Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden, durch die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny sowie durch die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Dr. A***** P*****, vertreten durch die Scheer Rechtsanwalt GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Ing. Dr. W***** S*****, vertreten durch Mag. Daniel Kornfeind, Rechtsanwalt in Wien, wegen 136.793,91 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. Dezember 2017, GZ 4 R 96/17t-31, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 24. April 2017, GZ 34 Cg 15/16m-24, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird so abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts in der Hauptsache wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei
a) die mit 15.432,42 EUR (darin enthalten 2.572,07 EUR USt und 19,70 EUR an Barauslagen) bestimmten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens,
b) die mit 3.680,23 EUR (darin enthalten 613,37 EUR USt) bestimmten Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens und
c) die mit 8.194,06 EUR (darin enthalten 411,51 EUR USt und 5.725 EUR an Pauschalgebühr) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Streitteile sind Rechtsanwälte. Sie gründeten im Jahr 2002 eine Rechtsanwälte OG (in der Folge „OG“). Der Beklagte kündigte diese Gesellschaft im Mai 2013 zum 31. 12. 2013 auf. Der Kläger übernahm das Vermögen der OG gemäß § 142 UGB; die OG ist mittlerweile im Firmenbuch gelöscht.
Der Kläger begehrt vom Beklagten die Zahlung von 136.793,91 EUR sA. Der Beklagte habe von zwei Anderkonten der OG eigenmächtig Fremdgelder von Mandanten in Klagshöhe abgehoben. Beim Klagsbetrag handle es sich um der OG nicht gehörendes Vermögen. Eine Aufrechnung des Beklagten sei, da es sich um Fremdgelder der Mandanten handle, unzulässig. Eine Aufrechnung des Fremdgeldes gemäß § 19 RAO wäre überhaupt nur durch die OG gegenüber deren Mandanten denkbar, nicht aber für (vermeintliche) Forderungen eines Gesellschafters gegenüber der OG.
Der Beklagte wendete ein, vom einen Anderkonto habe er Fremdgelder seiner eigenen Mandanten behoben, um sie diesen auszuzahlen. Das andere Konto sei kein Fremdgeldkonto, sondern ein Honorarkonto gewesen, über das der Beklagte verfügen habe dürfen. Der Beklagte wendete Gegenforderungen von insgesamt 136.793,91 EUR ein, die sich aus einer Abrechnung, aus Fremdgeldzahlungen eigener Mandanten, vorgestreckte Gehaltszahlungen für Mitarbeiter und einem Steuerberatungshonorar zusammensetzen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf folgende Tatsachenfeststellungen:
Die OG hatte bei einer Bank ein als „Sammelanderkonto“ bezeichnetes Konto mit der Nummer ***** (im Folgenden: „Konto 1“). Dabei handelte es sich um das Hauptfremdgeldkonto, das im Jahr 2002 eröffnet wurde.
Die Streitteile hatten die Idee, eine Solidargemeinschaft für Anlegergeschädigte zu gründen. Sie setzten eine Vereinbarung für eine Solidargemeinschaft auf, die folgendermaßen lautete:
„Vereinbarung
zur Solidargemeinschaft
A*****-Geschädigte
5.11.2010
Ziel der Gründung dieser Solidargemeinschaft ist der Zusammenschluss von A*****-Geschädigten, um von Haftungsadressaten, denen Versäumnisse vorzuwerfen sind, Geld zurückzubekommen.
Ich schließe mich der Solidargemeinschaft für A*****-Geschädigte an und erkläre mich bereit, für die angeführten Leistungen die auf mich anteilig entfallenden Kosten zu tragen. Die Kosten wurden mir bekannt gegeben und erkläre ich mich mit der Höhe einverstanden. Hiermit verpflichte ich mich, meine zu tragenden Kosten binnen 14 Tagen nach Unterfertigung dieser Beitrittserklärung auf das Kanzleikonto ***** [im Folgenden: 'Konto 2'], BLZ ***** zu überweisen.
Die anteilig zu tragenden Kosten sind auch bei einer aufrechten Rechtsschutzversicherung vorab auf das Kanzleikonto zu überweisen und wird die [...] OG im Laufe des Verfahrens mit allen Rechtsschutzversicherungen die Kostendeckung klären.
Die Interessen des Einzelnen werden erst nach Eingang der auf ihn entfallenden anteiligen Kosten wahrgenommen.
Mit Unterfertigung dieser Punktation bevollmächtige und ermächtige ich die [...] OG, [Adresse], mit dem Einbringen der Klage und der Prozessführung im Hinblick auf folgende Haftungsadressaten:
• die Republik Österreich: von Konzessionspflicht gewusst und nichts unternommen, von einer Anzeige abgesehen, obwohl Kurse 'unüblich und willkürlich"'
• die Raiffeisenbezirksbank Klagenfurt: kollusives Zusammenwirken mit der A***** AG, Interessenskonflikt hervorgerufen und nicht verhindert
• den Wirtschaftsprüfer E*****: Prospektkontrollor, obwohl Ausschließungsgrund vorlag, Änderung der Genussscheinbedingungen 2001 zugelassen, zulasten des Anlegers
• den Steuerberater Dr. B*****: Gegenwert für Genussrechte der A***** AG hat sich in den Jahresabschlüssen nie manifestiert, AvW Invest AG ohne Provisionserträge nicht überlebensfähig
• die Vorstände der A***** AG und A***** AG: Jahresergebnisse der A***** AG mal zu hoch, mal zu niedrig ausgewiesen, überhöhte Provisionszahlungen zulasten der Genussscheininhaber
• die Aufsichtsräte der A***** AG und A***** AG: Kursmanipulation nicht verhindert, unzulässige Vermögensverschiebungen
Ich erkläre mich mit meiner Unterschrift einverstanden, dass die [...] OG nach folgendem Prozedere vorgeht:
1) Einbringen einer Klage im Namen von einigen Teilnehmern der Solidargemeinschaft je Haftungsadressat oder das Führen von Musterprozessen. Diese Teilnehmer werden von der [...] OG ausgewählt.
2) Für diejenigen Teilnehmer, für die keine Klage eingebracht wird, wird die [...] OG versuchen einen Verjährungsverzicht gegenüber allen Haftungsadressaten zu erwirken.
3) Der bekannt gegebene Kostenschlüssel beinhaltet die Kosten für jeden einzelnen Teilnehmer. Diese Kosten decken die Verfahrenskosten der Kläger bis zum Obersten Gerichtshof und für den Fall des Unterliegens auch jene des/der Beklagten, ausgenommen nicht vorhersehbare Kosten (zB außergewöhnliche Sachverständigenkosten). Diese werden nach der Investitionssumme anteilig durch die Teilnehmer getragen und erklären sich diese damit einverstanden.
Der Kostenschlüssel setzt sich folgender Maßen zusammen:
Investiertes Kapital Beitrag zur Solidargemeinschaft
Bis € 10.000 € 900,-
€ 10.000 – 30.000 € 1.500,-
€ 30.000 – 50.000 € 1.900,-
€ 50.000 – 80.000 € 2.500,-
€ 80.000 – 100.000 € 2.900,-
€ 100.000 – 150.000 € 3.500,-
€ 150.000 – 200.000 € 3.900,-
€ 200.000 – 300.000 € 4.500,-
Über € 300.000 € 5.000,-
4) Die Solidargemeinschaft ist ein Zusammenschluss von A*****-Geschädigten und wird durch die Einberufung einer Solidargemeinschaftssitzung beschlussfähig. Diese wird zu Beginn der Solidargemeinschaft und dann bei Bedarf durch die [...] OG einberufen. Die Mitteilung über die Einberufung hat an alle Teilnehmer der Solidargemeinschaft schriftlich zu ergehen. Eine bestimmte Anzahl von Anwesenden der Teilnehmer in der Solidargemeinschaftssitzung ist nicht erforderlich; die Anwesenheit aber erwünscht.
5) Für die Auflösung der Solidargemeinschaft bedarf es einer einfachen Mehrheit bei einer Anwesenheit der Hälfte der Teilnehmer.
6) Ich bin damit einverstanden, dass die jeweils zu führenden Prozesse mit einem Streitwert von ca. € 31.000,- pro Prozess geführt werden.
7) Gemäß § 21a RAO wird eine Haftungshöchstgrenze der [...] OG je Schadensfall bis zu einem Höchstbetrag von € 500.000,-- vereinbart; die [...] OG haftet für allfällige Schäden aus Fehlberatung ausschließlich für grobes Verschulden und Vorsatz.
8) Ich erteile hiermit vorab meine Zustimmung zum Einbringen von Rechtsmitteln.
9) Vergleiche – sowohl gerichtliche als auch außergerichtliche – bedürfen der Zustimmung in der Solidargemeinschaft. Die Zustimmung gilt bei Stimmenmehrheit (½ + 1 Stimme) als erteilt.
10) Die Solidargemeinschaft sowie das Vollmachtsverhältnis dieser mit der [...] OG kommt erst mit der Annahme durch die [...] OG zustande.
11) Die [...] OG ist nicht berechtigt, ein Erfolgshonorar – in welcher Höhe auch immer – vom erstrittenen Betrag einzubehalten. Verrechnet werden ausschließlich die tatsächlich anfallenden Kosten.
12) Der obsiegte Betrag wird auf die Mitglieder der Solidargemeinschaft je nach den getragenen Kosten anteilig aufgeteilt. Beispiel: Beträgt der Anteil an den Kosten 2,5 %, so erhält das Mitglied vom erstrittenen Betrag 2,5 %, max. jedoch das eingezahlte Kapital.
Ort, Datum: …………..
Unterschrift: …………………..
Kostenschlüssel: ……………….
wird an alle Mitglieder bekanntgegeben, sobald die Gesamtanzahl der Mitglieder bekannt ist (geschätzt Dauer ca 4 Wochen)
Investitionssumme: ……………...
Beitrag zur Solidargemeinschaft: ……………..
BLZ / Kontonummer für Rücküberweisungen: …………..“
Diese Vereinbarung sendeten die Streitteile an potenziell Geschädigte oder Versicherungen von Geschädigten.
Es wurde ein Unterkonto zu dem Sammelanderkonto eröffnet (Konto 2) mit der Bezeichnung „AK A*****-Intervention“. Die Beiträge aus der Solidargemeinschaft sollten auf dieses Konto einbezahlt werden.
Das Erstgericht stellte im Einzelnen sämtliche Klienten fest, die auf dieses Konto den Solidargemeinschaftsbeitrag überwiesen.
Manche Klienten zahlten den Solidargemeinschaftsbeitrag auf das Konto 1 ein.
Auch alle Klienten, die auf dieses Konto einzahlten, stellte das Erstgericht im Einzelnen fest.
Insgesamt wurden 60.740 EUR aus der Solidargemeinschaft auf dieses Konto einbezahlt.
Sämtliche genannten Klienten (also sowohl die, die auf das Konto 2 als auch diejenigen, die auf das Konto 1 einzahlten) unterfertigten eine Vereinbarung zur Solidargemeinschaft mit dem festgestellten Text.
Es wurden Musterprozesse begonnen. Sämtliche Verfahren laufen noch. Die Musterprozesse werden mit Rechtsschutzdeckung geführt. Die Pauschalgebühren wurden von der Rechtsschutzdeckung bezahlt. Es war angedacht, dass nach Beendigung der Verfahren das übriggebliebene Geld als Honorar von der Rechtsanwaltskanzlei vereinnahmt wird. Die Musterprozesse sind noch nicht beendet. Eine Abrechnung der Pauschalhonorare gegenüber den Klienten wurde bis dato nicht vorgenommen und war auch nicht vorgesehen.
Beide Streitteile waren bei beiden gegenständlichen Konten zeichnungsberechtigt.
Es gab eine Diskussion zwischen den Streitteilen und ihrem Steuerberater, ob es sich bei den Beträgen aus der Solidargemeinschaft um Fremdgeld oder Honorar handle; sie kamen überein, dass es sich um Fremdgeld handle.
Der Beklagte berechnete, was ihm zustehe, und behob am 20. 12. 2013 vom Konto 2 den Betrag von 130.000 EUR und von dem Konto 1 den Betrag von 22.000 EUR.
Der Beklagte sprach mit dem Kläger nicht bzw informierte diesen nicht, bevor er die Gelder im Dezember 2013 von den Konten behob. Die von ihm erstellte Abrechnung gab er dem Kläger am Anfang des Jahres 2014.
Mit Beschluss vom 3. 2. 2014 zu AZ 30 Cg 26/10d des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien wurde Walter K*****, der von der [Kläger] Rechtsanwalt KG vertreten wurde, der Auftrag erteilt, binnen 14 Tagen einen Kostenvorschuss von 15.000 EUR zu erlegen. Mit Email vom 6. 8. 2014 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er in dieser Rechtssache aufgefordert worden sei, insgesamt 26.000 EUR als Sachverständigenkostenvorschuss zu erlegen, und erklärte, dass genau dafür das Fremdgeld der Solidargemeinschaft gewidmet sei, und forderte ihn auf, unverzüglich das Geld hierfür herauszugeben. Da das Geld nicht mehr auf dem Konto war, konnte der Kläger die Sachverständigengebühren nicht bezahlen und musste aus dem Verfahren aussteigen.
Auf dem Sammelanderkonto 1 befanden sich bis Dezember 2013 zumindest 6.793,91 EUR an Fremdgeld von Klienten des Beklagten.
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, aus dem gesamten Wortlaut der Vereinbarung zur Solidargemeinschaft ergebe sich, dass es sich bei den von den Mitgliedern der Solidargemeinschaft zu bezahlenden Kosten um ein im Voraus zu zahlendes Pauschalhonorar handle, das auch Barauslagen, Pauschalgebühren, Sachverständigengebühren etc und allenfalls Kosten der Gegner beinhalte. Das Pauschalhonorar sei mit Abschluss der Vereinbarung fällig, weshalb keine Rechnungslegung erforderlich sei. Lege der Rechtsanwalt über ein vereinbartes Pauschalhonorar eine Honorarnote und leiste der Mandant den vereinbarten Honorarbetrag im Voraus, so sei der Rechtsanwalt berechtigt, den vereinnahmten Betrag als Kanzleigeld zu verwenden. Er müsse es nicht als Fremdgeld verwalten. Dies gelte auch dann, wenn der Rechtsanwalt die für den pauschalierten Honorarbetrag vereinbarte Gegenleistung noch nicht erbracht habe. Da es sich somit um ein fix vereinbartes Pauschalhonorar gehandelt habe, liege kein Fremdgeld vor und sei die Klage abzuweisen.
Das Berufungsgericht sprach aus, die Klageforderung bestehe zu Recht, die Gegenforderung bestehe bis zur Höhe der Klageforderung nicht zu Recht, und gab dem Klagebegehren statt. Die Streitteile wendeten sich nicht gegen die zutreffende Ansicht des Erstgerichts, wonach an Rechtsanwälte geleistete Honorarakonti wirtschaftlich noch nicht dem Rechtsvertreter zuzurechnen und daher als Fremdgeld anzusehen seien. In der „Vereinbarung zur Solidargemeinschaft“ sei eine Pauschalhonorarvereinbarung getroffen worden: Der Inhalt der von der OG zu erbringenden Vertretungsleistungen und deren Entlohnung seien in Punkt 3 geregelt. Die Höhe des von den Geschädigten zu entrichtenden Entgelts sei gestaffelt und richte sich nach der geltend gemachten Investitionssumme. Mangels jeglicher weiteren Differenzierung sprächen diese Regelungen für eine Pauschalvereinbarung. Demgegenüber verdeutliche der vom Kläger herangezogene Punkt 11 der Vereinbarung, dass kein dem quota-litis-Verbot des § 879 Abs 2 Z 2 ABGB widersprechendes Erfolgshonorar zu leisten sei. Der vom Kläger hervorgehobene letzte Halbsatz dieser Bestimmung sei vor diesem Hintergrund zu verstehen und daher dahingehend auszulegen, dass (abgesehen von in Punkt 3 erwähnten außerordentlichen Sachverständigengebühren) über die von den Anlegern gestaffelt geleisteten Beträge keine weiteren Kosten verrechnet werden dürften. Eine vom Kläger auf Basis dieses Halbsatzes hineininterpretierte Verrechnung der tatsächlich anfallenden Kosten würde bedeuten, dass nicht nur die Musterprozesse, sondern auch der Aufwand für jene Mehrheit von Anlegern, die gar nicht Partei der (wenigen) Musterprozesse gewesen seien und deren Betreuung demgemäß vorwiegend außerprozessuale Tätigkeiten umfassen werde, abzurechnen und im Anschluss daran etwa quotenmäßig auf alle Anleger aufzuteilen sei. Ein solcher Inhalt lasse sich mit der erwähnten, einfach zu handhabenden Staffelung der von den Anlegern zu leistenden Kostenbeiträge kaum vereinbaren. Mit der Qualifikation als Pauschalhonorarvereinbarung sei aber für den Beklagten nichts gewonnen. Denn die der Gesellschaft überwiesenen Beträge dienten auch der Abdeckung allfällig auflaufender, der Höhe nach völlig ungewisser Pauschalgebühren. Es sei somit davon auszugehen, dass die Gesellschaft die Erläge nur treuhändig übernommen habe. Die Anleger hafteten im Außenverhältnis für diese Barauslagen ja weiterhin. Würde daher das erlegte Geld wirtschaftlich bereits der Gesellschaft zugeordnet, würde das Insolvenzrisiko auf die Anleger überwälzt, denen kein Haftungsfonds zur Verfügung stehe. Die Erläge seien nur als Honorarakonti anzusehen, die der Gesellschaft erst nach einer Abrechnung zustünden. Dass eine solche nicht ausdrücklich vereinbart worden sei, schade nicht, weil sich dieses Erfordernis aus einer ergänzenden Auslegung ergebe. Die von der Klagsforderung umfassten Gelder seien daher der OG mangels erfolgter Abrechnung zurückzuzahlen. Da eine Abrechnung gar nicht behauptet worden sei, gelte dies auch für Fremdgelder von Klienten des Beklagten. Die Gegenforderung bestehe schon deshalb nicht zu Recht, weil das Treugut wirtschaftlich den Treugebern zuzurechnen sei und daher der Beklagte mangels Gegenseitigkeit nicht mit eigenen Forderungen aufrechnen könne.
Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision des Beklagten mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Ersturteils; hilfsweise wird die Feststellung des Bestehens der Gegenforderung, schließlich wird eventualiter die Aufhebung des Berufungsurteils und die Zurückverweisung in die zweite Instanz beantragt.
Der Kläger beantragt in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist wegen einer aufzugreifenden Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts zulässig und im Sinne der Wiederherstellung des Urteils des Erstgerichts berechtigt.
Zur Revision und zur Revisionsbeantwortung wurde Folgendes erwogen:
1. Tatsachengrundlage:
Der Revisionswerber rügt zu Recht als Fehlbeurteilung und Verfahrensmangel des Berufungsverfahrens, das Berufungsgericht habe die Beweisrüge teilweise nicht erledigt.
Der Kläger hat in seiner Berufung die Feststellung bekämpft, eine Abrechnung der Pauschalhonorare gegenüber den Klienten sei bis dato nicht vorgenommen worden und auch nicht vorgesehen gewesen.
Der Kläger begehrte eine Ersatzfeststellung dahingehend, dass nach Beendigung von sechs Musterprozessen eine Abrechnung mit den einzelnen Mitgliedern der Solidargemeinschaft geplant gewesen sei.
Das Berufungsgericht führte dazu aus, dass eine Abrechnung bislang nicht vorgenommen worden sei, sei nicht strittig. Soweit sich die Beweisrüge dagegen wende, dass eine solche nicht vorgesehen gewesen sei, handle es sich in Wahrheit um eine der Rechtsrüge zuzuordnende rechtliche Beurteilung. Diese „Feststellung“ werde daher nicht übernommen.
Rechtliche Beurteilung
Dem ist zu entgegnen, dass die Frage, was „vorgesehen“ war, sehr wohl den Tatsachenbereich betrifft, nämlich die Vorstellungen, Absichten und Gespräche der Personen, die etwas „vorsehen“. Davon zu trennen ist die (noch zu erörternde) Rechtsfrage, ob eine Abrechnung rechtlich geboten war oder nicht.
Das Berufungsgericht hätte daher diese Beweisrüge behandeln müssen. Denn wäre es zur Ersatzfeststellung gelangt, hätte dies Auswirkungen auf die (noch vorzunehmende) Beurteilung gehabt, ob es sich bei den behobenen Beträgen um Kanzleigeld oder Fremdgeld gehandelt hätte.
Eine Aufhebung in die zweite Instanz zur Erledigung dieser Beweisrüge kann dennoch unterbleiben, weil der Kläger – offenbar entgegen seiner Sichtweise in der Berufung – in der Revisionsbeantwortung die Ansicht des Berufungsgerichts, es handle sich hier um eine Rechtsfrage, ausdrücklich teilt und weiter ausführt, es handle sich deswegen beim Satz des Berufungsgerichts, diese „Feststellung“ werde nicht übernommen, nicht um ein Abweichen vom erstgerichtlichen Sachverhalt.
Der Kläger ist somit – im Gegensatz zu seiner Meinung in der Berufung – mit dem Entfall dieser Feststellung und somit logischerweise auch mit dem Entfall seiner in der Berufung begehrten Ersatzfeststellung einverstanden. Es hat somit beim Entfall der Feststellung, eine Abrechnung sei nicht vorgesehen gewesen, zu bleiben.
2. Geldbeträge, die keine Solidargemeinschafts-beträge waren:
Der Revisionswerber führt weiter aus, die rechtlichen Erwägungen des Berufungsgerichts, wonach es sich bei den abgehobenen Beträgen (zur Gänze) um Fremdgelder gehandelt habe, basierten auf der Auslegung der „Vereinbarung zur Solidargemeinschaft A*****-Geschädigte“. Das Erstgericht habe aber festgestellt, auf dem Konto 2 sei ein Betrag von 132.792,40 EUR gewesen. Davon seien 96.800 EUR Solidargemeinschaftsbeträge gewesen. Daraus folge, dass 35.992,40 EUR keine Solidargemeinschaftsbeträge gewesen seien. In Höhe dieses Betrags trage daher die nur auf die Auslegung der „Vereinbarung zur Solidargemeinschaft A*****-Geschädigte“ gestützte Begründung des Berufungsgerichts für den Fremdgeldcharakter nicht.
Diese Ausführungen sind zutreffend.
Der Kläger wendet dagegen in der Revisionsbeantwortung ein, damit gewinne der Revisionswerber nichts, weil ihn dies noch immer nicht berechtige, den restlichen Betrag abzuheben, weil auch dieser auf dem Fremdgeldkonto liege und daher im Zweifel als Fremdgeld (§ 43 RL-BA 1977) anzusehen sei.
Dem ist Folgendes zu entgegnen:
Aus § 43 (Absatz 1 und 3) RL-BA 1977 („Richtlinien für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes und für die Überwachung der Pflichten des Rechtsanwaltes und des Rechtsanwaltsanwärters“ in der hier anzuwendenden Fassung vom 10. 5. 2011) ergibt sich zwar die Pflicht des Rechtsanwalts, fremdes Geld auf einem Anderkonto einzuzahlen bzw zu verwahren. Daraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, jedes auf einem Anderkonto liegende Geld sei automatisch Fremdgeld. Thiery, Die Konten- und Geldverwaltung des Rechtsanwalts, AnwBl 2005, 448 (452), führt etwa aus, Geldüberweisungen an den Rechtsanwalt setzten sich nicht selten einerseits aus Fremdgeld, andererseits aus Kanzleigeld zusammen: ZB der Klient überweise das Honorar für die bereits abgerechnete vorprozessuale Vertretung gemeinsam mit der an das Gericht weiterzuleitenden Gerichtsgebühr. Bei Mischbeträgen könne der Rechtsanwalt § 43 RL-BA 1977 nur dadurch entsprechen, indem er bereits das (die) allgemeine(n) Eingangskonto(en) ausnahmslos als Anderkonten führt. Von diesem Konto könne die Weiterleitung des Kanzleigeldbetrags auf das Kanzleigeldkonto erfolgen.
Es gibt auch weder in den RL-BA 1977 noch sonstwo eine Norm, wonach ein auf einem Anderkonto liegendes Geld im Zweifel als Fremdgeld anzusehen wäre.
Nach der übereinstimmenden (und zu billigenden) Ansicht der Vorinstanzen und der Parteien hängt die Berechtigung des Klagebegehrens (allein) davon ab, ob bzw in welcher Höhe es sich bei den vom Beklagten abgehobenen Beträgen um Fremdgeld oder Kanzleigeld gehandelt hat.
Es wäre daher nach den allgemeinen Beweislastregeln am Kläger gelegen, Umstände (zu behaupten und) zu beweisen, dass es sich bei sämtlichen vom Beklagten abgehobenen Beträgen um Fremdgeld gehandelt habe (RIS-Justiz RS0039939).
Abgesehen vom Vorbringen zur „Solidargemeinschaft A*****-Geschädigte“ hat der Kläger kein Vorbringen erstattet, aus dem sich der Fremdgeldcharakter der auf den Anderkonten liegenden Gelder ergäbe.
Im Umfang von 35.992,40 EUR sA erweist sich somit das Klagebegehren als unberechtigt, weil in diesem Umfang keine Solidargemeinschaftsbeiträge vorlagen und sonstige Umstände, aus denen sich der Fremdgeldcharakter dieses Betrags ergäbe, vom insoweit beweispflichtigen Kläger weder behauptet noch bewiesen wurden.
3. Solidargemeinschaftsbeiträge:
Der Revisionswerber rügt die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, die Erläge (im Rahmen der „Solidargemeinschaft“) seien als Honorarakonti anzusehen, die der Gesellschaft erst nach einer Abrechnung zustünden. Entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts habe das Erstgericht nicht die Ansicht vertreten, an Rechtsanwälte geleistete Honorarakonti seien wirtschaftlich noch nicht dem Rechtsvertreter zuzurechnen und daher als Fremdgeld anzusehen. Da ein Pauschalhonorar vereinbart worden sei, bedürfe es keiner Abrechnung mit den Mandanten und liege bei den überwiesenen Beträgen kein Fremdgeld vor.
3.1. An dieser Rüge trifft zunächst zu, dass das Erstgericht entgegen den berufungsgerichtlichen Ausführungen nicht von Fremdgeld darstellenden Honorarakonti, sondern von kein Fremdgeld darstellenden Pauschalhonoraren ausgegangen ist.
3.2. Der erkennende Senat billigt die insoweit übereinstimmende rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen, wonach in der festgestellten „Vereinbarung zur Solidargemeinschaft A*****-Geschädigte“ eine Pauschalhonorarvereinbarung vorliegt. Auf die insoweit zutreffenden, oben wiedergegebenen Erwägungen des Berufungsgerichts wird verwiesen. Dass im Formular von den Klienten auch eine Kontonummer für Rücküberweisungen anzugeben war, spricht nicht gegen eine Pauschalhonorarvereinbarung. Denn für die Notwendigkeit von Rücküberweisungen kann es auch bei einem Pauschalhonorar Gründe geben, zB ein irrtümlich zu hoher überwiesener Betrag des Mandanten, der Widerruf der Vollmacht durch den Mandanten uä.
Die Vereinbarung eines Pauschalhonorars ist grundsätzlich zulässig (RIS-Justiz RS0055073; RS0114403). Das Wesen einer Pauschalvereinbarung besteht darin, dass das Honorar auch dann zu leisten ist, wenn sich der Aufwand später als größer oder kleiner herausstellt (vgl RIS-Justiz RS0022059). Bei einer Pauschalvereinbarung bedarf es zur Fälligkeit des Honorars auch keiner Rechnungslegung, weil die Höhe von vornherein feststeht (RIS-Justiz RS0025587). Bei einem Pauschalhonorar besteht auch keine Abrechnungspflicht des Rechtsanwalts gegenüber dem eigenen Mandanten (Kutis, Honorarvereinbarung, AnwBl 2013, 702 [704]).
Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, es bestehe trotz Vorliegens einer Pauschalhonorarvereinbarung eine Abrechnungspflicht, wird daher nicht geteilt.
3.3. Damit ist die Frage zu klären, ob ein (im Voraus) überwiesenes Pauschalhonorar Fremdgeld oder Kanzleigeld ist.
Aus § 10 iVm §§ 17 und 43 RL-BA 1977 und nach gefestigter Standesauffassung gehört es zu den vornehmsten Pflichten des Rechtsanwalts, bei der Gebarung von Klientengeldern besondere Sorgfalt anzuwenden (RIS-Justiz RS0055151). Es ist unzulässig, einen Geldbetrag des Klienten, der widmungsmäßig zu verwenden wäre, dessen ungeachtet mit einem Honoraranspruch aufzurechnen (RIS-Justiz RS0055151 [T1]). Gleiches gilt für die eigenmächtige Abhebung und Verwendung für andere Zwecke.
Gemäß § 16 RL-BA darf der Rechtsanwalt Gelder und andere Vermögenswerte, die ihm „zu einem bestimmten Zweck“ übergeben worden sind, weder widmungswidrig verwenden noch zurückbehalten. Dementsprechend kommt es für die Frage, ob Fremdgeld vorliegt, darauf an, wofür der Betrag gewidmet ist (vgl Engelhart in Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek, RAO9 § 43 RL-BA Rz 3). Die Abgrenzung zwischen dem Verrechnungsregime des § 19 RAO iVm § 17 RL-BA 1977 unterliegenden Barschaften und sonstigen Geldeingängen beim Rechtsanwalt bestimmt sich danach, ob es sich dabei um aus einem bestehenden Bevollmächtigungsverhältnis dem empfangenden Rechtsanwalt selbst zugedachte Leistungen (wie Honorarakonti) handelt oder diese ein für dessen Mandanten bestimmtes und diesem zustehendes Fremdgeld darstellen (RIS-Justiz RS0130856). Letzteres ist etwa dann der Fall, wenn der Mandant dem Rechtsanwalt einen Betrag mit dem Auftrag überweist, diesen als Kapitalverkehrsteuer an das Finanzamt abzuführen (vgl OBDK 3 Bkd 6/96 AnwBl 1997/7368). Weitere Beispiele sind vom Klienten oder von dritter Seite für den Klienten an den Rechtsanwalt geleistete Zahlungen für Haftkaution, zur Tilgung von Verbindlichkeiten, um eine Exekutionseinstellung oder die Abweisung eines Konkursantrags zu ermöglichen, Kaufpreiszahlungen weiterzuleiten etc (Engelhart in Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek, RAO9 § 16 RL-BA Rz 2).
Ganz ähnlich unterscheidet auch Thiery aaO 449 f zwischen „Mandantengeldern“ oder „Fremdgeldern“, die der Rechtsanwalt in Verbindung mit seiner Kanzleitätigkeit aufgrund eines Rechtsanwaltsmandats zur Verwahrung und/oder Weiterleitung an den Mandanten oder Dritten übernimmt und dem (übrigen) „Kanzleigeld“. Geld, das der Anwalt vom Mandanten erhält, um zukünftige Ausgaben im Zusammenhang mit der Mandatserfüllung zu decken (zB Gerichtskosten, Sachverständigengebühren, Beträge für Steuern oder Abgaben), sei demnach „Fremdgeld“. Auch Honorarakonti dürften grundsätzlich nicht als Kanzleigeld behandelt werden. Dies gelte allerdings nur, sofern nichts anderes vereinbart sei. Von Honorarakonti sei jedoch ein Pauschalhonorar zu unterscheiden: Wenn der Mandant mit dem vereinbarten Pauschalhonorarbetrag in Vorleistung trete, dann sei der Rechtsanwalt berechtigt, den vereinnahmten Betrag als Kanzleigeld zu verwenden. Er müsse ihn nicht als Fremdgeld verwalten.
Im vorliegenden Fall sollte die OG zwar aus den Solidargemeinschaftsbeiträgen auch die Pauschalgebühren für Gerichtsverfahren bezahlen; das Risiko, in welchem Ausmaß und in welcher Höhe diese Auslagen anfallen, sollte aber von der OG getragen werden. Vor allem fehlt es insofern an einer ausdrücklichen „Widmung“ der Zahlungen für Pauschalgebühren oder andere Barauslagen, weil im Zeitpunkt der Zahlungen gar nicht feststand, ob und in welcher Höhe überhaupt Barauslagen zu leisten sein würden, war doch ausdrücklich vorgesehen, dass nicht alle Teilnehmer als Kläger auftreten würden. Die Klienten widmeten somit die Zahlungen nicht betraglich bestimmt für bestimmte Zwecke.
Es liegt somit in den überwiesenen „Solidargemeinschaftsbeiträgen“ nicht – auch nicht teilweise – ein für bestimmte Zwecke gewidmetes Fremdgeld vor.
4. Weitere Argumente des Revisionsgegners:
Dieser beruft sich auch auf die erstgerichtliche Feststellung, die Streitteile wären übereingekommen, bei den „Solidargemeinschaftsbeiträgen“ handle es sich um Fremdgeld. Daraus ist nichts abzuleiten, weil es sich dabei nur um eine – unzutreffende – Rechtsansicht der Streitteile handelte, die den Charakter der Beträge als Kanzleigeld nicht ändern konnte.
Soweit sich der Revisionsgegner darauf beruft, über Honorarakonti dürfe der Anwalt vor Abrechnung nicht verfügen, wird darauf hingewiesen, dass es sich eben nicht um Honorarakonti, sondern um überwiesene Pauschalhonorare handelte.
5. Ergänzend wird festgehalten, dass der Beklagte laut seiner – vom Kläger unwidersprochenen – Mitteilung vom 13. 11. 2017 (ON 30) in dem gegen ihn geführten Disziplinarverfahren vom Vorwurf, er habe mit den klagsgegenständlichen Abhebungen von den Konten Fremdgeld abgehoben, freigesprochen wurde, weil es sich nach Ansicht des Disziplinarsenats nicht um Fremdgeld gehandelt habe.
6. Da der Kläger somit nicht beweisen konnte, dass der Beklagte Fremdgelder von den beiden Konten abgehoben hat, waren diese Abhebungen insoweit nicht rechtswidrig, weshalb das Klagebegehren nicht zu Recht besteht und das abweisende Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen war. Es erübrigt sich, auf die weiteren Argumente des Beklagten in der Revision einzugehen.
7. Die Kostenentscheidung gründet auf § 41 ZPO, für das Rechtsmittelverfahren auch auf § 50 ZPO.
Hat das Berufungsgericht einer Berufung stattgegeben und das erstgerichtliche Urteil abgeändert, wodurch ein gegen dieses Urteil erhobener Kostenrekurs gegenstandslos wurde, und stellt der Oberste Gerichtshof das erstinstanzliche Urteil wieder her, so hat der Oberste Gerichtshof über den Kostenrekurs zu entscheiden (RIS-Justiz RS0036069 [T1]).
Der Beklagte hat gegen die Kostenentscheidung des Erstgerichts einen Kostenrekurs erhoben, in dem er die Honorierung seines Schriftsatzes vom 21. 11. 2016 (ON 16) nach TP 3A begehrt.
Dazu wurde erwogen: In der mündlichen Streitverhandlung vom 4. 10. 2016 trug das Erstgericht dem Kläger auf, binnen 14 Tagen den gesamten Kontoauszug hinsichtlich der beiden klagsgegenständlichen Konten dem Gericht und auch der Gegenseite vorzulegen. Dem Beklagten trug es auf, binnen weiterer 14 Tage bekannt zu geben, ob der Umstand, dass die Zahlungen von Klienten getätigt wurden, dann außer Streit gestellt werde oder nicht und auch die diesbezüglichen Beträge.
Mit am 18. 10. 2016 überreichtem Schriftsatz legte der Kläger die Kontoauszüge vor.
Aufgrund dreier Fristerstreckungsanträge verlängerte das Erstgericht die Frist für den vom Beklagten einzubringenden Schriftsatz letztlich bis 21. 11. 2016.
Mit Schriftsatz vom 21. 11. 2016 monierte der Beklagte, der Kläger sei seiner Vorlagepflicht betreffend eines der Konten nicht vollständig nachgekommen, und beantragte gemäß § 303 ZPO, das Gericht möge dem Kläger die Vorlage sämtlicher Kontoauszüge betreffend dieses Kontos auftragen. In weiterer Folge erstattete der Beklagte zu den aus den vom Kläger vorgelegten Kontoauszügen ersichtlichen Kontobewegungen detailliertes Vorbringen über den jeweiligen Einzahler, die Höhe der Einzahlung sowie über die Zweckwidmung (für Solidargemeinschaft oder für andere – zT nicht angegebene – Zwecke) und fasste am Ende das Ergebnis dieser Kontobewegungen in summierten Zahlen zusammen.
Mit Beschluss vom 23. 11. 2016 wies das Erstgericht ua den Antrag des Beklagten vom 21. 11. 2016, die Kontoauszüge vorzulegen, ab.
Das Erstgericht honorierte in seiner Kostenentscheidung den Schriftsatz vom 21. 11. 2016 nicht mit der Begründung, der Antrag des Beklagten vom 21. 11. 2016 sei abgewiesen worden und habe daher nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung gedient.
Dem hält der Beklagte im Kostenrekurs zutreffend entgegen, sein Schriftsatz habe nicht nur den Antrag gemäß § 303 ZPO enthalten, sondern auch Vorbringen in Erfüllung des Gerichtsauftrags in der Verhandlung vom 4. 10. 2016.
Der Kläger behauptet zwar in der Kostenrekursbeantwortung, dieses Vorbringen sei nicht zweckentsprechend gewesen, weil der Beklagte dieses Vorbringen durch die Außerstreitstellung in der Verhandlung vom 3. 4. 2017 (richtig: 30. 3. 2017) wieder zurückgenommen habe.
Dem ist aber zu entgegnen, dass sich dieses geänderte Vorbringen des Beklagten in der zitierten Verhandlung daraus ergeben hat, dass der Beklagte damals erstmals in neue, vom Kläger vorgelegte Urkunden (Vollmachten) Einsicht nehmen konnte.
Zusammengefasst handelt es sich somit beim Schriftsatz des Beklagten vom 21. 11. 2016, soweit es nicht um den Antrag gemäß § 303 ZPO geht, um einen vorbereitenden Schriftsatz, der vom Gericht aufgetragen wurde, im Sinn von TP 3A I. 1. lit d RAT. Angesichts der damit verbundenen seitenlangen Darstellungen zu zahlreichen Einzahlungen im Einzelnen verbietet sich die Beurteilung des Klägers, der Schriftsatz sei gegebenenfalls als bloße „Bekanntgabe“ nach TP 1 zu honorieren.
Dem Beklagten ist daher der Schriftsatz vom 21. 11. 2016 nach TP 3A zu honorieren, weshalb die erstinstanzliche Kostenentscheidung entsprechend zu korrigieren war. Ihm stehen die Kosten seines Kostenrekurses zu, was in die zweitinstanzliche Kostenentscheidung eingeflossen ist.
Textnummer
E122117European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0060OB00037.18M.0524.000Im RIS seit
20.07.2018Zuletzt aktualisiert am
13.02.2020