehr im Einlösungsfall durch die in den Kaufverträgen vereinbarte Verrechnung und die dadurch bewirkte Tilgung der Kaufpreisschuld der [GmbH] erloschen.“
II.5. Das Rekursgericht hat diese rechtliche Beurteilung des Obersten Gerichtshofs zum Inhalt der Kaufverträge ./A und ./B referiert und (offenkundig) übernommen; demgemäß ist es zum Ergebnis gelangt, die Forderungsanmeldung der GmbH scheitere daran, dass ihr der urkundliche Nachweis des Bestands ihrer behaupteten Forderung (zum Zeitpunkt des Schlusses der zweiten Verteilungstagsatzung am 20. Februar 2017 [RIS-Justiz RS0050095; RS0003260], und nicht wie die GmbH vermeint, bei der Anmeldung) nicht gelungen sei, sodass es gar nicht darauf ankomme, ob eine Forderungseinlösung stattgefunden habe. Auch wenn die rechtskräftige Entscheidung im Schadenersatzprozess keine Bindungswirkung im vorliegenden Verteilungsverfahren entfaltet, liegt darin jedenfalls keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung des Rekursgerichts, sondern die Übernahme einer auf identer Grundlage basierenden Rechtsansicht des Obersten Gerichtshofs.
II.6. Die Ausführungen im Revisionsrekurs der GmbH überzeugen nicht:
II.6.1. Die referierte Rechtsansicht, an der festzuhalten ist, schließt den urkundlichen Nachweis einer Forderungseinlösung nicht aus, sondern kommt zum Ergebnis, dass auch in diesem Fall vom Erlöschen der angemeldeten Forderung auszugehen ist. Auf die Umstände bei der Zahlung kommt es daher nicht an.
II.6.2. Die Prüfung der angemeldeten Forderung hatte sich nicht auf das Vorliegen einer Forderungseinlösung zu beschränken, sondern musste auch den aufrechten Bestand der Forderung im relevanten Zeitpunkt (20. Februar 2017) umfassen. Die Verwertung der von der GmbH selbst vorgelegten Kaufverträge bei dieser amtswegigen Prüfung ist nicht zu beanstanden, auch wenn sich die GmbH zuletzt in ihrem Vorbringen nicht mehr darauf stützte.
II.6.3. Das – ausufernde – Vorbringen, das die GmbH zu den Hintergründen und Motiven für ihre Kaufentscheidung und zu den Erklärungen des Treuhänders ihr gegenüber (erstmals) erstattet, um die Wortinterpretation der Kaufverträge zu erschüttern, verstößt gegen das Neuerungsverbot und ist schon deshalb unbeachtlich.
II.6.4. Der Rechtsansicht des Rekursgerichts, dass die (allenfalls) eingelöste Forderung erloschen sei, liegt keine Novation zugrunde, sondern die Verrechnung mit den Kaufpreisen. Auf die Rechtsfolgen eines Rücktritts von einem Novationsvertrag kommt es daher nicht an.
II.6.5. Eine Nichtigkeit gemäß § 477 Abs 1 Z 9 ZPO (gemeint offensichtlich wegen mangelhafter Begründung) liegt nicht vor. Es begründet keine Nichtigkeit, wenn der Richter sich der Begründung eines anderen Gerichts (oder Senats) zur selben Rechtsfrage anschließt und diese übernimmt, unabhängig davon, ob er die Begründung mit eigenen Worten wiedergibt oder diese wortgleich übernimmt (RIS-Justiz RS0127850). Das gilt im Besonderen in dem hier vorliegenden Fall, für den die rechtliche Beurteilung des Obersten Gerichtshofs bei identer Grundlage übernommen wurde.
II.6.6. Dementsprechend ist auch die auf unzureichende Begründung der Rekursentscheidung gestützte Mängelrüge nicht berechtigt.
III. Zu den Revisionsrekursbeantwortungen der Betreibenden:
Das Rechtsmittelverfahren in Exekutionssachen ist – von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen – einseitig. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats ist eine dennoch erstattete Revisionsrekursbeantwortung mangels gesetzlicher Anordnung nicht zurückzuweisen (RIS-Justiz RS0118686 [T1]). Kosten wurden von der Betreibenden nicht verzeichnet.
Textnummer
E122155European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0030OB00023.18F.0627.000Im RIS seit
24.07.2018Zuletzt aktualisiert am
11.01.2019