TE Bvwg Beschluss 2018/7/9 W240 2199688-1

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Veröffentlicht am 09.07.2018
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Entscheidungsdatum

09.07.2018

Norm

AsylG 2005 §5 Abs1
BFA-VG §21 Abs3
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W240 2199688-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Feichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.06.2018, Zl. 1182089408-180175751, beschlossen:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 21 Abs. 3 BFA-VG stattgegeben, der Asylantrag wird zugelassen und der bekämpfte Bescheid behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer brachte nach Einreise in das Bundesgebiet am 19.02.2018 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz ein und gab hierzu die oben angeführten Personalien an.

Eine EURODAC-Abfrage ergab einen Kategorie 1-Treffer hinsichtlich Finnland vom 06.01.2016.

Bei der Erstbefragung gab der Beschwerdeführer befragt zu seiner Reiseroute an, er sei über Kasachstan und Russland im Jänner 2015 nach Finnland gelangt, dort sei er bis 20.07.2017 gewesen, bis er am 21.07.2017 bis Jänner 2018 in Russland gewesen sei. Von dort aus sei er über unbekannte Länder nach Österreich gelangt. Der Beschwerdeführer gab weiters an, er habe in Finnland einen negativen Bescheid erhalten und wolle bei seinem Onkel, der in Österreich über einen Asylstatus verfüge, leben.

Aufgrund des vorliegenden Eurodac-Treffers und der konkreten Angaben zu Finnland, leitete das Bundesamt am 27.02.2018 ein Konsultationsverfahren mit Finnland gemäß Art. 18 lit. b. Dublin III-VO ein. Im Schreiben an Finnland wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer behauptete, er sei länger als drei Monate außerhalb des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten gewesen, dies habe er jedoch nicht beweisen können. Es wurde zudem darauf verwiesen, dass der Beschwerdeführer bei einem Onkel in Österreich leben wolle, dafür würden jedoch keine Informationen vorliegen.

Mit schriftlicher Benachrichtigung vom 27.02.2018 stimmte Finnland dem vorzitierten Gesuch gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich zu.

Am 10.04.2018 erfolgte, nach Durchführung einer Rechtsberatung, eine Einvernahme des Beschwerdeführers im Zulassungsverfahren durch das BFA. In der Einvernahme gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, er habe aus Russland einen "Strafzettel" [sic] vom 27.11.2017 übermittelt erhalten.

Auf Nachfrage gab der Beschwerdeführer an, er habe einen Pass gehabt, der bei den finnischen Behörden sei.

Er nehme Magenschutzmedikamente und einen Spray wegen Atemproblemen. Er sei im Lager in Österreich in Behandlung, er bekomme einen neuen Termin für weitere Untersuchungen bei einem HNO-Arzt wegen allfälliger Operationen.

Seine älteste Schwester sei in Schweden und sein Onkel in Österreich. Sein Onkel wohne in Wien, kaufe ihm Kleidung und der Beschwerdeführer erhalte von ihm Taschengeld. Von den Kindern des Onkels werde er besucht. Er habe sich ab 06.01.2016 bis 20.07.2017 in Finnland aufgehalten. Er habe eine Weile in einem Flüchtlingsheim in Finnland gelebt, dann habe er bei einem Freund gelebt. In Finnland habe er im Juli 2017 eine negative Entscheidung erhalten, dann sei er in Russland gewesen.

Befragt, was einer Überstellung nach Finnland entgegenstehe, gab der Beschwerdeführer an, er würde nach Afghanistan abgeschoben werden, wenn er nach Finnland zurückkehre. Er habe das Lager in Finnland freiwillig verlassen und habe bei einem Freund gelebt.

Der anwesende Rechtsberater führte aus, er wolle auf den Art. 19 Abs. 2 Dublin III-VO verweisen und beantrage eine Frist, damit noch mehr Beweismittel eingebracht werden könnten darüber, dass der Beschwerdeführer mehr als drei Monate außerhalb des Bereichs der Mitgliedstaaten gewesen sei.

Würde er nach Finnland abgeschoben werden, werde er weiter nach Afghanistan abgeschoben, dort könne er jedoch nicht leben, weil er dort gefährdet sei.

Der Beschwerdeführer brachte hinsichtlich seiner Person folgende Dokumente in Vorlage:

-

Kopie des afghanischen Reisepasses

-

Kopie der Tazkira und eine Kopie der Übersetzung ins Englische

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Aufenthaltsbestätigung eines russischen Krankenhauses vom 08.08.2017

-

Mietvertrag für ein Zimmer in Russland für den Zeitraum August 2017 bis Februar 2018

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Grundbucheintrag für eine Wohnung in Russland, ausgestellt auf den Vermieter des Beschwerdeführers

-

Strafanzeige der russischen Polizei vom 27.11.2017

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde I. der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Finnland gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Prüfung des Antrages zuständig sei, sowie II. gemäß § 61 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gem. § 61 Abs. 2 FPG dessen Abschiebung nach Finnland zulässig sei.

Gegenständlicher Bescheid enthält Feststellungen zur Lage im Mitgliedstaat. Beweiswürdigend wurde im Wesentlichen ausgeführt, es stehe die Identität des Beschwerdeführers nicht fest. Festgestellt werde, dass der Beschwerdeführer am 06.01.2016 in Finnland im Zuge einer Asylantragsstellung erkennungsdienstlich behandelt worden sei. Festgestellt werde weiters, dass sich Finnland mit Schreiben vom 27.02.2018 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO für die Führung des Asylverfahrens für zuständig erklärt habe. Unter Beachtung sämtlicher bekannter Tatsachen könne kein unverhältnismäßiger Eingriff in Art. 3 und Art. 8 EMRK erkannt werden. Zu den vom Beschwerdeführer vorgelegten Kopien der afghanischen Geburtsurkunde und des afghanischen Reisepasses sei anzuführen, dass diese nicht geeignet seien, sein konkretes Alter und seine Identität festzustellen. Eine Bestätigung der Echtheit der Dokumente sowie das Original habe der Beschwerdeführer nicht beibringen können. Unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen hätten sich im Verfahren keine Hinweise ergeben, dass der Beschwerdeführer an einer schweren körperlichen Krankheit oder an einer schweren psychischen Störung leide. Der Beschwerdeführer habe anlässlich der Erstbefragung am 20.02.2018 sowie in der Einvernahme am 10.04.2018 angegeben, dass er Finnland am 21.07.2017 verlassen hätte und nach Russland ausgereist wäre. Dort hätte er sich bis Anfang Jänner 2018 aufgehalten. Anlässlich der Einvernahme am 10.04.2018 habe er die in unter Beweismittel im angefochtenen Bescheid aufgelisteten Unterlagen vorgelegt um zu beweisen, dass er die Mitgliedsstaaten für länger als drei Monate verlassen hätte. Dazu sei grundsätzlich anzuführen, dass aufgrund der nicht nachgewiesenen Identität nicht überprüfbar sei, ob er diese in den Schriftstücken genannte Person tatsächlich sei. In der Erstbefragung gab der Beschwerdeführer an, er wäre im Besitz eines Strafbescheides über seinen illegalen Aufenthalt in Russland. Unter den vorgelegten Schriftstücken befinde sich jedoch keine derartige Bestätigung, sondern vielmehr eine Anzeige der russischen Polizei vom 27.11.2017, wonach der Beschwerdeführer auf einem Markt in Russland ohne Arbeitsbewilligung Früchte verkauft hätte. Dazu sei anzumerken, dass eine von einer behördlichen und/oder polizeilichen Amtshandlung in der Russischen Föderation persönlich betroffene Person wohl in der Lage sein müsste, einen Sachverhalt, welcher zu einer behördlichen und/oder polizeilichen Bestrafung geführt haben soll, entsprechend richtig und gleichbleibend anzugeben. Die Angaben des Beschwerdeführers bei der Erstbefragung - im Hinblick auf den Strafbescheid wegen illegalen Aufenthalts in der Russischen Föderation - würden laut BFA der vorgelegten Anzeige - wegen Verkaufs von Früchten ohne Arbeitsbewilligung - diametral entgegenstehen, was wiederum mit einem glaubhaften Sachverhalt nicht vereinbar sei. Zu Dokumenten, die in der Russischen Föderation ausgestellt werden, führte das BFA aus, es sei in den vorliegenden Länderfeststellungen der Staatendokumentation zu Russland vom 07.05.2018 nachzulesen, dass man in Russland jegliche Art von Dokumenten kaufen könne. Auslandsreisepässe seien schwieriger zu bekommen, aber man könne auch diese kaufen. Es handle sich bei den Dokumenten oft um echte Dokumente mit echten Stempeln und Unterschriften, aber mit falschem Inhalt. Dokumente russischer Staatsangehöriger aus den russischen Kaukasusrepubliken (insbesondere Reisedokumente) würden hingegen nicht selten unrichtige Angaben enthalten.

Der Beschwerdeführer habe eine Bestätigung im Hinblick auf einen Mietvertrag in der Russischen Föderation von August 2017 bis Februar 2018 vorgelegt und im Verfahren behauptet, dass er im angeführten Zeitraum an der angeführten Adresse wohnhaft gewesen sei. Aus der vorgelegten Bestätigung lasse sich laut BFA nicht ableiten, dass er jedenfalls bis Februar 2018 an der angegebenen Adresse in der Russischen Föderation wohnhaft gewesen wäre. Unter diesen Umständen widerspreche es jedenfalls der Lebenserfahrung, dass eine Person, welche einen Wohnsitz dauerhaft aufgebe und sich darüber hinaus noch außer Landes begebe, persönliche Unterlagen (wie z.B. Krankenhausbestätigung, Anzeigenbestätigung) am vormaligen Wohnsitz zurücklasse. Vielmehr sei davon auszugehen, dass derartige persönliche Unterlagen bei Aufgabe eines Wohnsitzes - inklusive Verlassen des Aufenthaltsstaates - wohl mitgenommen werden würden. Zusammenfassend sei daher davon auszugehen, dass das vom Beschwerdeführer behauptete Verlassen der Mitgliedstaaten nicht glaubhaft sei, zumal sich aus den vorstehenden Ausführungen ergebe, dass seine Angaben in Widerspruch zu den vorgelegten Beweismitteln stehen würden und überdies nicht plausibel seien.

Das BFA führte aus, es sei jedenfalls zweifelsfrei davon auszugehen, dass die Zuständigkeit Finnlands für das Asylverfahren des Beschwerdeführers nach wie vor bestehe, nachdem sich aufgrund des gesamten vorliegenden Sachverhalts in keinster Weise der Eintritt eines Erlöschenstatbestandes des Art. 18 der Dublin-III-VO ergebe. Es wurde vom BFA ausgeführt, dass die finnische Asylbehörde im Konsultationsverfahren auf die Angaben im Hinblick auf die behauptete Ausreise aus der Russischen Föderation hingewiesen worden sei.

3. Der Beschwerdeführer bekämpfte die Entscheidung des Bundesamtes mit einer fristgerecht eingebrachten Beschwerde. In dieser wurde zusammenfassend ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer ab 21.07.2017 bis Jänner 2018 in Russland aufgehalten habe, nachdem er in Finnland gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe mehrere Dokumente über seinen Aufenthalt in Russland vorgelegt. Dazu habe das BFA vorgebracht, dass grundsätzlich nicht überprüfbar sei, ob der Beschwerdeführer tatsächlich die in den Schriftstücken genannte Person sei. Dem sei jedoch entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer Kopien seines afghanischen Reisepasses und seiner Geburtsurkunde vorgelegt habe. Das Original dieses Reisepasses befinde sich überdies bei den finnischen Behörden in Verwahrung, wodurch der Beschwerdeführer seine Identität zumindest glaubhaft gemacht habe. Weiters führte das BFA aus, dass der Beschwerdeführer in der Erstbefragung davon gesprochen habe über einen Strafbescheid wegen illegalem Aufenthalts in Russland zu verfügen, es sei jedoch laut Übersetzung um eine Anzeige, wonach der Beschwerdeführer auf einem Markt in Russland ohne Arbeitsbewilligung Früchte verkauft habe, was laut Ausführungen des BFA dem Vorbringen des Beschwerdeführers diametral entgegenstünde. Dem sei zu entgegnen, dass der Beschwerdeführe keine Arbeitsbewilligung habe, weil er sich illegal in Russland aufgehalten habe. Der illegale Aufenthalt sei somit kausal für die Anzeige, weshalb dies vom Beschwerdeführer so aufgefasst worden sei. Das BFA habe im angefochtenen Bescheid zudem einen Auszug aus den Länderfeststellungen der Staatendokumentation eingefügt, wonach man in Russland Fälschungen von Dokumenten anfertigen lassen könne. Diesbezüglich sei darauf zu verweisen, dass diese Ausführungen die russischen Kaukasusrepubliken betreffen, der Beschwerdeführer jedoch im Föderationskreis Wolga gelebt habe. Schließlich wurde darauf hingewiesen, dass man sich für eine Vielzahl von Länder Dokumente fälschen lassen könne, dies bedeute jedoch nicht, dass automatisch alle Dokumente, die aus diesen Ländern vorgelegt würden, auch tatsächlich gefälscht wären. Dem Hinweis des BFA, dass Finnland Wiederaufnahmegesuch im Rahmen des Konsultationsverfahren über die Angaben zum Aufenthalt des Beschwerdeführers in Russland informiert worden seien, sei jedoch entgegenzuhalten, dass Finnland mitgeteilt worden sei, dass der Beschwerdeführer diesen mehr als dreimonatigen Aufenthalt nicht habe beweisen können. Dieser Information sei jedoch wiederum entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer mehrere russische Dokumente über seinen Aufenthalt in Russland vorgelegt habe. Im gegenständlichen Fall sei daher der zuständigkeitsbeendende Tatbestand des Art. 19 Abs. 1 Dublin III-VO eingetreten, weil der Beschwerdeführer für mindestens drei Monate das Gebiet der Mitgliedstaaten verlassen habe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer im Verfahren wiederholt ausdrücklich angegeben hat, er habe sich nach seinem Aufenthalt in Finnland für mehr als drei Monate außerhalb des Hoheitsgebietes der Mitgliedstaaten befunden, konkret ab 21.07.2017 bis Jänner 2018 in Russland. Diese im Rahmen der Erstbefragung und im Rahmen der Einvernahme vor dem BFA getätigte Ausführung war gleichbleibend und hatte der Beschwerdeführer diesbezüglich auch diverse Unterlagen über seinen Aufenthalt in Russland vorgelegt. Dennoch wurde die gleichbleibende Behauptung des Beschwerdeführers, welche durch Unterlangen untermauert wurde, vom BFA in der nunmehr angefochtenen Entscheidung in Abrede gestellt, da das BFA die vorgelegten Unterlagen als nicht ausreichenden Beweis eingeordnet hat.

Das BFA hat im angefochtenen Bescheid unnachvollziehbare bzw. aktenwidrige Feststellungen getroffen, wonach zweifelsfrei davon auszugehen sei, dass die Zuständigkeit Finnlands für das Asylverfahren des Beschwerdeführers nach wie vor bestehe, nachdem sich aufgrund des gesamten vorliegenden Sachverhalts in keinster Weise der Eintritt eines Erlöschenstatbestandes des Art. 18 der Dublin-III-VO ergeben habe.

Die belangte Behörde hat die notwendigen Ermittlungen des maßgeblichen Sachverhaltes unterlassen und können die beweiswürdigenden Ausführungen im nunmehr angefochtenen Bescheid nicht schlüssig nachvollzogen werden, weshalb zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides durch die belangte Behörde keine Entscheidungsreife vorlag.

Hinsichtlich des Verfahrensganges und festzustellenden Sachverhalt wird auf die unter Punkt I getroffenen Ausführungen verwiesen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich sämtlich aus dem Akt des BFA, insbesondere aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Zuge seiner Einvernahmen und in der Beschwerde, aus den vorgelegten Unterlagen sowie aus der angefochtenen Entscheidung selbst.

3. Rechtliche Beurteilung:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:

"§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG idF BGBl. I Nr. 144/2013 lautet:

"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."

§ 61 FPG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 lautet:

"§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. ...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird."

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates ("Dublin III-VO") zur Ermittlung des zuständigen Mitgliedstaates lauten:

"KAPITEL II

ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE UND SCHUTZGARANTIEN

Art. 3

Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

KAPITEL III

KRITERIEN ZUR BESTIMMUNG DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS

Art. 7

Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.

[ ... ]

KAPITEL V

PFLICHTEN DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS

Artikel 18

Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab.

Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird.

In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.

Artikel 19

Übertragung der Zuständigkeit

(1) Erteilt ein Mitgliedstaat dem Antragsteller einen Aufenthaltstitel, so obliegen diesem Mitgliedstaat die Pflichten nach Artikel 18 Absatz 1.

(2) Die Pflichten nach Artikel 18 Absatz 1 erlöschen, wenn der zuständige Mitgliedstaat nachweisen kann, dass der Antragsteller oder eine andere Person im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c oder d, um dessen/deren Aufnahme oder Wiederaufnahme er ersucht wurde, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen hat, es sei denn, die betreffende Person ist im Besitz eines vom zuständigen Mitgliedstaat ausgestellten gültigen Aufenthaltstitels.

Ein nach der Periode der Abwesenheit im Sinne des Unterabsatzes 1 gestellter Antrag gilt als neuer Antrag, der ein neues Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats auslöst.

(3) Die Pflichten nach Artikel 18 Absatz 1 Buchstaben c und d erlöschen, wenn der zuständige Mitgliedstaat nachweisen kann, dass der Antragsteller oder eine andere Person im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c oder d, um dessen/deren Wiederaufnahme er ersucht wurde, nach Rücknahme oder Ablehnung des Antrags das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auf der Grundlage eines Rückführungsbeschlusses oder einer Abschiebungsanordnung verlassen hat.

Ein nach einer vollzogenen Abschiebung gestellter Antrag gilt als neuer Antrag, der ein neues Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats auslöst."

Zu A) Behebung des bekämpften Bescheides:

§ 21 Abs. 3 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idF BGBl. I Nr. 144/2013 lautet:

"§ 21 (3) Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben, ist das Verfahren zugelassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint."

Der EuGH sprach in seinem Urteil vom 10.12.2013, C-394/12, Shamso Abdullahi/Österreich Rz 60, aus, dass in einem Fall, in dem ein Mitgliedstaat der Aufnahme eines Asylbewerbers nach Maßgabe des in Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO festgelegten Kriteriums zugestimmt hat, der Asylbewerber der Heranziehung dieses Kriteriums nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC ausgesetzt zu werden.

Zudem hat der EuGH in seinem Urteil vom 07.06.2016, C-63/15,

Gezelbash (Große Kammer), festgestellt, dass Art. 27 Abs. 1 Dublin

III-VO im Licht des 19. Erwägungsgrundes dieser Verordnung dahin

auszulegen ist, dass [ ... ] ein Asylbewerber im Rahmen eines

Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über seine Überstellung die

fehlerhafte Anwendung eines in Kapitel III dieser Verordnung

festgelegten Zuständigkeitskriteriums [ ... ] geltend machen kann.

Damit im Einklang steht das Urteil des EuGH ebenfalls vom 07.06.2016, C-155/15, Karim (Große Kammer), wonach ein Asylbewerber im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über seine Überstellung einen Verstoß gegen die Regelung des Art. 19 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung geltend machen kann.

Im gegenständlichen Fall ist evident, dass der Beschwerdeführer wiederholt und gleichbleibend vorgebracht hat, dass er nach seinem Aufenthalt in Finnland das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mehr als drei Monate verlassen hat, und ab 21.07.2017 bis Jänner 2018 in Russland aufhältig war. Sollte dieses Vorbringen den Tatsachen entsprechen, so wäre die vom BFA angenommene, auf Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO gegründete Zuständigkeit Finnlands gemäß Art. 19 Abs. 2 leg.cit. nicht länger gegeben, sodass der Frage des Aufenthalts des Beschwerdeführers außerhalb des Gebietes der Mitgliedstaaten besondere Relevanz zukommt.

Der Beschwerdeführer hat mehrere Dokumente über seinen Aufenthalt in Russland vorgelegt. Dazu hatte das BFA zunächst ausgeführt, dass grundsätzlich nicht überprüfbar sei, ob der Beschwerdeführer tatsächlich die in den Schriftstücken genannte Person sei. Dem wurde bereits zurecht in der Beschwerde entgegengehalten, dass der Beschwerdeführer Kopien seines afghanischen Reisepasses und seiner Geburtsurkunde vorgelegt hatte. Der Beschwerdeführer behauptete auch, dass sich das Original dieses Reisepasses überdies bei den finnischen Behörden in Verwahrung befindet, wodurch der Beschwerdeführer seine Identität zumindest glaubhaft gemacht habe. Das BFA hatte dazu jedoch keinerlei Ermittlungen angestellt. Weiters führte das BFA im Bescheid aus, dass der Beschwerdeführer in der Erstbefragung davon gesprochen hatte über einen "Strafbescheid wegen illegalem Aufenthalts in Russland" [sic] zu verfügen, es handelt sich jedoch laut Übersetzung um eine Anzeige, wonach der Beschwerdeführer auf einem Markt in Russland ohne Arbeitsbewilligung Früchte verkauft hat, was laut Ausführungen des BFA dem Vorbringen des Beschwerdeführers diametral entgegenstünde. Diese Feststellung eines Widerspruchs kann jedoch von der erkennenden Richterin nicht nachvollzogen werden. Es kann nämlich kein eklatanter Widerspruch in der Angabe des Beschwerdeführers, er habe einen Nachweis für seinen illegalen Aufenthalt in Russland, und dem Umstand, dass er eine Anzeige deshalb in Russland erhalten hat, weil er über keine Arbeitsbewilligung verfügt habe, erkannt werden. Vielmehr kann die Ausführung des Beschwerdeführers, er verfüge über einen Nachweis über seinen illegalen Aufenthalt in Russland, mit dem vorgelegten Dokument in Einklang gebracht werden. Das BFA hatte im angefochtenen Bescheid zudem einen Auszug aus den Länderfeststellungen der Staatendokumentation eingefügt, wonach man in Russland Fälschungen von Dokumenten anfertigen lassen könne. Dieser Ausführung wurde bereits in der Beschwerde zu Recht entgegengehalten, dass diese Feststellung im Gegenzug jedoch nicht zu dem Schluss führen kann, dass automatisch alle Dokumente, die aus Russland stammen, auch tatsächlich gefälscht bzw. verfälscht sind. Weitere Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei den vorgelegten Dokumenten um Fälschungen handelt, wurden im angefochtenen Bescheid zudem nicht genannt. Dem Hinweis des BFA, dass Finnland im Wiederaufnahmegesuch im Rahmen des Konsultationsverfahren über die Angaben zum Aufenthalt des Beschwerdeführers in Russland informiert worden seien, ist schließlich entgegenzuhalten, dass Finnland tatsächlich im Wiederaufnahmegesuch mitgeteilt worden war, der Beschwerdeführer habe einen dreimonatigen Aufenthalt in Russland behauptet. Es wurde jedoch weiters mitgeteilt, er habe diesen Aufenthalt in Russland nicht beweisen können. Dieser Information sind wiederum die vorzitierten Ausführungen sowie die Beschwerdeausführungen entgegenzuhalten, da der Beschwerdeführer mehrere russische Dokumente über seinen Aufenthalt in Russland vorgelegt hatte, welche vom BFA in unnachvollziehbarerer Weise jegliche Beweiskraft abgesprochen wurde. Im gegenständlichen Fall kann somit nicht abschließend ausgeschlossen werden, ob nicht der zuständigkeitsbeendende Tatbestand des Art. 19 Abs. 1 Dublin III-VO eingetreten ist, da der Beschwerdeführer - wie von ihm wiederholt behauptet - für mindestens drei Monate das Gebiet der Mitgliedstaaten verlassen hatte.

Da das BFA die Identität des Beschwerdeführers und das gleichbleibende Vorbringen des Beschwerdeführers zu dessen Aufenthalt in Russland trotz Vorlage diverser Unterlagen unnachvollziehbar beweiswürdigend als unglaubhaft eingestuft hat ohne weitere Ermittlungen zum Sachverhalt anzustellen, erweist sich der vorliegende Sachverhalt als derart mangelhaft, dass ohne Sachverhaltsergänzung eine tragfähige Entscheidung nicht möglich erscheint.

In Bezug auf das Vorbringen des Beschwerdeführers in Kombination mit den vorgelegten Beweismitteln des Beschwerdeführers über seine Identität und seinen Aufenthalt in Russland ist auszuführen, dass im fortgesetzten Verfahren weitere Ermittlungen notwendig erscheinen und sich das BFA zunächst - beispielsweise im Wege von Rückfragen bei den finnischen Asylbehörden hinsichtlich der dort angeblich vorliegenden Identitätsdokumente betreffend den Beschwerdeführer - die vom BFA angezweifelte Identität des Beschwerdeführers abzuklären hat und das BFA insgesamt mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich seinen Aufenthalt in Russland samt den vorgelegten Beweismitteln detaillierter zu befassen haben wird.

Der vorliegende Sachverhalt erweist sich daher so mangelhaft, dass eine Ergänzung desselben und damit verbunden eine mündliche Verhandlung unvermeidlich erschiene, sodass den Beschwerden gem. § 21 Abs. 3, 2. Satz, BFA-VG stattzugeben war.

Gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Eine gesonderte Erwägung bezüglich einer allfälligen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 17 BFA-VG konnte angesichts des Spruchinhaltes entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, Identität, Kassation,
mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W240.2199688.1.00

Zuletzt aktualisiert am

19.07.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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