TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/3 W200 2186623-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.07.2018
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Entscheidungsdatum

03.07.2018

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W200 2186623-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Scherz als Vorsitzende und durch den Richter Dr. Kuzminski sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Halbauer als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 14.12.2017, OB:

24452571000032, mit welchem der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 42 und 47 des Bundesbehindertengesetzes, BGBl. I Nr. 283/1990, idF BGBl. I Nr. 39/2013 iVm § 1 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II Nr. 495/2013 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die beschwerdeführende Partei stellte unter Vorlage von medizinischen Unterlagen am 03.11.2017 einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses und auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" sowie auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung (StVO).

Das vom Sozialministeriumservice eingeholte Sachverständigengutachten einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 11.12.2017, basierend auf einer Begutachtung am selben Tag, ergab Folgendes:

"Anamnese:

St.p. operativer Korrektur einer Aortenisthmusstenose (Interponat) 1973

St.p. Stenting einer höhergradigen Re-Coarctatio 2003

Periphere arterielle Verschlusskrankheit mit St.p. PTA im Bereich der rechten unteren Extremität 1994

chronische obstruktive Lungenerkrankung (COPD - GOLD III)

Derzeitige Beschwerden:

Ich bekomme keine Luft und möchte einen Parkausweis haben. Ich habe Asthma.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Acecomb, Amlodipin, Ascalan, Concor, Eliquis, Pantoprazol, Sedacoron, Simvastatin, Acemin, Thrombo-ass, Seretide Diskus, Spiriva Kapseln.

Sozialanamnese:

verheiratet, 3 Kinder, in Pension

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

AKH Wien vom 26.06.2017

St.p. operativer Korrektur einer Aortenisthmusstenose (Interponat) 1973

St.p. Stenting einer höhergradigen Re-Coarctatio 2003

Eine Episode Vorhofflimmern mit St. p. medikamentöser Cardioversion mit Sedacorone am

26.5.201?

Koronarngiographie vom 11.8.2015: 3-Gefäßerkrankung mit hämodynamisch nicht signifikanten Stenose

Eine Epiode Vorhofflimmern mit St.p. elektrischer Cardioversion am 30.12.2014

Periphere arterielle Verschlusskrankheit mit St.p. PTA im Bereich der rechten unteren Extremität 1994

chronische obstruktive Lungenerkrankung (COPD - GOLD III)

ECHO: normale systolische Funktion.

In Zusammenschau der Befunde kann aus kardialer Sicht das konservative Procedere fortgeführt werden

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

gut

Ernährungszustand:

gut

Größe: 164,00 cm Gewicht: 62,00 kg Blutdruck: 140/80

Klinischer Status - Fachstatus:

75 Jahre

Haut/farbe: rosig sichtbare Schleimhäute gut durchblutet, Papierhaut

Caput: Visus: unauffällig Hörvermögen nicht eingeschränkt

keine Lippenzyanose, Sensorium: altersentsprechend, HNA frei

Collum: SD: schluckverschieblich, keine Einflussstauung,

Lymphknoten: nicht palpabel

Thorax. Symmetrisch, elastisch, reaktionslose Narbe links axillär

Cor: Rhythmisch, rein, normfrequent

Pulmo: Brummen bds., Dyspnoe bei mäßiger Belastung, vermehrte Bauchatmung

Abdomen: Bauchdecke: weich, kein Druckschmerz, keine Resistenzen tastbar,

Hepar am Ribo, Lien nicht palp. Nierenlager: Frei.

Pulse: Fußpulse nicht sicher tastbar

Obere Extremität: Symmetrische Muskelverhältnisse. Nackengriff und Schürzengriff bds. uneingeschränkt durchführbar, grobe Kraft bds. nicht vermindert, Faustschluss und Spitzgriff bds. durchführbar. Die übrigen Gelenke altersentsprechend frei beweglich. Sensibilität wird unauffällig angegeben,

Untere Extremität: Zehenspitzen und Fersenstand sowie Einbeinstand bds. durchführbar, beide Beine von der Unterlage abhebbar, grobe Kraft bds. nicht vermindert, freie Beweglichkeit in Hüftgelenken und Kniegelenken, bandstabil, kein Erguss, symmetrische Muskelverhältnisse, Sensibilität wird unauffällig angegeben keine Varikositas, keine Ödeme bds.

Wirbelsäule: Kein Klopfschmerz, Finger-Bodenabstand im Stehen: 30 cm,

Rotation und Seitwärtsneigung in allen Ebenen endlagig eingeschränkt

Gesamtmobilität - Gangbild:

normales Gangbild

Status Psychicus:

klar, orientiert

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Chronisch obstruktive Atemwegserkrankung Wahl der Position mit dem unteren Rahmensatz, da fortgeschrittene Ventilationsstörungen, medikamentös kompensierbar und ohne Sauerstoffnotwendigkeit

06.06.03

50

2

Zustand nach operativen Korrektur einer Aortenisthmusstenose Wahl der Position mit dem unteren Rahmensatz, da zufriedenstellendes Ergebnis.

05.02.01

30

3

Periphere arterielle Verschlusskrankheit rechts Wahl der Position mit dem unteren Rahmensatz, da erfolgreich saniertes Leiden.

05.03.02

20

Gesamtgrad der Behinderung 50 v.H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

weil der führende Grad der Behinderung unter der Position 1 durch die weiteren Leiden nicht erhöht wird, da keine maßgebliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt. [...]

[...] Dauerzustand [...]

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Es liegen keine erheblichen Funktionsstörungen der oberen und unteren Extremitäten, sowie der Wirbelsäule vor. Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke ist selbständig möglich. Bei ausreichend guten Kraftverhältnissen der oberen und unteren Extremitäten ist das Ein- und Aussteigen ohne fremde Hilfe zumutbar. Das sichere Anhalten ist möglich. Ein sicherer Transport in den öffentlichen Verkehrsmitteln ist unter üblichen Transportbedingungen möglich. Von pulmonaler Seite her besteht keine maßgebliche Einschränkung der respiratorischen Leistungsreserven, als dass die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel unzumutbar wäre. Von cardialer Seite her besteht keine maßgebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit, als dass die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel unzumutbar wäre.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

nein [...]"

Dem Beschwerdeführer wurde sodann ein Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 50 vH ausgestellt. Dieser wurde nicht bekämpft.

Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid des Sozialministeriumservice vom 14.12.2017 wurde der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen. Begründend wurde auf das eingeholte Gutachten vom 11.12.2017 verwiesen, wonach die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorlägen.

Mit Bescheid des Sozialministeriumservice vom 17.01.2018 wurde der Antrag auf Ausstellung eines Parkausweises gemäß § 29b StVO abgewiesen. Die Nichtausstellung des Parkausweises wurde damit begründet, dass sein Behindertenpass über keine Zusatzeintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel verfüge, was wiederum Voraussetzung für die Ausfolgung eines Parkausweises sei. Dieser Bescheid wurde nicht bekämpft.

Im Rahmen der fristgerecht gegen den Bescheid vom 14.12.2017 erhobenen Beschwerde wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer an einer schweren COPD und einer hochgradig eingeschränkten Lungenfunktion mit einem FEV 1 von lediglich 0,53 Liter (21%) leide. Aufgrund der schweren COPD sei seine Leistungsfähigkeit insofern deutlich eingeschränkt, dass selbst kurze Wegstrecken nicht aus eigener Kraft zurückgelegt werden könnten. Um dies auch belegen zu können, hätte sich der Beschwerdeführer sogleich am 17.12.2017 einer neuerlichen Kontrolle unterzogen. Den ärztlichen Befund seines Lungenfacharztes legte er der Beschwerde bei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist im Besitz eines Behindertenpasses mit einem Gesamtgrad der Behinderung in der Höhe von 50 von Hundert.

1.2. Dem Beschwerdeführer ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar.

1.2.1. Art und Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen:

Klinischer Status - Fachstatus:

Caput: Visus: unauffällig Hörvermögen nicht eingeschränkt. Keine

Lippenzyanose, Sensorium: altersentsprechend, HNA frei.

Collum: SD: schluckverschieblich, keine Einflussstauung,

Lymphknoten: nicht palpabel.

Thorax. Symmetrisch, elastisch, reaktionslose Narbe links axillär.

Cor: Rhythmisch, rein, normfrequent.

Pulmo: Brummen bds., Dyspnoe bei mäßiger Belastung, vermehrte Bauchatmung.

Abdomen: Bauchdecke: weich, kein Druckschmerz, keine Resistenzen tastbar, Hepar am Ribo, Lien nicht palp. Nierenlager: frei.

Pulse: Fußpulse nicht sicher tastbar.

Wirbelsäule: Kein Klopfschmerz, Finger-Bodenabstand im Stehen: 30 cm, Rotation und Seitwärtsneigung in allen Ebenen endlagig eingeschränkt.

Obere Extremitäten: Symmetrische Muskelverhältnisse. Nackengriff und Schürzengriff bds. uneingeschränkt durchführbar, grobe Kraft bds. nicht vermindert, Faustschluss und Spitzgriff bds. durchführbar. Die übrigen Gelenke altersentsprechend frei beweglich. Sensibilität wird als unauffällig angegeben.

Untere Extremitäten: Zehenspitzen und Fersenstand sowie Einbeinstand bds. durchführbar, beide Beine von der Unterlage abhebbar, grobe Kraft bds. nicht vermindert, freie Beweglichkeit in Hüftgelenken und Kniegelenken, bandstabil, kein Erguss, symmetrische Muskelverhältnisse, Sensibilität wird unauffällig angegeben keine Varikositas, keine Ödeme bds.

Gesamtmobilität - Gangbild: normales Gangbild.

Status Psychicus: klar, orientiert.

Funktionseinschränkungen:

Chronisch obstruktive Atemwegserkrankung, fortgeschrittene Ventilationsstörungen, medikamentös kompensierbar und ohne Sauerstoffnotwendigkeit; Zustand nach operativen Korrektur einer Aortenisthmusstenose, zufriedenstellendes Ergebnis; Periphere arterielle Verschlusskrankheit rechts, erfolgreich saniertes Leiden.

1.2.2. Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel:

Es liegt zwar eine chronisch obstruktive Atemwegserkrankung vor, jedoch besteht keine derart maßgebliche Einschränkung der respiratorischen Leistungsreserven, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar wäre. Auch von cardialer Seite besteht keine maßgebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit, sodass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar wäre. Die körperliche Belastbarkeit ist ausreichend vorhanden. Es liegen auch keine erheblichen Funktionsstörungen der oberen und unteren Extremitäten sowie der Wirbelsäule vor. Der Beschwerdeführer kann sich im öffentlichen Raum selbständig fortbewegen und eine kurze Wegstrecke (ca. 300 - 400 m) aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe ohne Unterbrechung zurücklegen.

Die festgestellten Funktionseinschränkungen wirken sich - auch im Zusammenwirken - nicht in erheblichem Ausmaß negativ auf die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel aus. Es besteht keine erhebliche Einschränkung der Mobilität durch die festgestellten Funktionseinschränkungen. Es sind keine Behelfe erforderlich, die das Ein- und Aussteigen sowie die sichere Beförderung unter Verwendung von Ausstiegshilfen und Haltegriffen in einem öffentlichen Verkehrsmittel wesentlich beeinträchtigen. Es besteht auch keine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit.

Das Festhalten beim Ein- und Aussteigen ist einwandfrei möglich, der Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln ist daher gesichert durchführbar. Die Geh-, Steh- und Steigfähigkeit des Beschwerdeführers sowie die Möglichkeit Haltegriffe zu erreichen und sich festzuhalten sind ausreichend.

Beim Beschwerdeführer liegen auch keine maßgebenden Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder der Sinnesfunktionen vor, die das Zurücklegen einer angemessenen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen oder die Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel beeinträchtigen.

Es ist auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vorhanden.

2. Beweiswürdigung:

Zur Klärung des Sachverhaltes war von der belangten Behörde ein allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten vom 11.12.2017 eingeholt worden. Im vorzitierten Gutachten wurde der Zustand des Beschwerdeführers im Detail dargelegt und kein Hindernis für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgestellt. Die Leiden führen laut Gutachten nachvollziehbar nicht zu Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten, die die Mobilität erheblich und dauerhaft einschränken sowie zu keiner erheblichen Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit bzw. einer Sinnesbeeinträchtigung. Demnach liegt zwar eine pulmonale Erkrankung vor, es besteht von pulmonaler Seite aber keine maßgebliche Einschränkung der respiratorischen Leistungsreserven, sodass die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel unzumutbar wäre. Ebenso besteht von cardialer Seite her keine maßgebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit, sodass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar wäre.

Ebenso liegen demnach auch keine erheblichen Funktionsstörungen der oberen und unteren Extremitäten sowie der Wirbelsäule vor. Das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke ist selbständig möglich. Bei ausreichend guten Kraftverhältnissen der oberen und unteren Extremitäten ist das Ein- und Aussteigen ohne fremde Hilfe zumutbar. Das sichere Anhalten ist ebenso möglich. Ein sicherer Transport in den öffentlichen Verkehrsmitteln ist unter üblichen Transportbedingungen daher möglich.

Es liegen auch keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit bzw. psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten vor und auch keine schwere Erkrankung des Immunsystems.

Das Beschwerdevorbringen, wonach der Beschwerdeführer aufgrund seiner COPD in seiner Leistungsfähigkeit deutlich eingeschränkt werde, ist nicht geeignet, von den getroffenen Feststellungen abzuweichen. Vielmehr hat die Gutachterin den Zustand des Beschwerdeführers samt der vorgelegten Unterlagen (auch betreffend seine Lungenerkrankung) bereits in ihrem Gutachten vom 11.12.2017 klar und hinreichend einer Beurteilung unterzogen. Neue Erkenntnisse lassen sich aus dem Beschwerdevorbringen samt beigelegtem Befund nicht gewinnen. Überdies ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer - wie aus dem Gutachten ersichtlich - kein Sauerstoffgerät verwenden muss. Eine jedenfalls vorliegende erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit aufgrund einer Lungenerkrankung liegt beim Beschwerdeführer daher ebenfalls nicht vor (diese läge erst bei COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie vor).

In dem eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten wird auf den Zustand des Beschwerdeführers ausführlich, schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Für das Bundesverwaltungsgericht ergibt sich somit ein nachvollziehbares Bild des Zustandes des Beschwerdeführers.

Das Beschwerdevorbringen war nicht geeignet, das Sachverständigengutachten vom 11.12.2017 in Zweifel zu ziehen. Anhaltspunkte für eine Befangenheit des Sachverständigen liegen nicht vor.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen in Gesamtbetrachtung keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachtens. Dieses wurde daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Zu A)

Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen (§ 45 Abs. 1 BBG).

Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben oder der Pass eingezogen wird (§ 45 Abs. 2 BBG).

Zur Frage der Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel:

Gemäß § 1 Abs. 2 Z. 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II Nr. 495/2013 ist die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist, einzutragen; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

-

erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

-

erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-

erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen oder

-

eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-

eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1 Abs. 2 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.

Entscheidend für die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist, wie sich eine bestehende Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH vom 20.10.2011, Zl. 2009/11/0032).

In den Erläuterungen zu § 1 Abs. 2 Z 3 wird ausgeführt:

Ausgehend von den bisherigen durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Beurteilungskriterien zur Frage "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel" sind Funktionseinschränkungen relevant, die die selbstständige Fortbewegung im öffentlichen Raum sowie den sicheren, gefährdungsfreien Transport im öffentlichen Verkehrsmittel erheblich einschränken. Als Aktionsradius ist eine Gehstrecke von rund 10 Minuten, entsprechend einer Entfernung von rund 200 bis 300 m anzunehmen.

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Alle therapeutischen Möglichkeiten sind zu berücksichtigen. Therapierefraktion - das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen - ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des behandelnden Arztes/der behandelnden Ärztin ist nicht ausreichend.

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen. Komorbiditäten der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

-

arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

-

Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen

-

hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

-

Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

-

COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie

-

Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

-

mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe ohne Unterbrechung zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt. Zu prüfen ist die konkrete Fähigkeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Zu berücksichtigen sind insbesondere zu überwindende Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt. (VwGH 22.10.2002, Zl. 2001/11/0242; 14.05.2009, 2007/11/0080)

Beim Beschwerdeführer liegen weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten noch der körperlichen Belastbarkeit vor bzw. konnten keine maßgebenden Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder von Sinnesfunktionen festgestellt werden, die das Zurücklegen einer angemessenen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen oder die Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel beeinträchtigen. Es ist auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vorhanden.

Die allfällige Verwendung eines Hilfsmittels zur Fortbewegung außer Haus (Schuheinlagen, Gehstock, Stützkrücke, orthopädische Schuhe) ist - da die Funktionalität der oberen Extremitäten beim Beschwerdeführer völlig gegeben ist - zumutbar und bedingt kein relevantes Hindernis bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel.

Es ist beim Beschwerdeführer von einer ausreichenden Funktionsfähigkeit des Bewegungsapparates auszugehen, die vorgebrachte Einschränkung der Gehstrecke konnte nicht in einem Ausmaß festgestellt werden, welche die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel erheblich erschweren.

Das Festhalten beim Ein- und Aussteigen ist einwandfrei möglich, der Transport in öffentlichen Verkehrsmitteln ist daher gesichert durchführbar. Die Geh-, Steh- und Steigfähigkeit des Beschwerdeführers sowie die Möglichkeit Haltegriffe zu erreichen und sich festzuhalten sind ausreichend.

Da festgestellt worden ist, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß erreichen, welches die Vornahme der Zusatzeintragung "Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar."

rechtfertigt, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. (§ 24 Abs. 1 VwGVG)

Die Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist. (§ 24 Abs. 2 Z.1 VwGVG)

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)

Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)

Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).

Zur Klärung des Sachverhaltes war von der belangten Behörde ein allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten vom 11.12.2017 eingeholt worden. In dem vorzitierten Gutachten wurde der Zustand des Beschwerdeführers im Detail dargelegt und das Nichtvorliegen der Voraussetzungen - konkret das Nichtvorliegen erheblicher Funktionseinschränkungen - für die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung festgestellt.

Wie unter Punkt II. 2. bereits ausgeführt, wurde das Sachverständigengutachten als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt, dem Bundesverwaltungsgericht liegt kein Beschwerdevorbringen vor, das mit dem Beschwerdeführer mündlich zu erörtern gewesen wäre - wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, ist das Beschwerdevorbringen - in Anbetracht der Ausführungen im Sachverständigengutachten - nicht geeignet darzutun, dass eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vorliegt, und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, sondern von Tatsachenfragen. Maßgebend ist das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen.

Schlagworte

Behindertenpass, Sachverständigengutachten, Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W200.2186623.1.00

Zuletzt aktualisiert am

16.07.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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