TE Vwgh Beschluss 2018/6/25 Ra 2017/20/0451

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Veröffentlicht am 25.06.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Honeder, BSc, in der Rechtssache der Revision der S S in W, vertreten durch Dr. Roland Grilc, Mag. Rudolf Vouk, Dr. Maria Škof, MMag. Maja Ranc und Mag. Sara Grilc, LL.M., Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Karfreitstraße 14/III, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Oktober 2017, Zl. I415 2167802 1/4E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin ist nigerianische Staatsangehörige und stellte am 24. November 2013 einen Antrag auf internationalen Schutz. Als Fluchtgrund gab sie an, Nigeria aufgrund des Konfliktes zwischen Moslems und Christen verlassen zu haben.

2 Der Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28. Juli 2017 hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I) sowie hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II) als unbegründet abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Abschiebung nach Nigeria für zulässig erklärt (Spruchpunkt III). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde ihr nicht zuerkannt (Spruchpunkt IV) und überdies einer Beschwerde gegen den Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V).

3 Gegen die Spruchpunkte I, II und III des Bescheides erhob die Revisionswerberin Beschwerde, in der sie im Wesentlichen ihr Fluchtvorbringen wiederholte und ausführte, dass die Beweiswürdigung und die Begründung der belangten Behörde nicht nachvollziehbar sei, weil die Revisionswerberin ihr Fluchtvorbringen konkret und detailliert beschrieben habe. Zudem sei das Fluchtvorbringen plausibel und stimme mit den "landeskundlichen Erkenntnissen" überein.

4 Diese Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) vom 3. Oktober 2017 - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - als unbegründet abgewiesen und die Revision gemäß § 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

5 Begründend führte das BVwG im Wesentlichen aus, dass die Revisionswerberin keine wohlbegründete Furcht vor asylrelevanter Verfolgung habe glaubhaft machen können. Selbst bei Wahrunterstellung sei dem Vorbringen die Schutzfähig- und Schutzwilligkeit der nigerianischen Behörden entgegenzuhalten. Außerdem bestehe in Nigeria - selbst bei Vorliegen einer asylrelevanten Verfolgung - grundsätzlich die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative. Hinsichtlich der Nicht-Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten führte das BVwG rechtlich aus, dass es keinen Anhaltspunkt dafür gäbe, dass der Revisionswerberin im Falle einer Rückkehr nach Nigeria eine Verletzung der in Art. 2, 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohen würde. Zudem führte das BVwG hinsichtlich der Unterlassung der Durchführung einer mündlichen Verhandlung aus, dass die im Rahmen der Rechtsprechung entwickelten Kriterien - hinsichtlich des auch hier zur Anwendung kommenden § 21 Abs. 7 BFA-VG - im vorliegenden Fall erfüllt seien, zumal vom BFA ein inhaltlich ordnungsgemäßes und mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt, der Sachverhalt vollständig erhoben und die Beweiswürdigung des BFA bestätigt worden sei, weshalb die mündliche Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben habe können. Der Beweiswürdigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sei in der Beschwerde nicht substantiiert entgegengetreten worden; es sei auch in der Beschwerde kein neues Vorbringen erstattet worden, welches die erstinstanzliche Entscheidung in Frage stellen würde.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen vor, dass das BVwG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgewichen sei, weil in der Beschwerde dem behördlichen Ermittlungsverfahren entgegenstehende und darüberhinausgehende, für die Beurteilung relevante Sachverhaltselemente behauptet worden seien. Es sei vom BVwG weder ausgeführt worden, was in der Beschwerde genau vorgebracht worden sei, noch was es unter "unsubstantiiertem Bestreiten" des Bescheides verstehe.

10 Diesbezüglich ist festzuhalten, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum auch hier maßgeblichen § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-VG ein Absehen von der mündlichen Verhandlung dann gerechtfertigt ist, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet worden sein, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (vgl. VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, 0018).

11 Fallbezogen ist nicht ersichtlich, dass in der Beschwerde neue relevante Sachverhaltselemente vorgebracht oder den beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl substantiiert entgegengetreten worden sei. Die Revision führt in der Zulässigkeitsbegründung hierzu aus, "wenn die Revisionswerberin in der Beschwerde mangelhafte und unrichtige Bescheidbegründung geltend machte, dann hat die Revisionswerberin in der Beschwerde dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehende und darüber hinausgehende, für die Beurteilung relevante Sachverhalte behauptet". Damit wird nicht konkret dargetan, worin das die Verpflichtung zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch das Verwaltungsgericht auslösende Beschwerdevorbringen bestand, weshalb es der Revision nicht gelingt, das Vorliegen einer die Zulässigkeit der Revision begründende Abweichung von der oben angeführten Rechtsprechung darzustellen.

12 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 25. Juni 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017200451.L00

Im RIS seit

19.07.2018

Zuletzt aktualisiert am

13.08.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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