TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/2 W159 1249957-3

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Veröffentlicht am 02.07.2018
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Entscheidungsdatum

02.07.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs3

Spruch

W159 1249957-3/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA: Guinea, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.09.2016, Zl. 275813508/161135621, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird §§ 57 sowie 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 idgF iVm

§ 9 BFA-VG, §§ 46, 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, sowie 55 Abs. 1 und 3 und § 53 Abs. 1 und Abs. 3 Z 1 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Guinea, reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 11.03.2003 einen Asylantrag. Am 20.01.2004 wurde er vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen. Hierbei gab er im Wesentlichen an, dass er im Alter von fünf Jahren mit seinem Vater nach Conakry gezogen sei. Seine Mutter habe er nicht gekannt. Nachdem er angab, am 04.04.2003 Conakry verlassen zu haben, erklärte er, sich geirrt zu haben. Er habe am 04.01.2003 Guinea mit dem Schiff verlassen. Sein Vater sei Imam einer Moschee. Der Beschwerdeführer gehe aber nicht in die Moschee, sondern ziehe es vor, in die Kirche zu gehen. Seine Verwandten hätten ihn deshalb töten wollen, weil er sich geweigert habe, Moslem zu werden. Im Zeitraum von vier Monaten vor seiner Ausreise sei er jeden Sonntag in die Kirche gegangen. In dieser Zeit habe er auf dem Markt und auf Booten, die Freunden gehört hätten, geschlafen. Sein Vater habe ihn immer in die Moschee mitnehmen wollen. Eines Tages habe er mit einem Chinesen eine Flasche Whiskey getrunken. Danach sei er zu seinem Vater gegangen und habe ihm gesagt, dass er das nicht wolle, was die Moslems machen. Sein Vater habe gemerkt, dass er Alkohol getrunken habe, ein Messer genommen und ihn im Gesicht verletzt.

Mit Bescheid vom 23.04.2004, Zl.: 03 08.369-BAW, wies das Bundesasylamt den Asylantrag gemäß § 7 AsylG 1997 ab und erklärte gem. § 8 AsylG 1997 die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Guinea für zulässig. Es begründete die Entscheidung mit der mangelnden Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung (nunmehr Beschwerde) und brachte darin vor, dass er seine Angaben ergänzen und alle Beweismittel vorlegen bzw. bezeichnen hätte können, wenn ihm die Behörde Parteiengehör gewährt hätte. Sie wäre damit zu einem anderen, seinen Antrag stattgebenden Bescheid gelangt. Er habe in der Einvernahme ausführlich dargelegt, dass ihm in seiner Heimat asylrelevante Verfolgung drohe. Die belangte Behörde formuliere jedoch, dass seine Einvernahme keine Anhaltspunkte dafür ergeben hätte, dass er Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei.

Mit Bescheid vom 10.08.2006, Zl.: III-1165847/FrB/06 verhängte die Bundespolizeidirektion Wien über den Beschwerdeführer gem. § 64 FPG aF ein unbefristetes Rückkehrverbot. Grund war die erste strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers vom 17.05.2006, die unten in den Feststellungen dargestellt wird.

Am 08.09.2011 führte der nunmehr zuständige Asylgerichtshof (AsylGH) eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, im Zuge derer der Beschwerdeführer zu seinen Beweggründen für die Ausreise aus Guinea einvernommen wurde. Er gab hiebei im Wesentlichen an, dass seine Familie sehr groß sei. Sein Vater lebe möglicherweise noch. Ob seine Mutter noch lebe, wisse er aber nicht. Er habe zwei Brüder und eine Schwester. Seine letzte Adresse sei im Stadtteil XXXX gewesen. Er sei nicht in die Schule gegangen und habe ab seinem 17. Lebensjahr verschiedenen Leuten beim Handeln geholfen. Guinea habe er entweder am 02.01.2003 oder am 04.01.2003 verlassen. Mit seinem Vater, einem Imam einer Moschee in Conakry, habe er sich zerstritten. Er habe die Moschee nicht besucht und habe seinen Glauben nicht ausüben wollen. Außerdem sei er häufig mit Leuten aus einer protestantischen Kirche zusammen gewesen. Dabei habe es sich um Freunde gehandelt. An einem Sonntag - es könne 2002 gewesen sein - seien sie in die Kirche gegangen. Er sei öfter in einer evangelischen Kirche gewesen und sei auch zum evangelischen Glauben konvertiert. Der Vorgang sei jedoch noch nicht abgeschlossen gewesen. Bei den Gottesdiensten seien Musikinstrumente, Trommeln und Orgel gespielt worden. Nach dem Gebet wären sie essen gegangen und hätten dort über die Religion erzählt. Er kenne keine Gebete und auch die beiden Teile der Bibel nicht. Er wisse nicht, wann Jesus gelebt habe und wie er gestorben sei. Als er seinem Vater von seinem neuen Glauben erzählt hätte, habe ihm dieser mit dem Messer gegen den Kopf geschlagen. Danach sei er noch eine Zeit - weniger als einen Monat - in Conakry geblieben und habe dann das Land verlassen. Sein Vater habe ihm erzählt, dass ihn die Gemeinde, wenn sie ihn erwischen, zu ihm bringen würde, um ihn zu töten. In Österreich habe er eine Zeit lang eine Kirche besucht. Dann habe ihm ein Freund erzählt, dass es hier besser sei, keiner Religion anzugehören, da er sonst etwas bezahlen müsse.

Mit Erkenntnis vom 27.09.2011, Zl.: A4 249.957-0/2008/14E wies der AsylGH die Beschwerde gem. § 7 AsylG 1997 ab (Spruchpunkt I.), und stellte gem. § 8 Abs. 1 AsylG 1997 iVm § 50 FPG fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Guinea zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Begründend führte der AsylGH aus, dem Vorbringen des Beschwerdeführers keinen Glauben zu schenken. Er habe teilweise keine, teilweise widersprüchliche Daten und Zeiträume angegeben. Hinsichtlich des Namens seiner Mutter habe er sich widersprochen. Zu seinem Reiseweg habe der Beschwerdeführer nur allgemeine, nicht objektivierbare Angaben gemacht. Hinsichtlich der Konversion führte der AsylGH aus, der Beschwerdeführer habe keine näheren Fragen zum Christentum beantworten können.

Am 18.12.2014 wurde der Beschwerdeführer einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem nunmehr zuständigen Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) unterzogen. Er gab an, vom rechtskräftig negativ entschiedenen Asylverfahren zu wissen und räumte ein, das Rückkehrverbot vom 10.08.2006 zu kennen, aber nicht ausgereist zu sein. Seine Identität könne er nicht nachweisen.

Mit Schreiben vom 01.09.2016 verständigte das Bundesamt den Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme und trug ihm unter einem die Beantwortung einiger Fragen auf.

Mit Schreiben vom 06.09.2016 nahm der Beschwerdeführer durch seine Rechtsberaterin, die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung und erstattete soweit wesentlich folgendes Vorbringen: Der Beschwerdeführer befände sich seit 2003 durchgehend im österreichischen Bundesgebiet, er habe keine Familienangehörigen in Österreich, jedoch österreichische Freunde. Weiters stehe er in Kontakt zu Sozialarbeitern. Seit seiner Enthaftung habe er sich immer besser in die österreichische Gesellschaft eingelebt, die Resozialisierung sei als gut zu bewerten, er bereue die von ihm begangenen Taten aufrichtig, und setze alles daran, seine Fehler wiedergutzumachen. Der Beschwerdeführer sei Mitglied in einem Verein zum Erhalt der Fula-Sprache. Mangels Ausweisdokument habe der Beschwerdeführer noch keine Deutschprüfung absolviert, er sei aber für einen Kurs angemeldet, der am 27.09.2016 beginne. Da er keine Bewilligung dazu gehabt habe, habe er nie gearbeitet und er erhalte Grundversorgungsleistungen - er sei jedoch äußerst interessiert daran, sich selbst zu erhalten. Würde ihm die Möglichkeit gegeben, würde er schnell am österreichischen Arbeitsmarkt Fuß fassen. Er sei drei Monate in Haft gewesen und habe nunmehr eine bedingte Freiheitsstrafe bekommen und habe kein Interesse daran, erneut in Haft zu kommen, er werde sich in jedem Fall wohlverhalten. Er befände sich seit über 13 Jahren in Österreich und habe sich zum größten Teil wohlverhalten. Er habe sich hier ein Privatleben aufgebaut und fühle sich, im Gegensatz zum Heimatland, in Sicherheit.

Mit dem bekämpften und im Spruch bezeichneten Bescheid vom 29.09.2016 erteilte das Bundesamt dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. § 57 AsylG 2005 nicht, erließ gegen den Beschwerdeführer gem. § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 1 Z 1 FPG (Spruchpunkt I.) und stellte gem. § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gem. § 46 FPG nach Guinea zulässig sei (Spruchpunkt II). Gem. § 55 Abs. 1-3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III.). Weiters erließ das Bundesamt gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt IV.).

Begründend führte das Bundesamt zu Spruchpunkt I. im Wesentlichen aus, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gem. § 57 AsylG 2005 lägen nicht vor. Nach Durchführung einer Interessenabwägung iSd Art. 8 EMRK gelangte das Bundesamt zu dem Ergebnis, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nach § 9 Abs. 1-3 BFA-VG zulässig sei. Eine Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 habe zu unterbleiben, weil die Rückkehrentscheidung nicht auf Dauer unzulässig sei.

Zu Spruchpunkt II. führte das Bundesamt soweit wesentlich aus, gegen den Beschwerdeführer werde eine Rückkehrentscheidung erlassen. Eine Gefährdung iSd § 50 Abs. 1 FPG ergäbe sich im Falle des Beschwerdeführers nicht. Auch seien die Tatbestände des § 50 Abs. 2

f. FPG nicht erfüllt, weshalb auszusprechen sei, dass im Falle der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung sowie bei Vorliegen der in § 46 Abs. 1 Z 1-4 genannten Voraussetzungen die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Guinea zulässig sei.

Zu Spruchpunkt III. führte das Bundesamt aus, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

Zu Spruchpunkt IV. führte das Bundesamt aus, aufgrund der rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers vom 27.03.2015 sei der Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG erfüllt. Die Erfüllung dieses Tatbestandes indiziere gem. § 53 Abs. 3 FPG das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefährdung für die öffentliche Sicherheit. Im Falle des Beschwerdeführers sei dabei zu berücksichtigen, dass er von einem inländischen Gericht wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtmitteln zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten unbedingt und neun Monaten bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren verurteilt wurde. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer keine familiären Bindungen im österreichischen Bundesgebiet habe. Es sei somit erwiesen, dass aufgrund des vom Beschwerdeführer gesetzten Verhaltens, eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgehe, weil er erwiesenermaßen ein nicht mit den rechtlichen Werten der im österreichischen Bundesgebiet geltenden Rechtsordnung verbundener Mensch sei. Sein durch die einschlägige Vorstrafe getrübtes Vorleben im Bundesgebiet habe zu keinem Wertewandel des Beschwerdeführers geführt. Die Annahme, dass der Beschwerdeführer eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle, sei gerechtfertigt. Der Beschwerdeführer sei daher angewiesen, im festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet aller Mitgliedstaaten der Union außer Irland und das Vereinigte Königreich einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten. Die Frist des Einreiseverbotes beginne mit dem Ablauf des Tages seiner Ausreise.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsberaterin innerhalb offener Frist gegenständliche Beschwerde. Die Beschwerde räumt zunächst die Delinquenz des Beschwerdeführers ein, führt dann aber aus, der Beschwerdeführer befinde sich seit über 13 Jahren im österreichischen Bundesgebiet und habe sich in der Zeit seines Aufenthaltes ein Privatleben in Österreich aufgebaut. Deshalb habe er großes Interesse daran, im Bundesgebiet zu verbleiben, was vom Bundesamt nicht ausreichend berücksichtigt worden sei. Bei einer ordnungsgemäßen Abwägung nach § 9 Abs. 1 BFA-VG gelange man zu dem Ergebnis, dass das private Interesse des Beschwerdeführers überwiegen würde. Dem Bescheid sei nicht zu entnehmen, weshalb das Bundesamt davon ausgehen würde, dass nur mit einem Einreiseverbot in der Dauer von fünf Jahren das Auslangen gefunden werden könne. Es würde zwar angeführt, bei der Erlassung eines Einreiseverbotes wäre das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und aufgrund konkreter Feststellungen wäre eine Beurteilung der Gefährlichkeitsprognose vorzunehmen. Diese Abwägung würde aber nur oberflächlich und formelhaft vorgenommen, ohne auf den konkreten Sachverhalt genauer einzugehen. Das Bundesamt verweise lediglich auf die strafrechtliche Verurteilung des Beschwerdeführers, eine Begründung für die Dauer des Einreiseverbots finde sich im Bescheid nicht. Somit sei die Begründung des Bescheides mangelhaft, weshalb der gegenständliche Bescheid sowohl hinsichtlich der Rückkehrentscheidung als auch des Einreiseverbots mit Rechtswidrigkeit behaftet sei. Aufgrund der unzureichenden Begründung sei es dem Beschwerdeführer nicht möglich, der Argumentation des Bundesamtes wirksam entgegenzutreten und dadurch sein Recht auf Parteiengehör zu wahren.

Die Beschwerde stellt die Anträge, eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen, den bekämpften Bescheid gänzlich zu beheben, in eventu, das Einreiseverbot zu beheben, in eventu, das Einreiseverbot wesentlich zu verkürzen sowie in eventu, den Bescheid zu beheben und zur Verfahrensergänzung an das Bundesamt zurückzuverweisen.

Das Bundesverwaltungsgericht beraumte für den 04.05.2018 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung an, wobei das Bundesamt schon vorweg auf die Teilnahme an der Verhandlung verzichtete. Der Beschwerdeführer erschien in Begleitung eines Mitarbeiters der Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, welcher einen Sozialbericht der Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH und zwei Deutschkursbestätigungen (Niveau A1 und A1+) vorlegte, welche zum Akt genommen wurden.

Der Beschwerdeführer brachte vor, im Jahre 2003 nach Österreich eingereist zu sein, seither habe er Österreich nicht mehr verlassen. In Guinea befänden sich noch seine Brüder, 2006 habe er den Kontakt zu ihnen abgebrochen. Seine Mutter kenne der Beschwerdeführer nicht, ob sein Vater noch lebe, wisse er nicht, er glaube aber nicht. Seine ganze Familie sei moslemischen Glaubens, der Beschwerdeführer sei Angehöriger der Volksgruppe Fulla. Der Beschwerdeführer übe derzeit keine Religion aus. Er sei in Guinea nie in der Schule gewesen, er habe sich aber Lesen und Schreiben selber beigebracht, sein Vater sei Imam gewesen und sehr auf den Koran fixiert. In Guinea habe der Beschwerdeführer nie gearbeitet, er habe aber Leuten geholfen, zB. am Markt beim Tragen. Der Beschwerdeführer habe weder in seinem Herkunftsland noch in Österreich Kinder. Er sei nicht in einer Ehe oder Lebensgemeinschaft, er lebe in einer Flüchtlingsunterkunft. Er würde gerne Ausbildungen machen, jetzt habe er einen Deutschkurs, Niveau A1, gemacht. Er habe in Österreich weder einen Pflichtschulabschluss, einen Führerschein noch ein Deutschdiplom erworben. Befragt, war der Beschwerdeführer nicht in der Lage, seinen Tagesablauf auf Deutsch zu schildern. In Österreich habe der Beschwerdeführer Freiwilligenarbeit gemacht, er habe im Jahr 2017 bei der XXXX geholfen. Einstellungszusagen oder Arbeitsvorverträge habe er bislang nicht. Der Beschwerdeführer werde von der Diakonie unterstützt, sein Rechtsberater führte dazu aus, er sei nach wie vor in die Grundversorgung einbezogen. Bei einer Vereinigung habe der Beschwerdeführer teilgenommen. Er habe ganz viele österreichische Freunde. Seine Delinquenz sei ein Fehler, den er heute bezahlen müsse. Im Jahre 2006 habe der Beschwerdeführer selbst Suchtgift konsumiert, und zwar ausschließlich Kokain, er habe aber damit aufgehört. Entzug oder Therapie habe er aber nicht gemacht. Der Beschwerdeführer habe keine Ahnung, was im Falle einer Rückkehr nach Guinea mit ihm geschehen würde. Krankheiten habe er nicht, manchmal habe er Blutdruckprobleme. In seiner Freizeit bleibe der Beschwerdeführer manchmal zuhause, um die Aufgaben zu machen. Wenn es Fußballübertragungen gebe, schaue er sich diese in einem Wettcafé an. Am Schluss der Beschwerdeverhandlung entschuldigte sich der Beschwerdeführer für alles Schlechte, was er in Österreich gemacht habe, er wolle hier in Österreich weiterleben.

Ergänzend zum Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 03.08.2017 wurde dem Beschwerdeführer ein aktueller Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 21.06.2017 unter Einräumung einer Frist von zwei Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme zu Kenntnis gebracht.

Von der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme machte lediglich der Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Vertretung Gebrauch. Darin wiederholte der Beschwerdeführer (gerafft) sein bisheriges Vorbringen und führte insbesondere aus, im Falle einer Rückkehr würde sich der Beschwerdeführer in einem instabilen Land ohne soziales Netz, das ihn auffangen könne, wiederfinden. Der Beschwerdeführer würde mit großer Wahrscheinlichkeit der Gefahr ausgesetzt, zwischen die Konfliktparteien zu geraten oder Opfer einer kriminellen Bande zu werden. Politische Spannungen in Guinea würden bestehen bleiben, die Kriminalitätsrate habe stark zugenommen. Das Länderinformationsblatt zeichne ein dunkles Bild bezüglich Rechtsschutzmöglichkeiten. Die Autonomie der Justiz sei beeinträchtigt, sie biete den Bürgern keinen Rechtsschutz. Das Länderinformationsblatt berichte auch von schweren Menschenrechtsverletzungen durch Beamte. Rückkehrer stünden besonders unter Druck und der Staat sei nicht fähig, ausreichend Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen. Der Beschwerdeführer sei durch seine lange Abwesenheit und die Kenntnislosigkeit über die lokalen Begebenheiten besonders vulnerabel. Da der Beschwerdeführer auch keinen Beruf erlernt habe, würde es ihm auf dem ohnehin schwierigen Arbeitsmarkt noch schwerer fallen, Fuß zu fassen.

Der Bericht des Auswärtigen Amtes unterstreiche die prekäre Situation von Rückkehren. Die Bevölkerung lebe unter prekären wirtschaftlichen Bedingungen, staatliche Unterstützung für bedürftige Personen, zu denen der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr zweifellos zählen würde, sei nicht gegeben.

Abschließend unternimmt die Stellungnahme eine rechtliche Beurteilung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat wie folgt festgestellt und erwogen:

1. Feststellungen:

Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerde ist Staatsbürger von Guinea und wurde am XXXX geboren.

Er gelangte (spätestens) am 11.03.2003 unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich und ist seither ununterbrochen in Österreich aufhältig; dies trotz rechtskräftig negativ abgeschlossenen Asylverfahren und Rückkehrverbot vom 10.08.2006. In Guinea hat er noch Brüder, zu denen er aber keinen Kontakt hat. In der Beschwerdeverhandlung am 04.05.2018 hat der Beschwerdeführer angegeben, er habe keine Ahnung, was mit ihm im Falle einer Rückkehr nach Guinea geschehe.

Der Beschwerdeführer wurde in Österreich wiederholt straffällig: Mit Urteil des Landesgerichts (LG) XXXX vom 17.05.2006, Zl.: XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen der Begehung der Verbrechen nach § 28 Abs. 2 und 3 1. Fall SMG und der Vergehen nach § 27 Abs. 1 und 2 1. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten verurteilt, wobei er aus der Haft am 22.12.2006 bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren und unter Anordnung der Bewährungshilfe entlassen wurde. Mit Urteil des LG XXXX vom 27.03.2015, Zl.: XXXXwurde der Beschwerdeführer wegen der Begehung des Vergehens nach § 27 Abs. 1 Z 1 8. Fall, Abs. 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwölf Monaten verurteilt, wobei neun Monate unter Setzung einer Probezeit in der Dauer von drei Jahren bedingt nachgesehen wurden. Der Beschwerdeführer führt kein Familienleben in Österreich. Er weder in Österreich noch in Guinea Kinder. Der Beschwerde hat in Österreich in den Jahren 2016 und 2017 zwei Deutschkurse (Niveau A1 und A1+) besucht, kann aber kaum Deutsch. Auf freiwilliger Basis hat er im Jahr 2017 bei der XXXX mitgeholfen. Er war aber zu keinem Zeitpunkt selbsterhaltungsfähig und die meiste Zeit in die Grundversorgung einbezogen. Er ist Mitglied bei einem Verein zur Unterstützung seiner eigenen Volksgruppe und hat österreichische Freunde. Der Beschwerdeführer leidet unter keinen organischen und psychischen Problemen; gelegentlich hat er Blutdruckprobleme.

Zu Guinea wird folgendes festgestellt:

1. Politische Lage

Guinea ist ein Zentralstaat mit verfassungsmäßig starker Stellung des Präsidenten. Die Republik Guinea von heute ist geprägt von einem demokratischen Aufbruch nach dem kurzzeitigen Militärregime unter Moussa Dadis Camara (2008-2010). Zuvor war Guinea trotz politischer Öffnung unter dem autoritären Regime von Präsident Lansana Conté bestimmt. Die ersten freien Präsidentschaftswahlen 2010 endeten in der Stichwahl mit einem sehr knappen Ergebnis. Der teilweise erbittert geführte Wahlkampf von 2010 war Ausgangspunkt für eine Lagerbildung in der guineischen Politik ("Regierungsmehrheit" gegen "Opposition"), die in den folgenden Jahren immer wieder zu teils gewaltsamen Auseinandersetzungen führte und bis zu den Präsidentschaftswahlen 2015 anhielt (AA 12.2016a). In den ersten Präsidentschaftswahlen 2010 gewann Alpha Condé (Rassemblement du Peuple Guinéen RPG) und setzte sich erneut bei den Präsidentschaftswahlen am 11.10.2015 durch, diesmal im ersten Wahlgang (AA 12.2016a; vgl. USDOS 13.4.2016).

Die neue Verfassung trat im Mai 2010 in Kraft. Sie sieht eine fünfjährige Amtszeit des Präsidenten mit einmaliger Wiederwahlmöglichkeit vor. Der direkt vom Volk gewählte Präsident ist gleichzeitig der Chef der Exekutive (AA 12.2016a; vgl. CIA 12.1.2017). Er ernennt den Premierminister und die Minister. Der Präsident bestimmt vor allem die Außen- und Sicherheitspolitik sowie die strategischen wirtschaftlichen Entscheidungen. In ihrem organisatorischen Teil ist die Verfassung dem französischen Modell nachgebildet. Neben dem gewählten Parlament gibt es einen aus Vertretern der Spitzenverbände und gesellschaftlichen Gruppen zusammengesetzten Wirtschafts- und Sozialrat als Beratungsgremium sowie weitere Institutionen wie das Verfassungsgericht, den Nationalen Medienrat (Conseil Nationale de Communication), den Obersten Gerichtshof und den Rechnungshof (AA 12.2016a).

Wahlen auf Ebene der Gemeinden (Bürgermeister und Gemeinderäte) haben seit Inkrafttreten der neuen Verfassung nicht stattgefunden. Die Durchführung von Kommunalwahlen noch vor den Präsidentschaftswahlen im Oktober 2015 war - im Zusammenhang mit der Erstellung des Wählerverzeichnisses und der Besetzung der Wahlbüros - eine zentrale Forderung der Opposition, der jedoch nicht nachgekommen wurde. Kommunalwahlen waren für das erste Halbjahr 2016 vorgesehen, sind aber zwischenzeitlich auf Februar 2017 terminiert (AA 12.2016a).

Die Parlamentswahlen wurden bis September 2013 mehrfach verschoben (BS 2016). Die Regierungspartei Rally of the Guinean People (Rassemblement du Peuple Guinéen, RPG) von Alpha Condé erzielte dabei 53 von 114 Sitzen. Durch die "Rainbow Alliance" Koalition mit sieben kleineren Parteien, die jeweils einen Sitz haben, kam die Regierungspartei auf eine Mehrheit im Parlament. Die von Cellou Dalein Diallo geführte Oppositionspartei UFDG hält nunmehr 37 Sitze, andere Parteien halten 17 Sitze (BS 2016).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (12.2016a): Innenpolitik - Guinea, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Guinea/Innenpolitik_node.html, Zugriff 21.2.2017

-

BS - Bertelsmann Stiftung (2016): Guinea Country Report, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Guinea.pdf, Zugriff 21.2.2017

-

CIA - Central Intelligence Agency (12.1.2017): The World Factbook

-

Guinea,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/gv.html, Zugriff 16.2.2017

-

USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/322487/461964_de.html, Zugriff 16.2.2017

2. Sicherheitslage

In Guinea bestehen politische Spannungen, die sich auch zu Sicherheitsrisiken aufbauen können. In Conakry sowie im Inneren des Landes kommt es regelmäßig zu Demonstrationen, die zum Teil zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen ethnischen und politischen Gruppen und den Sicherheitskräften führen (EDA 16.2.2017; vgl. BMEIA 24.2.2017). Die Kriminalitätsrate hat sowohl in Conakry, als auch im Landesinneren stark zugenommen. Bewaffnete Raubüberfälle und Diebstähle sind häufig (BMEIA 24.2.2017; vgl. FD 21.2.2017). Aufgrund der für den Großteil der Bevölkerung sehr schwierigen wirtschaftlichen Lage gibt es in Conakry, aber auch im Landesinneren, immer wieder Akte des Vandalismus und Straßenblockaden. Auch bandenmäßige Gewaltkriminalität ist zunehmend verbreitet; nachts werden häufig Überfälle auf Passanten, Wohnhäuser und Geschäfte verübt. Die Anzahl gemeldeter Raubmorde, teilweise durch bewaffnete Täter in Uniformen, hat zugenommen. Die Sicherheitskräfte versuchen diese schwere Kriminalität ihrerseits mit Einsatz von Feuerwaffen einzudämmen, wodurch die Gefahr steigt, von verirrten Kugeln getroffen zu werden (AA 24.1.2017). Die südlichen Grenzgebiete zu Liberia, Sierra Leone und Côte d'Ivoire sind aufgrund ethnischer Spannungen gefährlich (BMEIA 24.2.2017).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (24.2.2017): Guinea: Reise- und Sicherheitshinweise,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/GuineaSicherheit_node.html, Zugriff 24.2.2017

-

BMEIA - Europa, Integration und Äußeres (24.2.2017): Guinea, http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/guinea/, Zugriff 24.2.2017

-

EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (16.2.2017): Reisehinweise für Guinea, https://www.eda.admin.ch/content/eda/de/home/laender-reise-information/guinea/reisehinweise-guinea.html, Zugriff 16.2.2017

-

FD - France Diplomatie (21.2.2017): Conseils aux voyageurs - Guinée - Sécurité,

http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/guinee/, Zugriff 21.2.2017

-

USDOS - U.S. Department of State (5.7.2016): Investment Climate Statements for 2016 - Guinea,

http://www.ecoi.net/local_link/332417/473842_de.html, Zugriff 15.2.2017

3. Rechtsschutz/Justizwesen

Obwohl die Verfassung und die Gesetze die Unabhängigkeit der Justiz vorsehen, fehlt es dem Justizsystem an Unabhängigkeit und es ist unterfinanziert, ineffizient und offen korrupt. Das Justizsystem ist gekennzeichnet von zahlreichen Problemen wie z.B. geringes Budget, das Fehlen von qualifizierten Anwälten und Untersuchungsrichtern sowie einem veralteten und restriktiven Strafgesetzbuch (USDOS 13.4.2016). Die Autonomie der guineischen Justiz ist stark beeinträchtigt. Sie bietet praktisch keinen Rechtschutz für normale Bürger (BS 2016). Aufgrund des korruptionsanfälligen formalen Justizsystems vertrauen viele Bürger auf das traditionelle Rechtssystem (USDOS 13.4.2016; vgl. BS 2016). Fälle, die dort nicht zur Zufriedenheit der Beteiligten gelöst werden können, werden an das formale Justizsystem übergeben. Die Stimme der Frau hat im traditionellen Rechtssystem weniger Gewicht als jene des Mannes. Das Gesetz sieht die Unschuldsvermutung, die Unabhängigkeit der Richter, die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz, das Recht auf einen Verteidiger und das Recht der Berufung vor; jedoch werden diese Rechte in der Praxis nicht konsistent geachtet (USDOS 13.4.2016).

Trotz der bestehenden Probleme, hat das Justizministerium begonnen, das Justizwesen wesentlich zu reorganisieren, um die Rechtsprechung zu verbessern (HRW 12.1.2017).

Quellen:

-

BS - Bertelsmann Stiftung (2016): Guinea Country Report, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Guinea.pdf, Zugriff 16.2.2017

-

HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/334709/476538_de.html, Zugriff 14.2.2017

-

USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/322487/461964_de.html, Zugriff 16.2.2017

4. Sicherheitsbehörden

Die dem Verteidigungsministerium unterstellte Gendarmerie und die nationale Polizei unter dem Ministerium für Sicherheit teilen sich die nur unzulänglich definierte Verantwortung für die innere Sicherheit. Die Armee ist für die Sicherheit nach außen verantwortlich, spielt jedoch auch im Bereich der inneren Sicherheit eine Rolle. Per Gesetz sind das Militär, die Gendarmerie und die Polizei dazu befugt, Verhaftungen durchzuführen. Gesetzlich ist allerdings nur die Gendarmerie dazu ermächtigt, Verhaftungen von Angehörigen des Militärs und der Polizeikräfte durchzuführen. Es gibt auch spezielle Polizei- und Gendarmerie- Einheiten, wie das Anti-Verbrechen Büro und das Generalsekretariat des Vorsitzes, verantwortlich für besondere Einsätze im Kampf gegen Drogen und organisierte Kriminalität (USDOS 13.4.2016).

Die Polizei bleibt weiterhin unterbezahlt, inadäquat ausgerüstet und ineffizient. Es gibt mehrere Berichte über Sicherheitsdienstbehörden, die ihre Befehle ignorieren und auf übermäßige Gewalt zurückgreifen (USDOS 13.4.2016). Es gibt außerdem zahlreiche Vorwürfe über unprofessionelles Verhalten, Diebstahl und Erpressung (HRW 12.1.2017). Sicherheitskräfte folgen nur selten dem Strafgesetzbuch und verwaltungskonforme Kontrollen über die Polizei sind ineffektiv (USDOS 13.4.2016). Disziplin innerhalb der und zivile Kontrolle über die Sicherheitskräfte scheinen sich zu verbessern (HRW 12.1.2017). Mitglieder der Sicherheitskräfte sind jedoch in mehreren Vorfällen von exzessiver Gewaltanwendung (BS 2016) oder Misshandlung von Häftlingen verwickelt, als Reaktion auf Proteste und Kriminalität (HRW 12.1.2017).

Quellen:

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BS - Bertelsmann Stiftung (2016): Guinea Country Report, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Guinea.pdf, Zugriff 14.2.2017

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HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/334709/476538_de.html, Zugriff 14.2.2017

-

USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/322487/461964_de.html, Zugriff 15.2.2017

5. Folter und unmenschliche Behandlung

Obwohl die Verfassung und die Gesetze Folter und unmenschliche Behandlung verbieten, verwenden Beamte weiterhin solche Praktiken und bleiben ungestraft (USDOS 13.4.2016).

Berichten zufolge wurden in mehreren Fällen Gefangene misshandelt und manchmal gefoltert (HRW 12.1.2017). Die Wachen foltern, verprügeln und vergewaltigen die Häftlinge, darunter auch Kinder. Menschenrechtsaktivisten geben an, dass die schlimmsten Misshandlungen bei der Festnahme oder in den Haftanstalten der Gendarmerie vorkommen (USDOS 13.4.2016).

Guinea hat im Juli einem neuen Strafgesetzbuch zugestimmt, das u.a. und zum ersten Mal Folter unter Strafe stellt (AI 5.7.2016; HRW 12.1.2017).

Quellen:

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AI - Amnesty International (5.7.2016): Guinea schafft die Todesstrafe ab, http://www.amnesty-todesstrafe.de/index.php?id=762, Zugriff 14.2.2017

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HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/334709/476538_de.html, Zugriff 14.2.2017

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USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/322487/461964_de.html, Zugriff 15.2.2017

6. Korruption

Korruption ist in Guinea weit verbreitet und bleibt weiterhin ein Problem. Während das Gesetzt strafrechtliche Folgen für die Korruption von Beamten vorsieht, wird das Gesetz nicht wirksam umgesetzt und Beamte sind häufig ungestraft in korrupte Praktiken verwickelt (USDOS 13.4.2016). Öffentliche Gelder werden für den privaten Gebrauch oder für illegitime öffentliche Zwecke, wie das Kaufen teurer Fahrzeuge für Regierungsangestellte, missbraucht. Grundstücksverkäufe und geschäftliche Verträge waren im Allgemeinen nicht transparent (USDOS 13.4.2016). Korruption spielt auch in Gerichtsverfahren eine Rolle (USDOS 5.7.2016). Geschäfte finden oft durch Zahlung von Bestechungsgeldern statt. Obwohl es verboten ist, Bestechungsgeld zu zahlen, werden diese Gesetze nicht durchgesetzt (USDOS 5.7.2016).

Open Society Initiative West Africa und Transparency International gaben an, dass 61% von befragten privaten Haushalten aufgefordert wurden ein Bestechungsgeld für nationale Dienstleistungen und 24% für lokale Dienstleistungen zu zahlen. 24% gaben an, verkehrsbedingte Bestechungsgelder an Polizisten gezahlt zu haben, 24% für bessere medizinische Behandlung, 19% für bessere Wasser- oder Stromdienstleistungen und 8% für bessere gerichtliche Behandlung (USDOS 5.7.2016).

Guinea belegte auf dem Korruptionsindex von Transparency International im Jahr 2016 den 142. von 176 Plätzen (TI 2016).

Quellen:

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TI - Transparency International (2016): Corruption Perceptions Index 2016,

http://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2016, Zugriff 21.2.2017

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USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/322487/461964_de.html, Zugriff 21.2.2017

-

USDOS - U.S. Department of State (5.7.2016): Investment Climate Statements for 2016 - Guinea,

http://www.ecoi.net/local_link/332417/473842_de.html, Zugriff 21.2.2017

7. Wehrdienst und Rekrutierungen

Für 18-25jährige besteht die Möglichkeit des freiwilligen sowie verpflichtenden Wehrdienstes mit einer Dauer von 18 Monaten (CIA 12.1.2017).

Die Wehrpflicht besteht formal für alle männlichen Guineer (Artikel 145 der Verfassung). Wegen der großen Zahl von Freiwilligen werden aber seit 1990 keine Wehrpflichtigen mehr eingezogen. Die formaljuristische Möglichkeit eines Wehrersatzdienstes besteht unter der Voraussetzung keiner Notstandsgesetzgebung (AA 11.2015).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (11.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Guinea

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CIA - Central Intelligence Agency (12.1.2017): The World Factbook

-

Guinea,

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/gv.html, Zugriff 16.2.2017

8. Allgemeine Menschenrechtslage

Die Menschenrechte sind zwar gesetzlich garantiert, werden aber von einer noch schwachen Justiz bisher nicht ausreichend geschützt. Menschenrechtsübergriffe staatlicher Stellen, besonders seitens der Sicherheitskräfte, werden noch nicht systematisch verfolgt (AA 12.2016a; AI 16.2.2016). Insgesamt hat sich die Menschenrechtslage aber seit Beginn der Demokratisierung 2010 kontinuierlich verbessert (AA 12.2016a). Die sozialen und wirtschaftlichen Menschenrechte werden jedoch durch die sehr große Armut der Bevölkerung eingeschränkt (AA 12.2016a). Die gravierendsten Menschenrechtsprobleme im Land sind lebensbedrohliche Haftbedingungen, Verweigerung eines fairen Verfahrens sowie Gewalt und Diskriminierung gegen Frauen und Mädchen (USDOS 13.4.2016). Berichte über Menschenrechtsverletzungen durch Sicherheitsbeamte sind zurückgegangen. Behörden zeigen erhöhte Bereitschaft diejenigen zu untersuchen und sanktionieren, die in Menschenrechtsverletzungen beteiligt sind (HRW 12.1.2017).

Obwohl die Verfassung und die Gesetze Meinungs- und Pressfreiheit gewährleisten (USDOS 13.4.2016; vgl. AA 12.2016b), schränkt die Regierung diese Freiheiten ein. Unabhängige und oppositionseigene Medien sind aktiv und drücken ein weites Spektrum von Ansichten aus (USDOS 13.4.2016). Wichtigstes Medium bleibt aber noch - auch angesichts der hohen Analphabetenrate - das Radio. Seit 2006 gibt es eine ganze Reihe von teilweise populären privaten Radiosendern. Auch das frühere Fernsehmonopol von RTG ist mittlerweile von mehreren privaten TV-Stationen durchbrochen. Die Ausstrahlung bleibt jedoch noch auf die Hauptstadtregion und einzelne Orte im Landesinnern beschränkt. Die aktuelle Berichterstattung von Medienredaktionen verlegt sich aber mehr und mehr in das Internet (AA 12.2016b), obwohl nach Angaben von International Telecommunication Union 2014 nur 1,72% Zugang zum Internet hatten. Das Internet wird von der Regierung weder unterbrochen noch zensiert (USDOS 13.4.2016). Eingriffe durch staatliche Zensur finden nur im Ausnahmefall statt und wurden oft nach scharfer Kritik der Zivilgesellschaft wieder zurückgenommen. Maßnahmen des Staates oder Dritter gegen Journalisten bleiben daher überwiegend Einzelfälle (AA 12.2016b). Dennoch können Journalisten teuer dafür bezahlen, wenn sie den Präsidenten kritisieren. Im World Press Freedom Index 2016 belegt Guinea Platz 108 von 180 (RSF 30.6.2016).

Die Verfassung sieht Versammlungsfreiheit vor, die Regierung schränkt dieses Recht jedoch ein. Das Gesetz verbietet jedes Treffen, das ethnischen oder rassischen Charakter hat, oder jede Versammlung, die die nationale Einheit bedrohen könnte. Für öffentliche Versammlungen ist eine Anmeldung mindestens drei Werktage vorher einzuholen. Lokale Behörden können Demonstrationen verbieten, wenn sie der Ansicht sind, dass die öffentliche Ordnung bedroht ist. Behörden können Veranstalter außerdem für eventuelle Gewaltvorfälle und Zerstörung von Eigentum zur Rechenschaft ziehen (USDOS 13.4.2016). In der Praxis werden Versammlungen, die ohne Ankündigung gehalten werden, als nicht autorisiert angesehen und werden oft gewaltsam aufgelöst (FH 27.1.2016).

Die Verfassung und Gesetze gewährleisten Vereinigungsfreiheit, und die Regierung respektiert dieses Recht üblicherweise auch in der Praxis (USDOS 13.4.2016). Vorschriften zur offiziellen Anerkennung für öffentliche, soziale, kulturelle, religiöse oder politische Vereinigungen sind nicht aufwendig, obwohl bürokratische Verzögerungen in einigen Fällen die Registrierung neuer Vereinigungen verhindern (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (12.2016a): Innenpolitik - Guinea, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Guinea/Innenpolitik_node.html, Zugriff 27.2.2017

-

AA - Auswärtiges Amt (12.2016b): Kultur und Bildungspolitik - Guinea,

http://www.auswaertiges-amt.de/sid_8518ABA87066FC4603D8399A916EA71B/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Guinea/Kultur-UndBildungspolitik_node.html, Zugriff 15.2.2017

-

FH - Freedom House (27.1.2017) : Freedom in the World 2016 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/327700/468362_de.html, Zugriff 16.2.2015

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RSF - Reporters Sans Frontières (30.6.2016): Reporter beaten up by President Alpha Condé's bodyguards, http://www.ecoi.net/local_link/326584/466996_de.html, Zugriff 15.2.2016

-

USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/322487/461964_de.html, Zugriff 23.2.2017

9. Haftbedingungen

Die Haftbedingungen in zivilen Gefängnissen, die dem Justizministerium unterstehen, sind weiterhin inhuman, lebensbedrohlich (USDOS 13.4.2016) und weit unter internationalen Standards (HRW 12.1.2017). Allerdings nahm das Justizministerium Schritte zur Verbesserung der Gefängnisverwaltung und dies führte zu einer starken Reduzierung der aufgezeichneten Zahl der unterernährten Gefangenen und einigen Verbesserungen im Gesundheitsdienst der Gefängnisse (HRW 12.1.2017).

Misshandlung, schlechte sanitäre Einrichtungen, Unterernährung, Krankheiten, mangelnde medizinische Betreuung (USDOS 13.4.2016) und Überbelegung der Gefängnisse sind weit verbreitet (HRW 12.1.2017). Die Regierung gestattet Gefängnisbesuche durch lokale humanitäre und religiöse Organisationen, welche bedürftige Inhaftierte mit medizinischer Betreuung und Nahrung versorgen. Dem Roten Kreuz (ICRC) wird der regelmäßige Zugang zu allen zivilen Gefängnissen ermöglicht, und es führt weiter Partnerschaftsprogramme mit Gefängnis- und Sicherheitsbehörden durch, um die Haftbedingungen zu verbessern. Die Regierung gestattet internationalen Organisationen und NGOs auch den Zugang zu von der Gendarmerie geführten Gefängnissen. Die Haftbedingungen in Militärgefängnissen können nicht verifiziert werden, da die Regierung den Zutritt zu diesen generell verwehrt (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

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HRW - Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/334709/476538_de.html, Zugriff 16.2.2017

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USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Guinea, http://www.ecoi.net/local_link/322487/461964_de.html, Zugriff 16.2.2017

10. Todesstrafe

Im Juli 2016 hat Guinea die Todesstrafe abgeschafft (HRW 12.1.2017). Bei einer Reihe von Straftaten, darunter Mord, war in Guinea die Todesstrafe zwingend vorgeschrieben. 15 Jahre sind vergangen seit die letzten Hinrichtungen stattgefunden haben (AI 5.7.2016).

Das Gesetzbuch der Militärgerichtsbarkeit (Military Code of Justice) sieht die Todesstrafe weiterhin für außergewöhnliche Verbrechen vor, wie Verrat und Aufstand in Kriegszeiten oder im Ausnahmezustand (AI 22.2.2017).

Quellen:

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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