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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art132;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Waldeck, Dr. Hubert Hasenauer, Rechtsanwälte in Wien I, Doblhoffgasse 7, gegen den Kostenbeamten des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit betreffend Aufschiebung der Einbringung von Gerichtsgebühren, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Gegen eine mit Zahlungsauftrag der belangten Behörde vom 24. April 1997 erfolgte Gerichtsgebührenvorschreibung richtete der Beschwerdeführer am 12. Mai 1997 einen Berichtigungsantrag an den Präsidenten des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien. Damit verband er gemäß § 7 Abs. 2 GEG den Antrag auf Aufschiebung der Einbringung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Berichtigungsantrag.
Mit der vorliegenden, beim Verwaltungsgerichtshof am 1. Dezember 1997 eingelangten Beschwerde machte der Beschwerdeführer die Entscheidungspflicht des Kostenbeamten über diesen Antrag geltend. Der Antrag sei am 12. Mai 1997 bei der Stelle eingelangt, bei der er einzubringen war, und die belangte Behörde habe nicht binnen sechs Monaten entschieden. Da gemäß § 7 Abs. 2 GEG ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Kostenbeamten über einen Aufschiebungsantrag unzulässig sei, dieser somit oberste Behörde sei und ein Devolutionsantrag als Rechtsschutz gegen eine Säumnis dieser Behörde nicht vorgesehen sei, sei auch diese Voraussetzung zur Erhebung der Beschwerde gemäß Art. 132 B-VG erfüllt.
Die Säumnisbeschwerde ist nicht zulässig.
Nach Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch Verwaltungsbehörden einschließlich der unabhängigen Verwaltungssenate erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war. Gemäß § 27 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine kürzere oder längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat.
Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 30. September 1989, VfSlg. Nr. 12.167 zu Art. 132 B-VG ausgeführt, dass keine wie auch immer geartete Einschränkung des Rechtschutzes durch den Verwaltungsgerichtshof gegen die Untätigkeit einer zur Bescheiderlassung verpflichteten Behörde außerhalb des Falles anzunehmen ist, dass noch Abhilfe gegen die Untätigkeit bei einer Verwaltungsbehörde beansprucht werden kann.
Eine solche Möglichkeit der Abhilfe gegen die Untätigkeit einer Verwaltungsbehörde hat der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 17. Februar 1994, Zl. 93/16/0196, erkannt und ausgehend davon, dass auch über Anträge auf Zurückzahlung von Vollzugs- und Wegegebühren gemäß § 8 Abs. 2 Vollzugs- und Wegegebührengesetz im Justizverwaltungswege zu entscheiden ist, ausgesprochen, dass in Justizverwaltungssachen einerseits ein (sinngemäß der Regelung des § 74 GOG entsprechender) administrativer Instanzenzug, der bis zum Bundesminister für Justiz geht, besteht, und dass der Partei andererseits gegen "Verzögerungen" das Institut der Beschwerde gemäß § 78 GOG zusteht. Es besteht also die Möglichkeit, im Justizverwaltungsweg Abhilfe gegen die Verletzung der Entscheidungspflicht durch die damals belangte Behörde (Vorsteher des Bezirksgerichtes, der über den Zurückzahlungsantrag mit Bescheid zu erkennen hatte) zu suchen (ebenso: Beschluss vom 29. Jänner 1997, Zl. 95/16/0086).
Durch diese Rechtsauffassung wurde keinesfalls ein Recht auf
Devolution in Justizverwaltungsangelegenheiten bejaht, wie ARNOLD
in seiner Glosse zum Beschluss vom 17. Februar 1994, AnwBl. 1994
Nr. 4824 vermeint. Vielmehr hat der Verwaltungsgerichtshof im
Erkenntnis vom 29. Jänner 1997, Zl. 95/16/0085, wiederholt, dass
der Devolutionsantrag gemäß § 73 Abs. 2 AVG bzw. 311 BAO nicht zu
den allgemeinen Grundsätzen eines geordneten rechtsstaatlichen
Verfahrens, welche die Justizverwaltungsbehörden anzuwenden haben,
gehört. Es müsse aber bei behaupteter Säumnis zunächst Beschwerde
im Verwaltungsbereich des Gerichtes gemäß § 78 GOG erhoben werden
und erst dann, wenn dieser Beschwerde keine Entscheidung in der
Sache innerhalb der allgemeinen Entscheidungsfrist folgt, ist eine
Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zulässig. Der in
Justizverwaltungssachen bestehende "Instanzenzug" beinhalte
jedenfalls auch die Ergreifung des Rechtsbehelfes der Beschwerde
gemäß § 78 GOG. Dass dieser Rechtsbehelf insbesondere auch in
Angelegenheiten der Justizverwaltung anwendbar sei, ergebe sich vor
allem aus dem Umstand, dass gerade für den Bereich der
Gerichtsbarkeit im Wege der Wertgrenzennovelle 1989 das spezielle
Instrument des Fristsetzungsantrages gemäß § 91 GOG geschaffen
wurde, dessen es nicht bedurft hätte, wenn allein dafür schon
§ 78 GOG zur Verfügung gestanden wäre.
§ 1 GEG zählt zu den Beträgen, die vom Gericht von Amts wegen
einzubringen sind, sowohl die Gerichts- und
Justizverwaltungsgebühren (Z. 1), als auch die Vollzugs- und
Wegegebühren (Z. 5 lit. b) auf. Hinsichtlich der Nichtzulässigkeit
eines Devolutionsantrages ebenso wie hinsichtlich der Möglichkeit,
die beschriebenen Rechtsbehelfe zu ergreifen, besteht im Rahmen
eines durch das GEG - wenn auch nur bruchstückhaft - geregelten
Verfahrens kein Unterschied, ob es sich um die Einbringung (bzw.
Zurückzahlung) von Gerichtsgebühren oder von Vollzugs- und Wegegebühren handelt. Auch bei dem hier gegebenen Antrag an den Kostenbeamten, gemäß § 7 Abs. 2 GEG einem Berichtigungsantrag hinsichtlich einer Gebühr nach Tarifpost 4 lit. a GGG die aufschiebende Wirkung zuzubilligen, sind dieselben Behelfe gegen die Säumnis gegeben, die zuletzt im Erkenntnis vom 29. Jänner 1997 aufgezeigt wurden.
Dieser neueren, nunmehr gefestigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht weder der Umstand entgegen, dass der Verwaltungsgerichtshof in früheren Fällen über derartige Säumnisbeschwerden das Vorverfahren eingeleitet und nach Nachholung des Bescheides das Verfahren eingestellt hat, noch, dass der Verwaltungsgerichtshof im Falle des Erkenntnisses vom 17. Dezember 1992, Zl. 91/16/0135, in welchem es um die Säumigkeit des OLG-Präsidenten anlässlich eines Stundungsantrages nach § 9 GEG ging, die nunmehr aufgezeigte Abhilfemöglichkeit im Justizverwaltungswege noch nicht erkannt hat.
Da der Beschwerdeführer den aufgezeigten Weg nicht beschritten hat, fehlt es an der Prozessvoraussetzung, dass die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren im Instanzenzug angerufen werden kann, angerufen worden ist.
Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 27. Jänner 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1997160502.X00Im RIS seit
24.10.2001