Entscheidungsdatum
04.07.2018Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
W132 2111986-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK als Vorsitzende und den Richter Mag. Christian DÖLLINGER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Michael SVOBODA als Beisitzer über die Beschwerde vonXXXX, geboren am XXXX, gegen Spruchpunkt 2 des Bescheides des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Tirol vom XXXX, betreffend die Ablehnung der Übernahme der Kosten für die eingereichten physiotherapeutischen Behandlungen wegen eines HWS-Syndroms in der Zeit von 06.05.2013 bis 28.06.2013, von 29.01.2014 bis 25.02.2014 und die Honorarnote vom 20.05.2014 wegen der Diagnose "Zervikalsyndrom" gemäß § 1 Abs. 1 und § 4 Abs. 2 Verbrechensopfergesetz (VOG), zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin hat am 26.06.2014 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung:
Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) einen Antrag auf Hilfeleistungen nach dem VOG gestellt und angegeben, sie sei am 18.08.2012 von G.A. gestoßen und geschlagen worden. Sie habe dadurch ein Schleudertrauma und psychische Probleme erlitten.
1.1. Zur Überprüfung des Antrages wurden von der belangten Behörde die Krankengeschichte der Beschwerdeführerin und Unterlagen zu den angegebenen Vorfällen mit dem Ergebnis eingeholt, dass die grundsätzlichen Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Heilfürsorge und Psychotherapie vorlägen, jedoch die Diagnose eines breitbasigen Bandscheibenvorfalles zwischen dem 3. und 4. Halswirbelkörpers mit Bedrängung der 3. Nervenwurzel links nicht auf das Verbrechen zurückzuführen sei.
1.2. Die belangte Behörde hat der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 13.10.2014 gemäß § 45 Abs. 3 AVG das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, dazu Stellung zu nehmen.
1.3. Mit E-Mail vom 29.10.2014 hat die Beschwerdeführerin eingewendet, dass nicht nachvollziehbar sei, dass sie weder Schmerzengeld erhalte, noch die Kosten für Physiotherapie übernommen würden.
Am 19.12.2014 hat die Beschwerdeführerin einen ärztlichen Bericht von Dr. XXXX, Facharzt für Neurochirurgie, vom 16.12.2014 vorgelegt und um Berücksichtigung insofern ersucht, dass der Kostenersatz für Arzt- und Therapierechnungen bewilligt werden möge.
1.4. Zur Überprüfung der Einwendungen hat die belangte Behörde ein Sachverständigengutachten von Dr. XXXX, Fachärztin für Unfallchirurgie, basierend auf der Aktenlage, mit dem Ergebnis eingeholt, dass die anhaltenden Cervicobrachialgien nicht auf das Verbrechen als Ursache zurückzuführen seien.
2. Mit dem Bescheid vom 22.06.2015 hat die belangte Behörde der Beschwerdeführerin die Übernahme der entstehenden Selbstkosten für eine psychotherapeutische Krankenbehandlung zwecks Aufarbeitung der am 18.08.2012 erlittenen kausalen psychischen Schädigungen gemäß § 1 Abs. 1 und § 4 Abs. 5 VOG grundsätzlich bewilligt.
3. Mit dem gegenständlichen Bescheid vom XXXX hat die belangte Behörde die Übernahme der aufgrund der Schädigung vom 18.08.2012 wegen der kausalen Gesundheitsschädigungen "Ellbogenprellung" und Verstauchung der Halswirbelsäule" entstandenen Kosten gemäß § 1 Abs. 1 und § 4 Abs. 2 VOG grundsätzlich bewilligt (Spruchpunkt 1.), jedoch die Übernahme der Kosten für die eingereichten physiotherapeutischen Behandlungen wegen eines HWS-Syndroms in der Zeit von 06.05.2013 bis 28.06.2013, von 29.01.2014 bis 25.02.2014 und die Honorarnote vom 20.05.2014 wegen der Diagnose "Zervikalsyndrom" gemäß § 1 Abs. 1 und § 4 Abs. 2 VOG abgelehnt (Spruchpunkt 2.).
4. Gegen diese Bescheide hat Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben. Ohne Vorlage neuer Beweismittel wurde im Wesentlichen vorgebracht, sie sei von der belangten Behörde dahingehend beraten worden, dass ihr das im Prozess zugesprochene Schmerzengeld bezahlt und Kostenersatz für Arztrechnungen bewilligt würden, wenn sie ein Sachverständigengutachten vorlege, welches das forensische Sachverständigengutachten Dris. XXXX entkräfte. Auch vom Weißen Ring sei sie informiert worden, dass der Staat aus dem Opferschutzfonds Schmerzengeldzahlungen und bestimmte andere Kosten übernehme, damit die geschädigte Person das Geschehene so gut wie möglich abschließen könne und nicht über Jahre hinweg dem Geld "nachlaufen" müsse. Aufgrund dieser positiven Aussichten habe sie von Dr. XXXX als Spezialist für Wirbelsäulenverletzungen und deren Folgewirkungen ein Gutachten erstellen lassen und dieses vorgelegt. Diese zusätzliche finanzielle Belastung sowie den Arbeitsentgang, der durch etliche Therapien und Arztbesuche entstanden sei, hätte sie ohne die Versprechen der belangten Behörde nicht auf sich genommen. Sie sei als alleinerziehende Mutter, bei einem geringen Gehalt als Sekretärin, durch die entstandenen Kosten sehr belastet. Die Untersuchungen im Rahmen der Erstversorgung nach dem tätlichen Angriff seien sehr dürftig gewesen und weit unter den zu erwartenden Umständen geblieben. Wegen der sehr starken Schmerzen an Kopf und Oberkörper habe sich die Beschwerdeführerin an die Urlaubsvertretung ihrer Hausärztin gewandt, welche keine Untersuchung durchgeführt, sondern die Beschwerdeführerin an einen anderen Arzt weitergeleitet habe, welcher sich versichert habe, dass sie durch die Schläge auf den Oberkörper keine inneren Verletzungen erlitten habe. Den vorgelegten Unterlagen könne entnommen werden, dass die Beschwerdeführerin in der gleichen Woche bei einem anderen Arzt gewesen sei, weil sie trotz Einnahme von Schmerztabletten ihrer Schmerzen nicht hätte Herr werden können. Der Hausarzt der Beschwerdeführerin würde bestätigen, dass sie in den 15 Jahren der Betreuung durch ihn, kein einziges Mal unter einem der Symptome gelitten habe, welche augenblicklich nach dem schweren körperlichen Angriff aufgetreten seien. Zweieinhalb Jahre sei das Leben der Beschwerdeführerin sehr eingeschränkt gewesen, bis sie nach vielen Fehlversuchen den richtigen Therapeuten gefunden habe. Diesen Behandlungsblock habe sie Anfang 2015 abgeschlossen und sei seither absolut beschwerdefrei. Dieser Umstand bekräftige die Ausführungen Dris. XXXX.
Die Körperverletzung habe sie erlitten, weil sie einer Frau und deren Hund beigestanden habe. Dieser Akt der Zivilcourage habe sie in große Bedrängnis gebracht. Einerseits habe sie ihre Gesundheit riskiert und sich knapp drei Jahre um ihre Genesung kümmern müssen. Andererseits müsse sie um ihr Recht auf Schadensgutmachung kämpfen. Aufgrund falscher Versprechungen habe sie sich in große finanzielle Ausgaben (Therapien...) gestürzt. Der psychische Schaden, welcher ihr durch die extreme Gewalteinwirkung und Aggressivität zugefügt worden sei, liege weit hinter ihren finanziellen Sorgen. Das bereits vorgelegte ärztliche Gegengutachten Dris. XXXX belege die Angaben der Beschwerdeführerin.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die grundsätzlichen Anspruchsvoraussetzungen liegen insofern vor, als die Beschwerdeführerin österreichische Staatsbürgerin ist und am 18.08.2012 in Innsbruck Opfer einer mit einer zum Entscheidungszeitpunkt mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohten rechtswidrigen und vorsätzlichen Handlung geworden ist und eine Körperverletzung bzw. Gesundheitsschädigung erlitten hat.
Ein Ausschlussgrund gemäß § 8 VOG liegt nicht vor.
Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 30.06.2014 zu 9 U 422/13 s wurde G.A. gemäß § 83 Abs. 1 StGB verurteilt und schuldig erkannt, die Beschwerdeführerin am 18.08.2012 in Innsbruck gegen die Hausmauer gestoßen zu haben, wobei diese mit dem Ellbogen dagegen stieß, weiters ihr mehrere Schläge gegen den Nackenbereich versetzt zu haben, wobei die Beschwerdeführerin eine Schädelprellung samt Schleudertrauma und eine Ellbogenprellung samt Hämatom und Schwellung rechts erlitt, somit vorsätzlich am Körper verletzt zu haben.
Dem Urteil wurde das gerichtsmedizinische Sachverständigengutachten von Ass.Prof.Dr. XXXX, vidiert von o. Univ. Prof. Dr. XXXX, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 19.02.2014 zugrunde gelegt.
Der Antrag auf Hilfeleistungen nach dem VOG ist am 26.06.2014 bei der belangten Behörde eingelangt.
1.2. Die Beschwerdeführerin hat durch das Verbrechen eine Körperverletzung erlitten, nämlich eine Schädelprellung samt Schleudertrauma und eine Ellbogenprellung samt Hämatom und Schwellung rechts.
Es kann nicht festgestellt werden, dass die geltend gemachten Behandlungskosten (physiotherapeutische Behandlungen wegen eines HWS-Syndroms in der Zeit von 06.05.2013 bis 28.06.2013, von 29.01.2014 bis 25.02.2014 und Honorarnote vom 20.05.2014 wegen der Diagnose "Zervikalsyndrom") aufgrund von Gesundheitsschädigungen entstanden sind, welche durch das Verbrechen verursacht wurden.
2. Beweiswürdigung:
Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem vorgelegten Staatsbürgerschaftsnachweis sowie dem diesbezüglich widerspruchsfreien, unbedenklichen und unbestrittenen Akteninhalt
Zu 1.2.) Die Feststellungen zu Art, Ausmaß und Kausalität der Funktionseinschränkungen gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die vorgelegten und eingeholten Beweismittel:
Das von der belangten Behörde eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten Dr. XXXX ist in Verbindung mit dem forensischen Sachverständigengutachten Dr.XXXXvollständig, schlüssig, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Auch wurde zur Kausalität der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen umfassend Stellung genommen. Die Sachverständigen beurteilen die durch das Verbrechen am 18.08.2012 erlittenen Verletzungen übereinstimmend als leichten Grades, sowie dass der diagnostizierte Bandscheibenvorfall nicht auf das Verbrechen zurückzuführen ist.
Dr. XXXX führt aus, dass Verletzungen des Ellbogens und der Halswirbelsäule, wie von der Beschwerdeführerin erlitten, normalerweise nach 14 Tagen abgeheilt sind. Die Kausalitätsbeurteilung wird fachärztlich überzeugend damit begründet, dass unter Berücksichtigung des Alters der Beschwerdeführerin und der im MRT-Bfund dokumentierten Abnützungen der Wirbelsäule, verzögerte bzw. verlängerte Heilungsverläufe von drei bis zu sechs Monaten möglich, aber selten, sind, Behandlungen im Sinne von Physiotherapie oder anderen Manualtherapien auch in diesem Zeitraum (drei bis sechs Monate) als unfallassoziiert anzunehmen sind, jedoch alles darüber hinaus nicht plausibel ist und sich die anhaltend Cervicobrachialgien nicht auf den Unfall als Ursache zurückführen lassen. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass
Im Zeitraum drei bis sechs Monate nach dem Verbrechen keine physiotherapeutischen Behandlungen dokumentiert sind.
Dr. XXXX hat im Rahmen der persönlichen Untersuchung am 19.02.2014 einen ausführlichen Befund erhoben und sich in der Folge umfassend mit den Angaben der Beschwerdeführerin, den Behandlungsunterlagen und dem Verletzungsmechanismus auseinandergesetzt. Zusammenfassend wird ausgeführt, dass nach dem Verbrechen von unfallchirurgischer Seite die Diagnosen einer Prellung des rechten Ellbogengelenkes und einer, offensichtlich nur aufgrund der angegebenen leichten Kopfschmerzen angenommenen, Kopfprellung gestellt wurden, wobei diesbezüglich keine objektiven Befunde vorliegen. Am 21.08.2012 sind von einer Allgemeinmedizinerin ohne weitere Angaben ein Hartspann im Bereich der Muskulatur neben der Wirbelsäule und Schmerzen im Bereich des rechten Rippenbogens festgestellt worden. Ebenfalls im August 2012 sind von einem Orthopäden die Diagnosen eines Schleudertraumas und einer schweren Prellung des rechten Ellbogens mit Blutergussverfärbung sowie eine muskuläre Verspannung im Bereich der gesamten Wirbelsäule gestellt worden. Ende August wurde nach durchgeführter MR-Untersuchung der Halswirbelsäule die Diagnose eines breitbasigen Bandscheibenvorfalles zwischen 3. und 4. Halswirbelkörper mit Bedrängung der 3. Nervenwurzel links gestellt, wobei es sich diesbezüglich um degenerative Veränderungen handelt, welche aus gerichtsmedizinischer Sicht nicht vorfallskausal sind.
Die Sachverständigengutachten Dris. XXXX und Dris. XXXXstehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein überzeugender Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.
Die vorgelegten medizinischen Beweismittel sind nicht geeignet diese - nicht als unschlüssig zu erkennenden - fachärztlichen Sachverständigengutachten zu entkräften.
In der ärztlichen Bestätigung Dris. XXXX, Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 23.01.2014 wird festgehalten, dass sich die Beschwerdeführerin seit 26.01.2011 in dortiger hausärztlicher Betreuung befinde und in dieser Zeit bis zum Verbrechen nie Beschwerden mit der Halswirbelsäule gehabt habe. Dieser Bestätigung kommt zur Kausalität der ein- bzw. eineinhalb Jahre nach dem Verbrechen stattgehabten physiotherapeutischen Behandlungen keine substantiierte Aussagekraft zu.
Der Honorarnote Dris. XXXX ist lediglich zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin am 23.04.2014 untersucht und ein Zervikalsyndrom diagnostiziert worden ist.
Weder Dr. XXXX, noch Dr. XXXX setzen sich nachvollziehbar mit der Kausalitätsbeurteilung auseinander. Diese Beweismittel sind daher nicht geeignet, eine geänderte Beurteilung zu begründen.
Lässt ein ärztliches Attest nicht erkennen, auf welchem Weg sein Aussteller zu seinen Schlussfolgerungen gekommen ist, ist es mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel nicht geeignet. Dies gilt unabhängig davon, dass für den Kausalitätsnachweis nach § 4 Abs. 1 KOVG 1957 Wahrscheinlichkeit ausreicht. Eine Vermutung, dass das in einem "befundlosen" Attest abgegebene Fachurteil nach den Regeln der Wissenschaft erstellt worden sei, besteht nicht. (VwGH vom 06.11.2001, Zl. 94/09/0060)
Der neurochirurgische Bericht Dris. XXXX betreffend die Konsultation der Beschwerdeführerin am 16.12.2014, diagnostiziert eine Zervikobrachialgie als Residuum stumpfer Gewalteinwirkung. Diese Diagnose basiert auf einem knappen neurologischen Status ("Objektiv neurologisch besteht kein motorisches Defizit, die Muskeleigenreflexe sind seitengleich mittellebhaft auslösbar, die Kopfbewegung endlagig eingeschränkt"), einer ausführlichen Wiedergabe der subjektiven Angaben der Beschwerdeführerin (Anamnese) und dem Befund einer Magnetresonanztomographie vom 18.03.2013 (beschrieben wird ein paramedian links liegender, bis nach intraforaminär reichender, Bandscheibenvorfall in der Etage C 3/4). Die Vermutung, dass die geschilderten Symptome im Bereich der Halswirbelsäule, Nackenmuskulatur und der oberen Extremitäten in einem großen Maß durch die Ereignisse am 18.08.2012 verursacht worden zu scheinen, begründet Dr. XXXX lediglich dahin, dass er die Situation lange mit der Beschwerdeführerin besprochen und die Angaben, auch zeitlich, analysiert habe. Eine substantiierte Begründung, unter Beschreibung des Verletzungsmechanismus und inwieweit dieser mit den angegebenen Symptomen in Einklang zu bringen ist, führt Dr. XXXX nicht aus. Neue Erkenntnisse für die Kausalitätsbeurteilung sind daraus nicht zu gewinnen. Eine fundierte Auseinandersetzung mit der Frage der Kausalität erfolgt nicht.
Demgegenüber werden im gerichtsmedizinischen Sachverständigengutachten von Dr. XXXX, ausführlich der Sachverhalt angegeben, das Ergebnis der anamnestischen Befragung und der erhobene klinische Befund ausgeführt und die behandlungsärztlichen Detailkrankenunterlagen zusammenfassend wiedergegeben. Es wird fachärztlich überzeugend, in nachvollziehbarer Weise und widerspruchsfrei daraus der Schluss gezogen, dass es sich bei dem im Rahmen einer MR-Untersuchung der Halswirbelsäule diagnostizierten Bandscheibenvorfall zwischen 3. und 4. Halswirbelkörper mit Bedrängung der 3. Nervenwurzel links, um degenerative Veränderungen handelt, welche aus gerichtsmedizinischer Sicht nicht vorfallskausal sind, die vorfallskausalen oberflächlichen Hautabschürfungen und Blutergussverfärbung im Beriech des rechten Ellbogens eine medizinisch an sich leichte Körperverletzung darstellt und die Dauer der Gesundheitsstörung die 14-Tage-Grenze nicht überschreitet.
Dr. XXXX setzt sich mit dem Gerichtsgutachten in keiner Weise auseinander und begründet auch nicht, warum er von der forensischen Beurteilung abweicht.
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss ein Sachverständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar. (VwGH vom 17.02.2004, Zl. 2002/06/0151).
Die Angaben der Beschwerdeführerin konnten nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 9d Abs. 1 VOG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten des VOG durch einen Senat, dem ein fachkundiger Laienrichter angehört. Es liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
1. Zur Entscheidung in der Sache:
Anspruch auf Hilfe haben österreichische Staatsbürger, wenn mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sie
1. durch eine zum Entscheidungszeitpunkt mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohte rechtswidrige und vorsätzliche Handlung eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung erlitten haben
und ihnen dadurch Heilungskosten erwachsen sind oder ihre Erwerbsfähigkeit gemindert ist.
(§ 1 Abs. 1 VOG auszugsweise)
Als Hilfeleistungen sind u.a. vorgesehen:
2. Heilfürsorge
(§ 2 VOG auszugsweise)
Leistungen nach § 2 dürfen nur von dem Monat an erbracht werden, in dem die Voraussetzungen hiefür erfüllt sind, sofern der Antrag binnen zwei Jahren nach der Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung (§ 1 Abs. 1) gestellt wird. (§ 10 Abs. 1 VOG auszugsweise idF des BGBl. I Nr. 58/2013)
Im Lichte der Gesetzesmaterialien (GP XIII RV 40. S. 8) zum VOG 1972, die auf das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957 (KOVG) verweisen, ist es nicht rechtswidrig, wenn sich die Behörde auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum KOVG 1957 beruft und davon ausgeht, dass eine ausreichende Wahrscheinlichkeit iSd. § 1 Abs. 1 VOG 1972 erst gegeben ist, wenn erheblich mehr für als gegen das Vorliegen einer Vorsatztat spricht (Hinweis E vom 19. Oktober 2005, 2002/09/0132, zu § 4 Abs. 1 KVOG 1957, demzufolge "Wahrscheinlichkeit" dafür, dass die festgestellte Gesundheitsschädigung auf das schädigende Ereignis oder die der Dienstleistung eigentümlichen Verhältnisse ursächlich zurückzuführen ist, dann gegeben ist, wenn nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung erheblich mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht). (VwGH vom 21.11.2013, Zl. 2011/11/0205, vom 26.04.2013, Zl. 2012/11/0001)
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Begründung eines Versorgungsanspruches nur die Wahrscheinlichkeit, nicht die bloße Möglichkeit einer Verursachung der Gewissheit gleichgestellt. Für die Auslegung des Begriffes "wahrscheinlich" ist der allgemeine Sprachgebrauch maßgebend. Wahrscheinlichkeit ist gegeben, wenn nach der geltenden ärztlichen-wissenschaftlichen Lehrmeinung erheblich mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht. (vgl. u.a. VwGH zu § 4 KOVG vom 19.10.2005, Zl. 2002/09/0132, 15.12.1994, Zl. 94/09/0142 mit Hinweis E 18.2.1988, 87/09/0250)
Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung ist, ob die geltend gemachten Behandlungskosten, aufgrund von Gesundheitsschädigungen entstanden sind, welche durch das Verbrechen verursacht wurden.
Die grundsätzlichen Voraussetzungen für Hilfeleitungen nach dem VOG in Form von Heilfürsorge liegen zwar vor, hinsichtlich des beantragten Kostenersatzes konnten die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens den geforderten Grad der Wahrscheinlichkeit jedoch nicht begründen.
Dass ein Zusammenhang nicht mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden kann, also grundsätzlich die Möglichkeit besteht, reicht für die Anerkennung nicht aus. (VwGH 86/09/0085, 19.11.1986, zu § 4 KOVG)
Es bietet die Gesetzeslage keine Handhabe dafür, dass bei nicht geklärter Ursache einer Gesundheitsschädigung d.h. "im Zweifel" grundsätzlich für den Beschädigten zu entscheiden sei. (VwGH vom 23.09.1993, Zl. 93/09/0221)
Das Beschwerdevorbringen ist - wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt - nicht geeignet, das Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises, dass der Bandscheibenvorfall nicht vorfallskausal ist und die geltend gemachten Behandlungskosten nicht aufgrund von Gesundheitsschädigungen entstanden sind, welche durch das Verbrechen verursacht wurden, überzeugend in Zweifel zu ziehen.
Das Vorbringen, dass Pauschalentschädigung in Form von Schmerzengeld begehrt werde, war nicht zu prüfen, da dies nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides - welcher lediglich über Hilfeleistungen nach dem VOG in Form von Heilfürsorge abspricht - ist.
Über die Honorarnote Dris. XXXX betreffend Erstellung eines Konsultationsberichtes wurde in der angefochtenen Entscheidung ebenfalls nicht abgesprochen, eine diesbezügliche Prüfung ist daher unterblieben. Dazu ist anzumerken, dass weder eine Heilbehandlung noch eine Therapie Gegenstand dieser Leistung war.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. (§ 24 Abs. 3 VwGVG)
Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. (§ 24 Abs. 4 VwGVG)
Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden. (§ 24 Abs. 5 VwGVG)
Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung sind die Art und die Schwere des Leidenszustandes sowie die Kausalität der bei der Beschwerdeführerin festgestellten Gesundheitsschädigungen.
Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher, das der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegte Sachverständigengutachten in Verbindung mit dem forensischen Sachverständigengutachten geprüft.
Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, wurden diese als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet.
Im Rahmen des Beschwerdevorbringens hatte die Beschwerdeführerin die Möglichkeit sich zu äußern bzw. Beweismittel vorzulegen. Es wurden der Beschwerde jedoch keine neuen Beweismittel beigelegt. Das Beschwerdevorbringen war - wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt - nicht geeignet, relevante Bedenken an den sachverständigen Feststellungen und Beurteilungen hervorzurufen. Die vorgebrachten Argumente und vorgelegten Beweismittel wurden im eingeholten Sachverständigengutachten berücksichtig. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich den tragenden beweiswürdigenden Erwägungen der belangten Behörde, dass das eingeholte Sachverständigengutachten schlüssig und frei von Widersprüchen ist, angeschlossen. Sohin ist der Sachverhalt geklärt. Daher konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist auch kein absoluter. (VfGH vom 09.06.2017, E 1162/2017)
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Maßgebend sind die Art, die Schwere des Leidenszustandes und die Kausalität der festgestellten Gesundheitsschädigungen.
Die Entscheidung hängt sohin einerseits von Tatsachenfragen ab. Andererseits sind Rechtsfragen zu lösen, welchen keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen worden ist.
Schlagworte
Kausalität, Kostenersatz, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W132.2111986.1.00Zuletzt aktualisiert am
13.07.2018