Index
27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;Norm
GGG 1984 §18 Abs2 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. Ingrid Huber, Rechtsanwalt in Graz, Lendkai 67/II, gegen den Bescheid des Präsidenten des LG für ZRS Wien vom 27. Juli 1999, Zl. Jv 2404-33a/99, betreffend Gerichtsgebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer schloss im Rahmen des zu 10 C 48/96v vor dem BG Döbling mit seiner damaligen Ehefrau geführten Ehescheidungsverfahrens am 6. November 1996 einen über das erhobene Scheidungsbegehren hinausgehenden Vergleich, dessen (jetzt allein strittiger) Punkt E folgenden Wortlaut hat:
"E. Der Ehemann übernimmt die offenen Darlehensschulden
a) Wohnbauhilfe 1968, Land Wien, mtl. ca. S 800,--, b) BUWOG: mtl. ca. S 800,--, c) BUWOG Stundung mtl. ca. S 800,-- a)b)c) betreffend Türkenschanzplatz, d) Bausparkredit Nr. 433 98 650-6 bei der BSPK
d. ÖSPK, e) Wüstenrot Nr. 0299720-34524 a)-e) aushaftend 1988 mit
S 1.940.00,-- mehr oder weniger zur alleinigen Rückzahlung und verpflichtet sich, diesbezüglich die Ehefrau schad- und klaglos zu halten."
Diesen Vergleichspunkt bewertete der Kostenbeamte mit S 1,940.000,-- und schrieb dem Beschwerdeführer ausgehend davon und von mehreren anderen (jetzt nicht strittigen) Vergleichspunkten weitere Pauschalgebühr vor.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht einen Berichtigungsantrag, in dem er unter anderem vorbrachte, die im Vergleich angeführten Kredite seien zur Zeit der Vergleichsverhandlungen schon getilgt gewesen.
Die belangte Behörde gab dem Berichtigungsantrag keine Folge und vertrat die Auffassung, als Wert des durch den Vergleich erweiterten Streitgegenstandes sei der Wert jener Leistung zu verstehen, zu der sich der Beschwerdeführer im Vergleich verpflichtet habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich - aus dem Beschwerdeinhalt erkennbar - in seinem Recht darauf verletzt, dass der Bemessung nur der am 6. November 1996 tatsächlich aushaftende Kreditbetrag zu Grunde gelegt wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des gerichtlichen und des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Fall eines Vergleiches ist nach der hg. Judikatur Wert des Streitgegenstandes der Wert jener Leistung, zu der der Vergleich verpflichtet (vgl. die bei Tschugguel/Pötscher, MGA Gerichtsgebühren6 unter E 7 zu § 18 GGG referierte hg. Judikatur).
Der hier maßgebliche Vergleichstext wird üblicherweise verwendet, wenn wenigstens eine der Vergleichsparteien zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht genau weiß, in welcher Höhe die zu übernehmenden Kreditverbindlichkeiten aktuell aushaften. In einem solchen Fall formuliert man die Vereinbarung (mangels Bestimmtheit allerdings unter Verzicht auf einen exekutiv durchsetzbaren Anspruch) dergestalt, dass sie immerhin objektiv bestimmbar ist, in dem man sich auf einen in der Vergangenheit liegenden Stichtag und die den Parteien diesbezüglich bekannten Summen bezieht und durch eine entsprechende Wortwendung (hier z.B. durch die Floskel "mehr oder weniger") darauf Rücksicht nimmt, dass sich dieser Betrag zwischenzeitig verändert haben kann.
Damit ist eine ausreichende Grundlage dafür geschaffen, im Streitfall objektiv bestimmbar (z.B. auch durch eine dritte Person) klären zu lassen, in welcher tatsächlichen Höhe die im Vergleich genannten Verbindlichkeiten zu übernehmen sind.
In einem solchen Fall stellt die im Vergleich genannte Summe nicht schlechthin den Betrag dar, zu dessen Leistung sich eine Vergleichspartei verpflichtet, sondern nur den Ausgangswert für die auf den Vergleichszeitpunkt anzustellende Berechnung. Diesbezüglich wäre es daher Aufgabe des Kostenbeamten gewesen, durch geeignete Maßnahmen - z.B. durch eine Anfrage an den Beschwerdeführer - jenen Betrag zu ermitteln, der aus den im Vergleichspunkt E angeführten Krediten am 6. November 1996 noch aushaftete (vgl. dazu z.B. das vom Beschwerdeführer zu Recht ins Treffen geführte hg. Erkenntnis vom 9. Juni 1972, Zl. 865/71, AnwBl 1973/223). Solche Ermittlungen wären im vorliegenden Fall auch deshalb angezeigt gewesen, weil in dem in Rede stehenden Vergleichspunkt ein aufklärungsbedürftiger Schreibfehler enthalten ist ("S 1.940.00,-"?).
Der Beschwerdeführer ist daher im Recht, wenn er der belangten Behörde die Unterlassung dieser Ermittlungen als Verfahrensfehler anlastet und ist diese Rüge auch von Relevanz, weil nach den (von der belangten Behörde noch zu prüfenden) Behauptungen des Beschwerdeführers aus den von ihm zu übernehmenden Krediten zur Zeit des Vergleichsabschlusses nur mehr eine Summe von rund S 200.000,-- aushaftete.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben, wobei die Entscheidung wegen der einfachen Rechts- und Sachlage in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden konnte.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994. Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens betrifft einerseits die angesprochene Umsatzsteuer und andererseits die geltend gemachten Stempelgebühren für die vorgelegte Vollmacht. Bei dem in der oben zitierten Verordnung vorgesehenen Schriftsatzaufwand handelt es sich um einen Pauschalbetrag, in dem die Umsatzsteuer bereits enthalten ist; die Vorlage einer Vollmacht war im vorliegenden Fall zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig, weil eine Berufung auf die erteilte Vollmacht ausgereicht hätte.
Wien, am 27. Jänner 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1999160346.X00Im RIS seit
24.10.2001