TE Lvwg Erkenntnis 2018/5/18 LVwG-AV-556/003-2014

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Veröffentlicht am 18.05.2018
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Entscheidungsdatum

18.05.2018

Norm

BAO §1
BAO §2a
BAO §4 Abs1
GdwasserleitungsG NÖ 1978 §6 Abs1
GdwasserleitungsG NÖ 1978 §6 Abs2
GdwasserleitungsG NÖ 1978 §6 Abs3
GdwasserleitungsG NÖ 1978 §6 Abs4
GdwasserleitungsG NÖ 1978 §7
GdwasserleitungsG NÖ 1978 §13 Abs1
GdwasserleitungsG NÖ 1978 §15 Abs2
GdwasserleitungsG NÖ 1978 §15 Abs6

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Hofrat Mag. Röper als Einzelrichter über die Beschwerde der A GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt B, ***, ***, vom 7. Oktober 2014 gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 27. August 2014, Zl. ***, mit welchem der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Abgabenbescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde *** vom 5. Februar 2013, Zl. ***, betreffend Vorschreibung einer Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe insofern Folge gegeben worden war, als der Spruch des angefochtenen Bescheides abgeändert wurde, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) Folge gegeben und der Spruch des angefochtenen Bescheides dahingehend abgeändert, dass es wie folgt zu lauten hat:
Der Berufung A GmbH wird teilweise stattgegeben und der Spruch des angefochtenen Bescheides dahingehend abgeändert, als gemäß § 7 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetzgesetz 1977, LGBl. 6930-7, und der geltenden Wasserabgabenordnung der Stadtgemeinde *** unter Zugrundelegung einer Differenz-Berechnungsfläche von 5.789,18 m² und eines Einheitssatzes von € 13,- eine Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlußabgabe in der Höhe von € 82.785,27 (inkl. 10 % Umsatzsteuer) vorgeschrieben wird.

2.   Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.       Sachverhalt:

1.1. Verwaltungsbehördliches verfahren:

1.1.1.

Mit Schreiben 18. Juli 2008 vom suchte die A GmbH (in der Folge: Beschwerdeführerin) um die baubehördliche Bewilligung für eine Geländeveränderung und die Errichtung einer Wohnhausanlage mit insgesamt 32 Wohneinheiten und ein Geschäftslokal (Gastronomie), sowie Tiefgarage in ***, ***, auf den Grundstücken Nr. ***, *** (EZ ***, KG ***) an. Im Rahmen der dem Ansuchen beigefügten Einreichpläne vom 18. Juli 2008 wurde im Bereich der geplanten Tiefgarage diese unterhalb des neuen zu bewilligenden Niveaus (Höhenkoten von 189,2 bis 191,0) situiert, während die Wohnungen im unmittelbar anschließenden unterster Geschoß der Wohnblöcke B und C über Niveau gelegen sein sollten:

[Abweichend vom Original – Bild nicht wiedergegeben]

„(Quelle Einreichplan der Beschwerdeführerin vom 18. Juli 2008)“

1.1.2.

Mit Bescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde *** vom 1. Dezember 2008, GZ ***, wurde der Beschwerdeführerin in Spruchpunkt I. die baubehördliche Bewilligung für die Geländeveränderung und die Errichtung einer Wohnhausanlage mit insgesamt 32 Wohneinheiten und ein Geschäftslokal (Gastronomie), sowie Tiefgarage in ***, ***, auf den Grundstücken Nr. ***, *** (EZ ***, KG ***) erteilt.

1.2. Abgabenbehördliches Verfahren:

1.2.1.

Mit Bescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde *** vom
6. Oktober 2010, Zl. ***, wurde der Beschwerdeführerin eine Wasseranschlussabgabe in Höhe von € 944,36 (inkl. 10% USt.) für die gegenständliche Liegenschaft – unter Zugrundelegung einer Berechnungsfläche von 75 m² (i.e. der Anteil der unbebauten Fläche) vorgeschrieben.

1.2.2

Mit Abgabenbescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde *** vom 5. Februar 2013, Zl. *** wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 7 des NÖ Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978 und der geltenden Wasserabgabenordnung der Stadtgemeinde *** aus Anlass der durchgeführten Veränderung auf der in ihrem Eigentum befindlichen Liegenschaft mit der Anschrift *** (Grundstück Nr. ***, KG ***, EZ ***), ***, unter Zugrundelegung einer Berechnungsfläche von 7.890,22 m² eine Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe im Betrag von € 111.757,65 (inklusive Umsatzsteuer) vorgeschrieben.

1.2.3.

Mit Schreiben vom 7. März 2013 erhob die Beschwerdeführerin durch ihren ausgewiesenen Vertreter rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung und begründete diese im Wesentlichen mit der Fehlerhaftigkeit der Ermittlung der Berechnungsfläche, da die Berechnungsfläche richtigerweise nur 4.602,97 m² betrage, was eine Ergänzungsabgabe von lediglich € 65.822,47 (inkl. USt.) ergeben würde. Weiters sei zu berücksichtigen, dass auf der gegenständlichen Liegenschaft vor Errichtung der derzeitig bestehenden Baulichkeiten ein Einfamilienhaus und einige Wirtschaftsgebäude vorhanden gewesen wären und daher hinsichtlich der Berechnung der Ergänzungsabgabe nicht von einer unbebauten Liegenschaft ausgegangen werden könne.

1.2.4.

In der Folge wurden seitens des Stadtamtes zwei Gutachten eingeholt, wobei nach dem Gutachten des C die Frage, wie weit flächenmäßig das Garagengeschoß des Bauteiles A als oberirdisch zu betrachten sei, ausgeführt wird, dass eine Fläche von 727,96 m² mehr als einen Meter über der Geländeoberfläche gelegen sei und dass lediglich eine Fläche von 13,83 % unter der Geländeoberfläche situiert sei. In einer Gutachtensergänzung vom 10. Juni 2014 wird dargelegt, dass das Garagengeschoß des Bauteiles A als oberirdisch zu betrachten sei, da die Außenmauern Großteils über der Geländeoberfläche gelegen wären.

1.2.5.

Mit Abgabenbescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 27. August 2014, Zl. ***, wurde der Berufung der Beschwerdeführerin insofern Folge gegeben, als der Spruch des angefochtenen Bescheides dahingehend abgeändert wurde, dass gemäß § 7 NÖ Gemeindewasserleitungs-gesetz 1978 und der Wasserabgabenordnung der Stadtgemeinde *** wegen einer Änderung der Berechnungsfläche auf der die Liegenschaft in ***, ***, auf dem Grundstück Nr. ***, EZ ***, KG ***, eine Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe von € 110.254,85 (inkl. USt.) vorgeschrieben wurde. Begründend wird nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens und der als maßgeblich erachteten Rechtsvorschriften ausgeführt, dass die bebaute Fläche gemäß § 6 Abs. 4 Z 1 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 jener Teil der Liegenschaft sei, der von den äußersten Begrenzungen des Grundrisses einer über das Gelände hinausragenden Baulichkeit verdeckt werde. Die Fertigstellungsanzeige sei für alle Bauteile vollständig am 22. Juni 2012 eingereicht worden. Vom Stadtamt sei die Fertigstellungsanzeige für die Bauteile A, B und C zur Kenntnis genommen worden. Für den Bauteil D sei noch keine Kenntnisnahme der Fertigstellungsanzeige durch die Baubehörde erfolgt, da dieser Bauteil mit einem Erker ausgeführt worden wäre, welcher entgegen dem ursprünglich bewilligten Bauansuchen nicht von der Baubewilligung erfasst sei. Da in diesem Zusammenhang noch ein Verfahren vor dem VwGH anhängig sei, wäre vorerst nur die Fertigstellung für die Bauteile A, B und C zur Kenntnis genommen worden. Hinsichtlich der Fertigstellungsanzeige für den Bauteil D sei auszuführen, dass auch für diesen Bauteil eine Fertigstellungsanzeige insoweit vorliege, als davon der bewilligte Bau (ohne Erker) betroffen sei. Da alle nötigen Unterlagen für die Fertigstellungsanzeige für die gemäß dem Bescheid vom 8. Februar 2011, Zl. ***, erteilte Bewilligung vorlägen, wäre richtigerweise auch für den Bauteil D die Ergänzungsabgabe für die von der Baubewilligung erfasste Berechnungsfläche vorzuschreiben gewesen, da der tatsächliche Zustand ausschlaggebend sei. Die Berechnungsfläche für die Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe sei von der I. Instanz somit zu niedrig angesetzt worden, da der Bauteil D überhaupt nicht in die Berechnungsfläche miteinbezogen worden wäre. Da im Berufungsverfahren kein Verschlechterungsverbot bestehe, habe die Berechnungsfläche richtiggestellt werden können, indem auch die Fläche von Bauteil D berücksichtigt werde. Zu prüfen sei in diesem Zusammenhang gewesen, ob ein einheitliches Gebäude vorliege oder eigenständige Gebäude bzw. gegebenenfalls Gebäudeteile. Was den Bauteil D betreffe, so liege hier im Verhältnis zu den übrigen Bauteilen ein eigenständiges Gebäude vor, da keine funktionelle Einheit des Bauteils D mit den anderen Bauteilen vorliege. Ein einheitliches Gebäude sei anzunehmen, wenn die einzelnen Teile durch gemeinsame Wände verbunden wären, welche überdies Öffnungen aufwiesen, wodurch eine funktionelle Einheit hergestellt werde. Dies sei für die Bauteile A, Bund C der Fall. In dem im Bestandsplan als Gartengeschoß bezeichneten Geschoß bestehe eine Verbindung zwischen diesen drei Bauteilen. Man gelange im Gartengeschoß über einen Gang vom Bauteil A, in welchem sich die Garage befinde, in die Bauteile B und C. Da somit eine einheitliche Nutzung vorliege, könne hier bezüglich der Bauteile A, B und C von einem einheitlichen Gebäude gesprochen werden. Für die Berechnung der Ergänzungsabgabe sei daher die Gesamtfläche dieses einheitlichen Gebäudes heranzuziehen gewesen. Es sei daher weiters für dieses einheitliche Gebäude von der höchsten, wenn auch nur auf einem Teil dieser Fläche erreichten Geschoßanzahl auszugehen. Für das einheitliche Gebäude mit den Bauteilen A, B und C sei daher die Berechnungsfläche mit sieben zu multiplizieren, da die höchste Geschoßzahl in diesem einheitlichen Gebäude durch die sechs Geschoße bei Bauteil B gegeben wäre. Die Grundrissfläche von Bauteil D, die von der lotrechten Projektion oberirdischer baulicher Anlagen begrenzt werde, betrage 110,20 m². Diese Fläche ergebe sich aus der Bruttogeschoßfläche des 1. Obergeschoßes von Bauteil D. Bei der Veränderungsanzeige gehe es um die Anzeige der tatsächlichen Veränderung und nicht um eine baurechtlich bewilligte Veränderung. Es sei daher die Bruttogeschoßfläche inklusive Erker für die Berechnung heranzuziehen gewesen. Die Anzahl der mit Wasser zu versorgenden Geschoße belaufe sich beim Bauteil D auf drei, da sich zumindest in der Doppelgarage ein Wasseranschluss befinde. Für die Bauteile A, B und C ergebe sich die Grundrissfläche, die von der lotrechten Projektion oberirdischer baulicher Anlagen begrenzt werde, grundsätzlich aus der Fläche des in den Plänen als Gartengeschoß bezeichneten Geschoßes. Unter Bauteil A sei grundsätzlich die Garage mit ihrer Fläche heranzuziehen, da hier durch die äußeren Begrenzungsmauern der Garage eine oberirdische bauliche Anlage vorliege. Auszunehmen sei jedoch ein Flächenstück von 114,25 m², welches von Mauer der Garagenausfahrt quer zur ***, Mauer Garagenabfahrt parallel zur ***, Mauern des Erdgeschoßes von Bauteil A bis zur Mauer Garagenabfahrt, gedachte Linie zwischen Mauer Garagenabfahrt und Mauern des Erdgeschoßes des Bauteils A parallel zur *** verlaufend begrenzt werde. Dieses Teilstück werde ausgenommen, da auf Seite der *** hier keine lotrechte Projektion oberirdischer baulicher Anlagen bestehe. Es sei somit eine Grundrissfläche von 1.310,60 m² heranzuziehen. Hinsichtlich der Berechnung, wie viel Prozent der Außenmauern und Flächen sich über bzw. unter Niveau befänden, werde auf die Berechnung des Sachverständigen verwiesen, welche auch zum Bestandteil dieses Bescheides erklärt werde. Im Zuge der Erteilung der Baubewilligung sei eine Geländeveränderung bewilligt worden, welche jedoch so ausgeführt worden sei, dass zur Nachbarliegenschaft eine Stützmauer, welche zugleich die Garagenaußenmauer darstelle, errichtet worden wäre. Diese Garagenaußenmauer liege auf ihrer Gesamtlänge zwischen 1 und 3 m über dem Gelände des Nachbarn und könne daher die Garage nicht als unterirdisch betrachtet werden. Hinzu komme, dass die Überdachung der Garage (ca. 40-50 cm aufgeschüttetes Erdreich) eher als eine Dachkonstruktion - begrüntes Dach - als ein Gelände zu beurteilen sei, sodass die Garage als oberirdisch gelten müsse. Beim Bauteil B sei grundsätzlich auch von der Bruttogeschoßfläche des Gartengeschoßes auszugehen, allerdings sei hier die Fläche um 15,71 m² zu erhöhen, da im Erdgeschoß eine Fläche, die im Gartengeschoß Terrasse sei, umbaut wäre (Teil des im Plan als Master Bedroom bezeichneten Raumes B-EG-2-08) und daher von der lotrechten Projektion oberirdischer baulicher Anlagen begrenzt werde. Die bebaute Teilfläche betrage hier somit 466,50 m². Beim Bauteil C sei die Bruttogeschoßfläche vom Gartengeschoß heranzuziehen. Diese betrage 363,78 m². Für die Berechnungsfläche ergebe sich für die Kanaleinmündungsabgabe für die Bauteil A, B und C Folgendes:

Bebaute Fläche Flächenhälfte          angeschl. Geschoße Fläche

2.140,88 m²   1.070,44 m²   6 + 1       7.493,08 m²

In Summe ergebe sich eine Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe in der Höhe von € 110.254,85 (inkl. USt.). Die Abgabenschuld für die Ergänzungsabgabe sei mit der Veränderungsanzeige entstanden, da – wie bereits ausgeführt - noch während der Bauphase um einen Wasseranschluss angesucht worden sei und auf dieses Ansuchen hin der Wasseranschluss für die gegenständliche Liegenschaft erstmalig hergestellt worden wäre. Mit der Fertigstellung der Wohngebäude sei somit eine Veränderungsanzeige zu erstatten gewesen, was am 22. Dezember 2011 auch erfolgt sei. Für die Ergänzungsabgabe sei der Differenzbetrag zwischen der Wasseranschlussabgabe, wie sie sich auf Grund der nunmehr bebauten Fläche ergebe, und der seinerzeit vorgeschriebenen Wasseranschlussabgabe vorzuschreiben gewesen. Aus den gehe Akten nicht hervor, dass auf dem Grundstück Nr. *** vor dem Ansuchen der Beschwerdeführerin auf dieser Liegenschaft ein Wasserzähler vorhanden gewesen sei.

1.2.6.

Mit Schreiben vom 2. Oktober 2014 brachte die Beschwerdeführerin rechtzeitig durch ihren ausgewiesenen Vertreter das Rechtsmittel der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich ein und begründete diese im Wesentlichen wie die Berufungsschrift vom 7. März 2013. Ergänzend wird vorgebracht, dass es in erster Linie um die Frage gehe, ob die Tiefgarage unter Haus A als oberirdisches oder unterirdisches Bauwerk zu beurteilen sei. Hiezu werde im angefochtenen Bescheid ausgeführt, dass zur Nachbarliegenschaft (Weinbauschule) eine Stützmauer errichtet worden sei, welche zugleich die Garagenaußenmauer darstelle. Diese Außenmauer liege auf ihrer Gesamtlänge zwischen 1 und 3 m über dem Gelände des Nachbarn und könne daher die Garage nicht als unterirdisch betrachtet werden. Im gegenständlichen Fall gehe es aber darum, ob das Garagengeschoß als solches als oberirdisch oder unterirdisch zu beurteilen sei. Von einem Keller, somit einem unterirdischen Bauwerk, könne erst dann gesprochen werden, wenn dessen Außenwände in Folge seiner (teilweise) unterirdischen Anlage zum Großteil von außen nicht sichtbar sei. Entgegen den Schlussfolgerungen im angefochtenen Bescheid sei dies bei der gegenständlichen Tiefgarage jedoch sehr wohl der Fall. Unter dem Begriff "zum Großteil“ sei nach dem allgemeinen Sprachgebrauch mehr als die Hälfte zu verstehen. Es komme grundsätzlich auf das Gelände nach der Bauführung an. Im gleichen Sinne werde in § 4 Z 9 NÖ Bauordnung 1996 ein Kellergeschoß als ein Geschoß definiert, dessen Außenwände zum Großteil unter der bestehenden oder bewilligten Höhenlage des Geländes des Baugrundstückes lägen. Es komme also darauf an, ob sämtliche äußeren Begrenzungsflächen der Tiefgarage in Summe zu mehr als 50% über oder unter dem anschließenden Gelände nach Fertigstellung lägen. Aus der Flächenabwicklung der Wandansichtsflächen des Tiefgaragengeschoßes errechne sich ein Flächenanteil von 76% unterirdischer Fläche zu 24% oberirdischer Fläche. Bei dem Haus A sei somit die lotrechte Projektion oberirdischer baulicher Anlagen die Bruttogrundrissfläche des Erdgeschoßes. Diese betrage 567,7 m². Das Haus A sei somit als eigenständiges Gebäude anzusehen. Die Häuser B und C seien jedenfalls als eigenständige Gebäudeteile zu beurteilen und ebenfalls getrennt zu berechnen. Insgesamt ergäben sich nachstehende Berechnungsflächen:

Haus bebaute Fläche Flächenhälfte  angeschl. Gesch.  Berechnungsfläche

A        567,7 m²   283,85 m²  5+1                  1.703,10 m²

B        466,50 m²  233,25 m²  6+1                  1.632,75 m²

C         363,78 m²  181,89 m²  5+1                  1.091,34 m²

D        103,50 m²   51 ,75 m²  2+1                   155,25 m²

Das Haus D habe zwei mit Wasser zu versorgende Geschoße, nämlich das 1. Obergeschoß und das Dachgeschoß, das Erdgeschoß sei nicht mit Wasser zu versorgen. Somit errechne sich letztlich eine Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe in der Höhe von € 65.528,89 (inkl. USt.).

1.2.7.

Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom
19. März 2015, Zl. LVwG-AV-556/001-2014, wurde die Beschwerde der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen.

1.2.8.

Der von der Beschwerdeführerin gegen dieses Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich eingebrachten Revision gab der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 1. März 2018, Zl. Ra 2015/16/0074-10, statt und hob das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Begründend wurde dabei ausgeführt, dass nach § 6 Abs. 4 Z. 1 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 die bebaute Fläche jeder Teil einer Liegenschaft sei, der von den äußersten Begrenzungen des Grundrisses einer über das Gelände hinausragenden Baulichkeit verdeckt werde. Der Grundriss sei die senkrechte Projektion eines Gegenstands auf eine waagrechte Ebene, somit dessen Ansicht von oben. Bei der „bebauten Fläche“ nach § 6 Abs. 4 Z 1 leg.cit. handle es sich um den Teil der Liegenschaft, der von der Baulichkeit verdeckt werde. Beim Verdecken werde die Sicht auf etwas zunächst Sichtbares, mit den Augen Wahrnehmbares, durch etwas anderes verhindert. Verdeckt könne nur der vorher (d.h. vor der Errichtung der Baulichkeit) sichtbare Bereich der Liegenschaft durch die nachher (d.h. nach Errichtung der Baulichkeit) sichtbare Baulichkeit werden. Ein unter dem Gebäude befindlicher, nicht sichtbarer Teil einer Baulichkeit „verdecke“ - von oben betrachtet - eine Liegenschaft nicht, sondern liege in ihr. Daraus folge, dass bei der Ermittlung der bebauten Fläche nicht die Grundrisse aller sowohl unter als auch über dem Gelände liegenden Geschosse der Baulichkeit übereinanderzulegen seien und davon die äußerste Begrenzung des Grundrisses als Bemessungsgrundlage anzusetzen sei. Die bebaute Fläche sei die äußerste Begrenzung des Grundrisses nur des über das Gelände hinausreichenden und nicht auch des unter dem Gelände befindlichen Teils einer Baulichkeit. Das angefochtene Erkenntnis enthalte keine konkreten Sachverhaltsfeststellungen, auf deren Grundlage die bebaute Fläche zu ermitteln wäre, und begründe zudem nicht, wie das Ausmaß an bebauter Fläche, welches im Erkenntnis angenommen wird, berechnet worden sei.

1.3. Fortgesetztes Verfahren:

1.3.1.

Am 9. Mai 2018 fand auf dem gegenständlichen Grundstück ein vom erkennenden Gericht veranlasster Lokalaugenschein unter Beiziehung eines Amtssachverständigen für Bautechnik statt. In dessen Verlauf wurde die errichtete Tiefgarage bzw. das unterste Geschoß der Wohnblöcke B und C betrachtet. Dabei wurden Fotos angefertigt und ein Vergleich mit den Bestandsplan gezogen. Es konnte festgestellt werden, dass zwischen der Tiefgarage und den Wohnblöcken B und C eine Verbindungstür existiert. Weiters ist es unstrittig, dass der Wohnblock 6 mit Wasser zu versorgenden Geschoße aufweist.

1.3.2.

Im Rahmen der im Anschluss durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführervertreter auf sein bisheriges schriftliches Vorbringen sowie auf die Rz. 9 und 18 des VwGH Erkenntnisses zu Zl. Ra2015/16/0074-10, verwiesen. Vom Verhandlungsleiter wurde grundsätzlich festgestellt, dass im Rahmen des Bauwilligungsbescheides vom 1. Dezember 2008, Zl. GZ. ***, in Spruchpunkt 1 unter anderem eine Geländeveränderung anhand der Einreichpläne vom 18. Juli 2008 genehmigt worden sei. Diesbezüglich wurde vom beigezogenen Amtssachverständigen für Bautechnik, Herrn D, festgestellt, dass der vorliegende Bestandsplan mit den Einreichplänen hinsichtlich des beantragten neuen Geländeniveaus übereinstimme. Nach diesen Unterlagen befinde sich die Tiefgarage unterhalb des neuen bewilligten Niveaus (Höhenkoten von 189,2 bis 191,0). Dagegen seien die Wohnungen im unmittelbar anschließenden, untersten Geschoß der Wohnblöcke B und C über Niveau situiert. Weiters wurde vom Verhandlungsleiter festgehalten, dass die Blöcke A, B und C über die Garage miteinander verbunden sind und somit eine einheitliche Nutzung gegeben ist. Von Seiten sowohl der belangten Behörde als auch des Beschwerdeführers wurde außer Streit gestellt, dass im Wohnblock B die größte Fläche 466,50 m² und im Wohnblock C 363,78 m² und im Wohnblock D 110,20 m² aufweise, wobei Wohnblock D nur mit drei Geschoßen (im Verhältnis zum bisher festgestellten Sachverhalt befindet sich in der Garage im Erdgeschoß ein Wasseranschluss) an die Wasserleitung angeschlossen ist. Weiters wurde außer Streit gestellt, dass der Wohnblock B mit sechs Wasser zu versorgenden Geschoße aufweist. Für den Wohnblock A stellte sich die größte oberirdisch situierte Fläche unter Berücksichtigung der oberirdischen Projektion nach den Berechnungen des beigezogenen ASV mit einem Ausmaß von 640,80 m² (inklusive Erker) dar. Hinsichtlich der überirdisch situierten Garageneinfahrt wird ein Flächenausmaß von 120,0 m² vom ASV ermittelt. Diese beiden Werte wurden außer Streit gestellt.

1.4. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den bezughabenden Akt der Stadtgemeinde *** und durch Einsichtnahme in das öffentliche Grundbuch sowie durch Durchführung eines Lokalaugenscheines und einer mündlichen Verhandlung.

1.5. Beweiswürdigung:

Im Wesentlichen ist der Sachverhalt als unstrittig zu beurteilen und ergibt sich dieser aus dem unbedenklichen Akteninhalt in Verbindung mit dem bekämpften Bescheid, sowie aus dem Vorbringen der Beschwerdeführer, soweit dieses den Feststellungen (Punkt 1.6.) nicht entgegentritt.

1.6. Feststellungen:

1.6.1.

Die A GmbH ist bzw. war grundbücherliche (Mit)Eigentümerin der Liegenschaft mit der topographischen Anschrift *** (Grundstück Nr. ***, KG ***, EZ ***), ***, auf der ein großvolumiges – in 4 Teile (A - D) gegliedertes Wohngebäude errichtet ist.

Mit Bescheid des Stadtamtes der Stadtgemeinde *** vom
1. Dezember 2008, GZ ***, wurde der Beschwerdeführerin in Spruchpunkt I. die baubehördliche Bewilligung für die Geländeveränderung und die Errichtung einer Wohnhausanlage mit insgesamt 32 Wohneinheiten und ein Geschäftslokal (Gastronomie), sowie Tiefgarage in ***, ***, auf den Grundstücken Nr. ***, *** (EZ ***, KG ***) erteilt. In Entsprechung zu den dem Ansuchen beigefügten Einreichplänen vom 18. Juli 2008 wurde das Geländeniveau im Bereich der geplanten Tiefgarage neu gestaltet, sodass diese nun unterhalb des Niveaus (Höhenkoten von 189,2 bis 191,0) situiert ist. Oberhalb dieser Garage ist der Wohnblock A errichtet. Die Wohnungen im unmittelbar an die Garage anschließenden, untersten Geschoß der Wohnblöcke B und C sind über Niveau gelegen.

Der Wohnblock A weist eine größte Fläche von 640,80 m² auf, während die Garageneinfahrt ein Flächenausmaß von 120,0 m² hat. Der Wohnblock B hat die größte Fläche mit 466,50 m² und der Wohnblock C eine größte Fläche von 363,78 m². Der Wohnblock A ist über die Tiefgarage mit den vorhandenen Durchgängen sowohl mit der Garageneinfahrt als auch mit den Wohnblöcken B und C verbunden und einheitlich nutzbar. Der Wohnblock B weist sechs mit Wasser zu versorgende Geschoße auf. Der Wohnblock D weist eine Fläche von 110,20 m² bei drei mit Wasser zu versorgenden Geschoßen auf.

2.         Anzuwendende Rechtsvorschriften:

2.1. Bundesabgabenordnung BAO:

§ 1. ( 1) Die Bestimmungen der BAO gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden

§ 4. (1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.

§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

(3) Im Verfahren betreffend Bescheide, die Erkenntnisse (Abs. 1) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Abgabenbehörden an die für das Erkenntnis maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn das Erkenntnis einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst.

2.2. NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 idF LGBl. 6930-7:

Wasseranschlußabgabe

§ 6 (1) Die Wasseranschlußabgabe ist für den Anschluß an die Gemeindewasserleitung zu entrichten.

(2) Die Höhe der Wasseranschlußabgabe ist derart zu berechnen, daß die Berechnungsfläche (Abs. 3 und 4) für das angeschlossene Grundstück mit dem Einheitssatz (Abs. 5) vervielfacht wird.

(3) Die Berechnungsfläche jeder angeschlossenen Liegenschaft ist so zu ermitteln, daß die Hälfte der bebauten Fläche

         a)       bei Wohngebäuden mit der um eins erhöhten Anzahl der mit Wasser zu versorgenden Geschosse vervielfacht,

         b)       in allen anderen Fällen verdoppelt

und das Produkt um 15 % der unbebauten Fläche vermehrt wird.

(4) Bei Ermittlung der Berechnungsfläche gelten folgende Grundsätze:

         1.       Bebaute Fläche ist jeder Teil einer Liegenschaft, der von den äußersten Begrenzungen des Grundrisses einer über das Gelände hinausragenden Baulichkeit verdeckt wird;

         2.       als Anzahl der mit Wasser zu versorgenden Geschosse gilt die jeweils höchste Anzahl von Geschossen auch dann, wenn die angeschlossene Liegenschaft nicht zur Gänze gleich hoch verbaut ist;

         3.       die unbebaute Fläche ist nur bis zu einem Ausmaß von höchstens 500 m² zu berücksichtigen;

         4.       zur bebauten Fläche gehören nicht land- und forstwirtschaftliche Nebengebäude oder Teile von Gebäuden, die land- und forstwirtschaftlich genutzt werden, es sei denn, daß sie an die Gemeindewasserleitung angeschlossen sind.

Ergänzungsabgabe

§ 7. Ändert sich die der Berechnung der Wasseranschlußabgabe zugrunde gelegte Berechnungsfläche für die angeschlossene Liegenschaft, so ist die Wasseranschlußabgabe neu zu berechnen. Ist die neue Wasseranschlußabgabe um mindestens 10 %, mindestens jedoch um € 8,– höher als die bereits entrichtete, so ist vom Grundstückseigentümer eine Ergänzungsabgabe in der Höhe des Differenzbetrages zu entrichten.

Veränderungsanzeige

§ 13. (1) Veränderungen, die an oder auf angeschlossenen Liegenschaften vorgenommen werden und eine Änderung der Berechnungsgrundlagen für die ausgeschriebenen Wasserversorgungsabgaben oder Wassergebühren nach sich ziehen, sind binnen zwei Wochen nach ihrer Vollendung vom Abgabenschuldner der Abgabenbehörde schriftlich anzuzeigen (Veränderungsanzeige).

Entstehung des Abgabenanspruches; Abgabenschuldner

§ 15. (2) Der Anspruch auf die Ergänzungsabgabe entsteht mit dem Einlangen der Veränderungsanzeige. …

(6) Abgabenschuldner ist der Eigentümer der angeschlossenen Liegenschaft, sofern sich aus den folgenden Bestimmungen nicht anderes ergibt.

2.3. Wasserabgabenordnung der Stadtgemeinde *** idF vom 10. Dezember 2010:

Wasseranschlussabgabe für den Anschluss an die öffentliche Gemeindewasserleitung

§ 2. (1) Der Einheitssatz für die Berechnung der Wasseranschlussabgaben für den Anschluss an die öffentliche Gemeindewasserleitung wird gemäß § 6 Abs. 5 des NÖ Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978 mit 5 v.H. der durchschnittlichen Baukosten für einen Längenmeter des Rohrnetzes (€ 260.-), das ist mit € 13.- festgesetzt.

(2) Gemäß § 6 Abs. 5 und 6 des NÖ Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978 wird für die Ermittlung des Einheitssatzes (Abs. 1) eine Baukostensumme von € 69.394.000.- und eine Gesamtlänge des Rohrnetzes von lfm 269.900 zugrunde gelegt.

Ergänzungsabgabe

§ 3. Bei Änderung der Berechnungsfläche für eine angeschlossene Liegenschaft wird eine Ergänzungsabgabe auf Grund der Bestimmungen des § 7 des NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 berechnet.

2.4. Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985:

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(2) Eine Revision ist nicht zulässig gegen:

         1.       Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 1, 3, 8 und 9;

         2.       Beschlüsse gemäß § 30b Abs. 3;

         3.       Beschlüsse gemäß § 61 Abs. 2.

(3) Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden. …

(5) Die Revision ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

3.       Würdigung:

3.1. Zu Spruchpunkt 1:

Die Beschwerde ist begründet.

3.1.1.

Grundsätzlich darf in der Sache selbst festgehalten werden, dass zu Wohnblock D auszuführen ist, dass dieser insofern unstrittig war bzw. ist, als er dem Grunde nach - sowohl von der belangten Behörde als auch von der Beschwerdeführerin - separat berechnet worden ist (Flächenausmaß von 110,20 bei drei mit Wasser zu versorgenden Geschoßen).

Weiters stehen die unter Punkt 1.6. vom erkennenden Gericht ermittelten Flächenausmaße der einzelnen, über dem Geländeniveau situierten Wohnblöcke A bis C nunmehr auch außer Streit.

3.1.2.

Nach § 4 Abs. 1 der von den Verwaltungsbehörden (und dem erkennenden Gericht) anzuwendenden BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft. Angesichts der Komplexität der Sachlage ist zunächst darauf hinzuweisen, dass aus der rechtlichen Konstruktion der Abgabenschuldverhältnisse folgt, dass dieses bereits mit Verwirklichung eines gesetzlich normierten Abgabentatbestandes entsteht. Der Abgabenbescheid ist seinen wesentlichen Merkmalen nach lediglich feststellender Natur. Er bringt den Abgabenanspruch nicht zum Entstehen, sondern stellt den aus dem Gesetz erwachsenden Anspruch lediglich fest (vgl. VwGH vom 25. Juni 1996, Zl. 94/17/0419). Daraus ergibt sich, dass die Abgabenbehörde die Abgabe festzusetzen hat, sobald der Abgabenanspruch entstanden ist. Da sich der Abgabenanspruch der Gemeinde aus der Sicht des Abgabepflichtigen als Abgabenschuld darstellt, ist die Abgabenfestsetzung zulässig, sobald die Abgabenschuld entstanden ist.

3.1.3.

Hinsichtlich der Wasseranschlussabgabe bzw. der Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe ergibt sich der Zeitpunkt des Entstehens der Abgabenschuld aus § 15 Abs. 2 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 als lex spezialis zu § 4 Abs. 1 BAO. Die Abgabenschuld ist dabei nach der Rechtslage im Entstehungszeitpunkt der Schuld zu beurteilen (vgl. VwGH vom 23. Mai 1990, Zl. 90/17/0126, und vom 26. April 1996, Zl. 95/17/0452). Die Bestimmung des § 15 Abs. 2 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 idF LGBl. 6930-7 stellt für das Entstehen der Abgabenschuld für die Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlussabgabe auf das Einlangen einer Veränderungsanzeige im Sinne des § 13 Abs. 1 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 bei der Abgabenbehörde ab. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 15. Mai 2000, Zl. 95/17/0104, unter Hinweis auf sein Erkenntnis vom 13. Dezember 1985, Zl. 84/17/0197, mit der hier maßgeblichen Rechtsfrage auseinander gesetzt. Er hat hierin ausgesprochen, dass der Antrag auf Erteilung der Benützungsbewilligung nach der NÖ Bauordnung 1976 - bzw. nunmehr die Fertigstellungsanzeige nach der NÖ Bauordnung 1996 - nicht den Ergänzungsabgabentatbestand nach § 15 Abs. 2 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 verwirklicht, weil dieser Tatbestand auf eine Veränderungsanzeige, also auf eine die Berechnungsgrundlagen für die Ergänzungsabgabe enthaltende Parteienerklärung abstellt. Diese Veränderungsanzeige ist aber von der Beschwerdeführerin im Dezember 2011 gelegt worden, sodass die Abgabenbehörden der mitbeteiligten Gemeinde dem Grunde nach berechtigt waren, eine Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlußabgabe vorzuschreiben.

3.1.4.

Nach den vorliegenden Planunterlagen und dem durchgeführten Lokalaugenschein ist aber davon auszugehen, dass das in Rede stehende Objekt auf Grund seiner baulichen Gestaltung als ein einziges Gebäude zu betrachten ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Beurteilung der Frage, ob ein einheitliches Bauwerk oder zwei selbständige Gebäude vorliegen, ausgeführt, dass dies in erster Linie an Hand der baulichen Gestaltung zu beurteilen ist. Bildet etwa eine Wand gleichzeitig den überwiegenden Teil einer seitlichen Begrenzung eines anderen Traktes und entsteht dadurch eine untrennbare bauliche Verbindung beider Trakte, sodass jeder für sich alleine baulich nicht bestehen könnte, liegt ein einheitliches Gebäude vor (vgl. VwGH v.18. September 1987, Zl. 82/17/0038 und vom 24. Juni 2008, Zl. 2008/17/0050). Auf Grund der Baupläne und der Ausführung in der Natur ist ersichtlich, dass die zwischen den einzelnen Trakten (Tiefgarage und Gartengeschoß) Durchgänge und Verbindungen bestehen, sodass auch eine einheitliche wirtschaftliche Nutzung (v.a. der Tiefgarage) im Sinne einer funktionalen Einheit erfolgt; die Beschwerdeführerin geht offenbar selbst von dieser einheitlichen Nutzung aus und hat dies auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung bestätigt (vgl. dazu VwGH vom 25. Juni 2002, Zl. 2002/17/0048). Mit anderen Worten sind Garage und Gartengeschoß einheitlich nutzbar (vgl. VwGH vom 10. Juni 2002, Zl. 2002/17/0037). Daraus folgt, aber, dass die Abgabenbehörden der mitbeteiligten Gemeinde rechtsrichtig davon ausgegangen sind, dass iSd NÖ Gemeindewasserleitungsgesetzes 1978 die äußersten Begrenzungen jedes Geschoßes (eines Gebäudes) durch die Außenmauern gebildet werden, sodass ein einheitliches Gebäude vorliegt.

3.1.5.

Zur Frage, ob das verfahrensgegenständliche - einheitliche - Geschoß (Garage und Gartengeschoß) mehrheitlich über oder unter Niveau gelegen ist, darf im Lichte der Bestimmungen des § 1a NÖ Kanalgesetz 1977 und des § 6 Abs. 4 Z. 1 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 ausgeführt werden, dass die bebaute Fläche die äußerste Begrenzung des Grundrisses des über das Gelände hinausreichenden Teils einer Baulichkeit bildet (vgl. VwGH vom 16. November 1998, Zl. 98/17/0221).

Im Lichte des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. März 2018,
Zl. Ra 2015/16/0074-10, konnte erhoben werden, dass mit dem Bescheid des Stadtamtes vom 1. Dezember 2008, Zl. GZ ***, gegenüber der Beschwerdeführerin in Spruchpunkt I. die baubehördliche Bewilligung für eine Geländeveränderung bewilligt wurde, sodass damit die streitgegenständliche Tiefgarage (mit Ausnahme der Garageneinfahrt im Ausmaß von 120,00 m²) unter dem Geländeniveau situiert ist.

Daher zählt im vorliegenden Fall nur der über die Geländeoberfläche hinausragende Teil des Wohnblockes A und die oberirdisch situierte Garageneinfahrt zur bebauten Fläche, währende die wesentlich größere Tiefgarage nicht zu berücksichtigen ist.

3.1.6

Der Beschwerdeführerin ist somit im Ergebnis Recht zu geben, wenn sie vorbringt, dass die belangte Behörde die Tiefgarage, welche unterhalb der (baubehördlich bewilligten) Geländeoberfläche situiert ist und diese nicht überragt, im Lichte der Bestimmung des § 6 Abs. 4 Z. 1 NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978 bei der Ermittlung der Berechnungsfläche nicht hätte berücksichtigen dürfen. Daraus folgt, dass diesbezüglich durch das erkennende Gericht eine Neuberechnung und Neufestsetzung der vorzuschreibenden Abgabe erfolgen musste:

Berechnungsfläche  Einheitssatz           Betrag

I. Nach der Änderung  5.864,18 m²  € 13,00   € 76.234,34

II. Vor der Änderung    75,00 m²  € 13,00  € 975,00

Ergänzungsabgabe        € 75.259,34

I. Bestand nach der Änderung:

Gebäude   Bebaute Fläche Flächenhälfte angeschl. Geschoße Fläche

Wohnhaus Block A  760,80 m²  380,40 m²   6 + 1    2.662,80 m²

(samt Garagenabfahrt)

Wohnhaus Block B   466,50 m²  233,25 m²   6 + 1    1.632,75 m²

Wohnhaus Block C   363,78 m²  181,90 m²   6 + 1    1.273,23 m²

Wohnhaus Block D   110,20 m²  56,04 m²   3 + 1    224,16 m²

Anteil der unbebauten Fläche: max. 15% von 500 m²    75,00 m²

Berechnungsfläche nach der Änderung                                      5.864,18 m²

II. Bestand vor der Änderung:

Gebäude   Bebaute Fläche Flächenhälfte angeschl. Geschoße Fläche

Anteil der unbebauten Fläche: max. 15% von 500 m²    75,00 m²

Berechnungsfläche vor der Änderung                                               75,00 m²

Unter Multiplikation mit dem Einheitssatz von € 13,- wurde sohin eine Ergänzungsabgabe zur Wasseranschlußabgabe in der Höhe von € 82.785,27 (inkl. USt.) errechnet.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2.    Zu Spruchpunkt 2 - Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht und eine gesicherte und einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt, die unter Punkt 3.1. auch dargelegt wird.

Schlagworte

Finanzrecht; Wasseranschlussabgabe; Ergänzungsabgabe; Abgabenschuld;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.556.003.2014

Zuletzt aktualisiert am

17.07.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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