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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art133 Abs4;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/07/0363 Ra 2018/07/0362Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revisionen 1. des M S,
2. des M R und 3. der T R, alle in G, alle vertreten durch Dr. Guido Lepeska, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Sterneckstraße 37, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 23. März 2018, Zl. 405- 1/190/1/12-2018, betreffend eine wasserrechtliche Bewilligung (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Hallein; mitbeteiligte Partei: DI (FH) R L), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Die Beurteilung der Zulässigkeit der außerordentlichen Revision durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (VwGH 18.1.2018, Ra 2017/07/0134, mwN).
5 Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen (VwGH 14.12.2017, Ra 2017/07/0124, mwN), noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (VwGH 23.5.2017, Ra 2017/05/0062).
6 Die vorliegende außerordentliche Revision macht unter drei Aspekten, die jeweils Verfahrensmängel betreffen, geltend, es läge eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vor.
7 Zum einen rügen die Revisionswerber, dass es im Verfahren unterlassen worden sei, eine Verletzung ihrer Rechte ausgehend von der bewilligten Kronenoberkante von 475,50 müA zu prüfen. Das angefochtene Erkenntnis lasse eine nachvollziehbare Begründung vermissen. Das Verwaltungsgericht müsse sogar einräumen, dass flussaufwärts bei einem Stauziel von 475,50 müA die Grundstücke am rechten Ufer der L "weniger häufig und nicht zu hoch überströmt bzw. überflutet würden".
8 Zum anderen verweise das Verwaltungsgericht auf Ergebnisse aus anderen Verfahren und stelle eine Art "Gesamtbetrachtung" mit den dort vorliegenden Gutachten an, was unzulässig sei und eine vollständige und abschließende fachkundige Beurteilung durch geeignete Sachverständige nicht ersetzen könne.
9 Schließlich sei nicht nachvollziehbar, wie das Verwaltungsgericht in seiner Begründung auf das dort einmal genannte Stauziel von "467,25" komme.
10 Mit diesem Vorbringen zeigen die Revisionswerber aber die Zulässigkeit der Revision nicht auf.
11 Die geltend gemachten Aspekte werfen Rechtsfragen des Verfahrensrechts auf; sie behaupten die mangelnde Vollständigkeit der Sachverhaltsermittlungen und wenden sich gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts.
12 Rechtsfragen des Verfahrensrechts sind nur dann von grundsätzlicher Bedeutung, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (VwGH 24.3.2015, Ra 2015/05/0001; 13.10.2016, Ra 2015/08/0213, jeweils mwN).
13 Eine im Einzelfall vorgenommene, nicht als grob fehlerhaft erkennbare Beweiswürdigung wirft im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (VwGH 30.6.2015, Ra 2015/15/0028; 22.2.2017, Ra 2014/13/0028, jeweils mwN).
Vor dem Hintergrund des Umfangs der Prüfbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes in Bezug auf die Beweiswürdigung (VwGH 24.9.2014, Ra 2014/03/0012) liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit einer im Einzelfall erfolgten Beweiswürdigung vielmehr nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer grob fehlerhaften, unvertretbaren Weise vorgenommen hat, sodass dadurch die Rechtssicherheit beeinträchtigt ist (VwGH 25.4.2018, Ra 2018/09/0027, mwN).
14 Davon ist im vorliegenden Fall nicht auszugehen. Bereits im Verfahren vor der Behörde, aber auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht wurde die Situation auch ausgehend von der bewilligten Kronenoberkante von 475,50 müA überprüft und dazu auf ein immer noch aktuelles detailliertes Gutachten (aus dem Jahr 2005) zurückgegriffen, das - neben anderen Gutachten - dem damaligen, später bescheidmäßig bewilligten Hochwasserschutzprojekt zu Grunde lag.
15 Zu den seitens der Revisionswerber zum Beleg für die mangelnde Prüfung der genehmigten Höhenkote zitierten Passagen aus der Verhandlungsschrift vor dem Verwaltungsgericht ist zu bemerken, dass diesen Passagen jeweils Hinweise auf das genannte Gutachten aus dem Jahr 2005 bzw. auf die Gutachten der Bundeswasserbauverwaltung zum bewilligten Hochwasserschutzprojekt, die sich ebenfalls mit diesen Aspekten befassten, folgten. Dass die Prüfung der Situation bei einer Wehrkrone von 475,50 auch in die Ermittlung des Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht einfloss, zeigt die Revision schließlich selbst auf, wenn sie darauf verweist, dass das Verwaltungsgericht eine geringere Überströmungshäufigkeit bei einem Stauziel von 475,50 müA bezogen auf die Grundstücke am rechten Ufer der L einräume.
16 Diesem Teil der Revision gelingt es daher nicht aufzuzeigen, dass die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts durch eine unzureichend erhobene Sachverhaltsgrundlage in grob fehlerhafter, unvertretbarer Weise vorgenommen und dadurch die Rechtssicherheit beeinträchtigt wurde.
17 Der Argumentation des Verwaltungsgerichts, wonach rechtsufrig wegen bereits bestehender und nicht überschrittener rechtlicher Duldungspflichten der Revisionswerber keine Rechtsverletzung eintreten würde, wurde in der Revision argumentativ nicht entgegen getreten.
18 Was den weiteren Vorwurf betrifft, das Verwaltungsgericht nehme zu Unrecht eine "Gesamtbetrachtung" von Gutachten mehrerer Verfahren vor und beziehe auch Verfahrensergebnisse des Verfahrens zur Umsetzung des Hochwasserschutzprojektes bzw. des Verfahrens zur Erlassung eines "Berichtigungsbescheides" in das vorliegende Verfahren ein, so ist nicht zu erkennen, inwiefern darin eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liege.
19 In beiden genannten Verfahren war die Hochwassersituation rund um das verfahrensgegenständliche Kraftwerk bzw. die rechtlich verbindliche und die tatsächlich gegebene Höhe der Wehrkrone ein wichtiges Thema. Dass den Revisionswerbern die damals erstatteten Gutachten, deren Aktualität fachlich bestätigt wurde, nicht zur Kenntnis gebracht worden wären, bringen sie nicht vor. Angesichts dessen erscheint es einzelfallbezogen jedenfalls vertretbar, vorhandene und weiterhin verwertbare Beweisergebnisse dieser Verfahren auch im vorliegenden Verfahren zu berücksichtigen.
20 Wenn die Revisionswerber darauf verweisen, es wäre unzulässig, zuerst einen rechtswidrigen Zustand zu schaffen, dessen Auswirkungen dann letztlich unberücksichtigt blieben, sind sie zum einen darauf zu verweisen, dass es ihnen möglich gewesen wäre, einen Antrag auf Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes zu stellen; zum anderen steht es dem Mitbeteiligten frei, die Erteilung einer Bewilligung auch für einen gesetzwidrigen Zustand anzustreben, um eben diesen Zustand zu beenden.
21 Was schließlich die Zitierung des Stauziels von "467,25" an einer Stelle der (nicht rechtskraftfähigen) Begründung des angefochtenen Erkenntnisses betrifft (gemeint offenbar auf Seite 14), so handelt es sich hier eindeutig um einen Tippfehler; gemeint war das Stauziel von "476,25."
22 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
23 Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 21. Juni 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018070361.L00Im RIS seit
19.07.2018Zuletzt aktualisiert am
31.07.2018