Entscheidungsdatum
16.05.2018Norm
BAO §1 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter Hofrat Mag. Hubmayr im Beschwerdeverfahren A GmbH, vertreten durch B Rechtsanwälte GmbH in ***, aufgrund des Vorlageantrages vom 1. Dezember 2017 gegen die Beschwerdevorentscheidung des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 31. Oktober 2017, GZ ***, über die Beschwerde vom 6. Oktober 2017 gegen den Abgabenbescheid des Bürgermeisters vom 5. September 2017, mit dem ein Interessentenbeitrag für das Jahr 2017 in der Höhe von € 1.900,- festgesetzt wurde, zu Recht:
1. Die Beschwerde wird abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.
2. Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§ 279 Bundesabgabenordnung - BAO
§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG
Entscheidungsgründe:
1. Sachverhalt und bisheriges Verfahren:
Mit Abgabenerklärung für den Interessentenbeitrag 2017 vom 16. Mai 2017 wurde seitens der A GmbH (in der Folge Beschwerdeführerin) als Berechnungsgrundlage ein Jahresumsatz in Höhe von € 1.252.616,43 für die Tätigkeit „Dienstleister“ bekannt gegeben.
Mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde *** vom 5. September 2017 wurde der Beschwerdeführerin ein Interessentenbeitrag für das Jahr 2017 in der Höhe von € 1.900,- vorgeschrieben. Begründend wurde dargelegt, dass sich die Berechnungsgrundlage aus dem bekannt gegebenen Umsatz vermindert um den Freibetrag von € 150.000,-, somit aus der Höchstbemessungsgrundlage von € 1.000.000,- ergebe. Von dieser Berechnungsgrundlage sei der Interessentenbeitrag 2017 für die Kategorie B mit 0,19 % (1,9 ‰) in der Höhe von € 1.900,- errechnet worden.
Mit Schreiben vom 6. Oktober 2017 erhob die Beschwerdeführerin durch ihre ausgewiesene Rechtsvertretung das Rechtsmittel der Beschwerde.
Die Zuordnung der ausgeübten Tätigkeit zum Tatbestand „Gastgewerbe in allen Betriebsformen“ sei zu Unrecht erfolgt. Die Beschwerdeführerin betreibe in *** eine reine Betriebskantine für Mitarbeiter der Unternehmen C GmbH und D GmbH. Es handle sich um Forschungsbetriebe aus der Pharmabranche ohne Anknüpfungspunkt zum Tourismus. Es würden ausschließlich Mitarbeiter der beiden Unternehmen verköstigt, externe Personen hätten keinen Zutritt. Die Beschwerdeführerin betreibe damit eine nicht öffentlich zugängliche Betriebskantine und übe weder in einer Verordnung gemäß § 13 Abs. 6 lit. b) NÖ Tourismusgesetz angeführte oder ähnliche Tätigkeit aus und noch ziehe sie aus dem Tourismus in *** irgend einen Nutzen. Der Tatbestand des § 13 Abs. 4 NÖ Tourismusgesetz sei daher nicht erfüllt und der bekämpfte Bescheid somit rechtswidrig. Die Gebührenbemessung, insbesondere Zuordnung zur Ortsklasse I sei nicht nachvollziehbar. Die gegenständliche Werkskantine sei mit herkömmlichen Gastgewerbebetrieben nicht vergleichbar, eine Gleichstellung stelle eine unsachliche Gleichbehandlung im Widerspruch zum Gleichheitssatz dar. Beantragt wurde die Aufhebung des Abgabenbescheides, weiters wurde die Beantragung eines Gesetzesprüfungsverfahrens beim Verfassungsgerichtshof angeregt.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 31. Oktober 2017, GZ ***, wurde diese Beschwerde vom Bürgermeister der Marktgemeinde *** als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin am Standort *** die Tätigkeit „Gastgewerbe in allen Betriebsarten“ ausübe. Aufgrund der gesetzlich geregelten Nutzenfiktion sei die Beschwerdeführerin als Tourismusinteressent abgabepflichtig. Gemäß § 1 der Verordnung über die Gliederung der Gemeinden in Ortsklassen gehöre die Gemeinde *** der Ortsklasse I an, der Interessentenbeitrag sei daher mit 1,9 ‰ des steuerbaren Umsatzes des zweitvorangegangen Jahres zu berechnen, als Bemessungsgrundlage sei von der Beschwerdeführerin ein Umsatz von € 1.252.616,43 gemeldet worden, weshalb die Höchstbemessungsgrundlage von € 1.000.000,- zu berücksichtigen sei.
Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom 1. Dezember 2017, in welchem im Wesentlichen das Beschwerdevorbringen wiederholt wird.
Es komme nicht darauf an, welches Gewerbe formal angemeldet sei, sondern welches Gewerbe tatsächlich ausgeübt werde. Es bestehe eine reine Betriebskantine zur ausschließlichen Verpflegung von Mitarbeitern der Firmen C und D.
Es liege für die Beschwerdeführerin kein Nutzen aus dem Tourismus vor. Die Zuordnung der Gemeinde *** zur Ortsklasse I sei ebenso wie die Zuordnung der Beschwerdeführerin zur Abgabengruppe B unsachlich und willkürlich.
Die Anregung zur Beantragung der Aufhebung der §§ 13 und 17 des NÖ Tourismusgesetz beim Verfassungsgerichtshof werde um § 1 der Verordnung über die Gliederung der Gemeinden in Ortsklassen erweitert.
Mit Schreiben vom 5. Dezember 2017 legte der Bürgermeister der Marktgemeinde *** dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vor.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in die dem Verwaltungsgericht vorliegenden Akten der Abgabenbehörde.
2. Feststellungen:
Festgestellt wird, dass die Beschwerdeführerin im Jahr 2017 an einem Standort in *** (***, ***) das Gewerbe „Gastgewerbe in der Betriebsart einer Kantine“ ausgeübt hat.
Entsprechend dem Beschwerdevorbringen wurden ausschließlich Mitarbeiter der Unternehmen C GmbH und D GmbH verköstigt.
Entsprechend den Angaben der Beschwerdeführerin wurde aus dieser Tätigkeit ein Jahresumsatz von € 1.252.616,43 erzielt.
3. Anzuwendende Rechtsvorschriften:
3.1. Bundesabgabenordnung (BAO):
§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.
§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden. …
§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.
(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.
3.2. NÖ Tourismusgesetz 2010, LGBl. 7400, idF LGBl. 93/2016:
Gliederung der Gemeinden
§ 3. (1) Ortsklassen
Die Gemeinden des Landes Niederösterreich werden durch Verordnung der Landesregierung nach ihrer Tourismusbedeutung wie folgt gegliedert:
* Gemeinden der Ortsklasse I
* Gemeinden der Ortsklasse II
* Gemeinden der Ortsklasse III
Interessentenbeiträge
§ 13. (1) Abgabenform
Der Interessentenbeitrag ist eine gemeinschaftliche Landesabgabe. Die Einhebung dieser Abgabe besorgen die Gemeinden im übertragenen Wirkungsbereich.
(2) Aufteilung der Abgabenerträge
95 % der Einnahmen aus dem Interessentenbeitrag gebühren der Gemeinde und 5 % des Abgabenertrages sind für das Land Niederösterreich vorgesehen.
(3) Zweckwidmung
a) Die Ertragsanteile der Gemeinde aus dem Interessentenbeitrag sind zur Weiterentwicklung und Förderung des Tourismus zu verwenden. Hierüber ist die Gemeindebevölkerung gemäß § 9 lit.d) einmal jährlich in schriftlicher Form zu informieren. Dem Tourismusverband und der regionalen Tourismusdestination ist auf Verlangen Auskunft zu erteilen.
b) Die Ertragsanteile des Landes Niederösterreich aus dem Interessentenbeitrag sind für Maßnahmen zur Weiterentwicklung, Förderung und Vermarktung des landesweiten und des regionalen Tourismus zur Verfügung zu stellen.
(4) Abgabenpflicht
a) Tourismusinteressenten und damit beitragspflichtig sind alle natürlichen Personen, juristischen Personen, Personengesellschaften des Unternehmensrechtes, vergleichbare rechtsfähige Gesellschaftsformen, Erwerbsgesellschaften des bürgerlichen Rechtes sowie Personenvereinigungen, welche
aa) in Niederösterreich eine oder mehrere, in Abgabengruppen einer Verordnung gemäß Abs. 6 lit. b) angeführte oder ähnliche Tätigkeiten selbständig ausüben, sowie
ab) zu Zwecken der Erwerbstätigkeit bzw. Vermietung oder Verpachtung in einer niederösterreichischen Gemeinde der Ortsklasse I, II und III einen Standort haben:
- bei Erwerbstätigkeiten mit festem Standort:
einen Sitz im Sinne des § 27 oder eine Betriebsstätte im Sinne des § 29 der Bundesabgabenordnung,
- bei Erwerbstätigkeiten ohne festem Standort:
einen Wohnsitz gemäß § 26 Bundesabgabenordnung, oder
- bei Vermietungen oder Verpachtungen:
einen Standort des in Bestand gegebenen Objektes.
In Gemeinden der Ortsklasse III sind nur die in den Abgabengruppen A und B angeführten Tätigkeiten abgabenpflichtig.
b) Wird von einem selbständig Erwerbstätigen eine oder mehrere der in den Abgabengruppen der Abgabengruppenordnung gem. Abs. 6 lit. b) aufgezählte oder eine ähnliche Tätigkeit ausgeübt, so wird ein mittelbarer oder unmittelbarer Nutzen aus dem Tourismus gezogen.
c) Werden mehrere die Abgabenpflicht gemäß Abs. 4 lit.a) auslösende Tätigkeiten ausgeübt, so ist der Interessentenbeitrag für jede dieser Tätigkeiten getrennt nach der jeweiligen Abgabengruppe und dem jeweiligen Anteil am Gesamtumsatz zu berechnen, jedoch in einem Gesamtbetrag zu entrichten.
d) Die Tourismusinteressenten haben für jedes Kalenderjahr bzw. abweichende Wirtschaftsjahr (Beitragszeitraum) Interessenbeiträge zu entrichten.
e) Der Abgabenanspruch entsteht mit dem Beginn des Kalenderjahres beziehungsweise zu Beginn des abweichenden Wirtschaftsjahres, für das der Interessentenbeitrag erhoben werden soll. Der Zeitpunkt der Festsetzung und der Fälligkeit des Interessentenbeitrages ist ohne Einfluss auf die Entstehung des Abgabenanspruches.
(5) Standortbezogener Interessentenbeitrag
a) Der Interessentenbeitrag ist für jene Gemeinde zu entrichten, innerhalb deren Gebiet der jeweilige Standort des Tourismusinteressenten (gemäß Abs. 4 lit.ab)) gelegen ist.
b) Ist der Tourismusinteressent in mehreren Gemeinden abgabepflichtig, so ist der Interessentenbeitrag für jede Gemeinde getrennt zu berechnen und zu entrichten. Lässt sich der für die einzelnen Gemeinden von der jeweiligen Gemeinde als Berechnungsgrundlage heranzuziehende Umsatz nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand feststellen, ist der Umsatz auf die einzelnen Gemeinden, in denen sich Standorte befinden, wie folgt aufzuteilen:
- Umsatzzuordnung nach dem Verhältnis der Löhne und Gehälter der Dienstnehmer in den einzelnen Standorten oder
- Umsatzzuordnung nach dem Verhältnis der Löhne und Gehälter der tätigen Inhaber bzw. familieneigenen Arbeitskräfte, sofern keine Dienstnehmer beschäftigt sind.
c) Lit.b gilt sinngemäß, wenn ein Tourismusinteressent in einer oder mehreren Gemeinden und in anderen Bundesländern Standorte unterhält.
(6) Abgabengruppen
a) Zur Berechnung der Interessentenbeiträge werden die Tätigkeiten gemäß Abs. 4 lit.a) sublit.aa) der Tourismusinteressenten in die Abgabengruppen
A bis D eingeteilt.
b) Die Auflistung und die Einreihung der einzelnen Tätigkeiten in Abgabengruppen hat die Landesregierung durch Verordnung vorzunehmen (Abgabengruppenordnung). Für die Auflistung ist der jeweilige mittelbare oder unmittelbare Nutzen für die einzelne Tätigkeit aus dem Tourismus zu berücksichtigen. Für die Einreihung ist das Verhältnis des von der einzelnen Tätigkeit nach allgemeinen wirtschaftlichen Erfahrungen aus dem Tourismus mittelbar und unmittelbar erzielten Nutzens zum entsprechenden Gesamtnutzen unter Beachtung der branchentypischen Umsatzstruktur maßgebend.
(7) Abgabenberechnung
a) Berechnungsgrundlage:
Unter beitragspflichtigem Jahresumsatz ist, soweit nachstehend nichts anderes bestimmt ist, die Summe der im zweit vorangegangenen Veranlagungsjahr erzielten steuerbaren Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1994 zu verstehen. Davon sind folgende Umsätze befreit:
aa) Umsätze im Sinne des § 6 Abs. 1 Z. 1 bis 7, 12 und 24 des Umsatzsteuergesetz 1994 sowie Umsätze im Sinne der Binnenmarktregelung gemäß dem Anhang zu § 29 Abs. 8 Umsatzsteuergesetz 1994 (Binnenmarktregelung).
ab) Umsätze aus der Dauervermietung von Wohnungen oder Teilen von Wohnungen, soweit es sich nicht um Ferienwohnungen handelt, Umsätze aus der Verwaltung von geförderten Wohnungen sowie aus der Verpachtung von Grundstücken für land- und forstwirtschaftliche Zwecke. Dauervermietung liegt vor, wenn die Vermietung an dieselbe Person mindestens durch zwei Monate erfolgt und beim Mieter ein ständiger Wohnbedarf gedeckt wird.
ac) Umsätze aus Leistungen der Kranken- und Pflegeanstalten, Sanatorien und Ambulatorien gemäß NÖ Krankenanstaltengesetz, LGBl. 9440, öffentlichen Altenheime, öffentlichen Behindertenheime, öffentlichen Kindergärten, öffentlichen Kinder- und Jugendheime.
ad) Umsätze von nicht auf Gewinn gerichteten Betrieben und Einrichtungen der Gebietskörperschaften, sofern kein Überschuss, sondern höchstens Kostendeckung angestrebt wird.
ae) Umsätze aus der Veräußerung eines Unternehmens oder eines in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführten Betriebes im ganzen (§ 4 Abs. 7 des Umsatzsteuergesetzes 1994) sowie der Verkauf von Anlagevermögen.
af) Umsätze aus Lieferungen an einen Ort außerhalb des Landes Niederösterreich und Umsätze aus sonstigen Leistungen (§ 3a Umsatzsteuergesetz 1994), soweit sie nicht ausschließlich oder überwiegend in Niederösterreich erbracht wurden.
Tourismusinteressenten, die eine Ausnahmeregelung betreffend die Berechnungsgrundlage in Anspruch nehmen, müssen entsprechende Nachweise erbringen.
Wählt ein Tourismusinteressent ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr als umsatzsteuerlichen Veranlagungszeitraum, so ist maßgebende Berechnungsgrundlage die Summe der Umsätze, die im zweit vorangegangenen, 12 Monate umfassenden Veranlagungszeitraum, erzielt worden sind. Hinsichtlich dieser Regelung und der Übergänge vom Kalenderjahr auf das abweichende Wirtschaftsjahr und umgekehrt gelten die Vorschriften des § 20 Abs. 3 Umsatzsteuergesetz 1994.
b) Freibetrag, Bagatellgrenze
ba) Bei der Berechnung der Interessentenbeiträge gemäß Abs. 7 lit.a) bleibt ein Freibetrag von € 150.000,– außer Ansatz. Werden mehrere die Abgabenpflicht auslösende Tätigkeiten gemäß Abs. 4 lit.a) sublit aa) ausgeübt, so kommt der Freibetrag im Verhältnis der in den einzelnen Tätigkeiten erzielten Umsätze zur Anwendung.
bb) Interessentenbeiträge, die € 10, unterschreiten, sind nicht vorzuschreiben.
c) Höchstberechnungsgrundlage
Die Interessentenbeiträge sind mit jenem Betrag begrenzt, der sich bei Anwendung des jeweiligen Promillesatzes auf einen Jahresumsatz von € 1.000.000,– ergibt. Werden mehrere die Abgabenpflicht auslösende Tätigkeiten gemäß Abs. 4 lit.a) sublit.aa) ausgeübt, so kommt die Höchstberechnungsgrundlage im Verhältnis der in den einzelnen Tätigkeiten erzielten Umsätze zur Anwendung.
d) Abgabensatz
Die Höhe des Interessentenbeitrages beträgt unter Berücksichtigung der für den Tourismusinteressenten zutreffenden Abgabengruppe und der Ortsklasse, in der jene Gemeinde eingestuft ist, in der die Abgabenpflicht des Tourismusinteressenten besteht, den nachstehenden Promillesatz des beitragspflichtigen Umsatzes:
Gemeinde Ortsklasse I
Ortsklasse II
Ortsklasse III
Abgabengruppe A
2,30 ‰
1,90 ‰
1,50 ‰
Abgabengruppe B
1,90 ‰
1,50 ‰
1,10 ‰
Abgabengruppe C
1,50 ‰
1,10 ‰
0,00 ‰
Abgabengruppe D
1,10 ‰
0,70 ‰
0,00 ‰
Soweit in dieser Tabelle der Promillesatz mit 0,00 ‰ festgelegt ist, ist kein Interessentenbeitrag zu entrichten.
…
(13) Abgabenerklärung, Aufzeichnungen
a) Jeder Tourismusinteressent hat bis 31. Mai eines jeden Jahres der Gemeinde eine Abgabenerklärung über den für die Abgabenberechnung nach den vorstehenden Bestimmungen maßgebenden Umsatz und den sich danach ergebenden Interessentenbeitrag abzugeben. Die Abgabenerklärung ist unter Verwendung eines von der Gemeinde aufzulegenden Formulars abzugeben.
b) Kommt für die Ermittlung der Berechnungsgrundlage ein Umsatzsteuerbescheid nicht in Betracht, so sind Angaben auf Grund von Aufzeichnungen in die Erklärung aufzunehmen. Solche Aufzeichnungen sind so zu führen, dass die Richtigkeit der Angaben glaubhaft gemacht werden kann.
c) Auf Verlangen der Abgabenbehörde hat der Abgabenpflichtige den für die Abgabenberechnung maßgebenden Umsatzsteuerbescheid im Original bzw. in Ablichtung oder sonstige Unterlagen und Aufzeichnungen, denen bei der Abgabenberechnung Bedeutung zukommt, vorzulegen.
d) Die Abgabenerklärung als auch sonstige Unterlagen und Aufzeichnungen stellen eine Abgabenerklärung im Sinne der Bundesabgabenordnung dar.
(14) Abgabenleistung
a) Der Tourismusinteressent hat den Interessentenbeitrag binnen 15 Tagen ab Einlangen des Bescheides an die Gemeinde ohne weitere Aufforderung zu leisten.
b) Die Gemeinden haben für jedes Kalendervierteljahr jeweils bis zum 15. der Monate Februar, Mai, August und November eines jeden Jahres den eingehobenen Anteil des Landes am Abgabenertrag der Interessentenbeiträge gemäß Abs. 2 an das Amt der NÖ Landesregierung abzuführen.
(15) Mitwirkung der Gemeinde
Die Überprüfung der Abgabenerklärungen sowie die Einhebung sowie Einbringung der Interessentenbeiträge obliegt den Gemeinden im übertragenen Wirkungsbereich. Die Gemeinden sind ferner verpflichtet bei der Ermittlung der für die Beitragspflicht und Beitragshöhe maßgebenden Umstände unentgeltlich mitzuwirken.
…
(17) Mitwirkung anderer Behörden
a) Die Gewerbebehörden haben Auskunft über die in Betracht kommenden bekannten Gewerbeberechtigungs- und Betriebsverhältnisse zu geben.
b) Die für die Festsetzung der Umsatzsteuer zuständigen Abgabenbehörden haben den für die Festsetzung des Interessentenbeitrages zuständigen Abgabenbehörden über deren Ersuchen die zur Erfassung der Tourismusinteressenten erforderlichen Auskünfte zu geben, und zwar über das für die Umsatzsteuer zuständige Finanzamt, die Steuernummer, die Namen und die Anschrift des Betriebes, einen Berufshinweis sowie über Details betreffend die Jahresumsätze. Die Abgabenbehörden werden ermächtigt, zu diesem Zweck Listen der Abgabenpflichtigen, insbesondere auch über Neuzugänge und Abgänge, mittels maschinell lesbarer Datenträger auszutauschen.
Wirkungsbereich, Abgabenbehörden, Verweisungen
§ 15. (1) Wirkungsbereich
Die nach diesem Gesetz den Gemeinden zukommenden Aufgaben gemäß § 12 und § 13 sind solche des übertragenen Wirkungsbereiches.
(2) Abgabenbehörden
a) Die Abgabenbehörde im Sinne der §§ 12 und 13 ist der Bürgermeister.
b) Die Abgabenbehörden haben bei der Einhebung der Nächtigungstaxen und des Interessentenbeitrages die für Landesabgaben geltenden Bestimmungen der Bundesabgabenordnung anzuwenden.
(…)
Übergangs- und Schlussbestimmungen
§ 17. (1) Dieses Gesetz tritt am 1. Jänner 2011 in Kraft.
(2) Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes tritt das NÖ Tourismusgesetz 1991, LGBl. 7400–5, außer Kraft.
(3) Verordnungen aufgrund dieses Gesetzes können bereits von dem seiner Kundmachung folgenden Tag an erlassen werden. Diese Verordnungen dürfen frühestens gleichzeitig mit diesem Gesetz in Kraft treten.
(4) Die Verordnung über die Gliederung der Gemeinden in Ortsklassen (nach ihrer Tourismusbedeutung), LGBl. 7400/1–16 gilt als Verordnung gemäß § 3 Abs. 1 dieses Gesetzes.
(5) Bis zur Erlassung einer Verordnung der Landesregierung gemäß § 13 Abs. 6 lit.b) dieses Gesetzes gilt der Anhang zum Niederösterreichischen Tourismusgesetz 1991, LGBl. 7400–5, als Auflistung und Einreichung der einzelnen Tätigkeiten gemäß § 13 Abs. 4 lit.a sublit.aa).
…
(11) Der Eintrag zu § 12a im Inhaltsverzeichnis, § 12 Abs. 4 lit. b), § 12a, § 13 Abs. 4 lit. a) und b) sowie § 16 in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 93/2016 treten am 1. Jänner 2017 in Kraft. § 12a ist auch für die vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens erfolgten Registrierungen mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Meldung binnen zwei Wochen nach Inkrafttreten dieser Bestimmung vorzunehmen ist.
3.3. NÖ Tourismusgesetz 1991 idF LGBl. 7400-5 – Anhang
B
…
Gastgewerbe in allen Betriebsformen
…
4. Würdigung:
4.1. Zu Spruchpunkt 1:
Nach den Bestimmungen des Tourismusgesetzes 2010 sind zur Förderung und Pflege des Tourismus zweckgebundene Tourismusabgaben (Nächtigungstaxen und Interessentenbeiträge) zu entrichten.
Gemäß § 4 Abs. 1 Bundesabgabenordnung entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.
Gemäß § 13 Abs. 4 NÖ Tourismusgesetz 2010 wird die Abgabenpflicht in Niederösterreich durch die selbständige Ausübung einer oder mehrerer in einer Verordnung gemäß Abs. 6 lit. b) in Abgabengruppen angeführte oder ähnliche Tätigkeiten ausgelöst.
Gemäß § 17 Abs. 5 NÖ Tourismusgesetz 2010 gilt bis zur Erlassung einer Verordnung der Landesregierung gemäß § 13 Abs. 6 lit. b) dieses Gesetzes der Anhang zum Niederösterreichischen Tourismusgesetz 1991, LGBl. 7400–5, als Auflistung und Einreichung der einzelnen Tätigkeiten gemäß § 13 Abs. 4 lit. a sublit. aa). Dort ist in der Gruppe B die Tätigkeit „Gastgewerbe in allen Betriebsformen“ angeführt. Von der Beschwerdeführerin wurde im Jahr 2017 am Standort in *** das Gewerbe „Gastgewerbe in der Betriebsart einer Kantine“ ausgeübt.
Auch entsprechend der in der Beschwerde näher beschriebenen Tätigkeit als Betriebskantine wird dementsprechend eine Tätigkeit als Gastgewerbe ausgeübt.
Aufgrund der im Tourismusgesetz verankerten unwiderleglichen Fiktion, dass Nutzen aus dem Tourismus gezogen wird (§ 13 Abs. 4 lit. b NÖ Tourismusgesetz 2010 idF LGBl.Nr. 93/2016), ist der Kreis der Abgabepflichtigen nicht auf die Tourismusbetriebe im engeren Sinne beschränkt, sondern schließt auch Wirtschaftsbetriebe mit ein, die – obwohl ihre Tätigkeit nicht unmittelbar auf den Tourismus abgestimmt ist – gleichfalls vom Tourismus positiv betroffen sind. Ein erhöhtes Maß an Tourismus beeinflusst erwiesenermaßen die gesamte wirtschaftliche Entwicklung einer Gemeinde, einer Destination oder eines Bundeslandes.
Wie sich aus dem oben wiedergegebenen, klaren Wortlaut des Gesetzes ergibt, stellt das Gesetz dadurch, dass die Tätigkeiten, bei denen "aus dem Tourismus mittelbar oder unmittelbar ein Nutzen" gezogen wird, im Anhang ausdrücklich genannt sind, eine diesbezügliche Nutzenfiktion auf. Darauf, ob etwa im Einzelfall derjenige, der eine der im Anhang aufgezählten Tätigkeiten ausübt, aus dem Tourismus tatsächlich keinen Nutzen zieht, kommt es nach dem Gesetz nicht an.
Die Abgabenbehörde ist der Prüfung eines aus dem Tourismus mittelbar oder unmittelbar gezogenen einen Nutzens im Sinne des § 13 Abs. 4 NÖ Tourismusgesetz 2010 schon deshalb enthoben ist, weil die Tätigkeit der Beschwerdeführerin in der Abgabengruppenordnung ausdrücklich genannt ist (vgl. VwGH 25.7.1990, 87/17/0346).
Ein Freibeweisen des einzelnen Abgabepflichtigen, dass dieser keinen Nutzen aus dem Tourismus zieht, ist daher nicht möglich, wenn eine Tätigkeit ausgeübt wird, die in einer Abgabengruppe ausdrücklich genannt ist oder ihr ähnlich ist (vgl. VwGH vom 26.11.1993, 93/17/0303 und vom 11.2.1994, 93/17/0305).
Der Einwand, es werde keinerlei Nutzen aus dem Tourismus gezogen, geht daher ins Leere. Die Frage, ob der einzelne Interessent durch eine ausdrücklich in der Abgabengruppenordnung genannte Tätigkeit tatsächlich unmittelbar oder mittelbar einen Nutzen aus dem Tourismus zieht, stellt sich nicht. Es ist für das Wirtschaftsleben keineswegs charakteristisch, sondern eher atypisch, dass ein Unternehmer aus dem Tourismus keinen Nutzen zieht.
Ob die erzielten Umsätze unmittelbar fremdenverkehrsorientiert sind, d.h. „mit Touristen“ oder allenfalls betriebsfremden Kantinengästen erzielt wurden, was nach Ansicht der Beschwerdeführerin erforderlich sei, ist dementsprechend auch nicht entscheidend. Auch wenn (unbestritten) ausschließlich eine nicht öffentliche Betriebskantine betrieben wird, so ändert dies nichts an der Abgabenpflicht.
Der genannten Abgabengruppenordnung lässt sich entnehmen, dass die Tätigkeit „Gastgewerbe in allen Betriebsformen“ zur Abgabengruppe B zu zählen ist und ist die Beschwerdeführerin daher aufgrund der unwiderleglichen Nutzenfiktion des § 13 Abs. 4 lit. b des NÖ Tourismusgesetzes 2010 als Tourismusinteressent abgabepflichtig im Sinne des NÖ Tourismusgesetz 2010.
Die Abgabenhöhe richtet sich nach der Einreihung der Gemeinde in Ortsklassen und der Einreihung des Unternehmens in der Abgabengruppenordnung richtet.
Gemäß § 1 der Verordnung über die Gliederung der Gemeinden in Ortsklassen, LBGl. 7400/1 idF LGBl. 92/2015, gehört die Marktgemeinde *** zu den Gemeinden der Ortsklasse I und ist der Interessentenbeitrag 2017 mit 1,9 ‰ gerechnet vom steuerbaren Umsatz des Jahres 2015 zu berechnen.
Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Interessentenbeitrages ist der im zweitvorangegangenen Jahr erzielte steuerbare Jahresumsatz (im gegenständlichen Fall aus dem Jahre 2015). Dieser wurde von der Beschwerdeführerin selbst mit € 1.252.616,43 angegeben. Das Ausmaß dieser Berechnungsgrundlage wurde im gesamten Verfahren nicht in Zweifel gezogen. Das Vorliegen von Ausnahmen von der Berechnungsgrundlage wurde nicht behauptet. Die Berechnung des Interessentenbeitrages 2017 im angefochtenen Bescheid war daher weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden.
Soweit in Beschwerde bzw. Vorlageantrag angeregt wird, das Landesverwaltungsgericht möge beim Verfassungsgerichtshof Normprüfungsanträge stellen, so wird festgestellt, dass die geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken vom Landesverwaltungsgericht nicht geteilt werden.
Gerade für Abgabenvorschriften sind typisierende bzw. pauschalierende Betrachtungsweisen aus verfahrensökonomischen Gründen durchaus üblich und können selbst im Hinblick auf allfällige Härten eines Einzelfalles dennoch keine Unbilligkeit, d.h. Gleichheitswidrigkeit, der entsprechenden Regelung begründen.
Eine derartige, aus Gründen der Verwaltungsökonomie zweckmäßige, vielfach sogar unerlässliche Durchschnittsbetrachtung rechtfertigt auch die Außerachtlassung atypischer Fälle (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 1973, Slg. 7082, und die dort angegebenen weiteren Judikaturhinweise), sodass das Landesverwaltungsgericht keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der sich so darstellenden Rechtslage im Hinblick auf das auch den Gesetzgeber bindende Gleichheitsgebot hegt.
Im Übrigen ist die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes bzw. der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung ausschließlich dem Verfassungsgerichtshof vorbehalten. Die Abgabenbehörde wie auch das Landesverwaltungsgericht sind zufolge des verfassungsrechtlichen Legalitätsprinzips an die bestehenden Gesetze und Verordnungen gebunden.
Es war spruchgemäß zu entscheiden.
Diese Entscheidung konnte gemäß § 274 Abs.1 BAO unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt. Auch aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.
4.2. Zu Spruchpunkt 2:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Hinblick auf die obigen Ausführungen liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.
Schlagworte
Finanzrecht; Tourismusabgabe; Interessentenbeitrag; Abgabepflicht; Beschwerdevorentscheidung; Vorlageantrag;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.1253.001.2017Zuletzt aktualisiert am
17.07.2018