Entscheidungsdatum
03.07.2018Index
50/01 GewerbeordnungNorm
AWG 2002 §43 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt/fasst durch seinen Richter Mag. Spielmann über die Beschwerde des AA, Adesse 1, Z, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Y vom 01.09.2017, Zahl ****, betreffend eines Bewilligungsverfahrens nach dem AWG 2002 für eine Bodenaushubdeponie der BB Gesellschaft m.b.H. nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung
I.
zu Recht:
1. Die Beschwerde gegen den Spruchpunkt A (abfallrechtliche Bewilligung) wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als in Spruchpunkt A/III/A des angefochtenen Bescheides folgende zusätzliche Nebenbestimmungen vorgeschrieben werden:
„3. Der Deponiebetrieb darf an maximal 250 Arbeitstagen pro Jahr stattfinden. Es sind von Montag bis Freitag zwischen 7:00 Uhr und 18:00 Uhr maximal 10 Betriebsstunden pro Tag und an Samstagen zwischen 7:00 Uhr und 12:00 Uhr max 5 Betriebsstunden zulässig. In den Monaten Jänner und Februar darf kein Deponiebetrieb stattfinden.
4. Im Deponiebetrieb sind pro Jahr maximal 300 Betriebsstunden mit dem Radlader zulässig. Die Betriebszeiten sind im Fahrtenbuch zu dokumentieren. Das Fahrtenbuch ist 3 Jahre aufzubewahren und auf Verlangen der Behörde vorzulegen.
5. Zur Deponie sind maximal 6 LKW-Anlieferungen pro Stunde und maximal 3.000 LKW-Anlieferungen pro Jahr zulässig. Jede LKW-Anlieferung ist mit Datum und Uhrzeit zu dokumentieren. Die Dokumentation ist 3 Jahre aufzubewahren und auf Verlangen der Behörde vorzulegen.
6. LKW-Fahrten auf der unbefestigten Deponiezufahrtsstraße sind nur zulässig, sofern die von LKW in Anspruch genommene Fahrbahnoberfläche – aufgrund der Beregnungsanlage oder aufgrund der Witterung – einen derart hohen Feuchtigkeitsgehalt aufweist, dass optisch keine Staubentwicklung feststellbar ist.“
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
II.
den Beschluss
1. Die Beschwerde gegen den Spruchpunkt B (naturschutzrechtliche Bewilligung) wird als unzulässig zurückgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahren:
Mit dem angefochtenen Bescheid hat der Landeshauptmann von Tirol als AWG-Behörde der BB Gesellschaft m.b.H. (Konsenswerberin) die abfallrechtliche (Spruchpunkt A) und naturschutzrechtliche (Spruchpunkt B) Bewilligung für die Bodenaushubdeponie Z erteilt.
Gegen diesen Bescheid hat AA als Nachbar mit Schreiben vom 06.10.2017 fristgerecht Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben und beantragt,
„1. den Antrag der Konsenswerberin nach Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Verhandlung wegen formeller und materieller Mängel (Feststellung- und Begründungsmängel), Verletzung von Verfahrensvorschriften, insbesondere Verletzung des Parteiengehörs), inhaltlich unrichtiger Entscheidung und Nichtigkeit abzuweisen, in eventu den Bescheid des Landeshauptmannes von Y aufzuheben und aufzutragen, ein sachgerechtes Verfahren nach den Bestimmungen des AVG 1991 unter Gewährung des Parteiengehörs durchzuführen;
2. in eventu in Stattgebung der Sache selbst zu erkennen und den Intentionen des Beschwerdeführers folgend ein ordentliches Verfahren unter Gewährung des Parteiengehörs durchzuführen, dem Konsenswerber aufzutragen, hinsichtlich seiner Betriebsanlage die Anzahl Fahrbewegungen mit den Fahrzeugtypen und deren Emissionen zu konkretisieren und eine Entscheidung unter Berücksichtigung sämtlicher Fahrbewegungen im „CC“ mit entsprechenden Auflagen zu erlassen.“
Zur Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes hat das Landesverwaltungsgericht
1. das Gutachten des emissionstechnischen Amtssachverständigen DD vom 26.02.2018, Zl ****,
2. das Gutachten des immissionstechnischen Amtssachverständigen EE vom 27.03.2018, Zl ****,
3. das Gutachten des vermessungstechnischen Amtssachverständigen FF, vom 27.03.2018. Zl ****,
4. das Gutachten des verkehrstechnischen Amtssachverständigen GG vom 21.03.2018, Zl ****, sowie
5. die Stellungnahme des verkehrsplanerischen Amtssachverständigen JJ vom 16.03.2018, Zl ****,
eingeholt.
Weiters wurde Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in
1. den verfahrenseinleitenden Antrag samt den signierten Projektunterlagen,
2. den angefochtenen Bescheid und die Beschwerde,
3. das Gutachten des emissionstechnischen Amtssachverständigen DD vom 19.01.2017, Zl ****,
4. die Schreiben der Konsenswerberin vom 19.02.2018 und 12.03.2018 sowie
5. die Schreiben des Beschwerdeführers vom 28.07.2014, 12.08.2014, 05.02.2015, 13.07.2017, 11.08.2017 und 07.06.2018.
Am 14.06.2018 hat das Landesverwaltungsgericht in Anwesenheit des Beschwerdeführers und von Vertretern der Konsenswerberin eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in der die emissions- und immissionstechnischen Gutachten mit den Amtssachverständigen DD und EE erörtert wurden.
II. Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer ist Miteigentümer des bebauten Grundstücks Nr **1/12, KG Z, auf dem sich sein Hauptwohnsitz befindet.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Konsenswerberin nach Maßgabe der signierten Einreichunterlagen die abfall- und naturschutzrechtliche Bewilligung für eine Bodenaushubdeponie auf den Grundstücken Nr **2, **3/1, **3/2, **4, **5/1, **6/2 und **7, alle KG X, mit einer Gesamtkubatur von 545.226 m3 und einem Einbringungszeitraum bis zum 31.03.2032 erteilt.
Der bewilligte Maximalbetrieb mit 6 LKW-Anlieferungen pro Stunde bzw 60 LKW-Anlieferungen pro Tag und durchgängigem Vollbetrieb des Radladers führen während der bewilligten 10 Betriebsstunden pro Tag zu einer spezifischen Lärmimmission auf dem Grundstück des Beschwerdeführers von 33 dB. Durch diese vom Deponiebetrieb verursachte Lärmimmissionen wird die akustische Ist-Situation auf dem Grundstück des Beschwerdeführers von 48 dB, die maßgeblich durch den Verkehr der A 12 Inntalautobahn verursacht wird, nicht messbar verändert.
Beim Maximalbetrieb mit 250 Arbeitstagen pro Jahr, 300 Radladerbetriebsstunden pro Jahr und 3.000 LKW-Anlieferungen pro Jahr verursacht der bewilligte Deponiebetrieb am Grundstück des Beschwerdeführers eine Zusatzbelastung im Jahresmittel von <0,2 µg/m3 Feinstaub PM10, <0,05 µg/m3 Feinstaub PM2,5 und <0,1 µg/m3 Stickstoffdioxid. Damit werden sowohl die Irrelevanzkriterien von 1 % der Grenzwerte für die Jahresmittelwerte in Gebieten mit Grenzwertüberschreitungen (0,4 µg/m3 Feinstaub PM10, 0,25 µg/m3 Feinstaub PM2,5 und 0,35 µg/m3 Stickstoffdioxid) als auch die Irrelevanzkriterien von 3 % der Grenzwerte für die Jahresmittelwerte in Gebieten ohne Grenzwertüberschreitungen (1,20 µg/m3 Feinstaub PM10, 0,75 µg/m3 Feinstaub PM2,5 und 1,05 µg/m3 Stickstoffdioxid) deutlich unterschritten. Die Emissionen, die bei der bewilligten Projektumsetzung entstehen, führen somit am Grundstück des Beschwerdeführers, das in einem Gebiet ohne Grenzwertüberschreitungen liegt, zu keinem relevanten Beitrag der Immissionsbelastung.
Bei projektgemäßer Umsetzung und Einhaltung der Auflagen kommt es somit auf dem Grundstück des Beschwerdeführers zu keinen relevanten Beeinträchtigungen durch Lärm und Luftschadstoffe.
III. Beweiswürdigung:
Die entscheidungswesentliche Feststellung, wonach der Beschwerdeführer keiner relevanten Beeinträchtigung durch Lärm- und Luftschadstoffe ausgesetzt wird, ergibt sich aus den schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten der emissions- und immissionstechnischen Amtssachverständigen. Diesen Gutachten ist der Beschwerdeführer nicht mit Gegengutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Es ist ihm auch nicht gelungen, Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der Befundaufnahme sowie an der Schlüssigkeit der Gutachten der Amtssachverständigen aufzuzeigen:
Zum Einreichprojekt:
Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, dass sich der emissionstechnische Amtssachverständige DD nicht auf das der Bewilligung zu Grunde liegende Einreichprojekt bezogen habe, wurde in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht unwidersprochen klargestellt, dass der emissionstechnische Amtssachverständige seine Gutachten vom 19.01.2017, Zl ****, und 26.02.2018, Zl ****, ausschließlich auf Grundlage des signierten Einreichprojektes „Bodenaushubdeponie Z, Einreichprojekt gem. AWG 2002, 2. Version, 27.06.2016“ samt Chronologie vom 21.11.2016 und Nachreichung vom 13.01.2017 erstellt hat. Jene Gutachten, die der emissionstechnische Amtssachverständige zu einem früheren Zeitpunkt zu nicht mehr aktuellen Projektunterlagen erstellt hat, wurden im Rahmen der Beweiswürdigung nicht herangezogen.
Zum maximal zulässigen Betrieb:
Da bei der Beurteilung der Vorhabensauswirkungen davon auszugehen ist, dass die abfallrechtliche Bewilligung und die erteilten Auflagen von der Kosenswerberin eingehalten werden (vgl VwGH 10.02.1992, 91/07/0052), beruhen die emissions- und immissionstechnischen Feststellungen auf den beantragten und bewilligten Betriebszeiten und LKW-Fahrten (Punkt 6.4.5 auf Seite 22 des Einreichprojektes) sowie auf den beantragten und bewilligten Radladerbetriebsstunden (Punkt 7.2.1 auf Seite 29 des Einreichprojektes). Dieser maximal zulässige Betrieb wurde vom Landesverwaltungsgericht mit den neuen Auflagen A/III/A/3, A/III/A/4 und A/III/A/5 konkretisiert und ist einzuhalten. Daher können die emissions- und immissionstechnischen Feststellungen nicht mit Argumenten und Beweisanträgen in Zweifel gezogen werden, wonach die zu erwartenden Betriebszeiten, LKW-Fahrten und Radladerbetriebsstunden zu niedrig angesetzt worden seien.
Zu den verwendeten Kraftfahrzeugen:
Soweit der Beschwerdeführer bemängelt, dass keine detaillierte Fahrzeugliste mit Angaben zu Alter, Type, Euroklassen und Leistungsfähigkeiten der LKW vorliege, ist zunächst klarzustellen, dass die gegenständliche Deponie nicht nur mit LKW der Konsensbewerberin, sondern auch mit LKW ihrer Kunden angefahren wird und, dass sich die LKW-Flotte im Einbringungszeitraum bis zum 31.03.2032 ändern wird. Die vom Beschwerdeführer geforderte Konkretisierung ist daher nicht möglich. Der emissionstechnische Amtssachverständige hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht jedoch unter Hinweis auf die einschlägige Fachliteratur dargelegt, dass zur Emissionsermittlung auf fachlich anerkannte Durchschnittswerte zurückzugreifen ist. Konkret wurden die Lärmemissionen auf Basis des Emissionsdatenkataloges, Umweltbundesamt Wien, 2006, und die Luftschadstoffemissionen auf Basis des Handbuches für Emissionsfaktoren 3.2, Ausgabe vom 25.07.2014, ermittelt. Entgegen den am Prüfstand gemessenen Werten einzelner Fahrzeugtypen geben diese aufgrund umfangreicher Messungen und Untersuchungen ermittelten Daten die Emissionen eines durchschnittlichen LKW-Flottenmixes wieder. Aufgrund des technischen Fortschrittes und verschärfter gesetzlicher Bestimmungen werden sich die Emissionen eines durchschnittlichen Flottenmixes jedoch tendenziell verbessern, sodass sich künftige Änderungen des Flottenmixes zugunsten des Beschwerdeführers auswirken dürften. Sofern der Beschwerdeführer kritisiert, dass nicht die aktuelle Ausgabe 3.3 (2017) des Handbuches für Emissionsfaktoren herangezogen worden sei, hat der emissionstechnische Amtssachverständige klargestellt, dass sich in der neueren Literatur ausschließlich Änderungen bei Diesel-PKW und nicht bei LKW ergeben haben.
Hinsichtlich des zum Einsatz kommenden Radladers wurde entgegen dem Beschwerdevorbringen das im Einreichprojekt beantragte Model (mit Nachreichung vom 13.01.2017 wurde der Antrag dahingehend abgeändert, dass als Erdbaugerät ausschließlich der Radlader der Type L566 des Herstellers Liebherr zum Einsatz kommt) der Ermittlung zu Grunde gelegt. Sofern der Beschwerdeführer diesbezüglich eine allfällige gesetzliche Verschärfung von Abgaswerten ab dem Jahr 2020 ins Treffen führt, kann sich diese nicht zu seinem Nachteil auswirken.
Zum Lärm:
Hinsichtlich der Lärmsituation hat der emissionstechnische Amtssachverständige gutachterlich dargelegt, dass der Beurteilungspegel der spezifischen Lärmimmission, also die von der Deponie ausgehende Lärmimmission beim Beschwerdeführer, 33 dB betragen wird (emissionstechnisches Gutachten vom 19.01.2017, Seite 9). Die Ist-Situation – also die Vorbelastung – beim Beschwerdeführer beträgt jedoch – insbesondere aufgrund der A 12 Inntalautobahn – bereits 48 dB. Daher wird die akustische Ist-Situation beim Beschwerdeführer durch den Deponiebetrieb nicht messbar verändert (emissionstechnisches Gutachten vom 19.01.2017, Seite 12 und 13). Der emissionstechnische Amtssachverständige hat dies schlüssig damit begründet, dass der bestehende Umgebungslärmpegel – also insbesondere der bestehende Verkehrslärm der A 12 Inntalautobahn – die von der Deponie ausgehenden Lärmimmissionen beim Beschwerdeführer überdecken wird.
Sofern der Beschwerdeführer den festgestellten bestehenden Umgebungslärmpegel von 48 dB in Zweifel zieht, hat der emissionstechnische Amtssachverständige in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass die diesbezüglichen Messungen nach dem Stand der Technik und den einschlägigen Normen vorgenommen wurden und, dass dabei jeweils vergleichbare Ergebnisse erzielt wurden. Darüber hinaus liegt ein aktueller Umgebungslärmkataster, herausgegeben vom Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus vor (Anlage C der Verhandlungsschrift), der für den Immissionspunkt des Beschwerdeführers für das Berichtsjahr 2017 einen Immissionswert von ca 55 dB – verursacht durch die A 12 Inntalautobahn – ergibt. Das Umgebungsgeräusch beim Beschwerdeführer wird also im Wesentlichen durch die A 12 Inntalautobahn geprägt, weshalb auch seit den durchgeführten Lärmmessungen keine relevante Veränderung der Ist-Situation eingetreten ist. Selbst eine Halbierung oder Verdoppelung des Verkehrsgeschehens auf der Autobahn würde beim Beschwerdeführer lediglich zu einer Veränderung der Ist-Situation von 3 dB führen. Aus emissionstechnischer Sicht stellt die Ist-Situation von 48 dB einen realistischen Wert dar, sodass sich das hinzukommende Störgeräusch von 33 dB in keiner Weise nachteilig für den Beschwerdeführer auswirken wird. Selbst bei einer Halbierung des Verkehrsgeschehens auf der A 12 Inntalautobahn würde das durch die Deponie neu hinzu kommende Geräusch vom Verkehrslärm überdeckt. Die von der Deponie ausgehende Lärmimmission beim Beschwerdeführer ist daher als vernachlässigbar einzustufen bzw kann in Richtung eines „No Impact Statements“ eingestuft werden. Das heißt, dass beim Beschwerdeführer keine Auswirkungen feststellbar sein werden. Relevante Auswirkungen für den Beschwerdeführer würden nur entstehen, wenn die Umgebungslärmsituation auf seinem Grundstück auf einen Wert von unter 38 dB sinken würde, was jedoch einen massiven und nicht zu erwartenden Rückgang des Verkehrs auf der A 12 Inntalautobahn voraussetzen würde.
Weiters hat der emissionstechnische Amtssachverständige in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass das Grundstück des Beschwerdeführers eine Flächenwidmung als Wohngebiet aufweist und daher während der bewilligten Betriebszeiten ein Planungsrichtwert von 50 dB besteht (emissionstechnisches Gutachten vom 19.01.2017, Seite 11). Außerdem liegt die von der Deponie ausgehende Lärmimmission beim Beschwerdeführer von 33 dB deutlich unter den anerkannten Grenz- und Richtwerten für den Schutz der Gesundheit und den vorbeugenden Gesundheitsschutz.
Zu den Luftschadstoffen:
Der Beschwerdeführer zieht die Feststellungen zu den Luftschadstoffen in Zweifel, da die Vorbelastung nicht ausreichend berücksichtigt worden sei. Dazu haben der emissionstechnische Amtssachverständige und der immissionstechnische Amtssachverständige EE in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht klargestellt, dass die Vorbelastung – also die Ist-Situation – beim Beschwerdeführer aus fachlicher Sicht nur dann relevant wäre, wenn die vom beantragten Vorhaben ausgehenden Emissionen beim Beschwerdeführer einen relevanten Beitrag zur Immissionsbelastung leisten würden. Liegt die mit der beantragten Deponie verbundene Zusatzbelastung beim Beschwerdeführer jedoch unter dem Irrelevanzkriterium, ist die Vorbelastung für die Beurteilung der Vorhabensauswirkungen ohne Bedeutung. Der emissionstechnische Amtssachverständige hat dazu in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass es sich beim Irrelevanzkriterium um jenen Schwellwert handelt, unterhalb dem Auswirkungen des Vorhabens als nicht relevant eingestuft werden bzw unterhalb dem sich die Vorhabensauswirkungen innerhalb des Unsicherheitsbereiches von Modellrechnungen oder Messungen bewegen (= Relevanzgrenze, Bagatellgrenze, Erheblichkeitskriterium).
Beim Beschwerdeführer ist eine Zusatzbelastung im Jahresmittel für Feinstaub PM10 von <0,2 µg/m3, für Feinstaub PM2,5 von <0,05 µg/m3 und für Stickstoffdioxid von <0,1 µg/m3 zu erwarten (emissionstechnisches Gutachten vom 19.01.2017, Seite 19). Der Wohnort des Beschwerdeführers befindet sich in einem Gebiet ohne Grenzwertüberschreitungen. Das Irrelevanzkriterium liegt daher bei einer Jahreszusatzbelastung von 3 % der Grenzwerte für die Jahresmittelwerte, also bei 1,20 µg/m3 Feinstaub PM10, 0,75 µg/m3 Feinstaub PM2,5 und 1,05 µg/m3 Stickstoffdioxid (emissionstechnisches Gutachten vom 19.01.2017, Seite 22). Daher werden auf dem Grundstück des Beschwerdeführers die maßgeblichen Irrelevanzkriterien deutlich unterschritten. Aber auch wenn das Grundstück des Beschwerdeführers in einem Gebiet mit Grenzwertüberschreitungen liegen würde, käme es zu einer deutlichen Unterschreitung der in diesem Fall strengeren Relevanzgrenzen von 1 % der Grenzwerte für die Jahresmittelwerte, also von 0,4 µg/m3 Feinstaub PM10, 0,25 µg/m3 Feinstaub PM2,5 und 0,35 µg/m3 Stickstoffdioxid (emissionstechnisches Gutachten vom 19.01.2017, Seite 22). Die Emissionen des beantragten Vorhabens leisten daher keinen relevanten Beitrag zur Immissionsbelastung beim Beschwerdeführer, weshalb auf die bestehende Vorbelastung nicht weiter einzugehen ist. Der Vollständigkeit halber hat der beigezogene immissionstechnische Amtssachverständige in der mündlichen Verhandlung aber auch dargelegt, dass selbst eine Kumulierung der bestehenden Vorbelastung mit den neu hinzukommenden Luftschadstoffen zu keiner Grenzwertüberschreitung führen wird.
Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang kritisiert, dass allfällige PKW-Fahrten und Dieselaggregate im Rahmen des Deponiebetriebes nicht berücksichtigt worden seien, hat der emissionstechnische Amtssachverständige in der mündlichen Verhandlung schlüssig ausgeführt, dass im gegenständlichen Fall allfällige PKW-Emissionen im Vergleich zu den ermittelten LKW-Emissionen irrelevant sind und nicht zu einer Überschreitung des Irrelevanzkriteriums führen. Selbst eine Verdoppelung der beantragten 3.000 LKW-Anlieferungen pro Jahr würde nämlich nicht dazu führen, dass die Relevanzgrenzen überschritten werden. Vereinzelte PKW-Fahrten im Rahmen des Deponiebetriebes fallen daher genauso wenig ins Gewicht wie allfällige unvorhergesehene Fahrmanöver von LKW. Zu Dieselaggregate genügt der Hinweis, dass diese nicht Antragsgegenstand sind und daher bei den Vorhabensauswirkungen nicht zu berücksichtigen sind.
Zur Beregnungsanlage:
Gegenstand des beantragten und bewilligten Vorhabens ist auch eine Beregnungsanlage für die bereits bestehende, unbefestigte Deponiezufahrtsstraße (Seite 25 und Anhang 3 des Einreichprojektes). Der emissionstechnische Amtssachverständige hat dazu unter Verweis auf die einschlägige Literatur (Technische Grundlage zur Beurteilung diffuser Staubemissionen, BMWFJ 2013) ausgesagt, dass die im Projekt vorgesehene Befeuchtung mit 6 l/m²/Tag aus fachlicher Sicht ausreichend ist, um Staubemissionen entsprechend dem Stand der Technik zu verhindern. Weiters hat der emissionstechnische Amtssachverständige in der mündlichen Verhandlung schlüssig dargelegt, dass die Beregnungsanlage aus fachlicher Sicht dann ausreichend funktioniert, wenn die von LKW in Anspruch genommene Fahrbahnoberfläche einen derartigen Feuchtigkeitsgehalt aufweist, dass optisch keine Staubentwicklung feststellbar ist. Die tatsächliche Fahrbahnbreite spielt dafür keine Rolle. Aus emissionstechnischer Sicht ist daher die neue Auflage A/III/A/6 ausreichend, um den Staub auf der unbefestigten Deponiezufahrtsstraße ausreichend zu binden.
Sofern der Beschwerdeführer bestreitet, dass für die Beregnungsanlage ausreichend Nutzwasser zur Verfügung steht, ist klarzustellen, dass die unbefestigte Deponiezufahrtsstraße nur unter Einhaltung der Auflage A/III/A/6 benutzt werden darf. Sollte dafür nicht ausreichend Wasser zur Verfügung stehen, ist der Betrieb einzustellen. Die tatsächlich zur Verfügung stehende Wassermenge kann sich daher nicht auf die Immissionen beim Beschwerdeführer auswirken. Der Vollständigkeit halber wird jedoch klargestellt, dass die Konsenswerberin mit Schreiben vom 12.03.2018 glaubhaft gemacht hat, dass ihr für den Betrieb der Deponie eine private Wasserversorgungsanlage mit einer Schüttung von 6,5 l/s zur Verfügung steht. An einem Tag mit Maximalbetrieb stehen daher rechnerisch 234.000 Liter Wasser zur Verfügung, womit 39.000 m2 beregnet werden könnten. Das Einreichprojekt beziffert die zu beregnende Fläche jedoch nur mit 6.020 m². Der vom Landesverwaltungsgericht beigezogene Vermessungstechniker hat eine Gesamtfläche der unbefestigten Deponiezufahrtsstraße im Ausmaß von 7.927 m2 ermittelt. Trotz aller denkbarer Unwägbarkeiten steht somit offenkundig ein Vielfaches der erforderlichen Wassermenge zur Verfügung. Zusätzlich besteht nach Aussage der Konsenswerberin in der mündlichen Verhandlung die Möglichkeit der Versorgung über das öffentliche Wassernetz.
Zu Föhnwetterlagen:
Der Beschwerdeführer zieht in Zweifel, dass Föhnwetterlagen ausreichend berücksichtigt worden seien. Der emissionstechnische Amtssachverständige hat dazu in der mündlichen Verhandlung schlüssig ausgeführt, dass sich Föhntage zwar aufgrund der Staubaufwirbelung emissionsseitig negativ auswirken, dass aber aufgrund der großen Luftdurchmischung immissionsseitig keine erhöhten Belastungen beim Beschwerdeführer zu erwarten sind. Auch der immissionstechnische Amtssachverständige hat in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass Föhnwetterlagen aus immissionstechnischer Sicht zu einer Reduzierung der Luftschadstoffbelastung führen. Außerdem ist auch an Föhntagen die neue Auflage A/III/A/6 einzuhalten, wonach die unbefestigte Deponiezufahrtsstraße nur bei einer ausreichend feuchten Fahrbahnoberfläche befahren werden darf. Das Beschwerdevorbringen, wonach die Anzahl der Föhntage zu niedrig angesetzt sei, geht somit ins Leere. In diesem Zusammenhang ist auch festzuhalten, dass die vom Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Fotos, auf denen LKW mit augenscheinlicher Staubentwicklung erkennbar sind (Beilage A der Verhandlungsschrift), nicht geeignet sind, die Ausführungen der beigezogenen Amtssachverständigen in Zweifel zu ziehen. Die abgebildeten LKW-Fahrten haben nämlich nicht im Rahmen des beantragten künftigen Deponiebetriebes stattgefunden und wären gemäß der neuen Auflage A/III/A/6 nicht zulässig.
Was die Lärmbelastung betrifft, hat der emissionstechnische Amtssachverständige in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass Föhnwetterlagen entsprechend der ÖNORM EN ISO 9613-2 ausreichend berücksichtigt wurden.
Zu Frostperioden:
Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, dass Frostperioden, in denen kein Deponiebetrieb stattfindet, nicht ausreichend definiert bzw bei den Vorhabensauswirkungen nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass der Deponiebetrieb nur für die Monate März bis Dezember beantragt und bewilligt wurde. Sofern das Einreichprojekt diesbezüglich widersprüchlich ist (Punkt 6.4.5 auf Seite 22 des Einreichprojektes), hat die Konsenswerberin ihren Antrag in der mündlichen Verhandlung dahingehend präzisiert, dass die Monate Jänner und Februar betriebsfrei sind. Dies wurde vom Landesverwaltungsgericht mit der neuen Auflage A/III/A/3 klargestellt. Sollte außerhalb dieser zwei betriebsfreien Monate die Beregnungsanlage der Deponiezufahrtsstraße aufgrund von Frost nicht funktionsfähig sein, greift die neue Auflage A/III/A/6. Auch bei Frost sind daher LKW-Fahrten auf der unbefestigten Deponiezufahrtsstraße nur zulässig, sofern auf der von LKW in Anspruch genommenen Fahrbahnoberfläche optisch keine Staubentwicklung feststellbar ist. Im Übrigen hat der emissionstechnische Amtssachverständige in der mündlichen Verhandlung schlüssig erläutert, dass für die Ermittlung der Luftschadstoffemissionen der Jahresmittelwert heranzuziehen ist (entscheidend ist also der pro Jahr insgesamt stattfindende Betrieb) und daher die Anzahl einzelner betriebsfreier Frosttage für die Immissionsbelastung nicht relevant ist.
Auch für die Beurteilung der Beeinträchtigung durch Lärm ist die Anzahl der Frosttage nicht relevant. Der emissionstechnische Amtssachverständigen hat nämlich in der mündlichen Verhandlung schlüssig erläutert, dass für die Beurteilung der Lärmbelastung der Worst Case, also der Tag mit der höchsten Belastung ausschlaggebend ist. Es ist also nur ein Tag im zulässigen Maximalbetrieb und kein betriebsfreier Frosttag zu beurteilen, sodass die tatsächliche Anzahl an Frosttagen auch für die Beurteilung der Lärmbelastung irrelevant ist.
Zur Steigung der Deponiezufahrt:
Soweit der Beschwerdeführer bestreitet, dass die Steigung der Deponiezufahrtsstraße ausreichend berücksichtigt wurde, hat der emissionstechnische Amtssachverständige in der mündlichen Verhandlung schlüssig ausgeführt, dass sowohl für Lärm- als auch für Luftschadstoffemissionen die im Emissionsdatenkatalog und im Handbuch für Emissionsfaktoren angegebenen Werte für Steigungen herangezogen wurden. Im Emissionsdatenkatalog wird hinsichtlich der Lärmemissionen lediglich zwischen ebenen Fahrstrecken und Steigungen unterschieden. Hier wurde für die Gesamtsteigungsstrecke der Wert für Steigungen herangezogen. Hinsichtlich der Luftschadstoffe wurden die im Handbuch für Emissionsfaktoren maximal angegebenen Steigungswerte für die gesamte Strecke verwendet. Aus fachlicher Sicht ist damit die Steigung der Zufahrtsstraße ausreichend berücksichtigt.
Zu den weiteren Beweisanträgen:
Von den beantragten Einvernahmen der Amtssachverständigen für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik konnte abgesehen werden. Diese Sachverständigen wurden nämlich insbesondere zur Ermittlung beigezogen, ob mit den beantragten LKW-Fahrten auf der Deponiezufahrtsstraße das beantragte Deponievolumen realisiert werden kann. Diese Frage tangiert die subjektiven Rechte des Beschwerdeführers nicht, da die emissions- und immissionstechnischen Gutachten auf der maximal zulässigen Anzahl an LKW-Fahrten basieren. Sollte mit diesen bewilligten Fahrbewegungen nicht das Auslangen gefunden werden, könnte allenfalls das bewilligte Deponievolumen von 545.226 m3 nicht im bewilligten Einbringungszeitraum erreicht werden. An den vom bewilligten LKW-Verkehr ausgehenden maximalen Emissionen ändert sich jedoch in diesem Fall nichts. Soweit sich die Sachverständigen mit Fragen der Verkehrssicherheit und der Reinhaltung der öffentlichen Straße (Reifenwaschanlage) befassen, sind ebenfalls keine subjektiven Rechte des Beschwerdeführers betroffen.
Auch von der beantragten Einvernahme des vermessungstechnischen Amtssachverständigen konnte abgesehen werden. Letztlich ist nämlich die tatsächliche Fläche der bereits bestehenden Deponiezufahrtsstraße nicht relevant. Wie der emissionstechnische Amtssachverständige schlüssig und nachvollziehbar dargelegt hat, ist für die Beurteilung der aus dem LKW-Verkehr resultierenden Luftschadstoffe nicht die tatsächliche Fahrbahnbreite, sondern die Anzahl der LKW-Fahrten und eine dem Stand der Technik entsprechende Beregnung des Fahrstreifens, der von den LKW benützt wird, ausschlaggebend. Die emissions- und immissionstechnischen Gutachten beruhen darauf, dass die unbefestigte Deponiezufahrt entsprechend der vom Landesverwaltungsgericht vorgeschriebenen Auflage A/III/A/6 befeuchtet wird. Sollte aufgrund der tatsächlich von LKW in Anspruch genommenen Fläche die zur Verfügung stehende Wassermenge nicht ausreichen, dürften keine LKW-Fahrten im Rahmen des Deponiebetriebes mehr durchgeführt werden. Für die Frage der Beeinträchtigung des Beschwerdeführers in seinen subjektiven Rechten ist somit weder die tatsächliche Fläche der bereits bestehenden Deponiezufahrtsstraße noch die zur Verfügung stehende Wassermenge relevant. Es erübrigen sich daher auch weitere Ermittlungen zur Wassermenge.
Der Beschwerdeführer hat die Einholung weiterer Messergebnisse und Gutachten betreffend der Vorbelastung mit Luftschadstoffen beantragt. Da jedoch das durchgeführte Ermittlungsverfahren eindeutig ergeben hat, dass die vom beantragten Vorhaben ausgehenden Immissionen beim Beschwerdeführer unterhalb der Relevanzschwelle liegen, ist die bestehende Vorbelastung zur Beurteilung der Vorhabensauswirkungen nicht relevant, weshalb auch diesen Beweisanträgen nicht zu folgen war.
IV. Rechtslage:
Die entscheidungsrelevanten Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002) lauten wie folgt:
„Begriffsbestimmungen
§ 2.
(…)
(6) Im Sinne dieses Bundesgesetzes
(…)
5. sind „Nachbarn“ Personen, die durch die Errichtung, den Bestand, den Betrieb oder eine Änderung einer Behandlungsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder deren dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Nicht als Nachbarn gelten Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Behandlungsanlage aufhalten und die nicht Eigentümer oder dinglich berechtigt sind. Als Nachbarn gelten jedoch die Inhaber von Einrichtungen (zB Beherbergungsbetriebe, Krankenanstalten, Heime, Schulen), in denen sich regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen. Als Nachbarn gelten auch Eigentümer von grenznahen Liegenschaften im Ausland, wenn in dem betreffenden Staat österreichische Nachbarn in den entsprechenden Verfahren rechtlich oder tatsächlich den gleichen Nachbarschutz genießen;
(…)
Genehmigungs- und Anzeigepflicht für ortsfeste Behandlungsanlagen
§ 37.
(1) Die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von ortsfesten Behandlungsanlagen bedarf der Genehmigung der Behörde. Die Genehmigungspflicht gilt auch für ein Sanierungskonzept gemäß § 57 Abs. 4.
(…)
Konzentration und Zuständigkeit
§ 38.
(1) (Verfassungsbestimmung) Im Genehmigungsverfahren und Anzeigeverfahren für gemäß § 37 genehmigungspflichtige Behandlungsanlagen sind alle Vorschriften – mit Ausnahme der Bestimmungen über die Parteistellung, die Behördenzuständigkeit und das Verfahren – anzuwenden, die im Bereich des Gas-, Elektrizitätswirtschafts-, Landesstraßen-, Naturschutz- und Raumordnungsrechts für Bewilligungen, Genehmigungen oder Untersagungen des Projekts anzuwenden sind. Hinsichtlich dieser landesrechtlichen Vorschriften hat die Behörde im selben Bescheid in einem eigenen Spruchpunkt zu entscheiden.
(…)
(1a) Im Genehmigungsverfahren und Anzeigeverfahren für gemäß § 37 genehmigungspflichtige Behandlungsanlagen sind alle Vorschriften – mit Ausnahme der Bestimmungen über die Parteistellung, die Behördenzuständigkeit und das Verfahren – anzuwenden, die im Bereich des Gewerbe-, Wasser-, Forst-, Mineralrohstoff-, Strahlenschutz-, Luftfahrt-, Schifffahrts-, Luftreinhalte-, Immissionsschutz-, Rohrleitungs-, Eisenbahn-, Bundesstraßen-, Gaswirtschafts- und Denkmalschutzrechts für Bewilligungen, Genehmigungen oder Untersagungen des Projekts anzuwenden sind. Die Genehmigung oder Nicht-Untersagung ersetzt die nach den genannten bundesrechtlichen Vorschriften erforderlichen Bewilligungen, Genehmigungen oder Nicht-Untersagungen.
(…)
Parteistellung
§ 42.
(1) Parteistellung in einem Genehmigungsverfahren gemäß § 37 Abs. 1 haben
1. der Antragsteller,
2. die Eigentümer der Liegenschaften, auf denen die Anlage errichtet werden soll,
3. Nachbarn,
(…)
Genehmigungsvoraussetzungen
§ 43.
(1) Eine Genehmigung gemäß § 37 ist zu erteilen, wenn zu erwarten ist, dass die Behandlungsanlage neben den Voraussetzungen der gemäß § 38 anzuwendenden Vorschriften folgende Voraussetzungen erfüllt:
1. Das Leben und die Gesundheit des Menschen werden nicht gefährdet.
(…)
3. Nachbarn werden nicht durch Lärm, Geruch, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise unzumutbar belästigt.
4. Das Eigentum und sonstige dingliche Rechte der Nachbarn werden nicht gefährdet; unter einer Gefährdung des Eigentums ist nicht die Möglichkeit einer bloßen Minderung des Verkehrswertes zu verstehen.
(…)“
Die entscheidungsrelevante Bestimmung der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) lautet wie folgt:
„§ 77.
(…)
(3) Die Behörde hat Emissionen von Luftschadstoffen jedenfalls nach dem Stand der Technik (§ 71a) zu begrenzen. Die für die zu genehmigende Anlage in Betracht kommenden Bestimmungen einer Verordnung gemäß § 10 des Immissionsschutzgesetzes-Luft (IG-L), BGBl. I Nr. 115/1997, in der jeweils geltenden Fassung, sind anzuwenden. Sofern in dem Gebiet, in dem eine neue Anlage oder eine emissionserhöhende Anlagenerweiterung genehmigt werden soll, bereits mehr als 35 Überschreitungen des Tagesmittelwertes für PM10 gemäß Anlage 1a zum IG-L oder eine Überschreitung
- des um 10 µg/m3 erhöhten Jahresmittelwertes für Stickstoffdioxid gemäß Anlage 1a zum IG-L,
- des Jahresmittelwertes für PM10 gemäß Anlage 1a zum IG-L,
- des Jahresmittelwertes für PM2,5 gemäß Anlage 1b zum IG-L,
- eines in einer Verordnung gemäß § 3 Abs. 5 IG-L festgelegten Immissionsgrenzwertes,
- des Halbstundenmittelwertes für Schwefeldioxid gemäß Anlage 1a zum IG-L,
- des Tagesmittelwertes für Schwefeldioxid gemäß Anlage 1a zum IG-L,
- des Halbstundenmittelwertes für Stickstoffdioxid gemäß Anlage 1a zum IG-L,
- des Grenzwertes für Blei in PM10 gemäß Anlage 1a zum IG-L oder
- eines Grenzwertes gemäß Anlage 5b zum IG-L
vorliegt oder durch die Genehmigung zu erwarten ist, ist die Genehmigung nur dann zu erteilen, wenn
1. die Emissionen der Anlage keinen relevanten Beitrag zur Immissionsbelastung leisten oder
2. der zusätzliche Beitrag durch emissionsbegrenzende Auflagen im technisch möglichen und wirtschaftlich zumutbaren Ausmaß beschränkt wird und die zusätzlichen Emissionen erforderlichenfalls durch Maßnahmen zur Senkung der Immissionsbelastung, insbesondere auf Grund eines Programms gemäß § 9a IG-L oder eines Maßnahmenkatalogs gemäß § 10 des Immissionsschutzgesetzes-Luft in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 34/2003, ausreichend kompensiert werden, so dass in einem realistischen Szenario langfristig keine weiteren Überschreitungen der in diesem Absatz angeführten Werte anzunehmen sind, sobald diese Maßnahmen wirksam geworden sind.
(…)“
V. Erwägungen:
Zu Spruchpunkt I (abfallrechtliche Bewilligung):
Nachbarn haben gemäß § 43 Abs 1 AWG 2002 im Verfahren zur Genehmigung einer Abfallbehandlungsanlage das subjektive öffentliche Recht, dass die beantragte Genehmigung nicht erteilt wird, wenn – trotz Vorschreibung von Auflagen – eine Gefährdung ihres Lebens oder ihrer Gesundheit, ihres Eigentums oder ihrer sonstigen dinglichen Rechte zu erwarten ist sowie wenn eine unzumutbare Belästigung ihrer Person zu erwarten ist.
Der Nachbarbegriff des § 2 Abs 6 Z 5 AWG 2002 entspricht im Wesentlichen jenem des § 75 Abs 2 Gewerbeordnung 1994. Die Rechtsprechung zu dieser Bestimmung kann daher auch auf das AWG 2002 übertragen werden. Daher reicht für die Nachbarstellung bereits die bloße Möglichkeit einer Gefährdung oder Belästigung. Das für die Beurteilung der Nachbarstellung maßgebliche räumliche Naheverhältnis wird durch den möglichen Immissionsbereich bestimmt. Nachbarstellung kommt einer Person dann nicht zu, wenn für sie eine von der Betriebsanlage ausgehende Gefährdung oder Belästigung von Vornherein auszuschließen ist (vgl VwGH 23.09.2004, 2004/07/0055).
Wie das durchgeführte Ermittlungsverfahren ergeben hat, wird das beantragte Vorhaben auf dem Grundstück des Beschwerdeführers im Maximalbetrieb zu einer Lärmimmission von 33 dB sowie zu einer Zusatzbelastung im Jahresmittel von <0,2 µg/m3 Feinstaub PM10, <0,05 µg/m3 Feinstaub PM2,5 und <0,1 µg/m3 Stickstoffdioxid führen. Der Beschwerdeführer befindet sich somit im Immissionsbereich der beantragten Deponie, weshalb ihm Parteistellung im abfallrechtlichen Genehmigungsverfahren zukommt.
Das durchgeführte Ermittlungsverfahren hat aber auch zweifelsfrei ergeben, dass es selbst im maximal zulässigen Betrieb zu keiner messbaren Veränderung der bestehenden Lärmsituation kommen wird. Das mit 48 dB wesentlich höhere bestehende Lärmniveau der A 12 Inntalautobahn wird nämlich den neu hinzu kommenden Lärmpegel der Deponie so deutlich überdecken, dass selbst bei einer Halbierung des Verkehrsgeschehens auf der A 12 Inntalautobahn der Deponielärm beim Beschwerdeführer noch nicht feststellbar wäre.
Betreffend der zu erwartenden Zusatzbelastungen mit Luftschadstoffen ist zunächst darauf hinzuweisen, dass auch hinsichtlich der Frage, ob ein Vorhaben eine Gefährdung des Lebens und der Gesundheit des Menschen gemäß § 43 Abs 1 Z 1 AWG 2002 oder eine unzumutbare Belästigung von Nachbarn gemäß § 43 Abs 1 Z 3 AWG 2002 darstellt, auf die GewO 1994 und die dazu ergangene Judikatur zurückgegriffen werden kann (vgl VwGH 26.11.2015, 2012/07/0027).
Gemäß § 77 Abs 3 Z 1 GewO 1994 – der zufolge der Konzentrationsbestimmung des § 38 Abs 1a AWG 2002 auch im vorliegenden AWG-Genehmigungsverfahren anzuwenden ist – sowie gemäß dem vergleichbaren § 20 Abs 3 Immissionsschutzgesetz – Luft ist die Bewilligung für eine Betriebsanlage in einem Gebiet mit bereits vorliegender Grenzwertüberschreitung (unter anderem) dann zu erteilen, wenn die Emissionen der Anlage keinen relevanten Beitrag zur Immissionsbelastung leisten. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Immissionen dann als unerheblich zu betrachten, wenn sie im Verhältnis zum Grenzwert eine sehr geringe Quantität aufweisen und damit nur mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit Umweltauswirkungen nach sich ziehen können. Dabei ist die Auffassung, dass die Relevanzgrenze 1 % des Grenzwertes für den jeweiligen Jahresmittelwert beträgt, unbedenklich (vgl VwGH 17.09.2010, 2009/04/0080). Auch in der einschlägigen Literatur wird die Auffassung vertreten, dass in belasteten Gebieten ein Limit für die Zusatzbelastung von 1 % des Grenzwertes heranzuziehen ist. Für unbelastete Gebiete liegt die Relevanzgrenze bei einer Zusatzbelastung von 3 % des Grenzwertes (Leitfaden UVP und IG-L des Umweltbundesamtes und RdU-UT 2006/1).
Im gegenständlichen Fall befindet sich der Beschwerdeführer in einem Gebiet ohne Grenzwertüberschreitungen, sodass die Relevanzgrenze bei 3 % des Grenzwertes liegt. Wie das durchgeführte Ermittlungsverfahren aber zweifelsfrei ergeben hat, liegt beim Beschwerdeführer die maximale zusätzliche Belastung im Jahresmittel nicht nur unterhalb von 3 % des Grenzwertes, sondern auch deutlich unterhalb von 1 % des Grenzwertes. Der emissionstechnische Amtssachverständige hat zudem ausgeführt, dass selbst bei einer Verdoppelung des bewilligten LKW-Verkehrs die Relevanzgrenzen nicht erreicht würden.
Aufgrund dieses eindeutigen Ermittlungsergebnisses ist daher sowohl eine Gefährdung des Lebens und der Gesundheit als auch eine unzumutbare Belästigung des Beschwerdeführers ausgeschlossen. Dass es zu einer Gefährdung des Eigentums oder der sonstiger dinglicher Rechte des Beschwerdeführers kommen könnte, wurde weder vorgebracht noch liegen dafür Anhaltspunkte vor.
Zur Klarstellung ist jedoch der im Einreichprojekt nicht mit der nötigen Bestimmtheit angegebene Maximalbetrieb durch die neuen Auflagen A/III/A/3, A/III/A/4 und A/III/A/5 zu fixieren und eine Dokumentation zur besseren Nachprüfbarkeit vorzusehen. Entsprechend dem Gutachten des emissionstechnischen Amtssachverständigen ist auch mit der neuen Auflage A/III/A/6 sicherzustellen, dass die bereits bestehende, unbefestigte Deponiezufahrtsstraße nur bei ausreichender Staubbindung befahren wird. Ob bei Einhaltung dieser Auflagen – wovon im Bewilligungsverfahren auszugehen ist (vgl VwGH 10.02.1992, 91/07/0052) – das Deponievolumen innerhalb des Einbringungszeitraumes erreicht werden kann, berührt die subjektiven öffentlichen Rechte des Beschwerdeführers hingegen nicht. Damit geht die Beschwerde insofern ins Leere, als sie in Zweifel zieht, ob der den getroffenen Feststellungen zu Grunde liegende Maximalbetrieb eingehalten wird und ob der Beregnungsanlage ausreichend Wasser zur Verfügung steht.
Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Parteiengehörs im behördlichen Verfahren geltend macht, wird festgehalten, dass eine allfällige Verletzung des Parteiengehörs spätestens dadurch saniert wurde, dass das Landesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 06.04.2018, Zl LVwG-2017/44/2484-14, im Rahmen der Akteneinsicht am 25.04.2018 sowie im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14.06.2018 umfassend Parteiengehör gewährt hat (vgl VwGH 25.03.2004, 2003/07/0062). Entgegen dem Beschwerdevorbringen bestehen auch keine Zweifel, welches Einreichprojekt dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegt. Der angefochtene Bescheid wurde nämlich ausdrücklich nach Maßgabe der dem Behördenakt angeschlossenen signierten Projektunterlage „Bodenaushubdeponie Z, Einreichprojekt gem. AWG 2002, 2. Version, 27.06.2016“ samt Nachreichung vom 13.01.2017 erteilt.
Soweit der Beschwerdeführer schließlich die ausreichende Bestimmtheit der Auflagen in Spruchpunkt A/III/A des angefochtenen Bescheides bestreitet, ist zunächst festzuhalten, dass Nachbarn kein subjektiv-öffentliches Recht auf Auflagen zusteht, die der Beweissicherung dienen (vgl VwGH 10.06.1997, 97/07/0016). Und mit der Auflage, eine Betriebsanweisung zu erstellen und eine verantwortliche Person namhaft zu machen, werden lediglich betriebsinterne organisatorische Maßnahme gefordert, die nicht in die Rechtssphäre des Beschwerdeführers reichen, da die emissionsmindernden Maßnahmen unabhängig von der internen Organisation der Konsenswerberin einzuhalten sind.
Die Beschwerde gegen den Spruchpunkt A ist daher als unbegründet abzuweisen.
Zu Spruchpunkt II (naturschutzrechtliche Bewilligung):
Gemäß § 38 Abs 1 AWG 2002 hat die AWG-Behörde für die beantragte Abfallbehandlungsanlage mit Spruchpunkt B des angefochtenen Bescheides die Bewilligung nach dem Tiroler Naturschutzgesetz 2005 erteilt. Dabei sind gemäß § 38 Abs 1 AWG 2002 die naturschutzrechtlichen Bestimmungen über die Parteistellung nicht heranzuziehen. Vielmehr kommt Nachbarn im konzentrierten Genehmigungsverfahren gemäß § 42 Abs 1 Z 3 AWG 2002 grundsätzlich Parteistellung zu.
Wie bereits zu Spruchpunkt I ausgeführt, kommt aber Nachbarn im abfallrechtlichen Genehmigungsverfahren nach § 43 Abs 1 AWG 2002 nur das subjektive öffentliche Recht zu, dass die beantragte Genehmigung nicht erteilt wird, wenn eine Gefährdung ihres Lebens oder ihrer Gesundheit, ihres Eigentums oder ihrer sonstigen dinglichen Rechte oder eine unzumutbare Belästigung ihrer Person zu erwarten ist. Hingegen besteht kein subjektives Recht der Nachbarn, dass die beantragte Genehmigung nicht erteilt wird, wenn andere – im öffentlichen Interesse normierten – Genehmigungsvoraussetzungen (nach ihrer Auffassung) nicht erfüllt sind. Ihr Mitspracherecht im Genehmigungsverfahren ist vielmehr auf die Geltendmachung der ihnen nach dem AWG 2002 gewährleisteten Nachbarrechte beschränkt.
Durch die Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung in Spruchpunkt B des angefochtenen Bescheides wird nicht in die subjektiv öffentlichen Nachbarrechte des Beschwerdeführers eingegriffen. Nach ständiger Rechtsprechung dient das naturschutzrechtliche Bewilligungsverfahren ausschließlich dem Schutz öffentlicher Interessen am Natur- und Landschaftsschutz, wobei die Behörde im Falle einer Interessenabwägung die mit diesen konkurrierenden, an der Erteilung der Bewilligung bestehenden öffentlichen Interessen zu berücksichtigen hat. Demnach haben private Interessen Dritter, weil außerhalb des gesetzlichen Schutzzweckes gelegen, für die Frage, ob für ein naturschutzrechtlich bewilligungsbedürftiges Projekt eine Bewilligung zu erteilen ist, außer Betracht zu bleiben (vgl VwGH 22.04.2015, 2012/10/0016). Weder wird mit der erteilten naturschutzrechtlichen Bewilligung somit in die subjektiven öffentlichen Rechte des Beschwerdeführers eingegriffen, noch hat der Beschwerdeführer einen derartigen Eingriff in seine Rechte vorgebracht.
Die Beschwerde gegen den Spruchpunkt B ist daher als unzulässig zurückzuweisen.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag. Spielmann
(Richter)
Schlagworte
Bodenaushubdeponie; Lärm; Luftschadstoffe; Irrelevanzkriterium; Gesundheitsbeeinträchtigung; Unzumutbare Belästigung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2017.44.2484.18Zuletzt aktualisiert am
13.07.2018