TE Lvwg Erkenntnis 2018/7/16 LVwG-S-1335/001-2017

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Veröffentlicht am 16.07.2018
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Entscheidungsdatum

16.07.2018

Norm

GewO 1994 §74 Abs2
GewO 1994 §81 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch seinen Richter Hofrat Dr. Kindermann-Zeilinger über die Beschwerde des A, geb. ***, ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmann-schaft Lilienfeld vom 08. Mai 2017, ***, betreffend Bestrafung nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO),

zu Recht:

I.

Der Beschwerde wird gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) insoweit stattgegeben, als die verhängte Strafe von € 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 51 Stunden) auf den Betrag von € 250,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) herabgesetzt wird.

II.

Gemäß § 64 Abs.1. und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der vom Beschwerdeführer zu leistende Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstraf-verfahrens der Behörde mit € 25,-- neu festgesetzt.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG waren dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen.

III.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25 a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld vom 08.05.2017, ***, wurde über den Beschuldigten A wegen einer Übertretung nach § 366 Abs. 1 Z 3 zweiter Fall i.V.m. den §§ 74 – 83 GewO gemäß § 366 Einleitungssatz GewO eine Geldstrafe in der Höhe von € 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 51 Stunden) verhängt und ihm die Tragung eines anteiligen Kostenbeitrages zum behördlichen Verfahren in Höhe von € 50,-- auferlegt.

In diesem Straferkenntnisses wird dem Beschuldigten die Verwaltungsübertretung wie folgt angelastet:

„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Zeit:

28.11.2016

Ort:

***, ***

Tatbeschreibung:

Sie haben es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der B GmbH mit dem Sitz in ***, Geschäftsanschrift: ***, ***, zu verantworten, dass diese Gesellschaft die bewilligte Betriebsanlage in abgeänderter Form betrieben hat, ohne hierfür zuvor eine erforderliche Betriebsanlagenänderungsgenehmigung erlangt zu haben.

Folgende Änderungen der Betriebsanlage liegen der Verwaltungsübertretung zu Grunde:

Bei der am 28.11.2016 durchgeführten Genehmigungsverhandlung wurde festgestellt, dass die bewilligungspflichtige Änderung (Betrieb einer mobilen Zelthalle als Lager für Rohmaterialien bei der bestehenden Betriebsanlage für Metallbearbeitung auf Grundstück-Nr. *** in KG ***) bereits umgesetzt wurde, indem das Zelt bereits betrieben wurde ohne im Besitz einer gewerbebehördlichen Genehmigung für diese Betriebsanlagenänderung zu sein. In der Zelthalle werden Metallteile auf Lagerregalen und am Boden zwischengelagert. Das Aus- und Einbringen der Materialien erfolgt händisch oder mit dem Dieselstapler.

Darüber hinaus wurde festgestellt, dass der in der Projektbeschreibung zum Bescheid v. 16.09.2016, Zl: ***, angeführte Lärmschutzwall in Form eines Erdwalls in der Länge von ca. 150 m nicht errichtet wurde, was eine wesentliche Projektvoraussetzung für die Genehmigungsfähigkeit darstellt.

Eine genehmigungspflichtige Betriebsanlagenänderung liegt deshalb vor, da es sich bei der gegenständlichen Anlage um eine örtlich gebundene Einrichtung handelt, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist, und der festgestellte geänderte Betrieb geeignet ist, im Sinne des § 74 Abs. 2 Gewerbeordnung 1994 eine Belästigung der Nachbarn durch Lärm (Reflexionen, Membranwirkungen), herbeizuführen. Hierbei reicht eine bloße „Geeignetheit“ schon aus, um die Bewilligungspflicht „auszulösen“.

In der dagegen erhobenen Beschwerde vom 31.05.2017 führt der Beschuldigte aus, dass zur angegebenen Tatzeit die in Rede stehende Zeltanlage über eine baubehördliche Bewilligung verfügt habe. Das Lagern von Eisen sei im Freien zulässig und handle es sich bei der Zeltanlage um eine mobile Anlage, welche „unserer Meinung nach“ keine Bewilligung brauche.

Des Weiteren bringe er vor, dass seine Tätigkeit bei der Fa. B GmbH im September 2016 aufgenommen worden sei und die Zeltanlage zu dieser Zeit bereits errichtet gewesen sei. Ihm sei außerdem mitgeteilt worden, dass sämtliche Anlagen ordnungsgemäß bewilligt seien. Er ersuche daher um eine Verfahrenseinstellung.

Zu diesem Beschwerdevorbringen sowie zum Inhalt des vorgelegten Verwaltungsstrafaktes und der vorgenommenen Tatanlastung im angefochtenen Straferkenntnis hat das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich Folgendes erwogen:

Zunächst ist von folgendem als erwiesen anzusehenden Sachverhalt auszugehen:

Der Beschuldigte ist seit September 2016 bei der Unternehmung B GmbH beschäftigt. Seit 08.11.2016 übt er die Funktion eines gewerberechtlichen Geschäftsführers in dieser Unternehmung aus. Am 28.11.2016 hat es im Standort der Unternehmung in ***, ***, eine Genehmigungsverhandlung durch die Gewerbebehörde gegeben, bei welcher die im Spruch des Straferkenntnisses angeführten Feststellungen durch die Amtsabordnung getroffen worden sind. Demnach war zu diesem Zeitpunkt das in Rede stehende Zelt bereits aufgestellt, der in der Projektsbeschreibung zum Bescheid vom 16.09.2016 angeführte Lärmschutzwall noch nicht umgesetzt. In der Zelthalle waren Metallteile auf Lagerregalen und am Boden zwischengelagert, wobei das Aus- und Einbringen der Materialien händisch oder mit Dieselstaplern erfolgt.

Die in Rede stehende Betriebsanlage für Metallbearbeitung ist gewerbebehördlich genehmigt und wurde vor der hier angeführten Tatzeit zuletzt eine Änderung der Betriebsanlage durch Ausweitung der Betriebszeiten in die Abend- und Nachtzeit gemäß den §§ 74 Abs. 2, 81 und 359 GewO genehmigt.

Die Feststellungen ergeben sich auf Grund folgender Beweiswürdigung:

Die Tätigkeit des Beschwerdeführers im Unternehmen der B GmbH stützt sich auf die Angaben in der Beschwerde im Zusammenhalt mit den Eintragungen im öffentlich zugänglichen Gewerbeinformationssystem Austria (GISA), was seine Funktion als gewerberechtlichen Geschäftsführer betrifft.

Bezüglich der in Rede stehenden Änderungen der Betriebsanlage ergeben sich die Feststellungen aus der Verhandlungsschrift der Gewerbebehörde vom 28.11.2016, in welcher die an diesem Tag in der Betriebsanlage erfolgten Wahrnehmungen in unbedenklicher Weise festgehalten sind. Eine Bestreitung des diesbezüglichen Sachverhaltes ist nicht erfolgt.

In rechtlicher Hinsicht war Folgendes zu erwägen:

Gemäß § 366 Abs. 1 Z 3 GewO begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3 600 € zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§§ 81f).

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1.

das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen oder des nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen eingetragenen Partners, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,

2.

die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

3.

die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

4.

die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

5.

eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

Auf Grund des als erwiesen anzusehenden Sachverhaltes ist davon auszugehen, dass die gewerbebehördlich genehmigte Betriebsanlage der B GmbH im Standort ***, ***, durch den Betrieb einer mobilen Zelthalle als Lager für Rohmaterialien geändert worden ist und ein Betrieb der Betriebsanlage nach dieser erfolgten Änderung zur Tatzeit gegeben war. Was die Genehmigungspflicht dieser Änderung der Betriebsanlage betrifft, ist mit Blick auf die Bestimmung des § 74 Abs. 2 GewO davon auszugehen, dass bereits die Eignung des Betriebes der Anlage nach der erfolgten Änderung, eine der in der genannten Bestimmung angeführten Beeinträchtigungsmöglichkeiten hervorzurufen, genügt die Genehmigungspflicht auszulösen.

Im gegenständlichen Fall liegt auf der Hand, dass etwa das Aus- und Einbringen der Materialien aus dem Zelt bzw. in das Zelt, insbesondere wenn es mit einem Dieselstapler erfolgt, geeignet ist, die Nachbarn durch Lärm zu belästigen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es bisher bei dem solcherart erfolgten Betrieb tatsächlich zu einer Lärmbelästigung gekommen ist oder kommt. Keinen Einfluss auf die Frage der Genehmigungspflicht nach der Gewerbeordnung 1994 hat zudem das Vorliegen einer baubehördlichen Bewilligung und die in diesem Zusammenhang heranzuziehenden baubehördlichen Bestimmungen. Somit ist der objektive Tatbestand auf Grund der Tatanlastung im Spruch des Straferkenntnisses als erwiesen anzusehen.

Hinsichtlich des Verschuldens des Beschwerdeführers ist anzumerken, dass den gewerberechtlichen Geschäftsführer eines Unternehmens die verwaltungs-strafrechtliche Verantwortlichkeit für die Einhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften trifft. Im gegenständlichen Fall ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte erst wenige Wochen vor der Tatzeit diese Funktion übernommen hat und offenbar die gegenständliche Änderung der Betriebsanlage zu diesem Zeitpunkt bzw. zum Zeitpunkt des Eintritts in das Unternehmen im September 2016 bereits gegeben gewesen ist. Unter den gegebenen Umständen war daher sein Verschulden nur als fahrlässig einzustufen.

Hinsichtlich des Strafausspruches war Folgendes zu erwägen:

Gemäß § 19 Abs. 1 und 2 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Die gesetzlich geschützten Interessen sind durch das vom Beschwerdeführer zu vertretende Verhalten durchaus nicht unmaßgeblich beeinträchtigt worden, soll doch durch die einschlägigen Vorschriften der Gewerbeordnung sichergestellt werden, dass eine gewerberechtlich genehmigte Betriebsanlage nur konsensgemäß betrieben wird. Konkrete nachteilige Folgen des Verhaltens des Beschwerdeführers waren allerdings nicht feststellbar.

Bei der Strafbemessung war die bisherige Unbescholtenheit des Beschuldigten in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht als mildernd zu werten. Straferschwerungs-gründe liegen nicht vor. Der Beschuldigte hat zumindest fahrlässig gehandelt.

Ausgehend von diesen Strafzumessungsgründen und im Hinblick auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer erst wenige Wochen vor der Tatzeit die Funktion des gewerberechtlichen Geschäftsführers übernommen hat, findet das Verwaltungsgericht Niederösterreich, dass - auch unter Berücksichtigung durchschnittlicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse - mit einer niedrigeren Strafe das Auslangen gefunden werden kann. Es ist davon auszugehen, dass die nunmehr festgesetzte Strafe ausreicht, um einen konsensgemäßen Betrieb der in Rede stehenden Betriebsanlage zu veranlassen. Die nunmehr festgesetzte Strafe erscheint auch tat- und schuldangemessen.

Gemäß § 44 Abs. 3 Z 3 VwGVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da im angefochtenen Bescheid eine € 500,-- nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei des Verfahrens die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.

Die ordentliche Revision war im vorliegenden Fall nicht zuzulassen, da die Entscheidung nicht von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und auch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen gewesen ist.

Schlagworte

Gewerberecht; Verwaltungsstrafe; Betriebsanlage; Änderung; Genehmigungspflicht;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.S.1335.001.2017

Zuletzt aktualisiert am

02.11.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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