TE Vwgh Beschluss 2018/6/28 Ro 2018/08/0004

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Veröffentlicht am 28.06.2018
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Index

10/07 Verfassungsgerichtshof;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
14/02 Gerichtsorganisation;
22/02 Zivilprozessordnung;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

BVwGG 2014 §21;
GOG §89a Abs2;
GOG §89d Abs2;
VwGG §75 Abs2;
ZPO §112;
ZustG §37;
ZustG §7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler sowie die Hofräte Dr. Strohmayer und Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, in der Revisionssache des R S in G, vertreten durch Dr. Daniel Reiter, Rechtsanwalt in 2340 Mödling, Enzersdorfer Straße 4, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24. Oktober 2017, W229 2173695- 1/2E, betreffend Abweisung eines Antrages auf Verfahrenshilfe (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Arbeitsmarktservice Mödling), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem in Revision gezogenen Beschluss vom 24. Oktober 2017 wies das Bundesverwaltungsgericht den Antrag des Revisionswerbers auf Bewilligung der Verfahrenshilfe in einem Beschwerdeverfahren gegen einen Bescheid des Arbeitsmarktservice Mödling gemäß § 8a VwGVG ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.

2 Der Revisionswerber beantragte Verfahrenshilfe zur Erhebung einer (ordentlichen) Revision gegen den genannten Beschluss. Das Bundesverwaltungsgericht bewilligte die Verfahrenshilfe (unter anderem) durch Beigebung eines Rechtsanwaltes.

3 Der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich übermittelte dem zum Verfahrenshelfer bestellten Rechtsanwalt den Bescheid über seine Bestellung am 13. Dezember 2017 (um 14:48 Uhr) im elektronischen Rechtsverkehr.

4 Die gegenständliche Revision wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 25. Jänner 2018 (13:00 Uhr) im elektronischen Rechtsverkehr übermittelt.

5 Das Bundesverwaltungsgericht trug der revisionswerbenden Partei auf, zum Zweck der Beurteilung der Rechtzeitigkeit der Revision bekanntzugeben, wann der Zugriff auf den seit 13. Dezember 2017 am Server bereitgehaltenen Bestellungsbescheid durch den Verfahrenshelfer erfolgt sei, und dazu Nachweise vorzulegen.

6 In ihrer Äußerung teilte die revisionswerbende Partei mit, der angefochtene Beschluss sei am 13. Dezember 2017 im Web-ERV des Verfahrenshelfers hinterlegt worden. Zeitpunkt der Zustellung sei jedoch gemäß § 89d Abs. 2 GOG der 14. Dezember 2017, sodass sich die am 25. Jänner 2018 eingebrachte Revision als rechtzeitig erweise.

7 Mit Beschluss vom 14. Februar 2018 wies das Bundesverwaltungsgericht die Revision gemäß § 30a Abs. 1 VwGG als verspätet zurück. Es führte begründend aus, wie sich aus dem vom einschreitenden Verfahrenshelfer mit seiner Äußerung übermittelten WebERV-Auszug ergebe, habe dieser am 13. Dezember 2017 auf den ihm von der Rechtsanwaltskammer im Weg der sogenannten "Teilnehmer-Direktzustellung" übermittelten Bestellungsbescheid am 13. Dezember 2017 zugegriffen. Der letzte Tag der Revisionsfrist sei daher der 24. Jänner 2018 gewesen, sodass sich die erst am folgenden Tag eingebrachte Revision als verspätet erweise.

8 Der Revisionswerber brachte einen Vorlageantrag gemäß § 30b VwGG ein, in dem er neuerlich vorbrachte, es komme die Bestimmung des § 89d Abs. 2 GOG zur Anwendung, sodass die Revisionsfrist erst am 25. Jänner 2018 geendet habe. Das Bundesverwaltungsgericht legte den Vorlageantrag gemeinsam mit der Revision und den Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.

9 Die Revision ist verspätet.

10 Die (im Gesetz nicht ausdrücklich geregelte) "Teilnehmer-Direktzustellung" ist die - technisch eröffnete - Möglichkeit der direkten Übermittlung von Schriftstücken im Rahmen von für den elektronischen Rechtsverkehr verwendeten EDV-Programmen zwischen Teilnehmern des elektronischen Rechtsverkehrs. Sie dient in erster Linie der Übermittlung von für einen Prozessgegner bestimmten Gleichschriften im zivilgerichtlichen Verfahren (vgl. §112 ZPO) durch eine Partei des Verfahrens an eine andere Verfahrenspartei. Eine Rechtsgrundlage für eine Zustellung eines Bescheides im Weg der "Teilnehmer-Direktzustellung" ist (im hier vorliegenden) Fall der Bestellung eines Verfahrenshelfers durch den Ausschuss der Rechtsanwaltskammer allerdings nicht ersichtlich. Insbesondere stellt der vom Revisionswerber genannte § 89d Abs. 2 GOG eine solche nicht dar. Die Bestimmung stellt - unter ausdrücklichem Verweis auf § 89a Abs. 2 GOG - auf elektronisch übermittelte gerichtliche Erledigungen und Eingaben ab, wozu der gegenständliche Bestellungsbescheid zweifellos nicht zu zählen ist (vgl. VwGH 14.12.2016, Ra 2016/19/0131; 23.3.2017, Ra 2016/20/0267, jeweils mwN). Auch das Bestehen anderer Rechtsgrundlagen für eine derartige Zustellung (§ 37 Zustellgesetz, § 75 Abs. 2 VwGG und § 21 BVwGG) hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung bereits verneint (vgl. näher VwGH 13.6.2017, Ra 2016/01/0289, mwN). Es liegt daher ein Zustellmangel vor, der jedoch gemäß § 7 Zustellgesetz geheilt wird, wenn das zuzustellende Dokument dem Empfänger tatsächlich zukommt. Dabei kommt es im Fall der elektronischen Zustellung auf den Zeitpunkt des Zugriffs auf das am Bereithaltungsserver liegende Dokument an (vgl. nochmals VwGH Ra 2016/19/0131; Ra 2016/20/0267; Ra 2016/01/0289, mwN).

11 Unstrittig hat der zum Verfahrenshelfer des Revisionswerbers bestellte Rechtsanwalt auf den am Server bereitgehaltenen Bestellungsbescheid am 13. Dezember 2017 zugegriffen, sodass die sechswöchige Frist zur Einbringung der Revision am 24. Jänner 2018 endete. Die am 25. Jänner 2018 eingebrachte Revision erweist sich daher wegen Versäumung der nach § 26 Abs. 1 iVm. Abs. 3 erster Satz VwGG einzuhaltenden Revisionsfrist als verspätet.

12 Aufgrund des Vorlageantrages war die Revision vom Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mit Beschluss zurückzuweisen. Dieser Beschluss tritt an die Stelle des Zurückweisungsbeschlusses des Bundesverwaltungsgerichtes (vgl. VwGH 9.2.2017, Ro 2016/11/0022, mwN).

Wien, am 28. Juni 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RO2018080004.J00

Im RIS seit

18.07.2018

Zuletzt aktualisiert am

24.09.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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