TE OGH 2018/6/19 1Ob104/18b

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Veröffentlicht am 19.06.2018
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** G*****, vertreten durch die Weh Rechtsanwalt GmbH, Bregenz, gegen die beklagte Partei L*****, vertreten durch Dr. Meinrad Einsle und andere Rechtsanwälte in Bregenz, wegen 250.000 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 24. April 2018, GZ 4 R 114/17x-93, mit dem das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 30. Juni 2017, GZ 9 Cg 45/14y-82, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Der Antrag auf Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens gemäß Art 89 Abs 2 iVm Art 140 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof wird zurückgewiesen.

2. Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Eine Prozesspartei hat nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs keinen verfahrensrechtlichen Anspruch, die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof durch das Gericht zu beantragen, sodass der entsprechende Antrag des Klägers zurückzuweisen ist (RIS-Justiz RS0056514).

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 1. 3. 2018, G 196/2017, die Behandlung des vom Kläger während des Berufungsverfahrens (gestützt auf Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B-VG) gestellten Antrags, § 1489 erster Satz ABGB als verfassungswidrig aufzuheben, ab.

Der Oberste Gerichtshof sieht sich nicht veranlasst, amtswegig ein Gesetzesprüfungsverfahren einzuleiten. Der vom Kläger angestrebten „Aufhebung der kurzen, in eventu auch der langen Verjährungsfrist im Amtshaftungsgesetz oder im ABGB wegen Unvereinbarkeit mit der Menschenrechtskonvention und der österreichischen Bundesverfassung sowie dem Rechtsstaatsprinzip“ ermangelt neben der konkreten Nennung einer Norm auch jegliche Darlegung, inwiefern eine Verfassungswidrigkeit vorliegen sollte.

2. Die (vom Kläger beantragte) Anberaumung einer mündlichen Revisionsverhandlung liegt gemäß § 509 Abs 2 ZPO im Ermessen des Obersten Gerichtshofs. Zur Abklärung der in der Revision angeschnittenen Frage der Sittenwidrigkeit des Verjährungseinwands bedarf es keiner mündlichen Verhandlung.

3. Die Verjährungseinrede verstößt dann gegen Treu und Glauben, wenn die Fristversäumnis des Berechtigten auf ein Verhalten seines Gegners zurückzuführen ist. Dazu zählt nicht nur ein aktives Vorgehen des Schuldners, das den Gläubiger geradezu abhält, der Verjährung durch fristgerechte Einklagung vorzubeugen, sondern auch ein Verhalten des Schuldners, aufgrund dessen der Gläubiger nach objektiven Maßstäben der Auffassung sein konnte, sein Anspruch werde entweder ohne Rechtsstreit befriedigt oder nur mit sachlichen Einwendungen bekämpft, sodass er aus diesen Gründen eine rechtzeitige Klagsführung unterlassen hat (RIS-Justiz RS0014838 [T5, T7, T11]; RS0034537 [T1, T4, T8, T9]).

Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Verjährungseinwand der Beklagten nicht sittenwidrig sei, hält sich im Rahmen der Rechtsprechung. Jedenfalls vertretbar entschied es, aus den Feststellungen würden sich keine Anhaltspunkte ergeben, dass sich die Beklagte gegenüber dem Kläger so verhalten hätte, dass er mit Recht annehmen habe dürfen, sie werde sich im Fall der Klagsführung nach Ablauf der Verjährungsfrist auf sachliche Einwendungen beschränken; die Beklagte hätte auch keine Handlungen gesetzt, die ihn dazu veranlasst haben könnten, seinen Anspruch nicht innerhalb der Verjährungsfrist einzuklagen. Der Kläger führt im Rechtsmittel kein Verhalten der Beklagten an, das ihr im Sinn der dargestellten Judikatur die Befugnis nehmen würde, von ihrem gesetzlich eingeräumten Recht (§ 1501 ABGB) sich auf die Verjährung zu berufen, Gebrauch zu machen. Für die Annahme des Revisionswerbers, bei bestimmten Schäden und bestimmten Schädigern sei der Verjährungseinwand stets sittenwidrig und damit unbeachtlich, bieten weder das Gesetz noch die Judikatur Anlass.

4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Textnummer

E122049

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0010OB00104.18B.0619.000

Im RIS seit

18.07.2018

Zuletzt aktualisiert am

18.07.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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