TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/4 W132 2003751-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.07.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

04.07.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
VOG §1
VOG §10
VOG §3

Spruch

W132 2003751-1/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK als Vorsitzende und den Richter Mag. Christian DÖLLINGER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Michael SVOBODA als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien vomXXXX, betreffend die Abweisung des Antrages auf Hilfeleistungen in Form von Ersatz des Verdienstentganges gemäß § 1 Abs. 1 und 3, § 3 und § 10 Abs. 1 Verbrechensopfergesetz (VOG), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin hat am 23.07.2012 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung nunmehr:

Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) einen Antrag auf Hilfeleistungen nach dem VOG gestellt und angegeben, als Kind von ihrer Mutter der Prostitution zugeführt worden und im Zuge von Heimunterbringungen als Kind und Jugendliche körperlich und seelisch schwerst misshandelt worden zu sein.

2. Zur Überprüfung des Antrages wurden von der belangten Behörde die Krankengeschichte der Beschwerdeführerin sowie Unterlagen zu den angegebenen Vorfällen sowie dem Berufs- und Pensionsverlauf der Beschwerdeführerin eingeholt und Einsicht in den Verwaltungsakt betreffend den Behindertenpass der Beschwerdeführerin genommen.

2.1. Basierend auf den eingeholten Unterlagen hat die belangte Behörde von Mag.XXXX, Klinische Psychologin, und Dr. XXXX, Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, Sachverständigengutachten, basierend auf den persönlichen Untersuchungen der Beschwerdeführerin am 28.06.2013, mit dem Ergebnis eingeholt, dass eine vorfallskausale Posttraumatische Belastungsstörung und eine nicht kausale depressive Reaktion bzw. Erschöpfungssyndrom festgestellt wurden. Es bestünde zwar vorfallskausal der Bedarf an Psychotherapie, jedoch sei der berufliche Werdegang nicht zum überwiegenden Teil vorfallskausal anzunehmen.

Mit dem ergänzenden Sachverständigengutachten vom 02.10.2013 hat Dr. XXXXzum der Pensionszuerkennung zugrunde gelegten Sachverständigengutachten der Pensionsversicherungsanstalt vom 17.09.2012 Stellung genommen.

3. Die belangte Behörde hat der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 24.10.2013 gemäß § 45 Abs. 3 AVG das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung Stellung zu nehmen.

Die Beschwerdeführerin hat unter Vorlage von Beweismitteln Einwendungen erhoben.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag auf Hilfeleistungen in Form von Ersatz des Verdienstentganges gemäß § 1 Abs. 1 und 3, § 3 und § 10 Abs. 1 VOG abgewiesen (Spruchpunkt I.) und dem Antrag auf Hilfeleistung in Form der Kostenübernahme für eine psychotherapeutische Krankenbehandlung gemäß § 1 Abs. 1, § 4 Abs. 5 und § 10 Abs. 1 VOG grundsätzlich bewilligt (Spruchpunkt II.)

Die Angaben der Beschwerdeführerin, das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens und die gesetzlichen Bestimmungen würdigend, werden unter Zitierung der maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen, Feststellungen zu den angegebenen Vorfällen, den objektivierten Gesundheitsschädigungen und deren Kausalität sowie dem Berufs- bzw. Pensionsverlauf getroffen, wonach zwar ab dem Antragsfolgemonat nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit von einem vorfallskausalen Verdienstentgang ausgegangen werden könne, jedoch die vorfallskausale Gesundheitsschädigung einer psychotherapeutischen Behandlung bedürfe.

5. Gegen Spruchpunkt I. des Bescheides hat die Beschwerdeführerin fristgerecht Berufung (nunmehr Beschwerde) erhoben. Unter Vorlage eines Schreibens der behandelnden Psychotherapeutin Frau XXXX vom 10.02.2014 und Zitierung der gesetzlichen Bestimmungen des VOG wurde im Wesentlichen vorgebracht, die eingeholten Sachverständigengutachten entsprächen nicht den Richtlinien des Bundesministeriums für Gesundheit für die Erstellung psychologischer Befunde und Gutachten. Entgegen den Ausführungen der belangten Behörde sei die Kausalität im Zusammenhang mit dem von ihr Erlebten zu bejahen und ein Verdienstentgang zu gewähren.

5.1. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurden vom Bundesverwaltungsgericht die Unterlagen der Pensionsversicherungsanstalt betreffend das Pensionsverfahren der Beschwerdeführerin eingeholt.

5.2. In der Folge hat die Beschwerdeführerin telefonisch mitgeteilt, dass sie beim Arbeits- und Sozialgericht eine Klage gegen den ablehnenden Pensionsbescheid eingebracht habe.

Auf Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichtes hat die Beschwerdeführerin das nervenfachärztliche Sachverständigengutachten Dris. XXXX, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 05.07.2016, vorgelegt.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeits- und Sozialgericht am 20.02.2017 hat die Beschwerdeführerin die Klage zurückgezogen.

5.3. Ohne Begleitschreiben, hat die Beschwerdeführerin der Vorlage der Unterlagen aus dem arbeitsgerichtlichen Verfahren auch einen nervenfachärztlichen Befundbericht Dris. XXXX vom 22.10.2015 und einen Bericht des behandelnden Psychotherapeuten Mag. XXXX vom 12.06.2017 beigelegt.

5.4. Im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht gemäß § 17 VwGVG iVm § 45 Abs. 3 AVG erteilten Parteiengehörs wurde zusammenfassend ausgeführt, dass sich der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin stabilisiert habe, vor dem Hintergrund, dass kein Berufsschutz besteht, Arbeitsfähigkeit vorliege und die Beschwerdeführerin die Klage im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeits- und Sozialgericht zurückgezogen habe. Zu den vorgelegten Befundberichten Dris. XXXX vom 22.10.2015 und Mag. XXXX vom 12.06.2017 wurde angemerkt, dass weder das Beschwerdevorbringen, noch die vorgelegten Unterlagen geeignet seien, den der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegten Sachverständigenbeweis zu entkräften bzw. überzeugend in Zweifel zu ziehen, die Beschwerdeführerin sei dem Sachverständigenbeweis nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Auch seien die der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegten Ermittlungsergebnisse, insbesondere dass die Beschwerdeführerin 242 Versicherungsmonate (= 20 Jahre) erworben habe und den vorliegenden Unterlagen keine Hinweise auf längere verbrechenskausale Krankenstände aufgrund der posttraumatischen Belastungsstörung zu entnehmen seien, nicht bestritten worden.

Weder die belangte Behörde noch die Beschwerdeführerin haben Einwendungen erhoben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführerin war vom 30.12.1971 bis 19.01.1972 im Polizeiheim Bolzmanngasse, vom 19.01.1972 bis 25.07.1972 im Julius Tandler Heim, vom 25.07.1972 bis 11.02.1974 im Gertrudenheim, vom 11.02.1974 bis 16.07.1975 im Heim Wilhelminenberg und vom 16.07.1975 bis 23.11.1976 im Heim Nußdorf untergebracht und wurde dort Opfer psychischer, physischer und sexueller Gewalt, in Form von Schlägen, Prügeln, langem Gangstehen in der Kälte, Tritten mit den Füßen, wenn die Beschwerdeführerin bereits am Boden lag, Zerren an den Haaren, "Scheitlknien" im Finstern, gegen Zentralheizungsrippen gestoßen werden, mit dem Holzschlapfen geschlagen werden, Essen von Erbrochenem, kalt duschen, unflätig beschimpft und demotiviert werden sowie demütigenden sexualisierten Übergriffen.

Die grundsätzlichen Anspruchsvoraussetzungen liegen insofern vor, als die Beschwerdeführerin österreichische Staatsbürgerin ist und mit Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann, dass sie Opfer einer mit einer zum Entscheidungszeitpunkt mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohten rechtswidrigen und vorsätzlichen Handlung geworden ist und eine Körperverletzung bzw. Gesundheitsschädigung erlitten hat.

Ein Ausschlussgrund gemäß § 8 VOG liegt nicht vor.

Der Antrag auf Hilfeleistungen nach dem VOG wurde am 23.07.2012 gestellt.

Die Stadt Wien hat der Beschwerdeführerin im Rahmen des Projektes "Hilfe für Opfer von Gewalt in Einrichtungen der Wiener Jugendwohlfahrt" als Entschädigung einen Betrag in Höhe von € 17.000 sowie die Kostenübernahme für Psychotherapie im Ausmaß von 40 Stunden bewilligt.

1.2. Die Beschwerdeführerin ist vor den Heimunterbringungen in schwierigen Verhältnissen einer kinderreichen Familie mit mangelhafter Betreuung und Versorgung aufgewachsen, sexueller Missbrauch in dieser Zeit kann jedoch nicht festgestellt werden.

1.3. Psychiatrische Gesundheitsschädigungen

1.3.1. Festgestellte Funktionseinschränkungen:

-

Posttraumatische Belastungsstörung mit andauernder Persönlichkeitsveränderung

-

Rezidivierende depressive Störung, Erschöpfungssyndrom

1.3.2. Kausalität:

Die Posttraumatische Belastungsstörung mit andauernder Persönlichkeitsveränderung ist auf die unter Punkt I.1.1. festgestellten Verbrechen zurückzuführen.

Nicht festgestellt werden kann, dass die im Rahmen des Pensionsverfahrens festgestellte rezidivierende depressive Störung bzw. das Erschöpfungssyndrom überwiegend eine Folge der festgestellten Verbrechen sind.

1.4. Beschäftigungsverlauf:

Die Beschwerdeführerin besuchte die Volks- und Hauptschule und erlernte den Beruf Einzelhandelskauffrau, sie war im Verkauf und 9,5 Jahre als Küchenhilfe beschäftigt. Die letzte feste Anstellung hatte sie von 2004 bis 2005 im Bereich Küche und Raumpflege. Der Berufsverlauf weist 242 Beitragsmonate in verschiedenen Beschäftigungsverhältnissen auf, seit 2006 wechseln Zeiten des Bezuges von Notstandshilfe und Krankengeld.

Längere verbrechenskausale Krankenstände aufgrund der kausalen posttraumatischen Belastungsstörung können nicht festgestellt werden.

Die Beschwerdeführerin bezog von 01.08.2012 bis 31.12.2015 eine befristete Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit, welche überwiegend eine Folge der unter Punkt I.1.5. festgestellten akausalen Ursachen (Lebensumstände) ist.

1.5. Lebensumstände

Die Beschwerdeführerin ist vor den Heimunterbringungen in schwierigen familiären Verhältnissen aufgewachsen, ihre Mutter hat die Schwestern der Beschwerdeführerin der Prostitution zugeführt und war darob ein Jahr inhaftiert.

Die Beschwerdeführerin ist alleinerziehende Mutter von drei Kindern, welche 1981, 1989 und 1998 geboren wurden. 2001 hat die Beschwerdeführerin eine Fehlgeburt erlitten. Der 1998 geborene Sohn leidet an ADHS und hat eine Integrationsklasse besucht. Im März 2001 hatte die Beschwerdeführerin einen Abortus zu beklagen.

Die Beschwerdeführerin war jahrelang in Psychotherapie wegen Spielsucht.

Die Beschwerdeführerin fühlte sich 2002 von ihrem damaligen Dienstgeber gemobbt und führte eine örtliche Versetzung, welche einen langen Anfahrtsweg zur Folge hatte, darauf zurück.

Die Beschwerdeführerin ist im Besitz eines Behindertenpasses. Der Ausstellung des Behindertenpasses wurden eine rezidivierende depressive Störung und ein beidseitiges Carpaltunnelsyndrom zugrunde gelegt.

1.6. Die Beschwerdeführerin hat vom 01.08.2012 bis 31.12.2015 von der Pensionsversicherungsanstalt eine jeweils befristete Invaliditätspension bezogen.

1.6.1. Mit dem Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 28.11.2012 wurde der Beschwerdeführerin eine von 01.08.2012 bis 31.12.2013 befristete Invaliditätspension gewährt.

Dieser Entscheidung wurde ein nervenfachärztliches Sachverständigengutachten, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 17.09.2012, zugrunde gelegt, worin die Ausübung geregelter Tätigkeiten als nicht zumutbar beurteilt und als Hauptursache der Minderung der Erwerbsfähigkeit Folgendes diagnostiziert wurde:

-

Posttraumatische Belastungsstörung (Zustand nach sexuellem Missbrauch in Kinderheim) und Agoraphobie

-

Emotional instabile Persönlichkeitsstörung (Zustand nach Spielsucht)

Prognostisch wurde eine mögliche Besserung des Gesundheitszustandes nach Traumatherapie binnen 12 Monaten angenommen.

1.6.2. Mit dem Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 08.01.2014 wurde der Beschwerdeführerin die befristete Invaliditätspension bis 31.12.2015 weitergewährt.

Dieser Entscheidung wurde ein psychiatrisches Sachverständigengutachten, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 08.11.2013, zugrunde gelegt, worin Arbeitsfähigkeit als nicht vollschichtig gegeben und die psychogenen Überlagerungen als nicht mehr vorliegend beurteilt sowie als Hauptursache der Minderung der Erwerbsfähigkeit Folgendes diagnostiziert wurde:

-

Persönlichkeitsänderung nach Extremsituation

-

Rezidivierend unipolare Störung, gegenwärtig leichtgradig depressives Zustandsbild

-

Agoraphobie mit Panikstörung

Prognostisch wurde eine mögliche Besserung des Gesundheitszustandes binnen 12 Monaten angenommen.

1.6.3. Mit dem Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 07.03.2016 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Weitergewährung der mit 31.12.2015 befristeten Invaliditätspension abgewiesen, weil Invalidität über den 31.12.2015 hinaus nicht vorliege.

Dieser Entscheidung wurde das Sachverständigengutachten Dris. XXXX, Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 13.01.2016, zugrunde gelegt, worin eine gegenüber der Leistungsgewährung deutliche Stabilisierung beschrieben und die Arbeitsfähigkeit als gegeben beurteilt sowie als Hauptursache der Minderung der Erwerbsfähigkeit eine Persönlichkeitsentwicklungsstörung nach Mehrfachtrauma in der Kindheit und eine Rezidivierend depressive Störung, gegenwärtig remittiert, festgehalten wurde.

Dagegen hat die Beschwerdeführerin Klage beim Arbeits- und Sozialgericht erhoben.

Im vom Arbeits- und Sozialgericht eingeholten nervenfachärztlichen Sachverständigengutachten Dris. XXXX, Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 05.07.2016, wird der Leidenszustand der Beschwerdeführerin dahin beurteilt, dass bei festgestellter rezidivierender depressiver Störung, gegenwärtig leicht-bis mittelgradige Episode mit somatischem Syndrom, Arbeiten mit leichtgradigem geistigem und leichtem psychischem Anforderungsprofil, halbtägig, zu den üblichen Arbeitszeiten, ohne zusätzliche Pausen zumutbar seien.

In der Folge hat die Beschwerdeführerin die Klage gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 07.03.2016 zurückgezogen.

1.7. Es kann nicht festgestellt werden, dass ohne die unter Punkt I.1.1. festgestellten Verbrechen, der berufliche Werdegang der Beschwerdeführerin wesentlich anders verlaufen wäre. Der Beschwerdeführerin ist ab 01.08.2012 (Antragsfolgemonat) kein verbrechenskausaler Verdienstentgang entstanden.

2. Beweiswürdigung:

Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich widerspruchsfreien, unbedenklichen und unbestrittenen Akteninhalt.

Die Angaben der Beschwerdeführerin zu in den Heimen erlittener körperlicher, psychischer und sexueller Gewalt sind glaubhaft, weil diese im Wesentlichen gleichlautend vorgebracht bzw. im Rahmen der behördlichen persönlichen Untersuchungen durch Dr. XXXX und Mag. XXXX sowie bei den Opferkommissionen angegeben wurden und sind auch vor dem Hintergrund des notorischen Wissens über massive Missstände in manchen staatlichen und kirchlichen Heimen in den gegenständlich relevanten Zeiträumen, welche auch in diesbezüglichen Studien dokumentiert sind, plausibel.

Dokumentiert werden die Angaben insbesondere wie folgt:

-

Auszugsweise Falldokumentation Erzdiözese Wien, Erstgespräch am 15.02.2012: Gewalt habe die Beschwerdeführerin in Form von Ohrfeigen, langem Gangstehen, Tritten mit den Füßen, wenn die Beschwerdeführerin bereits am Boden lag, Zerren an den Haaren, gegen Zentralheizungsrippen gestoßen werden, mit dem Holzschlapfen geschlagen werden, kalt duschen, im Genitalbereich begrapscht werden, unflätig beschimpft und demotiviert werden, erfahren.

Zweitgespräch am 02.07.2013: Die Beschwerdeführerin beschreibt, von einem mit einer Erzieherin liierten Mann und einem regelmäßig im Gertrudenheim anwesenden Priester, sexuell missbraucht worden zu sein.

-

Auszugsweise Clearingbericht zum Aufenthalt im Heim Wilhelminenberg, Gesprächstermin am 15.12.2011: Gewalt habe die Beschwerdeführerin in Form von Schlägen, Prügeln, Tritten, Zerren an den Haaren, "Scheitlknien" im Finstern, Stehen in der kalten Nacht, Essen von Erbrochenem, Ziehen zweiter Zähne ohne Schmerzmittel, unflätig beschimpft und demotiviert werden, erfahren.

Im Rahmen des von der belangten Behörde erteilten Parteiengehörs wurde ein ergänzender Bericht vorgelegt, wonach die Beschwerdeführerin auch demütigende sexualisierte Übergriffe erdulden musste.

-

Schreiben der Beschwerdeführerin, welches dem Antrag auf Hilfeleistungen nach dem VOG beigelegt war (zusammengefasst, auszugsweise):

Es falle der Beschwerdeführerin schwer, über ihre schreckliche Kindheit zu berichten.

Schon mit sieben Jahren hätten ihre Qualen begonnen, sie habe zehn Geschwister gehabt, ihre bereits verstorbene Mutter habe ihre Kinder drei Jahre lang einem älteren Herrn gegen Geld für Liebesdienste zugeführt. Nachdem dies aufgedeckt worden war, seien die Beschwerdeführerin und sechs Geschwister in verschiedenen Heimen untergebracht worden, die Beschwerdeführerin sei nach einigen Kurzaufenthalten in das Heim Wilhelminenberg gekommen. Sie sei sehr verängstigt gewesen, Zucht und Ordnung seien erstes Gebot gewesen. Schläge und andere perverse Bestrafungen bei jeglichen Verstößen gegen die willkürliche Heimordnung hätten ihr den Glauben an die Menschheit genommen. Als Kind hätten sie schon oft Suizidgedanken gequält.

Zu 1.2.) Das Vorbringen, sie sei von der Mutter der Kinderprostitution zugeführt worden, wird jedoch durch die Strafunterlagen widerlegt. Die Mutter der Beschwerdeführerin wurde mit dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 28.09.1972 zwar schuldig erkannt, zwei ihrer Töchter zu wiederholten Malen dadurch verkuppelt zu haben, dass sie Zusammenkünfte zwischen K.H. und ihren Töchtern vereinbarte und ihnen die Ausübung von Unzuchtshandlungen bei diesen Zusammenkünften aufgetragen hat, jedoch wurden sie und K.H. von den übrigen Anklagepunkten, u.a. jenen, welche die Beschwerdeführerin betreffen, freigesprochen.

Zu 1.3., 1.6. und 1.7.) Die Feststellungen zu Art, Ausmaß und Kausalität der Funktionseinschränkungen gründen sich - in freier Beweiswürdigung - in nachstehend ausgeführtem Umfang auf die vorgelegten und eingeholten Beweismittel:

Die von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten Dris. XXXX und Mag. XXXX sind vollständig, schlüssig, nachvollziehbar und frei von Widersprüchen. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Auch wurde zur Kausalität der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen umfassend Stellung genommen.

Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin erhobenen klinischen Befund, entsprechen unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel den objektivierten Funktionseinschränkungen und dem festgestellten Kausalverlauf.

Die vorgelegten Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen, die befassten Sachverständigen haben sich damit auseinandergesetzt. Diese sind jedoch nicht geeignet, die gutachterlichen Feststellungen überzeugend in Frage zu stellen.

Herr XXXX, Psychotherapeut in Ausbildung unter Supervision, listet im Bericht vom 31.01.2013 als vorherrschende Symptomatik mittelgradige depressive Episoden, soziale Phobien, spezifisch (isolierte) Phobien, Panikstörungen (episodisch paroxysmale Angst), nichtorganische Schlafstörungen sowie Mangel oder Verlust von sexuellem Verlangen auf und führt als Diagnose Andauernde Persönlichkeitsstörung nach Extrembelastung an. Er beschreibt, dass er die Beschwerdeführerin seit 25.07.2012 in regelmäßiger Langzeitpsychotherapie betreue, sie sich in einer instabilen Verfassung befinde und dadurch in ihrem Alltagsleben stark eingeschränkt sei. Die starren Strukturen einer beruflichen Einrichtung seien für die Beschwerdeführerin aufgrund der psychischen Belastung nicht erträglich und würden teilweise zu massiven Retraumatisierungen führen. Die Beschwerdeführerin werde ständig von Panikanfällen, Depressionen und Schlafstörungen begleitet. Im Rahmen der Therapie hätte die Beschwerdeführerin die Möglichkeit, Traumata ihrer Kindheit langsam aufzuarbeiten, es sei nicht absehbar, ob eine völlige Verarbeitung möglich sei.

Frau XXXX, Psychotherapeutin in Ausbildung unter Supervision, beschreibt im Bericht vom 10.02.2014, dass sich die Beschwerdeführerin seit November 2013 bei ihr wegen der Diagnose Andauernde Persönlichkeitsstörung nach Extrembelastung in Psychotherapie befinde. Die Beschwerdeführerin leide immer noch unter den Traumata ihrer Kindheit und Jugend, sie habe sowohl in der Familie als auch später in Kinderheimen schwere sexuelle Übergriffe erlebt, woraus immer wiederkehrende depressive Episoden, Schlafstörungen, Panikattacken, Leiden unter retraumatisierenden Situationen sowie soziale Phobie resultieren würden. Es sei ihr nicht möglich einem geregelten Arbeitsleben nachzukommen.

Mag. XXXX, Psychotherapeut, Coach, Supervisor, Lebensberater, Sozialarbeiter, Existenzanalytiker und Logotherapeut, gibt im Bericht vom 12.06.2017 an, dass er die Beschwerdeführerin seit 2014 psychotherapeutisch behandle. Sie befinde sich seit 1998 in fachärztlich neurologischer und seit 2002 in psychiatrischer Therapie. Die Beschwerdeführerin, ein Heimkind, berichte in ihrer Jugend massive psychische, physische, verbale und sexuelle Gewalt (Prostitution) erlebt zu haben. Mag. XXXXdiagnostiziert eine Andauernde Persönlichkeitsstörung nach Extrembelastung, Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode mit somatischem Syndrom, psychogenen Appetitverlust, Agoraphobie und Insomnie. Die Beschwerdeführerin habe 2015/2016 ca. 40 kg abgenommen und habe Probleme, ihre schlaffe Haut zu akzeptieren. Sie finde sich abgemagert unattraktiv, hungere trotzdem, um sich "irgendwie mögen zu können". Die Beschwerdeführerin komme wöchentlich, meistens depressiv gestimmt in die Praxis. Der nicht geglückte Lebensvollzug, die mangelhafte Bindungsfähigkeit und Probleme bei allzu viel Nähe würden häufig thematisiert. Dazu komme die ständig präsente Existenzangst, ein Sohn mit ADHS und die Angst alt und einsam zu werden. Sie lebe alleine und sei frustriert, weil sie ihre Bindungsfantasien nicht leben könne. Berührungen und Nähe seien für die Beschwerdeführerin nur schwer auszuhalten. Bereits wenig zwischenmenschlicher Stress genüge, um die Patientin hochgradig zu erregen. Daraus ergebe sich das Phänomen, dass sie in den wenigen Gruppen, die sie "aushalte" keine Position finde. Öffentliche Verkehrsmittel, volle Geschäfte, Lifte und anonyme Menschenansammlungen würden gemieden. Aus der Diagnostik ergebe sich das Bild einer psychisch dauerhaft beeinträchtigten Person. Mag. XXXX leite daraus keine Arbeitsfähigkeit ab. Seit Jahreswechsel 2017 klage die Beschwerdeführerin vermehrt über Albträume und Flashbacks. Als zusätzliches "Schlafmittel" komme es zu temporärem Alkoholabusus. Der Antrieb scheine erhöht zu sein, ohne die Qualität für eine bipolare Störung zu erreichen (hohe psychomotorische Agitiertheit). Das Erleben in der Kindheit und Jugend sei zurzeit sehr präsent, ebenso Ohnmachtsgefühle, welche sich emotional durch Weinen und parasuizidale Äußerungen manifestieren würden. Mag. XXXX habe einen sechswöchigen stationären Aufenthalt in einem psychosomatischen Krankenhaus angeregt, welcher in der derzeitigen Episode möglicherweise durch Milieuwechsel und weniger Einsamkeitsgefühle eine Verbesserung bringen könnte. Aufgrund der als Heimkind gemachten Erfahrungen, sei es schwierig, die Beschwerdeführerin von der Notwendigkeit zu überzeugen, einen Aufenthalt in einer psychosomatischen Klinik anzustreben. Die Probleme, welche bei ihr in fremden Gruppen auftreten würden, sollten am Beginn des Aufenthaltes medikamentös behandelt werden. Das 2017 bisher beobachtete Verhalten der Beschwerdeführerin habe sich verändert. Die Stimmungstiefs hätten sich vermehrt, die psychosomatische Agitiertheit habe deutlich zugenommen. Sehr oft wirke sie hochgradig angespannt und verzweifelt. Die Kompensationsversuche mit Alkohol hätten sich 2017 vermehrt. Es werde eine Pensionierung angeregt, da eine Korrektur der Befindlichkeit in Richtung Arbeitsfähigkeit nicht wahrscheinlich erscheine.

Die Berichte von Mag. XXXX, Herrn XXXX und Frau XXXX sind hinsichtlich Kausalität fachlich nicht überzeugend. Die Therapeuten sind weder klinische Psychologen noch Fachärzte für Psychiatrie. Mangels klinischem Befund und ohne nachvollziehbare Schlussfolgerungen sind diese nicht geeignet, die gutachterliche Kausalitätsbeurteilung in Frage zu stellen. Eine fundierte Auseinandersetzung mit der Frage der Kausalität bzw. der gutachterlichen Beurteilung erfolgt nicht.

Im ärztlichen Entlassungsbrief des Zentrums für psychosomatische Gesundheit Sonnenpark betreffend den stationären Aufenthalt vom 09.05.20017 bis 20.06.2007 wird u.a. aus psychologischer Sicht berichtet, dass die Beschwerdeführerin eine Krisensituation, die durch die Schwierigkeiten in der damaligen Betreuung des schulpflichtigen Sohnes entstanden waren, bereits sehr gut bewältige. In der psychiatrischen Anamnese gab die Beschwerdeführerin an, nach der Geburt des Kindes 1998 unter Schmerzen und Parästhesien in den Händen, die als Carpaltunnelsyndrom diagnostiziert worden seien, gelitten zu haben. Beim Arbeitsbeginn nach der Karenz, hätte sie mit einem Kollegen Probleme gehabt, was zur Versetzung in einen anderen Bezirk geführt habe, was einen viel längeren Arbeitsweg und damit eine wesentliche Erschwernis bedeutet habe, worauf sie depressiv reagiert habe, in den Krankenstand gegangen und 2003 letztlich gekündigt worden sei. In der Folge habe sie an Schlafstörungen gelitten, keinen Antrieb verspürt und den Haushalt nicht mehr geschafft.

In den neuropsychiatrischen Befunden Dris. XXXX aus den Jahren 2001 bis 2012 wird über das Carpaltunnelsyndrom und den Verlauf des psychischen Leidenszustandes berichtet sowie laufende fachärztliche Behandlung seit 2001 dokumentiert. Die Beschwerdeführerin sei seit Jänner 2001 bei Dr. XXXX in Behandlung wegen Depressionen im Rahmen von Mobbing, verstärkt durch einen Abortus im März 2001. Im Befund vom 05.03.2008 wird anamnestisch angegeben, dass die Beschwerdeführerin nicht mit dem Arbeiten in der Nacht zurechtkäme und ihr neun Jahre alter Sohn betreffend Entwicklungsstörung und ADHS- Syndrom behandelt werde. Im Befund vom 05.09.2011 wird anamnestisch angegeben, im Mai sei ein Pensionsantrag abgelehnt worden, weshalb es der Beschwerdeführerin schlecht gehe und neben der depressiven Symptomatik auch weiter eine hohe Belastung durch den hyperaktiven Sohn, welcher eine Integrationsklasse besuche, bestehe, weshalb sie sich total überfordert fühle. Im Befund vom 05.09.2011 wird anamnestisch angegeben, im April/Mai sei neuerlich ein Pensionsantrag abgelehnt worden, von dem sie sich eine Stabilisierung der angeschlagenen psychischen Situation erhofft habe. Sie fühle sich wegen der Depressionen seit 2005 nicht mehr arbeitsfähig, die häusliche Situation als alleinerziehende Mutter werde durch den Umstand, dass der Sohn unter ADHS leide, erschwert. Durch die öffentliche Diskussion betreffend das Heim am Wilhelminenberg sei die eigene Vergangenheit dort wieder aufgewühlt worden.

Die laufende fachärztliche und therapeutische Behandlung der psychischen Leiden der Beschwerdeführerin wird auch durch den Arztbrief des AKH, Abteilung für Sozialpsychiatrie vom 20.02.2008 dokumentiert.

Die anamnestischen Angaben im ärztlichen Entlassungsbrief des Zentrums für psychosomatische Gesundheit Sonnenpark und den Befunden Dris. XXXX untermauern die Feststellungen zu den Lebensumständen der Beschwerdeführerin und dokumentieren die Behandlung der Depression. Aufschlüsse über die Kausalität der psychiatrischen Krankheitsbilder der Beschwerdeführerin ergeben sich daraus nicht.

Aus den im Rahmen des Invaliditätspensionsverfahren erstellten Sachverständigengutachten sind keine neuen Erkenntnisse für die Kausalitätsbeurteilung zu gewinnen. Gegenstand der dortigen fachärztlichen Beurteilungen war jeweils die Art und das Ausmaß der Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin. Eine Auseinandersetzung mit möglichen Ursachen für die Funktionseinschränkungen war im Gutachtensauftrag nicht enthalten und erfolgte daher auch nicht. Angaben dazu beruhen lediglich auf anamnestischen Ausführungen der Beschwerdeführerin. Die befristet zuerkannte Invaliditätspension wurde nicht weiteregewährt, weil eine deutliche Stabilisierung des Krankheitsbildes objektiviert worden ist. Es besteht sohin kein fachlicher Widerspruch zu den im verwaltungsbehördlichen Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten. Die psychiatrischen Diagnosen stehen im Einklang mit den von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten.

Die eingeholten Sachverständigengutachten Dris. XXXX und Mag.XXXX stehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Mag. XXXX und Dr. XXXX stimmen darin überein, dass die befunddokumentierte "depressive Reaktion oder Erschöpfungssyndrom" als akausal anzusehen und den Lebensumständen zuzurechnen ist, die posttraumatische Belastungsstörung jedoch als überwiegend kausal bewertet wird. Dr. XXXX begründet fachärztlich überzeugend, dass sich vor allem das Beziehungsverhalten mit verschiedenen Männern, die Geburt dreier Kinder und die Probleme mit einem Sohn, der an ADHS leidet, störend für den beruflichen Werdegang ausgewirkt haben.

Die Beschwerdeführerin ist den - nicht als unschlüssig zu erkennenden - Sachverständigengutachten weder auf gleicher fachlicher Ebene noch sonst substantiiert entgegengetreten. Das Beschwerdevorbringen war nicht geeignet, die gutachterliche Beurteilung zu entkräften. Es wird nicht konkret zum Ausdruck gebracht, inwiefern eine Fehleinschätzung vorliegt bzw. ob, gegebenenfalls welche, gutachterlichen Ausführungen nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß und den jeweils zugeordneten Ursachen entsprechen.

Im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht erteilten Parteiengehörs haben die Verfahrensparteien keine Einwendungen erhoben.

Zu 1.4.) Die Feststellungen zum Beschäftigungsverlauf gründen sich auf die im Zuge persönlicher Untersuchungen getätigten anamnestischen Angaben der Beschwerdeführer, dem zum Stichtag 19.07.2012 erstellten Versicherungsdatenauszug der österreichischen Sozialversicherung sowie den Unterlagen der WGKK und der Pensionsversicherungsanstalt.

Es liegen keine Anhaltspunkte vor, diese Beweismittel in Zweifel zu ziehen. Die Beschwerdeführerin hat diesbezüglich auch kein widersprechendes Vorbringen erstattet.

Zu 1.5.) Die Angaben der Beschwerdeführerin zu ihren Lebensumständen sind wie nachstehend dokumentiert:

-

Befundberichte Dris. XXXX, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, auszugsweise:

-

17.06.2002 an die Pensionsversicherungsanstalt: Die Beschwerdeführerin war seit Jänner 2001 wegen Depressionen im Rahmen von Mobbing, verstärkt durch Probleme durch einen Abortus im März 2001, in Behandlung und war dann wochenweise wegen Depressionen im Krankenstand, was schließlich zur Kündigung führte.

-

05.09.2011: Die Beschwerdeführerin fühlt sich überfordert, es besteht weiter eine hohe Belastung mit dem hyperaktiven Sohn, welcher eine Integrationsklasse besucht.

-

11.07.2012: Die häusliche Situation der Beschwerdeführerin ist als alleinerziehende Mutter erschwert und durch den Umstand, dass der Sohn unter ADHS leidet. Durch die Diskussion vom Heim Wilhelminenberg wurde jetzt die eigene Vergangenheit dort wieder aufgewühlt.

- Sonnenpark, Zentrum für psychosoziale Gesundheit, Aufenthalt von

09.05.2007 bis 20.06.2007: Als nächstes Ziel über den Sommer hinweg,

gab die Beschwerdeführerin an, sich noch intensiver mit der

Arbeitssuche auseinandersetzten zu wollen. ..... In den

Einzelgesprächen konnte ihre Lebenssituation als alleinerziehende

und derzeit arbeitslose Mutter thematisiert werden....... Nach der

Geburt des dritten Kindes litt sie unter Schmerzen und Parästhesien in den Händen, die als Carpaltunnelsyndrom diagnostiziert wurden. Nach der Karenz - Beginn der Arbeit, wo sie mit einem Kollegen Probleme hatte, die zu ihrer Versetzung in einen anderen Bezirk führten, was einen viel längeren Arbeitsweg und damit eine wesentliche Erschwernis bedeutete. Sie reagierte auf diese Situation depressiv, ging in den Krankenstand und wurde 2003 letztlich gekündigt.

-

Schreiben der Beschwerdeführerin vom 26.02.2002 an ihren damaligen Dienstgeber, worin sie ersucht, die örtliche Versetzung rückgängig zu machen, ansonsten sie aufgrund des langen Anfahrtsweges ihren Betreuungspflichten der zwei noch minderjährigen Kinder nicht nachkommen kann. Die Beschwerdeführerin ersucht auch um einen Gesprächstermin, um zum Streit mit einem Kollegen am 08.02.2002 Stellung nehmen zu können, sie fühle sich gemobbt.

-

Schreiben der Beschwerdeführerin, welches dem Antrag auf Hilfeleistungen nach dem VOG beigelegt war (zusammengefasst, auszugsweise):

Ab dem Lehrlingsheim hätte sie begonnen die Geschehnisse zu verdränge, was jedoch nur über einen gewissen Zeitraum funktioniert hätte. Immer wieder seien im Kopf Bilder hervorgekommen und sie hätte es bis heute nicht geschafft, diese los zu werden.

Sie sei Mutter von drei Kindern. Heute sei sie alleinerziehende Mutter von einem Kind und seelisch und körperlich fast am Ende. Sie wiege fast 100 Kilo und nehme Antidepressiva.

-

Im Rahmen der behördlichen persönlichen Untersuchungen durch Dr. XXXX und Mag. XXXX hat die Beschwerdeführerin ebenfalls von Mobbing am Arbeitsplatz und Belastung durch den Sohn, welcher an ADHS leidet, berichtet.

Die jeweiligen Angaben der Beschwerdeführerin sind im Wesentlichen gleichlautend und liegen keine Hinweise vor, diese in Frage zu stellen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 9d Abs. 1 VOG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten des VOG durch einen Senat, dem ein fachkundiger Laienrichter angehört. Es liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

1. Zur Entscheidung in der Sache:

Anspruch auf Hilfe haben österreichische Staatsbürger, wenn mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sie

1. durch eine zum Entscheidungszeitpunkt mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohte rechtswidrige und vorsätzliche Handlung eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung erlitten haben

und ihnen dadurch Heilungskosten erwachsen sind oder ihre Erwerbsfähigkeit gemindert ist.

(§ 1 Abs. 1 VOG auszugsweise)

Hilfe ist auch dann zu leisten, wenn

2. die strafgerichtliche Verfolgung des Täters wegen seines Todes, wegen Verjährung oder aus einem anderen Grund unzulässig ist oder

(§ 1 Abs. 2 VOG auszugsweise)

Wegen einer Minderung der Erwerbsfähigkeit ist Hilfe nur zu leisten, wenn

1. dieser Zustand voraussichtlich mindestens sechs Monate dauern wird oder

2. durch die Handlung nach Abs. 1 eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1 StGB, BGBl. Nr. 60/1974) bewirkt wird.

(§ 1 Abs. 3 VOG auszugsweise)

Als Hilfeleistungen sind u.a. vorgesehen:

1. Ersatz des Verdienst- oder Unterhaltsentganges;

(§ 2 VOG auszugsweise)

Hilfe nach § 2 Z 1 ist monatlich jeweils in Höhe des Betrages zu erbringen, der dem Opfer durch die erlittene Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung (§ 1 Abs. 3) als Verdienst entgangen ist oder künftighin entgeht. (§ 3 Abs. 1 VOG auszugsweise)

Leistungen nach § 2 Z 1 dürfen nur von dem Monat an erbracht werden, in dem die Voraussetzungen hiefür erfüllt sind, sofern der Antrag binnen sechs Monaten nach der Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung (§ 1 Abs. 1) gestellt wird. Wird ein Antrag erst nach Ablauf der jeweils vorgesehenen Frist gestellt, so sind die Leistungen nach § 2 Z 1 mit Beginn des auf den Antrag folgenden Monates zu erbringen. (§ 10 Abs. 1 VOG auszugsweise idF des BGBl. I Nr. 40/2009)

Da der Antrag auf Ersatz des Verdienstentganges am 23.07.2012 gestellt wurde, ist der Anspruch auf Ersatz des Verdienstentganges mit Beginn des auf den Antrag folgenden Monates, sohin ab 01.08.2012 zu prüfen.

Im Lichte der Gesetzesmaterialien (GP XIII RV 40. S. 8) zum VOG 1972, die auf das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957 (KOVG) verweisen, ist es nicht rechtswidrig, wenn sich die Behörde auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum KOVG 1957 beruft und davon ausgeht, dass eine ausreichende Wahrscheinlichkeit iSd. § 1 Abs. 1 VOG 1972 erst gegeben ist, wenn erheblich mehr für als gegen das Vorliegen einer Vorsatztat spricht (Hinweis E vom 19. Oktober 2005, 2002/09/0132, zu § 4 Abs. 1 KVOG 1957, demzufolge "Wahrscheinlichkeit" dafür, dass die festgestellte Gesundheitsschädigung auf das schädigende Ereignis oder die der Dienstleistung eigentümlichen Verhältnisse ursächlich zurückzuführen ist, dann gegeben ist, wenn nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung erheblich mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht). (VwGH vom 21.11.2013, Zl. 2011/11/0205, vom 26.04.2013, Zl. 2012/11/0001)

Die Beurteilung der Wesentlichkeit einer Bedingung ist jedoch keine Sachverhalts-, sondern eine Rechtsfrage. (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse zu § 2 HVG vom 23.5. 2002, Zl. 99/09/0013 und vom 26.01.2012, Zl. 2011/09/0113)

Die Wahrscheinlichkeit gilt für Tatbestandsmäßigkeit (Voraussetzung der tatbildmäßigen Handlung) und für die Kausalität (ursächlicher Zusammenhang der Gesundheitsschädigung mit dieser Handlung). Das VOG knüpft den Anspruch des Geschädigten an das Vorliegen einer vorsätzlichen Handlung. Fahrlässigkeitsdelikte begründen demnach keinen Anspruch auf Hilfeleistung.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Begründung eines Versorgungsanspruches nur die Wahrscheinlichkeit, nicht die bloße Möglichkeit einer Verursachung der Gewissheit gleichgestellt. Für die Auslegung des Begriffes "wahrscheinlich" ist der allgemeine Sprachgebrauch maßgebend. Wahrscheinlichkeit ist gegeben, wenn nach der geltenden ärztlichen-wissenschaftlichen Lehrmeinung erheblich mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht. (vgl. u.a. VwGH zu § 4 KOVG vom 19.10.2005, Zl. 2002/09/0132, 15.12.1994, Zl. 94/09/0142 mit Hinweis E 18.2.1988, 87/09/0250)

Es kann zwar mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass die Beschwerdeführerin durch die im Heim erlittenen Misshandlungen, Opfer einer zum Entscheidungszeitpunkt mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohten rechtswidrigen und vorsätzlichen Handlung wurde und eine Gesundheitsschädigung erlitten hat. Hinsichtlich des beantragten Verdienstentganges konnten die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens den geforderten Grad der Wahrscheinlichkeit jedoch nicht begründen.

Dass ein Zusammenhang nicht mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden kann, also grundsätzlich die Möglichkeit besteht, reicht für die Anerkennung nicht aus. (VwGH 86/09/0085, 19.11.1986, zu § 4 KOVG)

Die Folgen der objektiven Beweislosigkeit oder die Unmöglichkeit, entscheidungsrelevante Tatsachen festzustellen, sind - auch bei amtswegiger Ermittlungspflicht - von dem zu tragen, der aus dieser Tatsache ein Recht herleiten will (VwGH 97/09/0221, 17.05.2000, zu § 4 KOVG).

Es bietet die Gesetzeslage keine Handhabe dafür, dass bei nicht geklärter Ursache einer Gesundheitsschädigung d.h. "im Zweifel" grundsätzlich für den Beschädigten zu entscheiden sei. (VwGH vom 23.09.1993, Zl. 93/09/0221)

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung, ob die Beschwerdeführerin ab 01.08.2012 (Antragsfolgemonat) einen verbrechenskausalen Verdienstentgang erlitten hat bzw. erleidet, ist, ob die Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin überwiegend auf die unter Punkt I.1.1. festgestellten Verbrechen zurückzuführen sind.

Die Beschwerdeführerin hat - wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt - die gutachterlichen Beurteilungen lediglich pauschal bestritten, ist diesen weder substantiiert noch auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten und hat auch sonst keine Beweismittel vorgelegt, welche fundierte Anhaltspunkte enthalten, das Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises zu entkräften. Das Beschwerdevorbringen und die vorgelegten Beweismittel sind nicht geeignet, die Kausalitätsbeurteilung der belangten Behörde zu entkräften.

Will eine Partei außer einem vorliegenden schlüssigen und vollständigen Gutachten noch ein weiteres in das Verfahren einbezogen wissen, so steht es ihr frei, selbst ein Gutachten eines privaten Sachverständigen zu beschaffen oder vorzulegen. Durch eine bloße gegenteilige Behauptung, die in ihrer Qualität nicht auf gleicher fachlicher Ebene erfolgt, kann das Gutachten eines Sachverständigen hingegen nicht entkräftet werden (22.02.2018, Ra 2018/09/0001, 24.04.2014, 2013/09/0119, mwN).

Im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Parteiengehörs wurden auch keine Einwendungen erhoben. Die zum Beschäftigungsverlauf der Beschwerdeführerin getroffenen Feststellungen wurden nicht bestritten.

Wegen der inhaltsgleichen Rechtslage sind die in der Kriegsopferversorgung zur Kausalitätsbeurteilung entwickelten Grundsätze der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch im Bereich der Heeresversorgung (VwGH vom 12.04.2000, Zl. 97/09/0358) und des VOG heranzuziehen. (VwGH vom 30.09.2011, Zl. 2008/11/0100 zu VOG)

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse zu § 2 HVG vom 23.5. 2002, Zl. 99/09/0013 und vom 26.01.2012, Zl. 2011/09/0113) ausgeführt hat, ist bei der Kausalitätsbeurteilung im Bereich der Sozialentschädigungsgesetze von der Theorie der "wesentlichen Bedingung" auszugehen. Danach ist es für eine solche Bedingtheit - dann, wenn die festgestellte Gesundheitsschädigung auf mehrere Ursachen, darunter auch ein vom Gesetz erfasstes schädigendes Ereignis zurückgehen könnte - erforderlich, dass das in Betracht kommende schädigende Ereignis eine wesentliche Ursache der Schädigung ist. Dies ist das Ereignis dann, wenn es nicht im Hinblick auf andere mitwirkende Ursachen erheblich in den Hintergrund tritt. Nur jene Bedingung, ohne deren Mitwirkung der Erfolg überhaupt nicht oder nur zu einem erheblich anderen Zeitpunkt oder nur in geringerem Umfang eingetreten wäre, ist wesentliche Bedingung. Die Beurteilung der Wesentlichkeit einer Bedingung (mittels der genannten Theorie) ist keine Sachverhalts-, sondern eine Rechtsfrage. Die Zurechnung ist im Wesentlichen davon abhängig, dass die aus dem geschützten Bereich stammende Ursache zu einer Verfrühung oder Erschwerung des Schadens führte.

Die Beschwerdeführerin war durch ihre Lebensumstände als alleinerziehende Mutter von drei Kindern sehr belastet bzw. in ihrer Berufsausübung eingeschränkt, verstärkt durch den Betreuungsaufwand für den 1998 geborenen, hyperaktiven Sohn, welcher an ADHS leidet und eine Integrationsklasse besucht hat. Auch hatte die Beschwerdeführerin im März 2001 einen Abortus zu beklagen. Die Beschwerdeführerin war jahrelang in Psychotherapie wegen Spielsucht. Erschwert wurde das berufliche Fortkommen auch durch eine im Jahr 2002 als Mobbing erlebte Situation am Arbeitsplatz und den damals aufgrund einer Versetzung sehr langen Anfahrtsweg. Diese Umstände sind nicht auf die unter Punkt I.1.1. festgestellten Verb

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten