TE Vwgh Erkenntnis 2000/1/28 99/02/0264

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Veröffentlicht am 28.01.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Führerscheingesetz;

Norm

AVG §58 Abs2;
FSG 1997 §37 Abs2;
VStG §19 Abs2;
VStG §19;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Breunlich, über die Beschwerde des WR in W, vertreten durch Dr. Edgar Kollmann, Rechtsanwalt in Wien XVI, Ottakringer Straße 57, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 26. Juli 1999, Zl. UVS-03/P/27/00028/99, betreffend Übertretung des FSG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565.-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach Spruchpunkt 1 des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Wien (kurz: BPD Wien), Bezirkspolizeikommissariat Döbling, vom 11. Dezember 1998 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am 19. November 1998 um 08.36 Uhr an einem näher genannten Ort in Wien einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw gelenkt, ohne eine gültige Lenkerberechtigung zu besitzen, weil ihm diese mit Bescheid des Verkehrsamtes der Bundespolizeidirektion Wien vom 30. August 1993 entzogen worden sei. Er habe dadurch § 1 Abs. 3 in Verbindung mit § 37 Abs. 1 und 4 Z. 1 des Führerscheingesetzes (FSG) übertreten, weshalb über ihn eine Geldstrafe von S 30.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 42 Tage) sowie eine Freiheitsstrafe von 14 Tagen verhängt wurde.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung gegen die Strafhöhe. Die belangte Behörde gab mit dem angefochtenen Bescheid der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG insoweit Folge, "als die Primärarreststrafe von 14 Tagen auf 7 Tage" herabgesetzt wurde.

Im Übrigen wurde das Straferkenntnis bestätigt.

     Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde

an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

     Der Beschwerdeführer wendet insbesondere ein, er habe

lediglich seiner Frau helfen wollen, die damit beschäftigt gewesen sei, "schwere Gegenstände von der Wohnung in das Auto zu transportieren." Er habe zu diesem Zweck einen näher bezeichneten Pkw "nicht einmal 500 m gefahren". Die belangte Behörde führe im angefochtenen Bescheid aus, dass der Beschwerdeführer bereits mit Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 7. Oktober 1998 wegen Lenkens ohne Lenkerberechtigung rechtskräftig bestraft worden sei. Selbst wenn man davon ausginge, läge dem hier zu beurteilenden Verfahren ein Sachverhalt zugrunde, der die Anwendung des § 37 Abs. 2 erster Fall FSG rechtfertigen würde. Dies bedeute, dass anstelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe verhängt werden könne. Die Anwendung des § 37 Abs. 2 zweiter Fall FSG setze voraus, dass der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zwei Mal bestraft worden sei. Eine zweimalige Bestrafung sei nicht erfolgt und es führe die BPD Wien im Straferkenntnis vom 11. Dezember 1998 selbst aus, dass der Beschwerdeführer noch nichts bezahlt habe. Dies deshalb, weil er dagegen eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde eingebracht habe. Eine mehrmalige Bestrafung, wie sie in § 37 Abs. 2 zweiter Fall FSG vorgeschrieben sei, liege dem Sachverhalt nicht zugrunde.

§ 37 Abs. 1 und 2 FSG lauten:

"(1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, mit einer Geldstrafe von 500 S bis zu 30.000 S, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Dies gilt auch für Zuwiderhandlungen, die auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.

(2) Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Freiheitsstrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Freiheitsstrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten."

Nach § 37 Abs. 4 Z. 1 FSG ist für das Lenken eines Kraftfahrzeuges, obwohl die Lenkerberechtigung entzogen wurde, eine Mindeststrafe von S 10.000,-- zu verhängen.

Die belangte Behörde trifft im angefochtenen Bescheid die Feststellung, der Beschwerdeführer sei "zuletzt" mit Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 7. Oktober 1998 u.a. wegen Lenkens ohne Lenkerberechtigung rechtskräftig bestraft und über ihn eine Geldstrafe von S 30.000,-- und eine Primärarreststrafe von 7 Tagen verhängt worden. Die gegenständliche Übertretung sei am 19. November 1998 begangen worden. Es ergebe sich somit das Bild, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen offensichtlich unbelehrbaren Lenker von Kraftfahrzeugen handle, der "durch die bisherigen Vorstrafen" nicht von der Begehung der gegenständlichen Verwaltungsübertretung abgehalten werden habe können.

Bereits im Straferkenntnis vom 11. Dezember 1998 findet sich der Hinweis auf erschwerend zu wertende "zahlreiche einschlägige Bestrafungen", sodass es schon aufgrund der Textierung der Begründung des angefochtenen Bescheides in Verbindung mit dem zuletzt genannten Hinweis des Straferkenntnisses nicht zutrifft, dass dem Beschwerdeführer von der Behörde "nur" eine einzige einschlägige Bestrafung im Zusammenhalt mit der Strafzumessung vorgehalten wurde.

Wie aus den Verwaltungsakten zu ersehen ist, hat bereits die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz allein für den Zeitraum von 1994 bis 1998 fünf Vormerkungen wegen einschlägiger Verwaltungsstrafen erhoben. Insbesondere hatte die belangte Behörde auch die mit rechtskräftig gewordenem Berufungsbescheid vom 7. Oktober 1998 bestätigte Übertretung nach § 1 Abs. 3 in Verbindung mit § 37 Abs. 1, 2 und 4 Z. 1 FSG (Tattag 24. Juli 1998) zu berücksichtigen, zumal die Wirksamkeit dieses Bescheides durch die Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht beseitigt wurde (vgl. hiezu auch das die diesbezügliche Beschwerde abweisende hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1999, Zl. 98/02/0401).

Dem Beschwerdeführer selbst müssen seine verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen bekannt sein, sodass die fehlende ergänzende Anführung sämtlicher einschlägiger Verwaltungsstrafen keinen wesentlichen Verfahrensmangel darstellt. Die belangte Behörde war daher auch nicht verpflichtet, sämtliche einschlägigen Vormerkungen noch näher, etwa durch Angabe der Aktenzahl, zu präzisieren (vgl. etwa auch das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1995, Zl. 95/03/0304).

Es kann folglich entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Meinung nicht die Rede sein, dass im vorliegenden Fall lediglich eine Bestrafung nach § 37 Abs. 2 erster Satz FSG zulässig wäre; vielmehr liegt ein Anwendungsfall nach § 37 Abs. 2 zweiter und dritter Satz FSG vor. Dass aus den von der belangten Behörde dargelegten spezialpräventiven Gründen auch die Verhängung einer primären Freiheitsstrafe erforderlich war, ist schon aus dem diesbezüglich wiederholt uneinsichtigen Verhalten des Beschwerdeführers zu ersehen (vgl. etwa das die Tat vom 24. Juli 1998 betreffende vorzitierte hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1999). Daran vermag die vom Beschwerdeführer erwähnte psychotherapeutische Behandlung und das seiner Ansicht nach bei der mündlichen Verhandlung gezeigte "schuldeinsichtige" Verhalten nichts zu ändern, zumal die primäre Freiheitsstrafe unter Berücksichtigung dieser Aspekte von der belangten Behörde bereits auf 7 Tage reduziert wurde.

Der Beschwerdeführer rügt ferner, es werde im angefochtenen Bescheid nicht ausgeführt, aufgrund welchen Verhaltens und in welchem Zusammenhang die Behörde die Tat als derart "schwer" einstufe, dass die Höchststrafe von S 30.000,-- und zusätzlich eine Freiheitsstrafe von 7 Tagen verhängt werde. Es sei auch nicht ausgeführt worden, weshalb die Behörde den § 37 Abs. 2 zweiter Fall FSG dem Tatbestand zugrunde lege. Es werde nur lapidar ausgeführt, dass keine Herabsetzung der Geldstrafe in Betracht komme und die Verhängung der Geldstrafe aus general- und spezialpräventiver Sicht geboten erscheine. Wie die Behörde zu diesem Ergebnis komme bzw. was die Grundlagen dieser Entscheidung seien, werde nicht erörtert.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer nicht die Wesentlichkeit eines der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensmangels auf. Insbesondere konnte die belangte Behörde auf die - auch schon in ihrem Bescheid vom 7. Oktober 1998 dargestellte - wiederholte Bestrafung des Beschwerdeführers wegen Lenkens ohne Lenkerberechtigung verweisen und zeigte zutreffend auf, dass der Beschwerdeführer durch die bisherigen Vorstrafen - trotz Ausschöpfens des Höchstrahmens von S 30.000,-- Geldstrafe und Verhängung einer primären Freiheitsstrafe von 7 Tagen (vgl. neuerlich das vorzitierte hg. Erkenntnis vom 22. Oktober 1999) - offenbar nicht von der Begehung weiterer einschlägiger Verwaltungsübertretungen abgehalten werden konnte. Es ist daher für den Verwaltungsgerichtshof trotz der knapp ausgefallenen Begründung des angefochtenen Bescheides insbesondere aufgrund dieser spezialpräventiven Erwägungen nicht ersichtlich, dass die belangte Behörde selbst bei Vermeidung der vom Beschwerdeführer gerügten Verfahrensmängel zu einem anderen (für den Beschwerdeführer günstigeren) Bescheid hätte kommen können; vielmehr ist die verhängte Strafe sogar als durchaus milde zu bezeichnen.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 28. Jänner 2000

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Erschwerende und mildernde Umstände Vorstrafen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999020264.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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