TE Vwgh Erkenntnis 2000/1/27 99/16/0481

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Veröffentlicht am 27.01.2000
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Index

32/06 Verkehrsteuern;

Norm

GrEStG 1987 §17 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der H in N, vertreten durch Dr. Klaus Reisch und Dr. Anke Reisch, Rechtsanwälte in Kitzbühel, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 21. Oktober 1999, Zl. RV 471/1-T6/99, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerdeschrift, der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides und den hg. Akten 97/16/0024, sowie 95/16/0126, ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Wohnungseigentumsvertrag vom 28. Juni 1993 vereinbarten die Beschwerdeführerin und Stefan Grander (die damals eine Heirat beabsichtigten) mit der P-GesmbH den Kauf von 91/1434 Anteilen bzw. 7/1434 Anteilen an der Liegenschaft EZ. 1702 GB 82114 X, je zur Hälfte, wobei mit diesen Anteilen Wohnungseigentum an der Wohnung Top 5 und am Garagenplatz Top TG 5 verbunden sein sollte. Der Kaufpreis betrug S 1,908.000,--. Die Käufer verpflichteten sich auch zur Tragung der Vertragserrichtungskosten.

Auf Grund einer entsprechenden Abgabenerklärung vom 6. Juli 1993 schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Innsbruck (im Folgenden kurz: Finanzamt) mit Bescheid vom 9. August 1993 dem Stefan Grander (ausgehend vom halben Kaufpreis und den halben Vertragserrichtungskosten) Grunderwerbsteuer im Ausmaß von S 33.691,-- vor. Ein ebensolcher Bescheid erging an die Beschwerdeführerin.

Am 22. Oktober 1993 richtete der Rechtsfreund des Stefan Grander an das Finanzamt folgendes Schreiben:

"In der Kaufvertragssache zwischen der Firma P-Gesellschaft m. b.H. sowie Herrn G bringe ich die Veräußerungsanzeige zur Änderungsurkunde zur Vorlage. Gleichzeitig stelle ich die Unbedenklichkeitsbescheinigung zu 111/4104 - 111/4112 in der Beilage im Original zurück und bitte die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer für Frau O zu stornieren und den frei werdenden Betrag auf den nunmehrigen Erwerber, Herrn G, zu verrechnen und mir sodann eine neue Unbedenklichkeitsbescheinigung zukommen zu lassen."

Beigeschlossen war diesem Schreiben eine von Stefan Grander, der Beschwerdeführerin und der Verkäuferin unterfertigte "Änderungsurkunde" die folgenden Wortlaut hat:

"ÄNDERUNGSURKUNDE

errichtet zwischen der Firma P-Gesellschaft m.b.H. mit dem Sitz in A, Herrn G in X und Frau O, ebendort, wie folgt.

§ 1

Vertragsvoraussetzung

Herr G und Frau O haben von der Firma P-Gesellschaft m.b.H. mit Vertrag vom 28.6./1.7.1993 eine Eigentumswohnung samt Tiefgaragenplatz erworben. Indessen wurde diese Eigentumswohnung im Grundbuch bereits gebildet und handelt es sich um 91/1434-tel ideellen Anteile, verbunden mit dem Wohnungseigentum an Wohnung Top 5 sowie um 7/1434-tel ideellen Anteile, verbunden mit dem Wohnungseigentum an Tiefgarage Top TG 5.

Beim Erwerb der Wohnung gingen die gemeinsamen Erwerber davon aus, dass durch eine Heirat der gemeinsame Erwerb möglich sein wird. Eine Heirat unterbleibt jedoch, sodass sich folgende Erledigungen ergeben.

§ 2

Vertragsaufhebung

Der Kaufvertrag vom 28.6./1.7.1993, soweit er zwischen der Firma P-Ges mbH und Frau O abgeschlossen wurde, wird hiemit

einvernehmlich aufgehoben.

§ 3

Neuer Kauf

Die durch das Ausscheiden der Frau O frei gewordenen Anteile der oben angeführten Eigentumswohnung samt Tiefgarage werden nun von Herrn G erworben.

Er ist damit der alleinige Erwerber der Wohnung.

§ 4

Vertragsbedingungen

Alle Vertragsbedingungen des Wohnungseigentumsvertrages vom 28.6./1.7.1993 dehnen sich selbstverständlich nun auf den gesamten Erwerb des Herrn G aus, während umgekehrt Frau O natürlich entlastet wird.

§ 5

Aufsandung

Die Firma P-Gesellschaft m.b.H., Herr G und Frau O erteilen sohin ihre ausdrückliche Einwilligung, dass auf Grund dieser Urkunde ob den 91/1434-tel Anteilen, verbunden mit dem Wohnungseigentum an Wohnung Top 5 sowie den 7/1434-tel Anteilen, verbunden mit dem Wohnungseigentum an Tiefgarage Top T 5, die Einverleibung des Eigentumsrechtes für S bewilligt wird.

K, am 6.10.1993

Urkund dessen, der Firma P-Gesellschaft m.b.H. firmenmäßige und beglaubigte sowie des Herrn G und der Frau O je beglaubigte Fertigung."

Daraufhin wurde auf Grund der "Änderungsurkunde" dem Stefan Grander Grunderwerbsteuer vorgeschrieben, wogegen der Genannte berief. Auf eine in diesem Berufungsverfahren an die Verkäuferin gerichtete Frage, ob sie auch die Möglichkeit gehabt hätte, an eine dritte Person zu veräußern, antwortete die Verkäuferin der belangten Behörde mit Schreiben vom 7. Februar 1995 wie folgt:

"Bezüglich Ihres Schreibens teilen wir mit, dass wir über den Änderungswunsch des Grundkaufvertrages G-O lediglich durch das Schreiben (siehe Anlage) des Dr. R informiert wurden, und keine anderweitigen Absprachen bzw. Schriftverkehr bestanden haben".

Das in diesem Brief zitierte Schreiben des Rechtsfreundes des Beschwerdeführers vom 29. September 1993 hatte auszugsweise folgenden Wortlaut:

"Von den Herrschaften G und O werde ich davon verständigt, dass eine Heirat derzeit nicht vorgesehen ist und daher der Erwerb der Wohnung nach außen hin durch Herrn G alleine erfolgen soll. Ich habe eine entsprechende Änderungsurkunde vorbereitet und darf Sie bitten, diese firmenmäßig beglaubigt zu unterfertigen und sodann an mich zur weiteren Veranlassung wieder zurückzuleiten."

Daraufhin blieb der Berufung des Stefan Grander ein Erfolg versagt, wobei auch die gegen die abweisliche Berufungsentscheidung erhobene Verwaltungsgerichtshofbeschwerde als unbegründet abgewiesen wurde (hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1995, Zl. 95/16/0126).

Die Beschwerdeführerin ihrerseits begehrte zunächst mit Eingabe vom 22. Oktober 1993, gestützt auf die "Änderungsurkunde" vom 30. September/6. Oktober 1996 die Stornierung der ihr vorgeschriebenen Grunderwerbsteuer, welchem Antrag mit Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Innsbruck (im Folgenden kurz: Finanzamt) vom 23. Februar 1994 keine Folge gegeben wurde. Dieser Bescheid erwuchs unbekämpft in Rechtskraft.

Am 10. Juni 1996 stellte die Beschwerdeführerin neuerlich einen "Antrag auf Stornierung" bzw. "Vergütung der Grunderwerbsteuer", wozu sie sich auf eine zwischen ihr und der Verkäuferin errichtete Aufhebungsurkunde vom 30.5.1996 berief. Darin war vereinbart worden, den Kaufvertrag vom 28.6.1993 hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin erworbenen Hälfteanteile aufzulösen. Diesen Antrag wies das Finanzamt mit der Begründung zurück, dass in dieser Sache bereits mit Bescheid vom 23. Februar 1994 entschieden worden wäre.

Dagegen berief die Beschwerdeführerin mit der Begründung, es liege ein anderer Sachverhalt vor, weshalb betreffend den Antrag vom 10. Juni 1996 eine Sachentscheidung zu treffen wäre. Gegen die abweisliche Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes stellte die Beschwerdeführerin rechtzeitig den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Die belangte Behörde wies die Berufung mit Bescheid vom 6. Dezember 1996, Zl. 50.489-5/96, als unbegründet ab und vertrat die Auffassung, es liege Identität der vorliegenden Sache mit jener vor, die mit rechtskräftigem Bescheid des Finanzamtes vom 23. Februar 1994 entschieden worden sei.

Dieser Bescheid wurde mit hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1997, Zl. 97/16/0024, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, weil der Entscheidung über den Antrag der Beschwerdeführerin vom 10. Juni 1996 nicht das Verfahrenshindernis der res iudicata entgegenstand. Der Verwaltungsgerichtshof sah sich dabei aus verfahrensönkonomischen Gründen zu folgenden Bemerkungen veranlasst:

Aus verfahrensökonomischen Gründen wird betreffend die zu fällende Sachentscheidung über den Antrag vom 10. Juni 1996 darauf hingewiesen, dass - unabhängig von der Frage, ob eine schon laut § 2 der Änderungsurkunde vom 30.9./6.10.1993 aufgehobene Vereinbarung überhaupt nochmals einer Aufhebung zugänglich war (allenfalls rechtliche Unmöglichkeit gemäß § 878 ABGB) - die Verkäuferin auch durch die Aufhebungsurkunde vom 30. Mai 1996 keinesfalls jene Rechtsstellung wiedererlangen konnte, die sie ursprünglich hatte. Zu beachten ist nämlich, dass ja (wie sich aus dem hg. Verfahren 95/16/0126 klar ergibt) die von der Beschwerdeführerin aufgegebenen Hälfteanteile bereits auf Basis der Änderungsurkunde vom 30.9./6.10.1993 auf G übergegangen sind. Damit von einem rückgängig gemachten Erwerbsvorgang iS des § 17 Abs. 1 Z. 1 GrEStG gesprochen werden kann, muss aber der Verkäufer seine ursprünglich freie Verfügungsmöglichkeit über das Kaufobjekt wiedererlangen (vgl. dazu die bei Fellner a.a.O. unter Rz 15 zu § 17 GrEStG, 12C Abs. 2 bis 4 sowie Ergänzung C13C Abs. 1 und 2 referierte hg. Judikatur).

Daraufhin erließ das Finanzamt am 23. Februar 1998 über den Antrag der Beschwerdeführerin vom 10. Juni 1996 auf Rückerstattung der Grunderwerbsteuer einen abweislichen Sachbescheid, wogegen die Beschwerdeführerin berief.

Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab und vertrat die Meinung, die Verkäuferin habe mit Rücksicht auf die schon zuvor erfolgte Auflösung des Wohnungseigentumsvertrages mit der Beschwerdeführerin und Stefan Grander und die damit an Stefan Grander vorgenommene Übertragung des Hälfteanteiles durch die spätere Aufhebungsurkunde vom 30. Mai 1996 nicht mehr jene Stellung wiedererlangt, die sie vor Vertragsabschluss hatte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die jetzt vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Rückvergütung der Grunderwerbsteuer verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 17 Abs. 1 Z. 1 GrEStG lautet:

"(1) Die Steuer wird auf Antrag nicht festgesetzt,

1. wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes oder eines Wiederkaufsrechtes rückgängig gemacht wird."

Nach ständiger hg. Judikatur ist ein Erwerbsvorgang nur dann rückgängig gemacht, wenn der Verkäufer jene Verfügungsmacht über das Grundstück wiedererlangt hat, die er vor Vertragsabschluss hatte (vgl. dazu die zahlreiche bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern Band II, 3. Teil GrunderwerbsteuerG 1987 unter RN 14 zu § 17 GrEStG angeführte hg. Rechtsprechung).

Da die Beschwerdeführerin auch in der Sachverhaltsdarstellung ihrer neuerlichen Beschwerde selbst davon ausgeht, der durch ihr Ausscheiden frei gewordene Anteil sei im Wege der "Änderungsurkunde" vom 30. September/6. Oktober 1993 von Stefan Grander erworben worden, liegt es auf der Hand, dass die Verkäuferin auch im Wege der erst später, nämlich am 30. Mai 1996 zwischen ihr und der Beschwerdeführerin (neuerlich) errichteten "Aufhebungsurkunde" die freie Verfügung über den bereits an Stefan Grander übergegangenen ehemaligen Anteil der Beschwerdeführerin nicht wiedererlangt haben kann. Mit Rücksicht auf die oben bereits wiedergegebenen Rechtsausführungen im hg. Erkenntnis Zl. 97/16/0024 ergibt sich daher bereits aus dem Beschwerdeinhalt, dass die behaupteten Rechtsverletzungen dem angefochtenen Bescheid nicht anhaften.

Die Beschwerde war daher ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen, wobei die Entscheidung mit Rücksicht auf die durch die angeführte hg. Judikatur klargestellte Rechtslage in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden konnte.

Wien, am 27. Jänner 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999160481.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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