Entscheidungsdatum
19.06.2018Index
16/02 RundfunkNorm
RGG 1999 §2 Abs5Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seine Richterin Mag.a Hillisch über die Beschwerde des Herrn Z. M., vertreten durch Rechtsanwalt Mag. L., gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 23.03.2018, Zahl: ..., mit welchem gemäß § 49 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG 1991) der Einspruch gegen die Strafverfügung vom 15.02.2018, ..., als verspätet zurückgewiesen wurde,
zu Recht:
I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Zurückweisungsbescheid bestätigt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
Entscheidungsgründe
I. Angefochtener Bescheid und Beschwerdeverfahren
1. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 23. März 2018, ..., wies der Magistrat der Stadt Wien den Einspruch des Beschwerdeführers gegen die Strafverfügung vom 15. Februar 2018, mit welcher über den Beschwerdeführer wegen Übertretung der §§ 2 Abs. 5 in Verbindung mit 4 Abs. 1 Rundfunkgebührengesetz (RGG) eine Geldstrafe in der Höhe von € 100,– sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Stunden verhängt worden war, als verspätet zurück.
2. Gegen diesen Zurückweisungsbescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde. Darin bringt er zusammengefasst vor, die Zustellung der Strafverfügung sei am 19. Februar 2018 erfolgt, jedoch sei bereits am 27. Februar 2018 durch Herrn E. R. mit der Behörde Kontakt aufgenommen und sinngemäß Einspruch erhoben worden. Seitens der Behörde sei mit E-Mail vom 8. März 2018 auf die fehlende Vollmacht hingewiesen und eine einwöchige Frist gesetzt worden, um diese Vollmacht zu erbringen. Diese einwöchige Frist sei ordnungsgemäß eingehalten worden, denn am 14. März 2018 sei der Einspruch durch einen legitimierten Vertreter des nunmehrigen Beschwerdeführers eingebracht worden. Sowohl der inhaltliche Mangel, wie auch der Mangel der Vollmacht seien daher fristgerecht behoben worden und sei daher der Einspruch als rechtzeitig und wirksam zu betrachten.
II. Sachverhalt
1. Mit Strafverfügung vom 15. Februar 2018, Zahl …, verhängte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk über den Beschwerdeführer wegen Übertretung der § 2 Abs. 5 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Rundfunkgebührengesetz (RGG) eine Geldstrafe in der Höhe von € 100,– sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Stunden.
Die Strafverfügung wurde – nach einem Zustellversuch am 16. Februar 2018 – mit Beginn der Abholfrist am 19. Februar 2018 bei der Postfiliale … hinterlegt.
2. Am 27. Februar 2018 langte bei der belangten Behörde eine E-Mail von Herrn E. R. mit folgendem Wortlaut ein:
„Sehr geehrter Herr M.!
Wie besprochen, übermitteln wir in der Anlage eine Bestätigung und bedanken uns im Voraus für Ihr Entgegenkommen.
Liebe Grüsse aus der Steiermark
E. R.“
In der Anlage dieser E-Mail befand sich ein Schreiben mit folgendem Wortlaut:
„Hiermit bestätige ich, E. R. (Inhaber der Firma T.), dass Herr Z. M., geb. 1992, bei uns beschäftigt ist und in diesem von Ihnen angeführten Zeitraum bei uns in … gearbeitet hat und somit in dieser Zeit sehr wenig in Wien sich aufhielt.
Wir hoffen, dass diese Bestätigung ausreicht; ansonsten stehen wir gerne telefonisch für weitere Auskünfte zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüssen,
E. R.“
3. Die belangte Behörde teilte Herrn E. R. daraufhin mit E-Mail vom 8. März 2018 mit, dass nicht klar sei, was er mit seiner E-Mail vom 27. Februar 2018 bezwecke. Wenn Herr Z. damit gegen die Strafverfügung vom 15. Februar 2018 einen Einspruch erheben wolle, sei noch eine Vollmacht von Herrn Z. erforderlich. Herr E. R. wurde aufgefordert, eine von Herrn Z. unterfertigte Vollmacht lautend auf die Befugnis zur Vertretung im Verwaltungsstrafverfahren, binnen einer Woche ab Zustellung dieses Schreibens vorzulegen. Wenn er diese Frist ungenützt verstreichen lasse, werde sein Einspruch als unzulässig zurückgewiesen.
E. R. kam dieser Aufforderung nicht nach.
4. Mit E-Mail vom 14. März 2018 erhob der Beschwerdeführer durch seinen bevollmächtigten Vertreter RA Mag. L. Einspruch gegen die Strafverfügung vom 15. Februar 2018.
5. Mit Bescheid vom 27. März 2018 wies die belangte Behörde den von E. R. eingebrachten Einspruch vom 27. Februar 2018 gegen die an Herrn Z. M. ergangene Strafverfügung zurück, weil Herr E. R. Einspruch im Namen von Herrn Z. M. erhoben hatte, ohne jedoch eine entsprechende Vollmacht vorzulegen.
III. Beweiswürdigung
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt. Die Feststellung, dass die Strafverfügung vom 15. Februar 2018 an den Beschwerdeführer bei der Postfiliale hinterlegt wurde, ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde, dem der Rückschein inne liegt und blieb überdies unbestritten.
IV. Rechtliche Beurteilung
1. Vorweg ist zu bemerken, dass Gegenstand des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht Wien lediglich die Frage ist, ob der Einspruch des Beschwerdeführers zu Recht als verspätet zurückgewiesen wurde.
Gemäß § 49 Abs. 1 erster Satz VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.
Nur wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht wird, ist gemäß § 49 Abs. 2 VStG das ordentliche Verfahren einzuleiten. Somit kann nur bei Rechtzeitigkeit des Einspruches auch über diesen inhaltlich entschieden werden.
2. Da der Beschwerdeführer einen Mangel bei der Zustellung der Strafverfügung weder im Behördenverfahren noch in der Beschwerde behauptet hat, war von der Richtigkeit und Vollständigkeit des Zustellnachweises und somit von der rechtswirksamen Zustellung der Strafverfügung auszugehen. Ebenso steht fest, dass die gegenständliche Strafverfügung eine richtige und vollständige Rechtsmittelbelehrung enthalten hat.
Die zweiwöchige Rechtsmittelfrist, welche gemäß § 33 Abs. 4 AVG nicht erstreckbar ist, begann daher mit dem ersten Tag der Abholfrist, somit am Montag, 19. Februar 2018, und endete am Montag, 5. März 2018.
3. Gemäß § 10 Abs. 1 AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis. Nach Abs. 2 par. cit. richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 AVG von Amts wegen zu veranlassen. Die Behörde kann nach § 10 Abs. 4 leg. cit. von einer ausdrücklichen Vollmacht absehen, wenn es sich um die Vertretung durch amtsbekannte Angehörige, Haushaltsangehörige, Angestellte oder durch amtsbekannte Funktionäre von beruflichen oder anderen Organisationen handelt und Zweifel über Bestand und Umfang der Vertretungsbefugnis nicht obwalten.
Infolge § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur sofortigen Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss ein Einschreiter schon zum Zeitpunkt seines Handelns zumindest schlüssig zu erkennen geben, dass er als Vertreter eines bestimmten Dritten tätig wird. Der Mangel an Vollmacht bei einer auf ein Vertretungsverhältnis hinweisenden Eingabe ist als Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG zu werten, der durch einen entsprechenden Verbesserungsauftrag zu beheben ist (vgl. zB VwGH 24.2.2005, 2004/07/0170).
In Entsprechung eines derartigen Auftrages kann eine (fehlerfreie) Vollmachtsurkunde nicht nur nachgereicht, sondern auch – bei mündlicher Bevollmächtigung im Innenverhältnis – erst im Nachhinein errichtet werden. Entscheidend ist nämlich nicht die – möglicherweise nach der Setzung der Verfahrenshandlung liegende – Datierung der Bevollmächtigungsurkunde, sondern dass das Vertretungsverhältnis tatsächlich im Zeitpunkt der Setzung der Verfahrenshandlung durch den Einschreiter bereits bestanden hat (vgl. VwGH 13.10.2011, 2010/22/0093; 21.5.2012, 2008/10/0085).
Dies bedeutet aber, dass nur der Mangel des Vollmachtnachweises, nicht aber jener der Bevollmächtigung – zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung – selbst behebbar ist (vgl. zB VwGH 26.1.1982, 0577/80). Das Vollmachtverhältnis selbst muss daher vor dem Ablauf der Frist für eine Verfahrenshandlung begründet
oder die Verfahrenshandlung innerhalb dieser Frist nachträglich genehmigt werden (vgl. zB VwGH 8.7.2004, 2004/07/0101; 8.9.2009, 2009/21/0072). Ist dies nicht der Fall, so kann der vom Einschreiter gesetzte Akt der Partei selbst dann nicht zugerechnet werden, wenn die Bevollmächtigung innerhalb der Verbesserungsfrist erfolgt (vgl. VwGH 24.2.1995, 94/09/0296).
Im vorliegenden Schreiben vom 27. Februar 2018 hat E. R. der Behörde Informationen zum gewöhnlichen Aufenthaltsort des Beschwerdeführers übermittelt. Soweit E. R. damit für den Beschwerdeführer einschreiten wollte, hätte er sich – da ein Fall des § 10 Abs. 4 AVG oder eine mündlich vor der Behörde erteilte Vollmacht nicht vorlag und E. R. auch nicht zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugt ist – gemäß § 10 Abs. 1 zweiter Satz AVG durch eine schriftliche Vollmacht ausweisen müssen. Auf diesen Umstand wurde der Einschreiter E. R. von der belangten Behörde mit Schreiben vom 8. März 2018 auch ausdrücklich und unmissverständlich hingewiesen. Das Fehlen der schriftlichen Vollmacht stellt somit einen Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG dar (vgl. § 10 Abs. 2 letzter Satz AVG).
Seitens der Behörde wurde der Einschreiter E. R. aufgefordert, innerhalb von einer Woche ab Zustellung der Aufforderung vom 8. März 2018, eine vom Bescheidadressaten unterfertigte Vollmacht, lautend auf die Befugnis zur Vertretung im Verwaltungsstrafverfahren vorzulegen.
Dieser Aufforderung ist der Einschreiter innerhalb der behördlich gesetzten Frist, die mit Ablauf des 15. März 2018 endete, nicht nachgekommen. Das Vorliegen eines Vollmachtverhältnisses zwischen E. R. und dem Beschwerdeführer wurde daher nicht nachgewiesen. Dass der Beschwerdeführer Herrn R. eine derartige Vollmacht erteilt hätte, hat der Beschwerdeführer im Übrigen gar nicht behauptet. Das Schreiben von E. R. vom 27. Februar 2018 war somit nicht dem Beschwerdeführer zurechenbar.
Der Beschwerdeführer erhob somit erstmals am 14. März 2018 durch seinen bevollmächtigten Vertreter RA Mag. L. Einspruch gegen die Strafverfügung vom 15. Februar 2018. Nachdem die Einspruchsfrist, wie weiter oben ausgeführt, bereits am 5. März 2018 endete, erweist sich der Einspruch somit als verspätet.
4. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es im Falle der verspäteten Einbringung eines Rechtsmittels der erkennenden Behörde verwehrt, auf das Vorbringen einzugehen und eine Sachentscheidung zu treffen (VwGH 27.3.1990, 89/08/0173).
Die belangte Behörde hat den Einspruch des Beschwerdeführers daher zu Recht zurückgewiesen.
5. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 3 Z 4 VwGVG entfallen.
6. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Strafverfügung; Einspruch; verspätet; keine Vollmacht; MängelbehebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.001.069.6872.2018Zuletzt aktualisiert am
13.07.2018