TE Vwgh Erkenntnis 2000/1/28 98/02/0437

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Veröffentlicht am 28.01.2000
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Index

L70709 Theater Veranstaltung Wien;
L70719 Spielapparate Wien;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §68 Abs1;
VeranstaltungsG Wr 1971 §10;
VeranstaltungsG Wr 1971 §18 Abs3;
VeranstaltungsG Wr 1971 §18 Abs4;
VeranstaltungsG Wr 1971 §18 Abs5;
VeranstaltungsG Wr 1971 §25;
VeranstaltungsG Wr 1971 §9;

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Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 98/02/0438 Serie (erledigt im gleichen Sinn): 98/02/0436 E 30. Juni 2000

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Breunlich, über die Beschwerden der T BetriebsgesmbH in W, vertreten durch Dr. Robert Hyrohs, Rechtsanwalt in Wien I, Kärntnerstraße 37, gegen 1.) den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 10. September 1998, Zl. MD-VfR - T 4/98 (T), und 2.) den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 10. September 1998, Zl. MD-VfR - T 5/98 (K), betreffend jeweils veranstaltungsbehördliche Aufträge, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt (Gemeinde) Wien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 9.130,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheiden des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 7, vom 25. März 1977 (T) und vom 28. September 1987 (K) war der Beschwerdeführerin gemäß §§ 9 und 10 des Wiener Veranstaltungsgesetzes 1971 jeweils die unbefristete Konzession zum Betrieb eines Theaters im jeweiligen Standort erteilt worden.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen erstangefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 18 Abs. 4 des Wiener Veranstaltungsgesetzes (VeranstG), LGBl. Nr. 12/1971, zuletzt geändert mit LGBl. Nr. 6/1996, hinsichtlich der Veranstaltungsstätte "T" nachstehender Auftrag erteilt: "Eine besondere sicherheitspolizeiliche Überwachung im Ausmaß von zwei polizeilichen Überwachungsorganen wird angeordnet."

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid wurde der Berufung der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Veranstaltungsstätte "K" insoweit Folge gegeben, als der ursprünglich gleichlautende Auftrag dahin abgeändert wurde, dass eine besondere sicherheitspolizeiliche Überwachung im Ausmaß von lediglich einem polizeilichen Überwachungsorgan angeordnet wurde.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 30. November 1998, B 2087, 2088/98, die Behandlung der gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden ab und trat die Beschwerden dem Verwaltungsgerichtshof zur Behandlung ab. In den im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstatteten Beschwerdeergänzungen macht die Beschwerdeführerin im wesentlichen gleichlautend Rechtswidrigkeit des Inhaltes der angefochtenen Bescheide geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbundenen Beschwerden erwogen:

Die für die Beurteilung des Beschwerdefalles maßgeblichen Bestimmungen des VeranstG lauten:

"§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Gesetzes gelten für Theateraufführungen jeder Art und für öffentliche Schaustellungen, Darbietungen und Belustigungen. Als öffentlich gelten diese Veranstaltungen immer dann, wenn sie allgemein zugänglich sind. Nicht allgemein zugängliche Veranstaltungen gelten dann als öffentlich, wenn an ihnen mehr als 20 Personen teilnehmen können; sie sind jedoch nicht öffentlich, wenn es sich nur um Familienfeiern oder um solche häusliche Veranstaltungen handelt, die in bestimmungsgemäßer Verwendung einer privaten Wohnung stattfinden.

§ 10. Als Theater gelten die nicht unter § 6 Abs. 1 Z. 2 fallenden, in bühnenmäßiger (szenischer) Form veranstalteten Vorführungen durch lebende Darsteller.

§ 18. (3) Die beantragte Konzession ist hinsichtlich ihrer Dauer, der Art der Veranstaltung, der Veranstaltungszeiten oder hinsichtlich des Personenkreises, vor dem die Veranstaltung stattfinden soll, zu beschränken, wenn dies aus sicherheitspolizeilichen Gründen, aus Gründen des Jugendschutzes, zur Wahrung der kulturellen Interessen, zur Gewährleistung der Betriebssicherheit, zur Vermeidung störender Auswirkungen auf die Umgebung oder aus veterinärpolizeilichen Rücksichten erforderlich ist und behördliche Aufträge sowie die Bedingungen eines die Eignung der Veranstaltungsstätte feststellenden Bescheides zur Wahrung dieser Interessen nicht ausreichen.

(4) Sofern nicht schon die Bedingungen eines die Eignung der Veranstaltungsstätte feststellenden Bescheides hiefür ausreichen, hat der Magistrat alle Aufträge zu erteilen, die zur Wahrung der im Abs. 3 genannten Interessen notwendig sind.

(5) Vor Erteilung der Konzession hat der Magistrat die Bundespolizeidirektion Wien unter Setzung einer Frist von vier Wochen zur Äußerung aufzufordern. Diese Frist ist bei Vorliegen wichtiger Gründe zu verlängern. Der Bundespolizeidirektion Wien steht gegen den Bescheid des Magistrates das Recht zur Berufung zu, wenn die Konzession entgegen ihrer Äußerung verliehen oder nicht antragsgemäß beschränkt wurde. Werden durch die Erteilung von Aufträgen sicherheitspolizeiliche Interessen berührt, ist vorher die Stellungnahme der Bundespolizeidirektion Wien einzuholen. Bescheidausfertigungen sind der Bundespolizeidirektion Wien und der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien zu übermitteln.

§ 25. (1) Der Magistrat und die Bundespolizeidirektion Wien sind berechtigt, zu jeder Veranstaltung und Probe Beamte zu entsenden, um die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und der auf sie gegründeten Bescheide zu überwachen. Diesen Organen ist zur Ausübung der ihnen zustehenden Überwachung der freie Zutritt zur Veranstaltungsstätte und zu allen dazugehörigen Anlagen und Räumen zu gestatten. Den Überwachungsorganen dürfen die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Auskünfte nicht verweigert werden.

(3) In einer Veranstaltungsstätte mit eigenem Bühnenhaus oder in einer Zirkusanlage dürfen Vorstellungen und Generalproben nur dann stattfinden, wenn ein technischer Beamter oder ein Feuerwehrbeamter des Magistrates anwesend ist; dies gilt auch für die in anderen Veranstaltungsstätten stattfindenden Veranstaltungen, wenn ein technischer Überwachungsdienst bedungen oder aufgetragen wurde. Wenn es in diesen Fällen aus Gründen der Betriebssicherheit erforderlich ist, hat der Magistrat die Durchführung einer geschlossenen und in einem Zuge stattfindenden Generalprobe zu verlangen. Findet eine geschlossene Generalprobe nicht statt, ist eine abschließende Bühnenprobe (Stellprobe) durchzuführen, falls in der Veranstaltungsstätte bisher noch nicht dargestellte Bühnenwerke oder Programmnummern aufgeführt werden oder eine Neuinszenierung vorgenommen wird.

(4) Der Magistrat und die Bundespolizeidirektion Wien sind von der Durchführung der im Abs. 3 genannten Vorstellungen, Generalproben und Bühnenproben rechtzeitig zu verständigen. Ebenso sind der Magistrat und die Bundespolizeidirektion Wien von allen sonstigen Vorstellungen, Generalproben und Stellproben rechtzeitig zu verständigen, sofern sie auf Grund einer Theater-, Variete- oder Zirkuskonzession oder auf Grund einer gemäß § 6 Abs. 1 Z. 2 lit. a bis c erstatteten Anzeige durchgeführt werden. Der Magistrat hat zu den im Abs. 3 genannten Vorstellungen, Generalproben und Bühnenproben stets einen Beamten des technischen Dienstes oder des Feuerwehrdienstes zu entsenden, der sich auf Verlangen auszuweisen hat. Den erschienenen Überwachungsorganen sind alle bei der Aufführung vorkommenden Effekte bekanntzugeben, die für die Sicherheit der Veranstaltungsteilnehmer von Bedeutung sein können.

(5) Den im Abs. 1 genannten Überwachungsorganen des Magistrates und der Bundespolizeidirektion Wien ist bei den im Abs. 3 genannten Vorstellungen, Generalproben und Bühnenproben ein Dienstraum zur Verfügung zu stellen. Dieser Raum muß zur Erfüllung der im Zuge des Überwachungsdienstes erforderlichen Vorkehrungen und Amtshandlungen geeignet sein; er muß im Erdgeschoß liegen, ein ins Freie führendes Fenster besitzen, mit Wasser versorgt und entsprechend eingerichtet sein. Im Dienstraum muß sich ein Fernsprechapparat befinden, der an das allgemeine Netz und an die interne Fernsprechanlage angeschlossen ist."

In den weitgehend gleichlautenden Begründungen der angefochtenen Bescheide wurde zunächst jeweils ausgeführt, die Zulässigkeit einer nachträglichen Auftragserteilung gründe sich auf § 18 Abs. 5 vierter Satz VeranstG. Die in dieser Bestimmung normierte Verpflichtung zur Einholung einer Stellungnahme der Bundespolizeidirektion Wien im Fall der Berührung sicherheitspolizeilicher Interessen durch Aufträge wäre im Hinblick auf das in § 8 (richtig wohl § 18) Abs. 5 erster Satz leg. cit. der Bundespolizeidirektion Wien eingeräumte Äußerungsrecht überflüssig, wenn solche Aufträge nur im Zusammenhang mit der Konzessionserteilung zulässig sein sollten. Das Erfordernis der angeordneten sicherheitspolizeilichen Überwachung ergebe sich aus verschiedenen von der Bundespolizeidirektion Wien aufgezeigten Vorfällen in Wiener Theatern. Unabhängig davon, ob derartige Gefahrenpotentiale auch in anderen Lebenssituationen auftreten könnten, sei die belangte Behörde entsprechend der bestehenden Rechtslage verpflichtet, bei Abhaltung von Veranstaltungen in Veranstaltungsstätten dafür Sorge zu tragen, dass die sicherheitspolizeilichen Interessen durch Erteilung von Aufträgen gewahrt würden. Hinsichtlich des Ausmaßes der sicherheitspolizeilichen Überwachung habe eine nochmalige Prüfung der Sachlage ergeben, dass zur Wahrung der sicherheitspolizeilichen Interessen bei Theateraufführungen im T zumindest zwei polizeiliche Überwachungsorgane notwendig seien, während im Fall der K mit einem polizeilichen Überwachungsorgan das Auslangen gefunden werden könne.

Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, § 25 VeranstG biete keine Rechtsgrundlage für die Erteilung der angeführten Aufträge, ist entgegenzuhalten, dass die belangte Behörde ihre Bescheide nicht auf diese Gesetzesbestimmung, sondern auf § 18 Abs. 4 leg. cit. gestützt hat. Die letztgenannte Bestimmung bietet - wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat - die gesetzliche Grundlage für die auch nachträgliche (also auch nach Eintritt der Rechtskraft eines Bescheides, mit dem eine Theaterkonzession verliehen wurde) Erteilung von Aufträgen zur Wahrung der in Abs. 3 dieses Paragrafen angeführten öffentlichen Interessen. Dies ergibt sich aus Abs. 5 vorletzter Satz dieses Paragrafen. Die dort normierte Verpflichtung zur Einholung einer Stellungnahme der Bundespolizeidirektion Wien für den Fall, dass durch die Erteilung von Aufträgen sicherheitspolizeiliche Interessen berührt werden, kann im Hinblick auf die im ersten Satz dieses Absatzes bereits festgelegte Verpflichtung, vor Erteilung der Konzession die Bundespolizeidirektion Wien zur Äußerung aufzufordern, nur dahin verstanden werden, dass es sich bei diesen Aufträgen um vom Verfahren zur Erteilung einer Konzession abgesonderte behördliche Aufträge handeln muss. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin konnten sohin die ihr nach Rechtskraft der Konzessionsbescheide erteilten Aufträge zur Wahrung sicherheitspolizeilicher Interessen auf das VeranstG gestützt werden.

Der Beschwerdeführerin kann auch nicht gefolgt werden, wenn sie die Ansicht vertritt, die Vorschreibung der sicherheitspolizeilichen Überwachung sei deshalb nicht zulässig, weil die in § 18 Abs. 3 VeranstG vorgesehenen sicherheitspolizeilichen Gründe für die Beschränkung einer Konzession sich nur auf die Dauer, die Art und die Zeit von Veranstaltungen bzw. auf den Personenkreis, vor dem die Veranstaltung stattfinden soll, bezögen. Der in Abs. 4 dieses Paragrafen enthaltene Verweis auf Abs. 3 umfasst nicht den gesamte Regelungsinhalt dieses Absatzes, sondern bezieht sich lediglich auf die darin angeführten Interessen. Eine Eingrenzung des Inhaltes von gemäß Abs. 4 erteilten Aufträgen dahin, dass diese lediglich Beschränkungen der Konzession im Sinne und Ausmaß des Abs. 3 beinhalten dürften, kann somit dem Gesetz nicht entnommen werden.

Die Beschwerdeführerin wendet sich auch dagegen, dass in den angefochtenen Bescheiden nicht zwischen Aufführungen und Proben unterschieden werde. Eine Rechtfertigung für eine sicherheitspolizeiliche Überwachung von Proben könne den Begründungen der angefochtenen Bescheide nicht entnommen werden. Entgegen dieser Auffassung der Beschwerdeführerin ergibt sich schon aus der Überschrift zu § 18 leg. cit. "Konzessionsverleihung, Beschränkungen und Aufträge", dass derartige auf § 18 Abs. 4 VeranstG gestützte Aufträge immer eine bestehende Konzession voraussetzen, auf deren Ausübung sie sich beziehen. Von einer Theaterkonzession sind, wie sich aus § 10 leg. cit. ergibt, in bühnenmäßiger (szenischer) Form veranstaltete Vorführungen durch lebende Darsteller erfasst. Daraus folgt, dass die Durchführung von Proben nicht Inhalt der jeweiligen Konzessionen und somit auch nicht Gegenstand der erteilten Aufträge ist. Die der Behörde in § 25 eingeräumten Befugnisse, auch zu Generalproben und Bühnenproben Überwachungsorgane entsenden zu können, werden durch die erteilten Aufträge nicht berührt.

Was den Inhalt und das Erfordernis der erteilten Aufträge anbelangt, hat die Beschwerdeführerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hinsichtlich des zweitangefochtenen Bescheides - abgesehen von Bedenken gegen die Kosten - kein Vorbringen erstattet. Hinsichtlich des erstangefochtenen Bescheides hat sie in der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde im wesentlichen ihr bereits im Verwaltungsverfahren zu den ihr mitgeteilten Stellungnahmen der Bundespolizeidirektion Wien abgegebenes Vorbringen wiederholt. Mit diesen sachverständig nicht untermauerten Ausführungen ist es der Beschwerdeführerin nicht gelungen, die sachliche Rechtfertigung der auf den Stellungnahmen der in Fragen der Sicherheitspolizei sachkundigen Bundespolizeidirektion Wien aufbauenden Aufträge zu widerlegen.

Die sich insgesamt als unbegründet erweisenden Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 28. Jänner 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998020437.X00

Im RIS seit

26.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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