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20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);Norm
ABGB §1151;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der G in S, vertreten durch Dr. Wolfgang Berger und Dr. Josef W. Aichlreiter, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Sterneckstraße 55, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 7. Oktober 1998, RV 137/1-9/98, betreffend Dienstgeberbeitrag 1996, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Vom Stammkapital der Beschwerdeführerin in Höhe von 5,2 Mio S halten HA und GO je einen Geschäftsanteil von 2,55 Mio S.
Nach einer bei der Beschwerdeführerin durchgeführten Lohnsteuerprüfung bezog das Finanzamt die an die Geschäftsführer HA und GO geleisteten Geschäftsführerbezüge des Jahres 1996 (je 1,400.000 S zuzüglich Sachbezug in Form der Pkw-Nutzung) in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag ein.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die Beschwerdeführern habe vorgebracht, HA und GO seien lediglich überwachend tätig. Diese beiden Gesellschafter seien an keine feste Beschäftigungszeit gebunden, hätten keine feste Urlaubszeit und keinen Anspruch auf "Krankenentschädigung". Sie würden für die Gesellschaftskredite bürgen und daher Unternehmerrisiko tragen. Sie seien nicht in den geschäftlichen Ablauf des Unternehmens eingegliedert, weil die geschäftliche Leitung von MU und KR, den beiden anderen Gesellschaftern, besorgt würde. Nach Ansicht der belangten Behörde verlange die hier anzuwendende Regelung des § 41 Abs 2 FLAG iVm § 22 Z 2 EStG 1988, den Umstand der Beteiligung an der GmbH auszublenden und eine auf Grund der Beteiligungsverhältnisse fehlende Weisungsgebundenheit fiktiv hinzuzudenken. Sodann sei nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu prüfen, ob die Voraussetzungen eines steuerlichen Dienstverhältnisses gegeben seien. Es werde zutreffen, dass die Geschäftsführer HA und GO auf Grund ihrer Beteiligung keinen Weisungen unterlägen. Es möge auch zutreffen, dass sie Hilfskräfte heranziehen und frei ihre Arbeitszeit und ihren Erholungsurlaub festlegen könnten. Auf diese aus dem Beteiligungsverhältnis resultierende Weisungsfreiheit komme es aber nicht an. Das steuerliche Dienstverhältnis sei insbesondere dann anzunehmen, wenn neben weiteren Merkmalen eines Dienstverhältnisses, wie der laufenden Lohnauszahlung, eine Betätigung ohne Unternehmerrisiko gegeben sei. Dabei sei aber nicht jenes "Unternehmerwagnis" relevant, das ein Gesellschafter auf Grund seiner Beteiligung trage, zumal dieses primär nicht mit den Einkünften aus der Geschäftsführung, sondern mit der Beteiligung und den daraus resultierenden Einkünften aus Kapitalvermögen zusammenhänge. Es sei entscheidend, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer in der Art eines Dienstnehmers tätig sei. Dies sei im Hinblick auf die Auszahlung der Geschäftsführerbezüge in gleich bleibender Höhe und den Bezug von "sonstigen Bezügen" und eines Sachbezuges als Entgelt für die Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Fall. Die Weisungsgebundenheit sei auf Grund der gesellschaftsrechtlichen Beziehung nicht gegeben. Die Höhe der Geschäftsführerbezüge sei nicht vom wirtschaftlichen Erfolg der Beschwerdeführerin abhängig. Ein weiteres Indiz dafür, dass das Tätigwerden der Gesellschafter HA und GO gegenüber der Gesellschaft in der Art eines Dienstverhältnisses erfolgt sei, bestehe in dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin Reisekosten und sonstige Aufwendungen ersetze. Die Übernahme der Haftung für Kredite der Beschwerdeführerin durch HA und GO ergebe sich aus deren Stellung als Gesellschafter. Da HA und GO ihre Arbeitskraft schuldeten, ihre Tätigkeit ohne Unternehmerrisiko erfolge und sie in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin eingegliedert seien, gehörten ihre Gehälter zur Beitragsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß § 41 Abs. 1 FLAG haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.
Gemäß § 41 Abs. 2 FLAG idF BGBl. 818/1993 sind Dienstnehmer alle Personen, die in einem Dienstverhältnis iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen iSd § 22 Z. 2 EStG 1988.
Gemäß § 41 Abs. 3 FLAG idF BGBl. 818/1993 ist der Beitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen. Arbeitslöhne sind dabei Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art iSd § 22 Z. 2 EStG 1988.
Gemäß § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 gehören zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2) aufweisende Beschäftigung gewährt wird.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt, ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 und aus dem Zusammenhang mit der Bestimmung des § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. b EStG 1988, dass der Formulierung "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" in § 22 Z. 2 das Verständnis beizulegen ist, dass es auf die Weisungsgebundenheit nicht ankommt, wenn diese wegen der Beteiligung an der Gesellschaft nicht gegeben ist, im Übrigen aber nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Voraussetzungen eines Dienstverhältnisses gegeben sein müssen. Es ist die auf Grund des gesellschaftsrechtlichen Verhältnisses fehlende Weisungsgebundenheit hinzuzudenken und dann zu beurteilen, ob die Merkmale der Unselbständigkeit oder jene der Selbständigkeit im Vordergrund stehen. Dabei kommt dem Vorliegen bzw. Fehlen des Unternehmerwagnisses wesentliche Bedeutung zu (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 18. September 1996, 96/15/0121, und vom 24. Februar 1999, 98/13/0014).
Die Beschwerdeführerin tritt den Feststellungen der belangten Behörde nicht entgegen, dass die Geschäftsführer HA und GO einen der Höhe nach gleich bleibenden laufenden monatlichen Geschäftsführerbezug von 100.000 S, sonstige Bezüge von jährlich 2 x 100.000 S (sohin insgesamt 14 Bezüge) und einen laufenden Sachbezug in Form der Überlassung eines Pkw für Privatfahrten erhalten haben. Diese Bezüge waren erfolgsunabhängig. Zudem hat die Beschwerdeführerin die HA und GO in Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit angefallenen Aufwendungen (insbesondere Reisekosten) ersetzt. Es liegt sohin jeweils kontinuierlich erbrachte, laufend entlohnte Tätigkeit ohne Unternehmerwagnis vor. Die Beschwerdeführerin tritt auch den Feststellungen der belangten Behörde nicht entgegen, wonach die Weisungsgebundenheit im Hinblick auf die gesellschaftsrechtlich Stellung von HA und GO nicht gegeben sei.
Für den Beschwerdefall ist entscheidend, dass die belangte Behörde den Fixbezug als wesentlichen Umstand gegen das Vorliegen eines Unternehmerrisikos werten durfte. Zusätzlich konnte sie auf den Anspruch auf Auslagenersatz Bedacht nehmen. Insbesondere im Hinblick auf das Fehlen des Unternehmerwagnisses kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Einkünfte des Geschäftsführers als solche nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 angesehen hat (vgl das hg Erkenntnis vom 30. November 1999, 99/14/0226).
Die Beschwerde macht geltend, die belangte Behörde habe beantragte Zeugeneinvernahmen unterlassen. Die Vernehmung (insbesondere von GO) hätte ergeben, dass dieser auf Grund seiner wissenschaftlichen Tätigkeit als Universitätsprofessor fix von Montag bis Freitag an der Universität Leoben tätig sei; GO liefere die wissenschaftliche Basis für die von der Beschwerdeführerin hauptsächlich erbrachte technische Beratung im Tunnelbau. HA halte Vorträge auf Kongressen und sonstigen Veranstaltungen und pflege den Kontakt zu "Regierungsbehörden", weil private Auftraggeber für den Tunnelbau nicht existierten. Bei ihm lägen die Akquisitions- und Marketingtätigkeiten. Diese Funktionen hätten aber mit einem Dienstverhältnis nichts zu tun, weil die Gesellschafter weder ihre persönliche Arbeitskraft schuldeten noch in der geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers eingegliedert seien oder ihre Arbeit persönlich erbringen müssten. Die belangte Behörde habe es unterlassen zu erheben, ob und inwieweit fixe Beschäftigungszeiten für die beiden Geschäftsführer bestünden, ob sie sich vertreten lassen könnten und inwieweit sie in die Organisation der Beschwerdeführerin eingegliedert gewesen seien, also in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers dessen Weisungen hätten folgen müssen. Die Unterlassungen seien umso gravierender, als die belangte Behörde darauf hingewiesen worden sei, dass GO als Institutsvorstand an der Universität Leoben schon aus zeitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen sei, ein Dienstverhältnis (zur Beschwerdeführerin) "zu erfüllen". Die belangte Behörde habe auch nicht erhoben, ob GO und HA Aufzeichnungen über Urlaubs- und Krankenstandstage geführt hätten, was für Arbeitsverträge üblich sei, und dass ihnen kein Abfertigungsanspruch zustehe. Zu beachten sei auch, dass die Beschwerdeführerin im Falle der Abwesenheit der Gesellschafter-Geschäftsführer wegen Krankheit und Urlaub nicht zur Weiterzahlung des Lohnes verpflichtet gewesen sei.
Die vorstehenden Sachverhaltselemente hat die Beschwerdeführerin im Wesentlichen bereits im Verwaltungsverfahren behauptet. Weil die belangte Behörde die Sachverhaltsumstände nicht in Zweifel zieht, bedurfte es hiezu keiner Aufnahme des Zeugenbeweises und keiner weiter gehenden Sachverhaltsermittlungen der belangten Behörde. Diese Sachverhaltsumstände stehen aber der von der belangten Behörde vorgenommenen rechtlichen Beurteilung der Tätigkeit der Gesellschafter-Geschäftsführer GO und HA aus folgenden Gründen nicht entgegen.
Zunächst ist darauf zu verweisen, dass eine Tätigkeit (von Monat bis Freitag) an einer Universität (auch eine Tätigkeit als Institutsvorstand) in keiner Weise ein anderes Dienstverhältnis ausschließt. Die Beschwerdeführerin behauptet im Übrigen nicht, dass ihr GO nicht Leistungen in jenem Umfang erbracht hätten, welcher die monatliche Entlohnung in Höhe von 100.000 S (zuzüglich Sonderzahlungen und Sachbezug) als angemessen erscheinen lasse.
Gegen ein Dienstverhältnis leitender Angestellter spricht es auch nicht, dass sie Vorträge auf Kongressen halten und Akquisitions- und Marketingtätigkeiten ausüben.
Dass sich ein Geschäftsführer durch einen anderen Geschäftsführer vertreten lassen kann, ist nicht unüblich und steht einem Dienstverhältnis der Geschäftsführer nicht entgegen. Leitende Angestellte können üblicherweise Arbeiten auch an andere Dienstnehmern delegieren.
Einkünfte iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 hängen nicht davon ab, ob ein Arbeitsverhältnis iSd Arbeitsrechts gegeben ist. Eine Tätigkeit kann daher auch dann unter diese Bestimmung fallen, wenn auf sie arbeitsrechtliche Vorschriften, wie etwa die Abfertigungs- oder die Urlaubsregelung oder die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, keine Anwendung finden (vgl das hg Erkenntnis vom 30. November 1999, 99/14/0264).
Im gegenständlichen Fall ist der Inhalt der GO und HA auferlegten Verpflichtung nicht die Abwicklung eines konkreten (überschaubaren) Projektes, sondern eine auf Dauer angelegte Leistungserbringung. Die Arbeitsleistung im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses entspricht aber grundsätzlich - im Gegensatz zu jener im Rahmen eines Werkvertrages - der in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 angesprochenen Betätigung.
Es ist auch nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde aus einer dauerhaften und kontinuierlichen Leistungserbringung - von Leistungen, die einer Entlohnung von monatlich 100.000 S entsprechen - ein gewisses Maß an Eingliederung in den Betrieb der Beschwerdeführerin ableitet. Dem steht nicht entgegen, dass den Gesellschafter-Geschäftsführern als leitenden Angestellten Freiheit in der Einteilung ihrer Arbeitszeit eingeräumt ist.
Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa im Erkenntnis vom 27. Juli 1999, 99/14/0136, ausgesprochen hat, ist ein gegen Einkünfte iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 sprechendes Unternehmerwagnis nur dann gegeben, wenn es sich auf die Eigenschaft als Geschäftsführer bezieht. Es kommt nicht auf ein Wagnis aus der Stellung als Gesellschafter oder gar auf das Unternehmerwagnis der Gesellschaft an, weshalb der Haftung für Bankkredite der Gesellschaft im gegebenen Zusammenhang keine Bedeutung zukommt. Das in diesem Zusammenhang stehende Beschwerdevorbringen, falls GO und HA ein Weisungsrecht in der Generalversammlung zukäme, trage "die Gesellschaft allein die Verantwortung und das Risiko für den Erfolg der Gesellschaft", vermag für den Standpunkt der Beschwerdeführerin nichts beizutragen.
Wie sich aus dem Vorstehenden ergibt, erweist sich die Beschwerde als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl 416/1994.
Wien, am 27. Jänner 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1998150200.X00Im RIS seit
01.06.2001Zuletzt aktualisiert am
16.05.2013