TE Vwgh Beschluss 2018/6/28 Ra 2018/19/0157

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Veröffentlicht am 28.06.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/19/0158

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Rossmeisel sowie die Hofräte Dr. Pürgy und Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, in der Revisionssache 1. der Z H, und 2. der E N, beide in W, beide vertreten durch Mag. Ronald Frühwirth, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Grieskai 48, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes vom 31. Jänner 2018, W264 2151103-1/12E und W264 2170791-1/4E, betreffend Anerkennung als Flüchtling nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Zweitrevisionswerberin ist die Tochter der Erstrevisionswerberin. Beide sind Staatsangehörige Afghanistans.

2 Die Erstrevisionswerberin stellte am 28. Juni 2015 für sich selbst und am 16. März 2017 als gesetzliche Vertreterin für die im März 2017 in Österreich geborene Zweitrevisionswerberin Anträge auf internationalen Schutz. Zu ihren Fluchtgründen gab die Erstrevisionswerberin im Wesentlichen an, aus Solidarität zu einem wegen Verbrennens des Korans ermordeten afghanischen Mädchen habe sie selbst vor den Augen einer Nachbarin eine Seite des Korans herausgerissen. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan drohe ihr deshalb die Todesstrafe. Sie habe sich in Österreich "ein der afghanischen Tradition entgegenstehendes Frauenbild" angeeignet. Aufgrund dieser "westlichen Orientierung" drohe ihr in Afghanistan Verfolgung.

3 Mit Bescheiden vom 7. Februar 2017 (hinsichtlich der Erstrevisionswerberin) und vom 1. August 2017 (hinsichtlich der Zweitrevisionswerberin) wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge der Revisionswerberinnen auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 jeweils ab, erkannte ihnen den Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 AsylG 2005 zu und erteilte gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 der Erstrevisionswerberin eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 7. Februar 2018 und der Zweitrevisionswerberin bis zum 1. August 2018.

4 Mit den angefochtenen Erkenntnissen wies das BVwG (Bundesverwaltungsgericht) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Beschwerden der Revisionswerberinnen ab und erklärte die Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Die Revisionswerberinnen bringen zur Zulässigkeit ihrer Revision im Wesentlichen vor, das BVwG habe die Annahme, der Erstrevisionswerberin drohe bei einer Rückkehr nach Afghanistan keine Verfolgung aufgrund eines gelebten "westlich" orientierten Lebensstils, nicht ausreichend begründet und keine Feststellungen zu ihrer Lebensweise getroffen.

9 Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage in der Qualität des Art. 133 Abs. 4 B-VG dargelegt. Das BVwG hat sich mit dem von der Erstrevisionswerberin erstatteten Vorbringen zu ihrer in Österreich angenommenen "westlichen" Lebensweise auseinandergesetzt, dieses Vorbringen jedoch mit näherer Begründung nicht als glaubhaft erachtet und ist daher zum Ergebnis gelangt, dass eine westliche Lebensweise nicht wesentlicher Bestandteil der Identität der Erstrevisionswerberin geworden ist. Ausgehend davon zeigt die Revision nicht auf, welche Feststellungen fallbezogen noch zu treffen gewesen wären.

10 Soweit die Revision sich gegen die Beweiswürdigung des BVwG wendet, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach dieser - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 4.12.2017, Ra 2017/19/0316, mwN). Eine solche Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung wird in der Revision nicht dargelegt.

11 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 28. Juni 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018190157.L00

Im RIS seit

20.07.2018

Zuletzt aktualisiert am

23.07.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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