Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art130 Abs1 Z2;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/05/0185Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revision der revisionswerbenden Parteien 1. Dr. J Ö und 2. B Ö, beide in G, beide vertreten durch Dr. Longin Josef Kempf und Dr. Josef Maier, Rechtsanwälte in 4722 Peuerbach, Steegenstaße 3, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 7. März 2018, Zl. LVwG-180008/39/WP/KHu - 180009/2, betreffend Zurückweisung einer Maßnahmenbeschwerde (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeisterin der Gemeinde T; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:
5 Gegenständlich ist eine baupolizeiliche Überprüfung, die das Verwaltungsgericht nicht als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt im Sinne des Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG qualifizierte. Es geht daher nur um die Frage, ob eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt stattgefunden hat, nicht aber um die Rechtmäßigkeit der Überprüfung.
6 In den Revisionszulässigkeitsgründen wird nicht vorgebracht, dass es entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichtes zu physischem Zwang gekommen wäre. Werden keine Zwangsmaßnahmen gesetzt oder angedroht oder müssen diese nicht zwangsläufig erwartet werden, liegt im Übrigen keine vor den Verwaltungsgerichten bekämpfbare Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vor. Stellen sich die Aufforderungen eines Verwaltungsorganes unter voller Berücksichtigung aller Begleitumstände nur als Einladung dar, die der Betroffene nach eigenem Gutdünken unerfüllt lassen kann, ohne dabei Gefahr zu laufen, dass er deshalb unverzüglich - das heißt jedenfalls ohne Dazwischentreten weiterer Verwaltungsakte - physischem Zwang unterworfen würde, um den gewünschten Zustand zu erreichen, so handelt es sich um keinen Befehlsakt im Sinne des Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG. Es kommt dabei auf eine objektive Betrachtungsweise aus dem Blickwinkel des Betroffenen an, ob er im Falle seiner Weigerung unmittelbaren physischen Zwang zu gewärtigen hätte (vgl. VwGH 18.10.2017, Ra 2017/02/0041, mwN). In den Revisionszulässigkeitsgründen wird nicht ausgeführt, dass entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtes auf Grund der soeben genannten Kriterien ein Befehlsakt vorgelegen wäre.
7 Geltend gemacht wird in den Revisionszulässigkeitsgründen aber, dass die Amtshandlung gegen den ausdrücklich erklärten Willen des Adressaten stattgefunden habe. Fraglich sei, ob von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erst gesprochen werden könne, wenn sich die Situation zu einer Maßnahme verdichtet habe, der Adressat also über seine klare negative Willensäußerung hinaus noch Handlungen, im Extremfall bis zu einer Eskalation, setzen müsse. Ein Gutteil der Amtshandlungen, die gegen den ausdrücklich erklärten Willen des Adressaten erfolgten, wäre sonst einer rechtlichen Überprüfung durch Maßnahmenbeschwerde entzogen.
8 Bei der Beantwortung der Frage, ob in einem konkreten Fall eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erfolgt ist, ist es nicht maßgeblich, ob der Betroffene gegenüber dem Verwaltungsorgan klargestellt hat, die Maßnahme abzulehnen. Dafür, ob eine anfechtbare Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in einem bestimmten Fall tatsächlich vorliegt, sind vielmehr bloß die oben genannten Kriterien ausschlaggebend (vgl. VwGH 20.12.2016, Ra 2015/03/0048).
9 Wenn die Revisionszulässigkeitsgründe in diesem Zusammenhang eine nicht einheitliche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ins Treffen führen, so bleiben sie die Zitierung jeglicher Judikatur dazu schuldig, sodass schon deshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt wird (vgl. VwGH 22.11.2017, Ra 2014/06/0038, mwN).
10 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 26. Juni 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018050184.L00Im RIS seit
23.07.2018Zuletzt aktualisiert am
26.07.2018