TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/10 W187 2161327-1

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Veröffentlicht am 10.07.2018
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Entscheidungsdatum

10.07.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W187 2161327-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hubert REISNER als Einzelrichter über die Beschwerde des minderjährigen XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch den Vater XXXX, geboren am XXXX, dieser vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX, XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG iVm §§ 3 Abs 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang

1. Der minderjährige Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte am XXXX, vertreten durch seinen Vater XXXX, geboren am XXXX, (W187 2161330-1), einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Hinsichtlich der Einvernahme vor der belangten Behörde wird auf den Verfahrensgang des Vaters des Beschwerdeführers verwiesen. Im Akt des Beschwerdeführers befinden sich keine ihn betreffenden Einvernahmeprotokolle.

3. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Unter Spruchpunkt III. dieses Bescheides wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs 4 AsylG die befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum XXXX erteilt.

4. Mit Eingabe vom XXXX wurde fristgerecht Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des spruchgegenständlichen Bescheides. Darin wird vorgebracht, dass dem Vater des Beschwerdeführers eine gegen die Ideologie der Taliban gerichtete politische Gesinnung unterstellt wird.

5. Am XXXX fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, im Zuge derer im Wesentlichen ausgeführt wurde, dass der Vater des Beschwerdeführers, der als Lebensmittelhändler ein Geschäft geführt habe, von den Taliban für einen Spion gehalten worden sei, von ihnen bedroht und auch einmal entführt worden sei. Die Familie sei daraufhin nach Pakistan übersiedelt, von wo sie in weiterer Folge nach Österreich eingereist sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

1. Feststellungen (Sachverhalt)

Der minderjährige Beschwerdeführer, vertreten durch seinen Vater XXXX (W187 2161330-1), geboren am XXXX, trägt den Namen XXXX und gehört der Volksgruppe der Hazara an. Er hält sich derzeit gemeinsam mit seinem Vater in Österreich auf.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10. Juli 2018, W187 2161330-1/9E, wurde die Beschwerde des Vater des Beschwerdeführers gegen die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten durch die belangte Behörde abgewiesen (Spruchpunkt I.).

Der Beschwerdeführer stammt aus XXXX, Provinz Ghazni, wo er im Haus gemeinsam mit seiner Familie wohnhaft war. Er hat nach dem Umzug nach Pakistan in Quetta die Schule besucht.

Der Beschwerdeführer ist gesund und stellte am XXXX den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit verfolgt werden würde.

2. Beweiswürdigung

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens mittels Durchführung einer öffentlich mündlichen Verhandlung mit dem Vater des Beschwerdeführers vor dem Bundesverwaltungsgericht, durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Vaters des Beschwerdeführers vor dieser und dem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, des bekämpften Bescheides und des Beschwerdeschriftsatzes Beweis erhoben.

Die Feststellungen zu Identität, Herkunft, Nationalität und Familienverhältnissen des Beschwerdeführers gründen sich auf die diesbezüglich gleichbleibenden und daher glaubhaften Angaben seines Vaters vor dem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, der belangten Behörde, in dem Beschwerdeschriftsatz und in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.

Für den Beschwerdeführer wurden keine eigenen Fluchtgründe bzw. Rückkehrbefürchtungen geltend gemacht. Der Vater des Beschwerdeführers verwies im gesamten Verfahren in Bezug auf die Fluchtgründe des Beschwerdeführers auf ihre eigenen.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10. Juli 2018, W187 2161330-1/9E, wurde die Beschwerde des Vaters des Beschwerdeführers gegen die Abweisung deren Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten durch die belangte Behörde abgewiesen.

Es lässt sich auch unter Berücksichtigung der Minderjährigkeit des Beschwerdeführers keine individuelle konkrete Bedrohung und Verfolgung ableiten.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1 Das Verfahren der Verwaltungsgerichte (mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes) ist durch das VwGVG geregelt (§ 1 leg cit). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl 1991/51 idgF, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl 1961/194, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl 1950/173, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl 1984/29, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (vgl insbesondere § 1 BFA-VG).

§ 28 VwGVG ("Erkenntnisse") regelt die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte und lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

[...]"

3.2. Zu Spruchpunkt A)

3.2.2. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides

3.2.2.1 Gemäß § 3 Abs 1 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), BGBl I 2005/100, ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg cit zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl 1955/55 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art 9 RL 2004/83/EG des Rates verweist).

Im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder in Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (vgl VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

Auch wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw. sogar bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten, so liegt in diesem Umstand für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der GFK. Um asylrelevante Verfolgung erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

3.2.2.2 Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10. Juli 2018, W187 2161330-1/9E, wurde die Beschwerde des Vaters des Beschwerdeführers gegen die Abweisung deren Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten durch die belangte Behörde abgewiesen, weshalb dem Beschwerdeführer auch nicht aufgrund des Vorliegens eines Familienverfahrens der Status des Asylberechtigten gemäß § 34 Abs 2 AsylG 2005 zuzuerkennen ist.

Mangels eigener glaubhaft gemachter Fluchtgründe bzw Rückkehrbefürchtungen des Beschwerdeführers selbst, ist die vorliegende Beschwerde daher als unbegründet abzuweisen.

3.2.2.3 Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass dem Beschwerdeführer gerade auf Grund der aktuellen Lage in Afghanistan und seiner individuellen Situation mit dem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde. Dafür, dass der Beschwerdeführer aus einem asylrelevanten Grund von der allgemeinen Lage besonders betroffen wäre, lässt sich kein Anhaltspunkt erkennen.

3.3 Zu Spruchpunkt B) - Unzulässigkeit der Revision

3.3.1 Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.3.2 Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die Judikatur unter Punkt 3.2); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Familienverfahren, Glaubhaftmachung, mangelnde Asylrelevanz,
Verfolgungsgefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W187.2161327.1.00

Zuletzt aktualisiert am

19.07.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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