TE OGH 2018/6/11 4Ob11/18y

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Veröffentlicht am 11.06.2018
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.-Prof. Dr. Brenn, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der Klägerin M***** L*****, vertreten durch Mag. Johannes Zach, Rechtsanwalt in Ebreichsdorf, gegen die Beklagte S***** S*****, vertreten durch Dr. Heinz-Eckard Lackner, Rechtsanwalt in Wien, wegen 9.968,19 EUR sA, über die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 17. Oktober 2017, GZ 58 R 47/17k-68, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Baden vom 15. Februar 2017, GZ 15 C 109/13b-59, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Streitteile sind Schwestern. Zur Finanzierung eines Liegenschaftsprojekts benötigte der Sohn der Beklagten einen Kredit. Da er selbst nicht kreditwürdig war, ersuchte er den Sohn der Klägerin, den Kredit für ihn aufzunehmen, was dieser tat; die Klägerin verpfändete zur Sicherheit eine Liegenschaft.

Nachdem das Projekt gescheitert und das Geld „versickert“ war, wurde der Kredit notleidend und es drohte die Versteigerung der Liegenschaft der Klägerin. Sie bemühte sich deshalb um eine Umschuldung. Die Bank verlangte dafür Sicherheiten. Neben der Verpfändung weiterer Liegenschaften (anderer Söhne) sollte die Klägerin fünf Mithaftende beibringen. Unter anderem wandte sie sich dafür an die Beklagte und deren Mann. Diese gaben an, sich moralisch zur Zahlung verpflichtet zu fühlen, weil ihr Sohn das Geld verloren habe, jedoch aufgrund ihres jeweils geringen Einkommens eine derartige Verbindlichkeit nicht eingehen zu können. Sie wollten aber helfen, so gut es ihnen möglich sei. Die Klägerin erwiderte, dass sie garantieren könne, dass durch die Mithaftung keine Inanspruchnahme erfolgen werde, diese sei bloß „pro forma“ notwendig. Ähnliche Beschwichtigungen erhielten die Beklagte und ihr Mann auch seitens der Bank, nachdem sie sich von der Klägerin doch zur Mithaftung überreden hatten lassen.

In weiterer Folge leistete die Beklagte trotz ihrer finanziellen Not Zahlungen in Höhe von rund 78.000 EUR. Nachdem sie ab 2012 keine weiteren Zahlungen mehr leisten konnte, übernahm die Klägerin die Bedienung des Kredits und leistete insgesamt rund 10.000 EUR.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten den Ersatz dieser Zahlungen, gestützt auf den internen Regress zwischen Mitschuldnern nach § 896 ABGB.

Die Beklagte bestritt das Zustandekommen einer rechtswirksamen Verpflichtung. Die von ihr geleisteten Zahlungen seien nur im Sinne der familiären Hilfe und des Zusammenhalts und ohne jegliche Verpflichtung gegenüber der Klägerin oder der Bank erfolgt.

Das Erstgericht gab der Klage teilweise statt. Die Zusage der Beklagten, zu helfen soweit sie könne, sei eine rein moralische Zusage ohne verbindlichen Charakter und im Übrigen mit ihrer Zahlungsunfähigkeit obsolet geworden. Daher hafte sie nicht für den vollen Regressbetrag, sondern nach § 896 ABGB für ihren Kopfteil, der zufolge weiterer Mitschuldner ein Viertel betrage.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge, wies jedoch infolge Berufung der Beklagten das gesamte Klagebegehren ab. Die Übernahme der Haftung der Beklagten gegenüber der Bank sei wegen mangelnder wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und wegen beeinträchtigter Entscheidungsfreiheit (wegen des Gefühls der moralischen Verpflichtung der Schwester gegenüber) sittenwidrig. Die Nichtigkeit der Haftungsübernahme durch die Beklagte gegenüber der Bank habe zur Folge, dass sie als Mitschuldnerin iSd § 896 ABGB nicht herangezogen werden könne. Die ordentliche Revision sei zur Frage der Relevanz der Geschwistereigenschaft zulässig.

Die Klägerin beantragt mit ihrer Revision – worin sie ausführt, dass eine verdünnte Entscheidungsfreiheit nur dann vorliegen könne, wenn das Verhältnis zwischen den Geschwistern außergewöhnlich eng sei, was hier nicht festgestellt sei – die Wiederherstellung des Ersturteils, in eventu Aufhebung; die Beklagte beantragt mit ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist, ungeachtet des – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Zulassungsausspruchs des Berufungsgerichts, nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Berufungsgericht formulierte und von der Revisionswerberin aufgegriffene Zulassungsfrage ist aus folgenden Gründen nicht relevant und kann folglich die Zulässigkeit der Revision nicht begründen:

1. Die Beklagte wurde zwar im Verhältnis zur Bank Mitschuldnerin des Kredits. Im Innenverhältnis wurde aber seitens der Klägerin ausdrücklich versichert, die Unterschrift erfolge nur „pro forma“ und die Beklagte werde für den Kredit nicht in Anspruch genommen werden. Darin liegt – wie auch vom Erstgericht erkannt – nur eine Gefälligkeitszusage und kein bindendes Zahlungsversprechen. Dies wird von der Klägerin, die nur noch den Viertelanteil verfolgt, auch nicht weiter bestritten.

Die Kopfteilhaftung des § 896 ABGB kommt allerdings nur dann zur Anwendung, wenn sich aus dem besonderen Verhältnis zwischen den Solidarschuldnern nichts anderes ergibt (vgl RIS-Justiz RS0003080; RS0017522). Das ist hier der Fall, sollte doch die Beklagte
– im Innenverhältnis – nur Sicherungsgeberin werden.

Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 40, 50 ZPO. Die Beklagte hat nicht auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Textnummer

E122018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2018:0040OB00011.18Y.0611.000

Im RIS seit

16.07.2018

Zuletzt aktualisiert am

16.07.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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