TE Bvwg Beschluss 2018/7/9 W228 2200300-1

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Veröffentlicht am 09.07.2018
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Entscheidungsdatum

09.07.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W142 2200300-1/3Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald WÖGERBAUER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX1989, StA. Afghanistan, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.06.2018, Zl. XXXX, beschlossen:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß §§ 57 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen, wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III-V.). Gemäß § 55 Abs 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI). Gemäß § 13 Ansatz 2 Z 1 Asylgesetz wurde das Recht des Beschwerdeführers auf Aufenthalt im Bundesgebiet ab 18.10.2016 aberkannt. Gleichzeitig wurde der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 6 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.). Gemäß §53 Abs. 1 FPG wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (VIII.).

Gegen diesen Bescheid erhob der vom Beschwerdeführer bevollmächtigte Vertreter mit Schriftsatz vom 03.07.2018 fristgerecht Beschwerde, in der auch ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gestellt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der Beschwerdeführer hat eine Komplettläsion der Nerven und somit eine Parese der rechten obere Extremität in Form einer Krallenhand bzw. Fallhand erlitten. Operative Maßnahmen zur Behebung der Parese sind aussichtslos.

Mehrere Befunde, die nach der Mitteilung der Unmöglichkeit der operativen Behebung der Parese datieren, weisen auf wiederkehrende depressive Episoden beim Beschwerdeführer hin.

Der Befund vom 17.06.2016 enthält einen Hinweis auf einen Metallfremdkörper in der Kopfhaut.

Der Beschwerdeführer hat die Medikamente Sertralin, Abilify, Deanxit, Olanzapin, Norgesic und Saroten in den im Akt befindlichen Befunden verschrieben bekommen.

Mehrere Befunde weisen auf einen erhöhten Betreuungsbedarf hin, ein Befund insbesondere bezüglich Kontrolle der Einnahme der Medikamente hinsichtlich der Regelmäßigkeit.

Ein neurologisches und ein berufskundliches Gutachten wurden nicht eingeholt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus den Befunden im Verwaltungsakt.

Die fehlende Einholung von Gutachten ergibt sich ebenso aus dem Verfahrensakt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I 2013/33 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben der beschwerdeführenden Parteien als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.

Aus der dem Bundesverwaltungsgericht zum derzeitigen Entscheidungszeitpunkt zur Verfügung stehenden Aktenlage kann nach Durchführung einer Grobprüfung eine Verletzung der genannten, durch die EMRK garantierten Rechte bei einer Rückführung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat Afghanistan aufgrund der besonderen Gegebenheiten im konkreten Fall angesichts der kurzen Entscheidungsfrist nicht mit der in diesem Zusammenhang erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden.

So hat die belangte Behörde die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers festgestellt, da dieser laut seiner Aussage in Österreich arbeiten möchte; er gehe daher selbst davon aus, arbeitsfähig zu sein. Die Annahme der Arbeitsfähigkeit bei Vorliegen der sich aufgrund der Befunde ergebenden Leiden nur aufgrund der Aussage des Beschwerdeführers ohne Einholung von Gutachten erscheint im Rahmen einer Grobprüfung widersprüchlich. Außerdem hat die Behörde eine sich aus der Parese der oberen Extremität allenfalls ergebende oder nicht ergebende Behinderung weder untersucht noch nachvollziehbar gewürdigt, weshalb auch hier die Grobprüfung aufgrund eines potentiellen Ermittlungsmangels zugunsten des Beschwerdeführers ausgehen muss.

Daher war der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W228.2200300.1.00

Zuletzt aktualisiert am

19.07.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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