TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/5 I416 2136783-2

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Veröffentlicht am 05.07.2018
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Entscheidungsdatum

05.07.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §46a Abs3 Z1
FPG §46a Abs3 Z3
FPG §46a Abs4

Spruch

I416 2136783-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, Staatsangehörigkeit Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 02.01.2017, Zl. 1051739408-170000628, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 30.12.2016 beantragte der Beschwerdeführer die Ausstellung einer Duldungskarte nach § 46a Abs 1 Z 3 FPG.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 02.01.2017, Zl. 1051739408-170000628, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Karte für Geduldete "gemäß § 46a Absatz 4 in Verbindung mit Absatz 3 Ziffer 3 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF" ab.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seines Rechtsvertreters fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und monierte darin im Wesentlichen inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer von der nigerianischen Botschaft keinen neuen Reisepass ausgestellt bekommen habe. Er habe bislang auch noch keine Ladung für die Einvernahme mit der nigerianischen Delegation zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments erhalten, weshalb die Behauptung der belangten Behörde, dass die Ausstellung eines Heimreisezertifikats wahrscheinlich sei, unbegründet sei. Der Beschwerdeführer sei ordentlich gemeldet, habe seine Identität nicht verschleiert und habe immer mitgewirkt, weshalb die Voraussetzungen einer Duldung vorlägen.

4. Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 10.02.2017 vorgelegt.

5. Mit Schriftsatz vom 07.08.2017 teilte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mit, dass das Vollmachtsverhältnis mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden sei und Zustellungen nunmehr direkt an den Beschwerdeführer vorzunehmen seien.

6. Am 14.06.2017 stellte der Beschwerdeführer einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 27.08.2017, Zl. 1051739408-170705389, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.09.2017, Zl. I417 2136783-3/18E, als unbegründet abgewiesen. Die Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria und damit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs 4 Z 10 FPG. Seine Identität steht in Ermangelung entsprechender identitätsbezeugender Dokumente nicht fest.

Der Beschwerdeführer stellte am 11.02.2015 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 15.09.2016, Zl 1051739408-150163468, negativ entschieden wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.10.2016, Zl. I403 2136783-1/2E, als unbegründet abgewiesen. Der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung und der damit verbundenen Ausreiseverpflichtung kam der Beschwerdeführer aber nicht nach, sondern verblieb unrechtmäßig im Bundesgebiet.

Der Beschwerdeführer verfügt über keine identitätsbezeugenden Dokumente.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass eine Abschiebung des Beschwerdeführers aus tatsächlichen Gründen unmöglich erscheint.

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz, in die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.10.2016, Zl. I403 2136783-1/2E, sowie vom 27.08.2017, Zl. 1051739408-170705389.

Anhaltspunkte, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers aus tatsächlichen Gründen unmöglich sein könnte, liegen nicht vor. Aus dem angefochtenen Bescheid sowie der Mitteilung der belangten Behörde vom 06.04.2017 ergibt sich, dass zur Ausreise verpflichtete Staatsangehörige von Nigeria seitens der belangten Behörde zur Identitätsfeststellung vor eine nigerianische Delegation geladen werden, welche regelmäßig Heimreisezertifikate für diese Personen ausstellt. Vor diesem Hintergrund kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Abschiebung des Beschwerdeführers nicht als aus tatsächlichen Gründen unmöglich erachtet. Nachdem der Beschwerdeführer selbst angibt, dass eine Einvernahme durch die nigerianische Delegation bislang noch nicht erfolgt ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass für den Beschwerdeführer kein Ersatzreisedokument erlangt werden kann. Diese ergeben sich auch nicht aus der Verfahrensdauer, zumal zwischen der Rechtskraft der Rückkehrentscheidung und der Erlassung des angefochtenen Bescheids lediglich drei Monate lagen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:

3.1.1. Rechtslage

Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 32/2018, lauten:

Gemäß § 46 Abs 2 FPG hat ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, - vorbehaltlich des Abs. 2a - bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.

Gemäß § 46a Abs 1 Z 3 FPG ist der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet zu dulden, solange deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint, es sei denn, es besteht nach einer Entscheidung gemäß § 61 weiterhin die Zuständigkeit eines anderen Staates oder dieser erkennt sie weiterhin oder neuerlich an. Die Ausreiseverpflichtung eines Fremden, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Satz 1 geduldet ist, bleibt unberührt.

Gemäß Abs. 3 leg. cit. liegen vom Fremden zu vertretende Gründe (Abschiebungshindernisse) jedenfalls vor, wenn er

1. seine Identität verschleiert,

2. einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt oder

3. an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.

Gemäß Abs. 4 leg. cit. hat das Bundesamt bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 von Amts wegen oder auf Antrag eine Karte für Geduldete auszustellen.

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall

1.1. Eingangs ist festzuhalten, dass es nach dem Ergehen einer Rückkehrentscheidung allein an dem betroffenen Fremden gelegen ist, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen und von sich aus alle dazu notwendigen, vorbereitenden Maßnahmen zu setzen (vgl § 46 Abs 2 FPG). Schließlich handelt es sich bei einer Rückkehrentscheidung um einen höchstpersönlich wirkenden Leistungsbescheid, der den Bescheidadressaten - allenfalls unter Gewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 FPG (Paritionsfrist) - zum Verlassen des Bundesgebietes verpflichtet.

Da somit nur der Fremde selbst als Bescheidadressat diese Leistungspflicht erfüllen kann, muss er sich, sofern er über kein gültiges Reisedokument verfügt, rechtzeitig um die Ausstellung eines solchen bemühen.

1.2. Eine Abschiebung von ausreisepflichtigen Fremden - sprich: eine zwangsweise Vollstreckung der Ausreiseverpflichtung - ist ausschließlich bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 Z 1 bis 4 FPG vorgesehen, nämlich (u.a.) wenn sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind (Z 2).

Nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 FPG hat die belangte Behörde also die Abschiebung des Fremden zu veranlassen und nur wenn der Fremde über kein Reisedokument verfügt und die Abschiebung nicht ohne ein solches durchgeführt werden kann, hat die belangte Behörde darüber hinaus gemäß Abs 2 leg cit bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde ein Ersatzreisedokument für die Abschiebung einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen auszustellen.

1.3. Aus dem Wortlaut des § 46a Abs 1 Z 3 FPG in Verbindung mit einer teleologisch-systematischen Betrachtungsweise ergibt sich somit Folgendes:

Wird gegen einen Fremden eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung erlassen und seine Abschiebung für zulässig erklärt, liegen die Voraussetzungen für eine Duldung des Aufenthaltes dieses Fremden jedenfalls dann nicht vor, wenn dieser Fremde seiner Verpflichtung zur freiwilligen Ausreise aus dem Bundesgebiet schuldhaft nicht nachgekommen ist (vgl. dazu VwGH 09.12.2014, G 160/2014 ua; G 171/2014 ua, zur Unmöglichkeit einer [freiwilligen] Ausreise). Der Aufenthalt eines ausreisepflichtigen Fremden im Bundesgebiet ist überdies dann nicht zu dulden, wenn dieser seine Mitwirkungspflicht nach § 46 Abs 2 FPG verletzt hat, weil er an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments nicht im erforderlichen Umfang mitgewirkt hat.

1.4. Für den vorliegenden Beschwerdefall bedeutet das, dass dem Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Ausreiseverpflichtung zur Last zu legen ist, zumal er nicht innerhalb der gesetzten Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung ausgereist ist. Stattdessen hat er zweieinhalb Monate nach Rechtskraft der Rückkehrentscheidung einen Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte gestellt und zuletzt noch während des verfahrensgegenständlichen Beschwerdeverfahrens einen weiteren Antrag (Folgeantrag) auf internationalen Schutz gestellt.

Der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Abschiebung des Beschwerdeführers nicht als aus tatsächlichen Gründen unmöglich erachtet hat. Zur Ausreise verpflichtete Staatsangehörige von Nigeria werden seitens der belangten Behörde zur Identitätsfeststellung vor eine nigerianische Delegation geladen, welche regelmäßig Heimreisezertifikate für diese Personen ausstellt. Nachdem der Beschwerdeführer selbst angibt, dass eine Einvernahme durch die nigerianische Delegation bislang noch nicht erfolgt ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass für den Beschwerdeführer kein Ersatzreisedokument erlangt werden kann. Auch sonst lagen keine Anhaltspunkte vor, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers aus tatsächlichen Gründen unmöglich erscheinen könnte. Diese ergeben sich auch nicht aus der Verfahrensdauer, zumal zwischen der Rechtskraft der Rückkehrentscheidung und der Erlassung des angefochtenen Bescheids lediglich drei Monate lagen.

Ergänzend dazu wird angeführt, dass der Beschwerdeführer durch die Stellung eines Folgeantrages, noch während seines laufenden Verfahrens auf Ausstellung einer Karte für Geduldete, die weiteren Schritte der belangten Behörde zur Erlangung eines Heimreisezertifikates bewusst verhinderte, dies insbesondere da es Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes darstellt, dass die nigerianische Botschaft während laufender Verfahren keinerlei Heimreisezertifikate für die Betroffenen ausstellt, weshalb auch aus diesem Grund davon auszugehen ist, dass das erforderliche Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer, im Falle dass er seiner erforderlichen Mitwirkungspflicht nachkommt, zu erlangen ist und somit derzeit kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass seine Abschiebung aus tatsächlichen Gründen nicht möglich ist.

Da die Voraussetzungen für eine Duldung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nach § 46a Abs 1 Z 3 FPG, nämlich dass seine Abschiebung "aus tatsächlichen Gründen unmöglich erscheint", somit derzeit zweifelsfrei nicht vorliegen, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

2. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Der Sachverhalt ist aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen (entspricht der bisherigen Judikatur zum § 67d AVG, wobei darauf hinzuweisen ist, dass § 24 VwGVG dem aufgehobenen § 67d AVG entspricht). Es ergab sich sohin auch kein Hinweis auf die Notwendigkeit, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer zu erörtern (vgl. VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533, VwGH 01.04.2004, 2001/20/0291). Was das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein Tatsachenvorbringen, welches zu einem anderen Verfahrensausgang führen könnte. Es hat sich daher aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts keine Notwendigkeit ergeben, den als geklärt erscheinenden Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer näher zu erörtern.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Antragsbegehren, Duldung, mangelnder Anknüpfungspunkt,
Mitwirkungspflicht, Reisedokument

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I416.2136783.2.00

Zuletzt aktualisiert am

16.07.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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