TE Vwgh Beschluss 2018/6/25 Ra 2017/20/0480

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Veröffentlicht am 25.06.2018
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Index

E6J;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

62016CJ0550 A und S VORAB;
AsylG 2005 §35 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2017/20/0481

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Honeder, in der Revisionssache 1. der N H, 2. des Z K, beide vertreten durch Dr. Manuela M. Pacher, Rechtsanwältin in 1040 Wien, Brucknerstraße 6, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Oktober 2017, 1) Zl. W192 2173129-1/2E und 2) Zl. W192 2173130-1/2E, betreffend Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 35 AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Österreichische Botschaft Ankara), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die miteinander verheirateten Revisionswerber, Staatsangehörige Syriens, stellten am 8. November 2016 bei der Österreichischen Botschaft Ankara (ÖB) Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln gemäß § 35 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Als Bezugsperson nannten sie ihren zum Antragszeitpunkt siebzehnjährigen Sohn. Diesem war mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 14. September 2016 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt worden.

2 Die ÖB wies diese Anträge mit Bescheid vom 16. Juni 2017 und die dagegen erhobene Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom 15. September 2017 ab. Dagegen richteten die Revisionswerber einen Vorlageantrag an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG).

3 Mit den angefochtenen Erkenntnissen wies das BVwG die Beschwerden als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

4 Begründend führte es im Wesentlichen aus, die Bezugsperson der Revisionswerber sei zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 15. September 2017 bereits volljährig gewesen, weshalb die Eigenschaft, Familienangehörige im Sinn des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 sein zu müssen, zum - allein relevanten - Entscheidungszeitpunkt nicht gegeben gewesen sei. In diesem Zusammenhang habe der Verwaltungsgerichtshof bereits darauf hingewiesen, dass eine erweiternde Auslegung des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 dahingehend, dass es im Verfahren nach § 35 AsylG 2005 auch bei antragstellenden Eltern eines minderjährigen Kindes für die Eigenschaft als "Familienangehöriger" hinsichtlich der Minderjährigkeit auf den Antragszeitpunkt ankomme, nicht in Betracht gezogen werden könne. Zudem werde dem Zweck des Familienverfahrens gemäß § 34 AsylG 2005 nicht entsprochen, wenn den Eltern eines im Laufe des Verfahrens nach § 35 AsylG 2005 volljährig gewordenen Asylberechtigten die Einreise nach Österreich gestattet würde, weil sie bei Beantragung internationalen Schutzes nach erfolgter Einreise nicht mehr § 34 AsylG 2005 unterliegen würden.

5 Gegen die Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision, die zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorbringt, § 35 Abs. 5 AsylG 2005 müsse in unionsrechtskonformer Auslegung dahingehend interpretiert werden, dass für Fälle der Zusammenführung von Eltern mit ihren minderjährigen Kindern als Bezugspersonen das Vorliegen der Minderjährigkeit im Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblich sei.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 28. Jänner 2016, Ra 2015/21/0230 und 0231 - auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird - ausführlich unter Einbeziehung der diesbezüglichen Materialien mit der - im Rahmen der mit BGBl. I Nr. 24/2016 erfolgten Novellierung des AsylG 2005 unverändert gebliebenen - Bestimmung des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 auseinandergesetzt. Dabei hat der Verwaltungsgerichtshof auch auf die unionsrechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere die von den revisionswerbenden Parteien angesprochene Richtlinie 2003/86/EG (Familienzusammenführungsrichtlinie), Bedacht genommen und darauf hingewiesen, dass der Verfassungsgerichtshof infolge eines anlässlich an ihn herangetragenen Falles offenkundig keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Bestimmung des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 gehegt hat. Damit ist die von der Revision zur Zulässigkeit vorgebrachte Rechtsfrage als geklärt anzusehen. Eine Fehlbeurteilung durch das Bundesverwaltungsgericht ist vor dem Hintergrund dieser Judikatur nicht ersichtlich.

10 Auch das Urteil des EuGH vom 12. April 2018, A und S, C-550/16, lässt keine Anhaltspunkte für die Notwendigkeit eines Abweichens von dieser Rechtsprechung erkennen (vgl. dazu jüngst VwGH 3.5.2018, Ra 2017/19/0609-0611).

11 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 25. Juni 2018

Gerichtsentscheidung

EuGH 62016CJ0550 A und S VORAB

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017200480.L00

Im RIS seit

19.07.2018

Zuletzt aktualisiert am

13.08.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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