TE Lvwg Erkenntnis 2018/5/22 LVwG-S-712/001-2017

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.05.2018
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Entscheidungsdatum

22.05.2018

Norm

ASVG §4 Abs2
ASVG §33
GrundversorgungsG Bund 2005 §7 Abs3
GrundversorgungsG Bund 2005 §7 Abs5
GrundversorgungsG Bund 2005 §7 Abs6

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch seinen Präsidenten Dr. Segalla als Einzelrichter über die Beschwerde des A, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt *** vom 1. Februar 2017, Zl. ***, betreffend Bestrafungen nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird stattgeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 33 Abs. 1, 1a und 2 iVm § 111 Abs. 1 Z 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG

§ 7 Abs. 3 Grundversorgungsgesetz-Bund – GVG-B

§§ 50 und 52 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG

§§ 19, 45 Abs. 1 Z 1, 64 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Entscheidungsgründe:

1.   Verfahrensgegenstand und Verfahrensgang:

1.1. Mit Straferkenntnis vom 1. Februar 2017 verhängte der Bürgermeister der Stadt *** über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von insgesamt Euro 13.080,- (Euro 2.180 je Dienstnehmer; Ersatzfreiheitsstrafe insg. 720, je 120 Stunden) zzgl. eines Kostenbeitrags iHv Euro 1.308,-. Der Beschwerdeführer habe es als unbeschränkt haftender Gesellschafter und somit gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1991 zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma C KG mit Firmenstandort in ***, ***, zu verantworten, dass das genannte Unternehmen als Dienstgeber nachstehend genannte Personen am 19. Jänner 2016 um 14:20 Uhr beschäftigt hat, ohne diesen Dienstnehmer als in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger, Niederösterreichische Gebietskrankenkasse in ***, ***, anzumelden. Es sei auch keine schrittweise Meldung gemäß § 33 Abs.1 a ASVG (Meldung von Dienstgeberkontonummer, Name und Versicherungsnummer bzw. Geburtsdatum sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme vor Arbeitsantritt und Meldung der noch fehlenden Daten innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung) erfolgt.

Die C KG wäre als Dienstgeber verpflichtet gewesen, den Beschäftigten vor Arbeitsantritt anzumelden und wurde die Meldung nicht erstattet.

Die davon betroffenen Personen seien:

-    D

-    E

-    F

-    G

-    H

-    I

Als Arbeitsantritt wurde jeweils der 19. Jänner 2016, als ausgeübte Tätigkeit „Abschlagen von Mauern und Ziegeln, Schutt wegräumen, Baumaterial abladen“, als Beschäftigungsort ***, *** vorgeworfen.

Dadurch sei gegen § 33 Abs. 1 und 1a iVm § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG verstoßen worden.

Die Feststellungen seien durch die Finanzpolizei während einer von dieser durchgeführten Kontrolle erfolgt.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die verfahrensgegenständliche Beschwerde, in welcher im Wesentlichen ausgeführt wird, es mangle an tatsächlichen Beweisen, dass die im Straferkenntnis genannten Personen die dort angeführten Arbeiten auch wirklich ausgeübt haben. Die genannten Personen hätten lediglich sog. „Remunerantentätigkeiten“ ausgeführt, welche bei Asylwerbern keine anmeldungspflichtige Tätigkeit darstellten.

1.3. Über die Beschwerde wurde am 25. April 2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

2.   Feststellungen:

2.1. Bezüglich der im Straferkenntnis Spruchpunkt 4. und 6. genannten, mutmaßlichen Dienstnehmer G und I kann nicht festgestellt werden, dass sie für die C KG irgendwelche Arbeits- oder Hilfstätigkeiten durchgeführt hätten.

2.2. Die im Straferkenntnis Spruchpunkt 3. genannte Person F hat im Tatzeitpunkt für die C KG in der Betreuungseinrichtung für Asylwerber ***, *** neben Reinigungstätigkeiten einschließlich des Wegräumens von Schutt auch weitere Arbeiten, nämlich das Abschlagen von Mauerputz in einem Gebäudeteil (nämlich von der Straße aus gesehen in den Erdgeschossräumlichkeiten im linken Gebäudeteil) durchgeführt, der zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt bereits als Asylwerberunterkunft gewidmet war, aber noch nicht als solche genutzt, sondern erst hergerichtet wurde. Er war zum Tatzeitpunkt afghanischer Staatsbürger und Asylwerber in der Grundversorgung.

2.3. Die im Straferkenntnis Spruchpunkt 1. und 2. und 5. genannten Personen D, E und H haben zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt in der Betreuungseinrichtung für Asylwerber ***, *** Reinigungstätigkeiten in einem Gebäudeteil (nämlich von der Straße aus gesehen in den Erdgeschossräumlichkeiten im linken Gebäudeteil) durchgeführt, der zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt bereits als Asylwerberunterkunft gewidmet war, aber noch nicht als solche genutzt, sondern erst hergerichtet wurde. Sie waren zum Tatzeitpunkt Asylwerber in der Grundversorgung.

2.4. Im Rahmen der Kontrolle am 19. Jänner 2016 haben die Organe der Finanzpolizei die Personen D, E, F und H stehend in einer Besprechung mit dem Beschwerdeführer angetroffen, wobei sie teilweise Schaufel und Besen, der Zeuge H auch einen Hammer, bei sich trugen.

2.5. Die Asylwerberunterkunft (Betreuungseinrichtung) ***, *** wurde zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt von der C KG betrieben, deren unbeschränkt haftender Gesellschafter der Beschwerdeführer war. Diese Unterkunft bestand damals aus zwei Gebäudebereichen, ein von der Straße aus gesehen rechter Teil, der als Asylwerberunterkunft in Betrieb war, sowie ein linker Gebäudeteil, der für die zukünftige Nutzung als Unterkunft hergerichtet wurde, wobei beabsichtigt war, Räume im Erdgeschoss als Lager zu nutzen, Räume im Obergeschoss dagegen als Unterkunft. Diese Gebäudeteile waren frei betretbar. J als Gebäudeeigentümer vermietete dieses Gebäude an die C KG bzw. räumte ihr Nutzungsrechte ein. Diese Betreuungseinrichtung wurde für das Land Niederösterreich betrieben.

2.6. Der Beschwerdeführer hat als unbeschränkt haftender Gesellschafter der C KG den Zeugen F und H die Arbeitsanweisungen im Hinblick auf das Abschlagen von Mauerputz und Reinigungstätigkeiten erteilt, den Zeugen D und E (nur) die Anweisungen im Hinblick auf die Durchführung von Reinigungstätigkeiten. Er hat ihnen für die Durchführung dieser Tätigkeiten einen Stundenlohn von ca. Euro 3,- geboten und auch ausgezahlt, wobei einfache Stundenaufzeichnungen geführt wurden.

2.7. Der Beschwerdeführer hat sich im Wege seines Onkels J beim Amt der NÖ Landesregierung erkundigt, welche Beschäftigungen Asylwerber ausüben dürfen. Mit E-Mail vom 21. Jänner 2016 teilte Frau K, Amt der NÖ Landesregierung, Abteilung Staatsbürgerschaft und Wahlen Herrn J mit, dass „Remunerantentätigkeiten“ (gemeinnützige Arbeiten) in Flüchtlingsquartieren, für Gemeinden, Länder oder den Bund zulässig seien („zB Schneeräumung, Straßenreinigung, Hilfstätigkeiten usw.“).

2.8. Mit den eigentlichen Sanierungsarbeiten im linken Gebäudetrakt hat der Beschwerdeführer eine Firma beauftragt, die diese Arbeiten auch durchgeführt hat.

3.   Beweiswürdigung:

3.1. Im Zuge der mündlichen Verhandlung hat sich herausgestellt, dass der Zeuge G nicht jene Person war, die bei der Kontrolle durch die Finanzpolizei am 19. Jänner 2016 anwesend war und von ihr kontrolliert wurde. Dies folgt daraus, dass der geladene Zeuge optisch keinerlei Ähnlichkeit mit dem im Verwaltungsstrafakt inneliegenden, von der Finanzpolizei aufgenommenem Foto einer Person, die auf diesem Foto als „G“ bezeichnet war, aufwies, unterstützt durch die aus diesem Grund glaubwürdige Aussage des Beschwerdeführers, wonach es sich bei der auf dem Foto abgebildeten Person nicht um G handle, sondern um den Cousin von dessen Mutter, L. Der Zeuge I hatte zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung Österreich bereits verlassen und konnte nicht einvernommen werden. Der Beschwerdeführer brachte dazu vor, dass es sich bei der im Akt fotografisch abgebildeten Person, dort bezeichnet als „I“, tatsächlich um dessen Cousin M handle. Angesichts dessen, dass eine Verwechslung bereits bezüglich G stattgefunden hat, war dieser Aussage Glauben zu schenken. Bezüglich G und I gibt es daher keinen Hinweis, wonach sie tatsächlich irgendeine Art von Arbeitstätigkeit für die C KG entfaltet hätten, weswegen eine Negativfeststellung zu treffen war.

3.2. Hr. F wurde am 21. Jänner 2016 von der Finanzpolizei einvernommen und hat dort u.a. angegeben: „Die Arbeitsanweisungen wurden von A erteilt und haben sich darauf erstreckt Mauern abzuschlagen, Ziegel und Schutt wegzubringen“. Da der Zeuge zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bereits nach Afghanistan ausgereist war, war die Verlesung dieses verfahrensgegenständlichen Teils seiner Aussage zulässig. Es ist – gerade bei einer Aussage nur zwei Tage nach der Kontrolle – kein vernünftiger Grund ersichtlich, wieso er hinsichtlich der Arbeitstätigkeiten nicht die Wahrheit gesagt haben sollte. Insbesondere ist davon auszugehen, dass er in seiner Aussage in erster Linie seine eigene Tätigkeit gemeint hat. Daher ist den Feststellungen als glaubwürdig zu Grunde zu legen, dass F auf Anweisung des Beschwerdeführers u.a. Mauerputz abgeschlagen und Schutt weggeräumt hat.

3.3. Zwar könnte aus der vorzitierten Aussage des F geschlossen werden, dass auch die weiteren im Rahmen dieses Verfahrens als Zeugen einvernommenen Personen derartige Tätigkeiten erbracht haben. Allerdings wäre es für den Zweck des konkreten Verfahrens erforderlich, namentlich festzustellen, wer genau welche Tätigkeiten erbracht hat. Der Zeuge G konnte dazu, weil nicht mehr in Österreich aufhältig, in mündlicher Verhandlung nicht befragt werden. Die drei anderen Zeugen, D, E und H, haben einhellig ausgesagt, sie hätten bloße Reinigungstätigkeiten durchgeführt. Dazu ist festzuhalten, dass die einvernommenen Beamten der Finanzpolizei keinen einzigen der Zeugen direkt bei irgendwelchen Arbeitstätigkeiten betreten haben. Sie haben lediglich aus dem Vorhandensein diverser Werkzeuge und des Zustands des Gebäudes darauf geschlossen, dass solche Tätigkeiten durchgeführt worden wären.

3.4. Soweit die Zeugen D und ‚E mit Schaufel und Besen angetroffen worden sind, so passt diese Werkzeugausstattung genau zu ihrem Vorbringen, sie hätten reine Reinigungstätigkeiten verrichtet. Es kann zwar nicht endgültig ausgeschlossen werden, dass sie zu einem anderen Zeitpunkt weitere Arbeiten durchgeführt haben, ihre Aussage steht aber mit dem, was die Finanzpolizei anlässlich der Kontrolle tatsächlich wahrgenommen hat, in Einklang. Eine konkrete Feststellung, dass sie am Tag der Kontrolle tatsächlich jene im Straferkenntnis vorgeworfenen Tätigkeiten, die über bloße Reinigungsleistungen hinausgehen, durchgeführt haben, ist im Ergebnis nicht möglich. Dasselbe gilt letztlich auch für den Zeugen H, der zwar selbst zugegeben hat, einen Hammer in der Hand gehalten zu haben. Mangels unmittelbarer Wahrnehmung irgendeines (in der Verhandlung einvernehmbaren) Zeugen, dass Hr. H tatsächlich an einer Wand Putz abgeschlagen hätte bzw. anderer entsprechender Hinweise oder Beobachtungen, kann seiner Verantwortung, er habe den Hammer nur wegräumen wollen, nicht mit der in einem Strafverfahren notwendigen Sicherheit entgegengetreten werden.

3.5. Dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt unbeschränkt haftender Gesellschafter der C KG war, wurde nicht bestritten, ebenso wenig, dass die C KG Betreiberin der Asylunterkunft war. Zwar wurde in der Verhandlung nicht eindeutig klar, ob der Beschwerdeführer selbst oder aber Hr. N konkrete Arbeitsanweisungen erteilt hat. Es war aber im Verfahren nicht strittig, dass der Beschwerdeführer die Arbeitstätigkeit der Asylwerber im Asylwerberheim organisiert und veranlasst hat, zumal er dies selbst (eingeschränkt auf Remunerantentätigkeiten) auch eingeräumt hat. F hat bei seiner Einvernahme durch die Finanzpolizei angegeben, der Beschwerdeführer habe die Arbeitsanweisungen erteilt und diese hätten sich auch auf das Abschlagen von Wänden erstreckt. Es kann nicht als glaubwürdig angesehen werden, dass F das Abschlagen von Wänden ohne jede (direkte oder indirekte) Anweisung des Beschwerdeführers vorgenommen hätte, zumal dafür auch entsprechendes Arbeitswerkzeug (ein Hammer) von Nöten und vorhanden war.

3.6. Mangels Vorliegen eines schriftlichen Mietvertrages konnte nicht abschließend geklärt werden, ob der C KG das gesamte Gebäude vermietet war, oder ob an den im linken Gebäudeteil befindlichen Erdgeschossräumen nur ein Nutzungsrecht eingeräumt wurde. Einhellig und glaubwürdig haben der Beschwerdeführer und der Zeuge J jedoch ausgesagt, dass im Endeffekt das gesamte Gebäude in der einen oder anderen rechtlichen Form für die Nutzung als Betreuungseinrichtung für Asylwerber der C KG zur Verfügung gestellt war.

3.7. Dass die Gebäudetrakte wechselweise frei zugänglich waren, folgt aus der glaubwürdigen Aussage des Zeugen J.

3.8. Dass Frau K, Amt der NÖ Landesregierung, dem Zeugen J ein Mail mit dem in den Feststellungen wiedergegebenen Inhalt zu den sog. Remunerantentätigkeiten geschickt hat, ergibt sich aus dem Verwaltungsstrafakt.

3.9. Hinzuweisen ist darauf, dass die im Verwaltungsstrafakt inneliegende Aussage des Beschwerdeführers, die Asylwerber hätten Hilfsarbeiten wie „Schutt wegräumen, Baumaterial vom Transporter abladen und in die Baustelle verbringen, Reinigungstätigkeiten in den offenen Bereichen im Gebäude ***“ durchgeführt nicht hinreichend konkret ist, ohne andere Indizien eine Zuordnung dieser Arbeiten zu einzelnen Personen zu ermöglichen – wie bereits ausgeführt, hatten die kontrollierenden Organe keine tatsächliche Wahrnehmung irgendwelcher durchgeführter Arbeitsleistungen – und sich im Übrigen nicht auf den angelasteten Vorwurf des „Abschlagens von Mauern und Ziegeln“ erstreckt (zur nach Ansicht des Gerichtes ohnehin fehlenden Strafbarkeit siehe unten Punkt 4.). Auch der Zeuge F hat in seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 21. Jänner 2016 nur von „Mauern abschlagen, Ziegel und Schutt wegbringen“ gesprochen, so dass sich insbesondere für die angelastete Tätigkeit „Baumaterial vom Transporter abladen“ eine geforderte konkrete Zuordnung zu bestimmten Personen nicht ergibt.

3.10. Im Übrigen ergeben sich die Feststellungen aus dem Akteninhalt sowie dem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung, soweit sie unbestritten geblieben sind, insb. auch aus den Ausführungen und vorgelegten Unterlagen zur Beauftragung einer Firma zwecks Durchführung der Sanierung des linken Gebäudetraktes.

4.   Rechtlich folgt:

4.1. § 33 Abs. 1und 2 ASVG lautet:

§ 33. (1) Die Dienstgeber haben jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

[…]

(2) Abs. 1 gilt für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, daß die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

§ 111 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG lautet:

§ 111. (1) Ordnungswidrig handelt, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder nach § 42 Abs. 1 auskunftspflichtige Person oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

[…]

(2) Die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

mit Geldstrafe von 730 € bis zu 2 180 €, im Wiederholungsfall von 2 180 € bis zu 5 000 €,

bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 € herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

§ 7 Abs. 3 Grundversorgungsgesetz-Bund lautet:

(3) Asylwerber und Fremde nach § 2 Abs. 1, die in einer Betreuungseinrichtung (§ 1 Z 5) von Bund oder Ländern untergebracht sind, können mit ihrem Einverständnis

1. für Hilfstätigkeiten, die im unmittelbaren Zusammenhang mit ihrer Unterbringung stehen (zB Reinigung, Küchenbetrieb, Transporte, Instandhaltung) und

2. für gemeinnützige Hilfstätigkeiten für Bund, Land, Gemeinde und Gemeindeverbände (zB Landschaftspflege und -gestaltung, Betreuung von Park- und Sportanlagen, Unterstützung in der Administration)

herangezogen werden.

4.2. Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Gem. § 7 Z 3 lit. a ASVG ist in der Unfallversicherung pflichtversichert, wer gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 leg. cit. von der Vollversicherung ausgenommenen ist, was dann der Fall ist, wenn das einer Person aus einem oder mehreren Beschäftigungsverhältnissen im Kalendermonat gebührende Entgelt den Betrag gemäß § 5 Abs. 2 nicht übersteigt.

4.3. Bezüglich der Personen G und I (Spruchpunkt 4. und 6.) konnte keine Beschäftigung festgestellt werden, so dass der objektive Tatbestand nicht erfüllt ist.

4.4. Bezüglich der Personen D, E und H wurden Reinigungstätigkeiten festgestellt. Voraussetzung dafür, dass sie als Remunerantentätigkeit iSd § 7 Abs. 3 GVG-B gelten ist, dass es sich um Hilfstätigkeiten handelt, die im unmittelbaren Zusammenhang mit ihrer Unterbringung stehen (zB Reinigung, Küchenbetrieb, Transporte, Instandhaltung). § 7 Abs. 3 GVG-B stellt insoweit in Zusammenschau mit Abs. 5 leg. cit. eine lex spezialis zu den Vorschriften des ASVG dar, die zwei Elemente umfasst: Den Begriff der „Hilfstätigkeiten“ einerseits und den unmittelbaren Zusammenhang mit der Unterbringung anderseits.

Aus Sicht des erkennenden Gerichtes kann es dabei keinen Unterschied machen, ob die betreffende Unterkunft auf Grundlage einer Miete oder – wie möglicherweise in Bezug auf die Erdgeschossräume im linken Gebäudetrakt der Fall – einer bloßen Nutzungsberechtigung betrieben wird, da § 7 Abs. 3 GVG-B nur auf die Unterbringung abstellt und es daher auf die Rechtsgrundlage der Nutzung jener Unterkunft, in der die Unterbringung erfolgt, nicht ankommen kann.

Bereits der Wortlaut, nämlich die beispielhafte Aufzählung von Hilfstätigkeiten, des § 7 Abs. 3 leg. cit. erfasst Reinigungstätigkeiten. Im konkreten Fall kommt es darauf an, ob die Reinigungstätigkeiten in unmittelbaren Zusammenhang mit der Unterbringung standen. Die betreffenden Räumlichkeiten waren zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt für die Nutzung zur Unterbringung von Asylwerbern (bzw. im Zusammenhang damit als Lagerraum) vorgesehen, allerdings waren noch keine Asylwerber im konkreten Gebäudeteil, sondern nur im angrenzenden Gebäudeteil untergebracht.

Auszugehen ist grundsätzlich davon, dass die Regelung des § 7 Abs. 3 GVG-B eng auszulegen ist, handelt es sich dabei doch um eine Ausnahme von den normalerweise geltenden arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen. Allerdings erscheint eine Auslegung dahingehend, dass eine bloße Reinigung von Räumen, die sich im selben Gebäudekomplex (frei zugänglich) befinden, bloß deshalb unzulässig wäre, weil im konkreten Zeitpunkt die Nutzung für die Unterbringung erst vorbereitet war, als zu eng: Würde man die Bestimmung so auslegen, wäre bei jeder Reinigungstätigkeit iSd § 7 Abs. 3 GVG-B erst zu klären, ob der betreffende Raum gerade zu jenem Zeitpunkt für die Unterbringung erforderlich war, was im Widerspruch zum Regelungszweck dieser Bestimmung, nämlich Asylwerbern unbürokratisch die Möglichkeit zu geben, in ihrer Unterkunft „auszuhelfen“ wie auch zu ihrer praktischen Vollziehbarkeit stünde. Es würde mithin verunmöglichen, dass Asylwerber beispielsweise einen bisher als reines Lager benutzen Raum, der aber für die Unterbringung weiterer Personen benötigt wird, „entrümpeln und herrichten“, weil unter der hier abgelehnten engen Auslegung des § 7 Abs. 3 GVG-V das Aufräumen dieses Raumes nicht mehr im unmittelbaren Zusammenhang mit der Unterbringung stünde.

Der Gebäudekomplex insgesamt war zur Unterbringung von Asylwerbern gedacht und Reinigungstätigkeiten darin sind daher von § 7 Abs. 3 GVG-B gedeckt.

Im Hinblick auf die Spruchpunkte 1., 2. und 5. ist daher der angelastete Tatbestand objektiv nicht erfüllt.

4.5. Was die festgestellte Tätigkeit von F (Spruchpunkt 3.) betrifft, nämlich das Abschlagen von Mauerputz, könnte argumentiert werden, sie gehe über die Ausnahme des § 7 Abs. 3 GVG-B hinaus. Aus Sicht des erkennenden Gerichts sprechen jedoch die besseren Gründe dafür, dass dies nicht der Fall ist. Es handelt sich beim Abschlagen von Mauerputz um eine einfache, keiner besonderen Qualifikation bedürfenden Tätigkeit, die typischerweise zB dem Ausmalen eines Raumes vorangeht. Auch ein solches (Neu-)Ausmalen eines Raumes wäre nach Ansicht des Gerichts noch als Hilfstätigkeit iSd § 7 Abs. 3 GVG-B erfasst, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Unterbringung steht; dasselbe muss für das Abschlagen des Putzes gelten. Sinngemäß gilt das auch für das Wegräumen von Schutt, das in einem weiteren Sinn – zumal neben Schaufeln und Besen kein anderes (schwereres) Arbeitsmaterial festgestellt worden ist – unter „Reinigung“ subsumiert werden kann, sowie für das Abladen von Material („Transporte“ im Klammerausdruck des § 7 Abs. 3). Dass für die eigentlichen Sanierungsarbeiten in diesem Gebäudetrakt ein einschlägiges Unternehmen hinzugezogen wurde, ergibt sich aus den Feststellungen.

Auch im Hinblick auf den Spruchpunkt 3. ist daher der angelastete Tatbestand objektiv nicht erfüllt.

5.   Zur Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist zulässig, da – soweit ersichtlich – bislang noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Frage existiert, welche Tätigkeiten in welchem örtlichen Rahmen von § 7 Abs. 3 GVG-B erfasst sind und es, wie in den rechtlichen Erwägungen dargelegt, im vorliegenden Fall exakt auf die Reichweite dieser Bestimmung ankommt.

Im Übrigen sind jedoch keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung zu klären, waren doch über die genannte Rechtsfrage hinaus nur Fragen der Beweiswürdigung verfahrensrelevant.

Schlagworte

Sozialversicherungsrecht; Verwaltungsstrafe; Meldepflicht; Remunerantentätigkeit; Asylwerber;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.S.712.001.2017

Zuletzt aktualisiert am

17.07.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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