TE Vwgh Erkenntnis 2000/1/28 99/02/0305

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Veröffentlicht am 28.01.2000
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Index

90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §103 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Breunlich, über die Beschwerde der J B in W, vertreten durch Dr. Michaela Tulipan, Rechtsanwalt in Wien X, Keplerplatz 13, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 29. Juli 1999, Zl. UVS 03/P/30/03528/98, betreffend Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 29. Juli 1999 wurde die Beschwerdeführerin für schuldig befunden, sie habe es als Zulassungsbesitzerin eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten Kraftfahrzeuges unterlassen, der Bundespolizeidirektion Wien auf ihr schriftliches Verlangen vom 16. Jänner 1998 binnen zwei Wochen nach der am 21. Jänner 1998 erfolgten Zustellung dieser Aufforderung Auskunft darüber zu erteilen, wer dieses Fahrzeug am 6. Jänner 1998 um 20.40 Uhr in Wien 12, S gasse 14, gelenkt habe. Die Beschwerdeführerin habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 Kraftfahrgesetz 1967 begangen. Es sei daher gemäß § 134 leg. cit. eine Geldstrafe von S 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) zu verhängen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 103 Abs. 2 Kraftfahrgesetz 1967 (in der Fassung der 10. Novelle) kann die Behörde Auskunft darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat...

Die belangte Behörde ging in der Begründung des angefochtenen Bescheides davon aus, dass die Beschwerdeführerin durch die gegenüber der Behörde erster Instanz abgegebene Behauptung, weder sie noch jemand anders habe zum Vorfallszeitpunkt das Fahrzeug gelenkt, die sie treffende Auskunftspflicht nicht in der gesetzlich geforderten Art erfüllt habe.

Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, mit der Erklärung, das Fahrzeug sei zum Tatzeitpunkt an einem näher bezeichneten Ort in Wien 10 abgestellt gewesen und nicht in Betrieb genommen worden, habe sie eine dem Gesetz und der zitierten Anfrage entsprechende Auskunft erteilt.

Würde dieses Vorbringen der Beschwerdeführerin den Tatsachen entsprechen, so wäre die von ihr erteilte Auskunft in der Tat nicht als unrichtig zu bezeichnen und läge auch ein Verstoß gegen § 103 Abs. 2 Kraftfahrgesetz 1967 (in der obzitierten Fassung) nicht vor (vgl. in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1990, Zl. 90/18/0162).

Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten hat die Beschwerdeführerin bereits im Verfahren vor der Behörde erster Instanz die Einvernahme von namentlich angeführten Zeugen zum Beweis dafür, dass das Fahrzeug zum fraglichen Zeitpunkt nicht in Betrieb, sondern an einem von der Beschwerdeführerin konkret angegebenen Ort abgestellt gewesen sei, beantragt. Diesen Antrag hat die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis aufrechterhalten. Weder die Behörde erster Instanz noch die belangte Behörde haben diese Zeugen einvernommen. Auch wurde weder im erstinstanzlichen Straferkenntnis noch im angefochtenen Bescheid auf diesen Beweisantrag eingegangen. Vielmehr hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid noch darauf hingewiesen, dass es Aufgabe der Beschwerdeführerin gewesen wäre, ihr Vorbringen durch konkrete Beweisanträge zu untermauern.

Nach ständiger hg. Rechtsprechung darf die Behörde einen angebotenen Beweis wie z. B. Zeugen nur dann von vornherein ablehnen, wenn die angebotenen Beweismittel an sich nicht geeignet sind, über den Gegenstand einen Beweis zu liefern. Eine antizipative Beweiswürdigung ist den Verwaltungsverfahrensgesetzen fremd (vgl. die in Hauer - Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens 5, Wien 1996, S 310, zitierte Judikatur und das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1990, Zl. 90/18/0162). Dem von der belangten Behörde zur Stützung ihres Rechtsstandpunktes angeführten hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 1981, Zl. 81/03/0113, lag eine andere Fassung des § 103 Abs. 2 Kraftfahrgesetzes 1967, nämlich i.d.F. der 3. Nov., mit einem anderen Wortlaut zu Grunde.

Die belangte Behörde ist somit auf ein nicht von vornherein als untauglich zu erkennendes Beweisanbot der Beschwerdeführerin nicht eingegangen und hat den angefochtenen Bescheid ohne Anhörung der angebotenen Zeugen erlassen. Daraus folgt, dass der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung bedarf und Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können. Der angefochtene Bescheid musste daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 28. Jänner 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999020305.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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