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L65000 Jagd Wild;Norm
JagdG NÖ 1974 §135 Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des E K in K, vertreten durch Dr. Norbert Lehner und Dr. Alfred Steinbuch, Rechtsanwälte in 2620 Neunkirchen, Seebensteiner Straße 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 13. April 1999, Zl. 3-47960-97, betreffend Übertretung des Niederösterreichischen Jagdgesetzes 1974, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 8. August 1997 gegen
9.30 Uhr im Ortsgebiet von K von einem Zimmer im ersten Stock seines Hauses, X-Straße Nr. 58, aus auf eine Nebelkrähe am Dach des Nebengebäudes von Haus X-Straße 60 mit einem Gewehr Kaliber 22 mm geschossen, sodass diese tot im Hof des Hauses X-Straße 60 gelandet sei, obwohl die Jagd in Häusern und Hausgärten ruhe. Hiedurch habe er § 135 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit
§ 17 Abs. 1 NÖ Jagdgesetz 1974 übertreten. Es wurde über ihn eine Geldstrafe von S 4.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage) verhängt.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß § 135 Abs. 1 Z. 2 NÖ Jagdgesetz 1974, LGBl. 6500-8, begeht eine Verwaltungsübertretung, wenn die Tat nicht einen Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte strafbaren Handlung bildet, wer die Jagd ohne Bewilligung dort ausübt, wo die Jagd ruht (§ 17 Abs. 1 und 2).
§ 17 Abs. 1 NÖ Jagdgesetz 1974 ordnet an, dass die Jagd auf Friedhöfen, in Häusern und Gehöften samt den dazugehörigen, durch Umfriedung vollständig abgeschlossenen Höfen, Hausgärten und auf Flächen, auf denen Wild im Sinne des § 3a gehalten wird, sowie auf öffentlichen Anlagen ruht. Gemäß Abs. 5 der genannten Bestimmung steht dem Jagdausübungsberechtigten die Befugnis zu, sich das Wild, das sich auf den in den Abs. 1 und 2 bezeichneten Grundstücken gefangen hat oder dort gefallen oder verendet ist, sowie etwa dort aufgefundene Abwurfstangen und Eier des Federwildes anzueignen und angeschossenes oder krankes Wild zu töten.
§ 3 NÖ Jagdgesetz 1974 lautet:
"Jagdbare Tiere (Wild) im Sinne dieses Gesetzes sind:
a) Haarwild; Elch-, Rot-, Dam-, Sika-, Reh-, Gams-, Stein-, Muffel- und Schwarzwild (Schalenwild); der Feldhase und der Alpen- oder Schneehase, das Wildkaninchen, das Murmeltier; der Bär, der Luchs, der Marderhund, der Waschbär, der Dachs, der Wolf, der Fuchs, der Baum- oder Edelmarder, der Stein- oder Hausmarder, der Iltis, die Wiesel, der Fischotter, die Wildkatze (Raubwild);
b) Federwild: das Auer-, Birk- und Rackelwild, das Hasel-, Schnee- und Steinhuhn, das Rebhuhn, die Fasane, die Wachtel, die Trappen, das Wildtruthuhn, die Wildtauben, der Krammetsvogel (Wacholderdrossel), die Schnepfen, der wilde Schwan, die Wildgänse, die Wildenten, das Bläßhuhn, die Graureiher, die Taucher, die Kormorane, die Tag- und Nachtgreifvögel, der Kolkrabe."
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, in einem unter § 17 Abs. 1 NÖ Jagdgesetz 1974 fallenden Bereich eine Nebelkrähe erlegt zu haben; er vertritt jedoch die Auffassung, durch diese Handlung nicht den ihm angelasteten Straftatbestand erfüllt zu haben. Eine Nebelkrähe sei kein jagdbares Wild und falle auch nicht unter das Raubzeug im Sinne des § 64 Abs. 1 NÖ Jagdgesetz 1974. Mit dem Erlegen einer Nebelkrähe werde daher nicht die Jagd ausgeübt.
Damit ist der Beschwerdeführer nicht im Recht:
Richtig ist, dass eine Nebelkrähe nicht im Katalog der jagdbaren Tiere des § 3 (lit. b) NÖ Jagdgesetz 1974 angeführt ist. Eine Nebelkrähe ist daher kein Wild im Sinne dieses Gesetzes. Sie unterliegt auch nicht dem Naturschutz, weil sie von der für alle einheimischen, frei lebenden, nicht jagdbaren Vogelarten geltenden Schutzbestimmung des § 3 Abs. 5 der Verordnung der Niederösterreichischen Landesregierung über den Schutz wild wachsender Pflanzen und freilebender Tiere, LGBl. 5500/2-1, ausgenommen ist. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers zählt sie jedoch zum Raubzeug.
Unter Raubzeug sind gemäß § 64 Abs. 1 letzter Satz NÖ Jagdgesetz 1974 "sonstige dem gehegten Wild schädliche Tiere, insbesondere revierende (wildernde) Hunde und herumstreifende Katzen," zu verstehen. Zu diesen sonstigen dem gehegten Wild schädlichen Tieren gehören insbesondere die weder dem Jagd- noch dem Naturschutzrecht unterliegenden Nebel- und Rabenkrähen (vgl. auch Anderluh/Havranek, Kärntner Jagdrecht3, 62;
Pesendorfer/Rechberger, Das oberösterreichische Jagdrecht, 7). Wenn der Beschwerdeführer meint, dass von der Nebelkrähe keinerlei Gefährdung für das jagdbare Wild ausginge, ist ihm entgegenzuhalten, dass Nebelkrähen unter anderem Vogelnester plündern (vgl. Jagdlexikon, BLV Verlagsgesellschaft München Wien Zürich 1983, 477) und insofern jedenfalls dem gehegten Federwild schädlich sind.
Gemäß § 64 Abs. 1 NÖ Jagdgesetz 1974 umfasst der Jagdschutz - für den der Jagdausübungsberechtigte gemäß § 65 Abs. 1 leg. cit. zu sorgen hat - auch das Recht und die Pflicht zur Betreuung des Wildes und Hintanhaltung seiner Schädigung durch Wilddiebe und Raubzeug. Die Erlegung von Raubzeug fällt daher unter die Ausübung des Jagdschutzes.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits im Erkenntnis vom 11. Februar 1960, Slg. Nr. 5203/A, ausgesprochen, dass in dem Bereich, in dem die Jagd (gemäß § 17 des nö. Jagdgesetzes LGBl. Nr. 13/1947) ruhe, weder die Jagd im engeren Sinn noch der Jagdschutz ausgeübt werden dürfe. Diese Aussage gilt auch für das NÖ Jagdgesetz 1974.
Auf dem Boden dieser Rechtslage handelte daher die belangte Behörde nicht rechtswidrig, wenn sie die Erlegung der Nebelkrähe durch den Beschwerdeführer als zur Ausübung der Jagd im Sinne des § 135 Abs. 1 Z. 2 NÖ Jagdgesetz 1974 gehörig wertete und die vom Beschwerdeführer begangene Tat als Übertretung dieser Norm qualifizierte. Zur Feststellung des insofern entscheidungswesentlichen Sachverhaltes bedurfte es keiner weiteren Ermittlungen. Unerheblich ist es insbesondere, ob die vom Beschwerdeführer erlegte Nebelkrähe "krank" war. Der Beschwerdeführer kann sich nämlich nicht darauf berufen, dass ihm die Befugnis zur Erlegung der Nebelkrähe nach § 17 Abs. 5 NÖ Jagdgesetz 1974 zugekommen sei; dies deshalb nicht, weil die dort eingeräumte Befugnis, unter anderem krankes Wild zu töten, nur dem Jagdausübungsberechtigten - dass der Beschwerdeführer jagdausübungsberechtigt sei, hat er nicht behauptet - zusteht und nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes, dem gegenüber teleologische Auslegungsmethoden zurückzutreten haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 1990, Zl. 89/03/0194), nur Wild, also nicht auch Raubzeug, betrifft.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 26. Jänner 2000
Schlagworte
Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999030233.X00Im RIS seit
11.07.2001