TE Bvwg Beschluss 2018/7/5 W240 2199699-1

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Veröffentlicht am 05.07.2018
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Entscheidungsdatum

05.07.2018

Norm

AsylG 2005 §4a
BFA-VG §21 Abs3 Satz2
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W240 2199699-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Feichter über die Beschwerde der XXXX , StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.05.2018, Zahl:

1174987109-171324987, beschlossen:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 21 Abs. 3 2. Satz BFA-VG stattgegeben und der bekämpfte Bescheid behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 27.11.2017 im österreichischen Bundesgebiet gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Der Beschwerdeführer führte im Rahmen der Erstbefragung am 27.11.2017 in Österreich im Wesentlichen aus, in Österreich lebe seine Ehefrau und seine vier Kinder, mit diesen wolle er zusammenleben. Er habe in Italien den Asylstatus zuerkannt erhalten und einen Fremdenpass erhalten, habe jedoch auf der Straße leben müssen. Schweden und Malta habe er vor Ende des Asylverfahrens verlassen.

Betreffend den Beschwerdeführer scheint eine Eurodac-Treffermeldung vom 21.06.2011 in Bezug auf Italien, vom 06.11.2015 in Bezug auf Schweden und vom 10.10.2016 in Bezug auf Malta (jeweils Kategorie 1, Asylantragstellung) auf.

Am 29.11.2017 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) ein Aufnahmeersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO an Italien. Es wurde in der Anfrage ausgeführt, dass die Frau und die Kinder des Beschwerdeführers in Österreich einen Asylantrag gestellt hätten im Jahr 2015, dieser sei zurückgewiesen worden, gegen diese Entscheidung sei nunmehr eine Beschwerde erhoben worden.

Am 11.12.2017 lehnte die italienische Dublinbehörde die Übernahme des Beschwerdeführers aufgrund der Dublin III-VO ab, weil dieser in Italien über einen Asylstatus bis zum XXXX verfügt.

Der Beschwerdeführer wurde in weiterer Folge am 14.02.2018 vor dem BFA einvernommen. Zusammengefasst gab der Beschwerdeführer an, in Schweden lebe ein Bruder, in Norwegen ein Halbbruder. Seine Frau und seine Kinder seien in Österreich. Seine Familie habe in Österreich einen subsidiären Schutzstatus zuerkannt erhalten, es ist derzeit die Beschwerde gegen den Bescheid es BFA anhängig. Er wohne bei seiner Familie in Österreich. Er habe in Italien, in Schweden und in Malta einen Asylantrag gestellt. Er sei in Italien ab 2011 bis 2017 aufhältig gewesen. In Italien habe er Ende 2012 einen positiven Bescheid erhalten. Er wolle nicht nach Italien zurück, weil seine Familie in Österreich sei. Seine Familie brauche ihn, er könne ohne seine Familie nicht leben. Er sei seit November 2017 mit seiner Familie in Kontakt, weil er seinen Sohn und in der Folge seine Familie zufällig wiedergefunden habe. Er habe seine Familie seit 2010 nicht mehr gesehen. Seine Frau habe im Jahr 2015 Somalia mit den Kindern verlassen. Er habe versucht mit seiner Familie Kontakt aufzunehmen und habe auch über das Rote Kreuz seine Familie gesucht.

Der Rechtsberater gab an, dass der Beschwerdeführer im gemeinsamen Haushalt mit seiner Frau und seinen Kindern lebe. Das Familienleben habe bereits im Heimatland bestanden. Während seiner Trennung von seiner Familie habe der Beschwerdeführer alle ihm möglichen Schritte unternommen, um seine Familie zu finden. Eine Überstellung nach Italien und damit eine neuerliche Trennung der Familie würde eindeutig eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten.

Der Beschwerdeführer führte weiters aus, er habe Bluthochdruck und könne derzeit nicht behandelt werden, weil er keine Versicherung habe.

Betreffend den Beschwerdeführer wurden insbesondere folgende Unterlagen vorgelegt:

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Befund einer Abteilung für Neurologie vom 20.12.2017, in welchem "Va symptomatische Epilepsie, DD: Synkopen" diagnostiziert und eine Einstellung mit Levetiracetam empfohlen wurde.

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Befundbericht vom 29.03.2018 einer Gruppenpraxis für Kardiologie und Innere Medizin mit der zusammenfassenden Feststellung: "Va Krampfader im Bereich des linken Unter- und Oberbauches" und der Empfehlung, dass ein Abdomen-Ultraschall zum Ausschluss einer Portalen Hypertension erfolge

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Befund eines Diagnosezentrums vom 09.04.2018, wonach beim Beschwerdeführer verkalkende Strukturen in Leber und Milz vorliegen

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Befund eines Diagnosezentrums vom 19.04.2018, wonach unterschiedliche Pathologien an Thorax und Abdomen vorliegen, eine diskrete Fibrose und eine verkalkte Pleuraplaques festgestellt wurden, mehrere verkalkte Strukturläsionen in Leber und Milz wären eher entzündlich/parasitär/mykotisch und es wurde ein metallischer Fremdkörper in den Rückenweichteilen festgestellt.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 28.05.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich der Beschwerdeführer nach Italien zurückzubegeben habe (Spruchpunkt I.). Es wurde festgehalten, dass ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt werde. Gemäß § 10

Abs. 1 Z. 1 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 2 FPG angeordnet. Demzufolge sei gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Italien zulässig (Spruchpunkt II.).

Nach Wiedergabe der Einvernahmen des Beschwerdeführers wurde im Bescheid insbesondere festgestellt, dass der Beschwerdeführer ab 05.04.2018 wieder in die Grundversorgung aufgenommen und in die Betreuungsstelle Ost in Traiskirchen gezogen sei. Seit 23.05.2018 (Anmerkung: Zeitpunkt der Abmeldung aus der Grundversorgung) sei der Beschwerdeführer unbekannten Aufenthalts. Bis zum Zeitpunkt der gegenständlichen Bescheiderlassung habe der Beschwerdeführer dem BFA keinen Aufenthaltsort bekanntgegeben. Im ZMR scheine zudem keine aufrechte Wohnsitzmeldung auf. Die Identität des Beschwerdeführers stehe nicht fest. Es wurden die vorgelegten Befunde auszugsweise wiedergegeben und ausgeführt, dass nicht festgestellt werden können, dass im Fall des Beschwerdeführers schwere psychische Störungen und/oder schwere oder ansteckende Krankheiten bestehen würden. Festgestellt wurde, dass er in Italien asylberechtigt sei. Es könne nicht festgestellt werden, dass er in Italien systematischen Misshandlungen bzw. Verfolgungen ausgesetzt gewesen sei oder diese dort zu erwarten hätte. In Österreich würden seine Ehefrau und seine vier Kinder leben, den Familienangehörigen sei in Österreich subsidiärer Schutz zuerkannt worden. Es könne nicht festgestellt werden, dass eine besondere Integrationsverfestigung des Beschwerdeführers in Österreich bestehe. Es könne nicht festgestellt werden, dass er in Italien systematischen Misshandlungen bzw. Verfolgungen ausgesetzt gewesen sei oder diese dort zu erwarten hätte.

Schließlich wurde beweiswürdigend ausgeführt, seine Identität stehe in Ermangelung geeigneter, heimatstaatlicher, identitätsbezeugender Dokumente nicht fest. Unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen hätten sich im Verfahren keine Hinweise ergeben, dass der Beschwerdeführer an einer schweren körperlichen Krankheit oder an einer schweren psychischen Störung leide. Gemäß § 4a AsylG sei ein Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn dem Fremden in einen anderen EWR-Staat oder der Schweiz der "Status des Asylberechtigten" zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden habe. Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer in Italien "subsidiär schutzberechtigt"(!) sei (vgl. nunmehr angefochtener Bescheid, Seite 13), ergebe sich aus der Mitteilung der italienischen Asylbehörde. Aus den Angaben des Beschwerdeführers seien keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden, dass er tatsächlich konkret Gefahr liefe, in Italien Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass ihm eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könnte. Soweit im Verfahren angegeben worden sei, dass er in Italien auf der Straße schlafe, sei anzuführen, dass er in Italien aufenthaltsberechtigt sei. Er könne sich auch hilfesuchend an Hilfsorganisationen wenden. Darüber hinaus sei auf die Länderberichte zu verweisen. Ferner sei zu bemerken, dass aufgrund der allgemeinen Lage in Italien in keinster Weise davon auszugehen sei, dass er in Italien Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden könnte oder dass ihm eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könnte. Derartiges habe sich im gesamten Verfahren nicht ergeben. Die im Bescheid angeführten Feststellungen zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers seien aufgrund der nicht anzuzweifelnden Angaben des Beschwerdeführers getroffen worden. Dass offensichtlich keine besondere Integrationsverfestigung des Beschwerdeführers in Österreich bestehe, ergebe sich einerseits aus der Kürze seines bisherigen Aufenthalts in Österreich in Verbindung mit dem Umstand, dass er seit seiner illegalen Einreise nach Österreich -unter objektiven Gesichtspunkten betrachtet - realistischer Weise zu keinem Zeitpunkt des Aufenthalts in Österreich davon ausgehen hätte können, dass ihm ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht in Österreich zukommen würde.

Am 13.06.2018 wurden insbesondere folgende Unterlagen betreffend den Beschwerdeführer übermittelt:

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Entlassungsbericht einer österreichischen internen Lungenabteilung, wonach der Beschwerdeführe ab XXXX in dieser Abteilung stationär aufhältig war. Diagnostiziert wurden insbesondere "ausgedehnte mediastinale Lymphadenopathie, singuläre pleurale Plaquebildung mit Verkalkungen links basal paravertebral, schollige Verkalkungen mit schalenförmigen Aufbau, hypodenser Randsaum an Mild und Leber"

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Ambulanter Patientenbrief vom 01.06.2018 einer Thoraxchirurgie mit einem geplanten Operationstermin am XXXX aufgrund einer Mediastinokopie (Anmerkung BVwG: zur Abklärung von Lymphknoten)

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Aufnahmeschein vom 06.06.2018 eines österreichischen Krankenhauses wegen der Diagnose Lymphknoten"

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde. In der Beschwerde wurde insbesondere ausgeführt, der Beschwerdeführer habe Somalia verlassen müssen aus Furcht vor Verfolgungen durch die Al Shabaab. Der Beschwerdeführer habe seine Frau und seine vier Kinder damals im Land zurücklassen müssen. Zwischen 2011 und 2017 habe er sich in Italien aufgehalten und habe von dort aus immer wieder versucht seine Familie ausfindig zu machen. Seine Frau und seine vier Kinder seien in der Zwischenzeit nach Österreich geflüchtet und hätten einen subsidiären Schutzstatus in Österreich erhalten. 2017 sei es dem Beschwerdeführer endlich gelungen, seine Familie ausfindig zu machen und er habe in Österreich einen Asylantrag gestellt. Um gemeinsam mit seiner Familie leben zu können, habe er auf die Leistungen aus der Grundversorgung verzichtet und sei zur Familie nach Wien gezogen. Da sich sein Gesundheitszustand gravierend verschlechtert habe, habe er im April 2018 beschlossen sich wieder in die Grundversorgung aufnehmen zu lassen und in die Erstaufnahmestelle Ost zu ziehen, um krankenversichert sowie medizinisch versorgt zu werden. Beim Beschwerdeführer sei ein großer medistinaler Tumor diagnostiziert worden, die Abklärung dieses Tumors sei noch nicht abgeschlossen. Laut einem Brief einer behandelnden Ärztin in Wien würde die Abschiebung eine akute Gefährdung des Lebens darstellen. Obwohl der Beschwerdeführer medizinische Unterlagen vorgelegt habe, seien keinerlei weitere Ermittlungen zum Gesundheitszustand durchgeführt worden. Die Ursache für den Tumor sei noch nicht endgültig geklärt und sei aktuell von einer infektiologischen Ursache auszugehen. Das BFA hätte im gegenständlichen Fall eine individuelle Zusicherung von den italienischen Behörden einholen müssen und seien die dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Länderbericht mangelhaft, da sie äußerst kurz und unvollständig seien. Es seien im Bescheid insbesondere keine Länderberichte zur medizinischen Versorgung enthalten. Die Beurteilung des BFA sei mangelhaft, da ausgeführt werde, der Beschwerdeführer sei freiwillig wieder von seiner Familie weggezogen und habe von einem gemeinsamen Familienleben Abstand genommen. Diesbezüglich wurde jedoch in der Beschwerde darauf verwiesen, dass der Beschwerdeführe zu diesem Schritt gezwungen gewesen sei, weil es aufgrund seiner schwerwiegenden gesundheitlichen Probleme unbedingt notwendig gewesen sei, dass er wieder in die Grundversorgung aufgenommen werde, um krankenversichert zu sein und medizinisch versorgt zu werden. Dem Vorwurf des BFA, der Beschwerdeführer sei seit 23.05.2018 unbekannten Aufenthalts wurde entgegnet, dass der Beschwerdeführe ab

XXXX in einer österreichischen Lungenabteilung stationär aufhältig gewesen sei und diese Information auch im GVS-System erkennbar und dem BFA zugänglich gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe keineswegs Abstand von einem gemeinsamen Familienleben in Österreich genommen, er sei in ständigem Kontakt mit seinen Familienangehörigen und versuche auch den Kindern so gut wie möglich bei Schulterminen zu helfen. Die Kinder des Beschwerdeführers würden ihn bei seinen Arztterminen unterstützen und er wolle unbedingt so bald wie möglich wieder zu seiner Familie ziehen. Unter Verweis auf die medizinischen Befunde wurde ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Überstellung nach Italien unmenschliche Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK drohe. Der Beschwerdeführer sei von seiner Familie unfreiwillig sieben Jahre getrennt gewesen, habe ausführlich geschildert, dass er seine Familie gesucht habe und habe in Österreich eine zeitlang auf Leistungen aus der Grundversorgung verzichtet, um bei seiner Familie zu sein. Eine Überstellung würde daher auch eine Verletzung des Art. 8 EMRK darstellen.

Zusammen mit der Beschwerde wurden insbesondere noch ein ambulanter Patientenbrief einer internen Lungenabteilung vom 26.06.2018 übermittelt mit den Diagnosen "großer mediastinaler Tumor (Verschluss Vena cava superior, Kollateralkreislauf, Thrombose bis in prox. Vv. subciaviae bds, in Abklärung, BSK am 23.05.2018, Mediastinokopie vom 07.06.2018), singuläre pleurale Plaquebildung mit Verkalkungen links basal pravetrebal, schollige Verkalkungen mit schalenförmigem Aufbau, hypodensem Radsaum in Milz und Leber, Umstellung von Lovenox 100 mg auf 40 mg wegen oraler SH-Blutungen", es wurde als weiteres Procedere angeführt: "Vorstellung ad Infektiologie-Ambulanz am 11.07.2018, bitte alle Befunde und einen Dolmetsch mitbringen, es sollte eventuell eine weitere stationäre Aufnahme zur infektionolischen Abklärung erwogen werden"

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist ein somalischer Staatsangehöriger und stellte am 27.11.2017 im österreichischen Bundesgebiet gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Der Beschwerdeführer führte im Rahmen der Erstbefragung am 27.11.2017 in Österreich im Wesentlichen aus, in Österreich lebe seine Ehefrau und seine vier Kinder, mit diesen wolle er zusammenleben.

Hinsichtlich den Beschwerdeführer scheint eine Eurodac-Treffermeldung vom 21.06.2011 in Bezug auf Italien, vom 06.11.2015 in Bezug auf Schweden und vom 10.10.2016 in Bezug auf Malta (jeweils Kategorie 1, Asylantragstellung) auf.

Am 29.11.2017 richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) ein Aufnahmeersuchen gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO an Italien. Es wurde in der Anfrage ausgeführt, dass die Frau und die Kinder des Beschwerdeführers in Österreich einen Asylantrag gestellt hätten im Jahr 2015, dieser sei zurückgewiesen worden, gegen diese Entscheidung sei nunmehr eine Beschwerde erhoben worden.

Am 11.12.2017 lehnte die italienische Dublinbehörde die Übernahme des Beschwerdeführers aufgrund der Dublin III-VO ab, weil dieser in Italien über einen Asylstatus bis zum XXXX verfügt.

Der Ehefrau und den vier Kindern des Beschwerdeführers wurde mit Bescheiden des BFA vom 05.10.2016 subsidiärer Schutzstatus in Österreich zuerkannt, dagegen wurde Beschwerde erhoben und sind die Verfahren betreffend die Familienangehörigen derzeit beim BVwG anhängig (vgl. Beschwerdeverfahren zu W235 2116403-1 ua).

Im nunmehr angefochtenen Bescheid betreffend den Beschwerdeführer wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer ab 05.04.2018 wieder in die Grundversorgung aufgenommen und in die Betreuungsstelle Ost in Traiskirchen gezogen sei. Seit 23.05.2018 (Anmerkung: Zeitpunkt der Abmeldung aus der Grundversorgung) sei der Beschwerdeführer unbekannten Aufenthalts. Es wurde im Bescheid weiters ausgeführt, dass nicht festgestellt werden könne, dass im Fall des Beschwerdeführers schwere psychische Störungen und/oder schwere oder ansteckende Krankheiten bestehen würden. Festgestellt wurde, dass er in Italien asylberechtigt sei. Es könne nicht festgestellt werden, dass er in Italien systematischen Misshandlungen bzw. Verfolgungen ausgesetzt gewesen sei oder diese dort zu erwarten hätte.

In der gegen nunmehr angefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde insbesondere ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2017 endlich seine Familie in Österreich gefunden habe und eine zeitlang auf Leistungen aus der Grundversorgung verzichtet habe, um bei seiner Familie leben zu können. Da sich sein Gesundheitszustand gravierend verschlechtert habe, habe er im April 2018 beschlossen sich wieder in die Grundversorgung aufnehmen zu lassen und in die Erstaufnahmestelle Ost zu ziehen, um krankenversichert sowie medizinisch versorgt zu werden. Obwohl der Beschwerdeführer medizinische Unterlagen vorgelegt habe, seien keinerlei weitere Ermittlungen zum Gesundheitszustand durchgeführt worden. Es wurde moniert, dass im Bescheid insbesondere keine Länderberichte zur medizinischen Versorgung in Italien enthalten sind. Die Beurteilung des BFA sei mangelhaft, da ausgeführt werde, der Beschwerdeführer sei freiwillig wieder von seiner Familie weggezogen und habe von einem gemeinsamen Familienleben Abstand genommen. Diesbezüglich wurde jedoch in der Beschwerde darauf verwiesen, dass der Beschwerdeführe zu diesem Schritt gezwungen gewesen sei, weil es aufgrund seiner schwerwiegenden gesundheitlichen Probleme unbedingt notwendig gewesen sei, dass er wieder in die Grundversorgung aufgenommen werde, um krankenversichert zu sein und medizinisch versorgt zu werden. Dem Vorwurf des BFA, der Beschwerdeführer sei seit 23.05.2018 unbekannten Aufenthalts wurde entgegnet, dass der Beschwerdeführe ab XXXX in einer österreichischen Lungenabteilung stationär aufhältig gewesen sei und diese Information auch im GVS-System erkennbar und dem BFA zugänglich gewesen sei. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass im aktuellen GVS-Auszug vermerkt ist, dass der Beschwerdeführer am 20.02.2018, nachdem er privat verzogen war, darum ersucht hatte, wieder in die Grundversorgung aufgenommen zu werden, um krankenversichert zu sein und ab XXXX und dann wieder ab XXXX - somit vor und nach seinem stationären Krankenhausaufenthalt - im Erstaufnahmezentrum gemeldet war.

Betreffend den Beschwerdeführer wurden zahlreiche medizinische Unterlagen vorgelegt, insbesondere wurde beim Beschwerdeführer i ein "großer medistinaler Tumor (Verschluss Vena cava superior, Kollateralkreislauf, Thrombose bis in prox. Vv. subciaviae bds, in Abklärung, BSK am 23.05.2018, Mediastinokopie vom 07.06.2018), singuläre pleurale Plaquebildung mit Verkalkungen links basal pravetrebal, schollige Verkalkungen mit schalenförmigem Aufbau, hypodensem Radsaum in Milz und Leber, Umstellung von Lovenox 100 mg auf 40 mg wegen oraler SH-Blutungen", diagnostiziert, die Abklärung dieses Tumors ist noch nicht abgeschlossen. Als weiteres Procedere wurde von den behandelnden Ärzten in Österreich angeführt:

"Vorstellung ad Infektiologie-Ambulanz am 11.07.2018, bitte alle Befunde und einen Dolmetsch mitbringen, es sollte eventuell eine weitere stationäre Aufnahme zur infektionolischen Abklärung erwogen werden".

Die belangte Behörde hat keine abschließende Beurteilung zum Gesundheitszustand und zum Familienleben des Beschwerdeführers mit dem Ziel vorgenommen, eine Grundlage für ihre Entscheidung zu schaffen.

Die belangte Behörde hat die notwendigen Ermittlungen des maßgeblichen Sachverhaltes unterlassen, weshalb zum Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Bescheide durch die belangte Behörde keine Entscheidungsreife vorlag.

Hinsichtlich des Verfahrensganges und festzustellenden Sachverhalt wird auf die unter Punkt I getroffenen Ausführungen verwiesen.

2. Beweiswürdigung:

Der für die gegenständliche Zurückverweisung des Bundesverwaltungsgerichtes relevante Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage zweifelsfrei.

Zum gegenständlichen Verfahren ist auszuführen, dass bei der Anfrage im Rahmen des Konsultationsverfahrens mit Italien als Information enthalten war, dass die Frau und die Kinder des Beschwerdeführers in Österreich einen Asylantrag gestellt hätten im Jahr 2015, dieser sei zurückgewiesen worden, gegen diese Entscheidung sei nunmehr eine Beschwerde erhoben worden. Es wurde in der Anfrage jedoch nicht ausgeführt, dass den Familienangehörigen bereits der subsidiäre Schutzstatus in Österreich zuerkannt worden war. Im nunmehr angefochtenen Bescheid auf Seite 13 wird aktenwidrig festgehalten, dass der Beschwerdeführer in Italien subsidiär schutzberechtigt ist, obwohl er laut Mitteilung der italienischen Behörden in Italien über einen Asylstatus bis zum XXXX verfügt. Diesbezüglich ist überdies vom BFA nicht abgeklärt worden, über welchen Aufenthaltsstatus der Beschwerdeführer nunmehr in Italien verfügt.

Insbesondere liegen keine ausreichenden Ermittlungen und in der Folge keine abschließende Beurteilung betreffend den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers und in der Folge betreffend die Versorgungslage in Italien und die familiären Beziehungen des Beschwerdeführers zu seiner in Österreich lebenden Ehefrau sowie zu seinen vier Kindern vor. Die Beweiserhebung des BFA stellt keine geeignete Ermittlungstätigkeit dar, um ausschließen zu können, dass beim Beschwerdeführer aufgrund der ihm gegenüber ausgesprochenen Außerlandesbringung ein unzulässiger Eingriff in ihr von Art. 3 EMRK geschütztes Recht und in ihr von Art. 8 EMRK geschütztes Privat- und Familienleben droht.

Aus der Aktenlage ist nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen die erstinstanzliche Behörde eine abschließende Beurteilung des Gesundheitszustandes und des Familienlebens des Beschwerdeführers nicht für erforderlich gehalten hat und aus welchen Gründen ohne eine solche Beurteilung der gegenständliche nunmehr angefochtene Bescheid erlassen wurde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgebung der Beschwerde:

3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) lauten:

"§ 4a Ein Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, in welchen Staat sich der Fremde zurück zu begeben hat. § 4 Abs. 5 gilt sinngemäß.

...

§ 4 (5) Kann ein Drittstaatsangehöriger, dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß Abs. 1 als unzulässig zurückgewiesen wurde, aus faktischen Gründen, die nicht in seinem Verhalten begründet sind, nicht binnen drei Monaten nach Durchsetzbarkeit der Entscheidung zurückgeschoben oder abgeschoben werden, tritt die Entscheidung außer Kraft.

 

Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme § 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn 1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird, [...] und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

 

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.

...

§ 57 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

...

§ 58 (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

..."

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:

"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."

§ 21 Abs. 3 BFA-VG lautet:

"(3) Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben, ist das Verfahren zugelassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint."

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

"§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. ...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird."

3.3. Gemäß § 21 Abs. 3 2. Satz BFA-VG ist der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

3.4. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass zum Entscheidungszeitpunkt eine Überstellung des Beschwerdeführers nach Italien nicht zulässig ist, da in casu die gegenständliche Entscheidung des Bundesamtes auf Basis eines insgesamt qualifiziert mangelhaften Verfahrens ergangen ist, weshalb eine Behebung und Zurückverweisung nach § 21 Abs. 3 2. Satz BFA-VG zu erfolgen hatte.

Dies aus folgenden Erwägungen:

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (z. B. VfGH 17.06.2005, B 336/05; 15.10.2004, G 237/03) und des Verwaltungsgerichtshofes (z. B. VwGH 23.01.2007, 2006/01/0949; 25.04.2006, 2006/19/0673; 08.09.2015, Ra 2015/18/0113-0120) ist im Zuständigkeitsverfahren nämlich aus innerstaatlichen verfassungsrechtlichen Gründen das Selbsteintrittsrecht zwingend auszuüben, sollte die innerstaatliche Überprüfung der Auswirkungen einer Überstellung ergeben, dass Grundrechte des betreffenden Asylwerbers bedroht wären. Erforderlich ist in diesem Zusammenhang eine prognostische Beurteilung der Verhältnisse im Aufnahmestaat, die auf der Grundlage einer Gesamtbeurteilung der aktuellen Berichtslage unter Bedachtnahme auf die individuelle Lage des betroffenen Beschwerdeführers zu erfolgen hat.

Im nunmehr angefochtenen Bescheid betreffend den Beschwerdeführer wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer ab 05.04.2018 wieder in die Grundversorgung aufgenommen und in die Betreuungsstelle Ost in Traiskirchen gezogen sei. Seit 23.05.2018 (Anmerkung: Zeitpunkt der Abmeldung aus der Grundversorgung) sei der Beschwerdeführer unbekannten Aufenthalts. Es wurde im Bescheid weiters ausgeführt, dass nicht festgestellt werden könne, dass im Fall des Beschwerdeführers schwere psychische Störungen und/oder schwere oder ansteckende Krankheiten bestehen würden.

Wie bereits beweiswürdigend ausgeführt war in der Anfrage betreffend den Beschwerdeführer im Rahmen des Konsultationsverfahrens mit Italien einzig die Information enthalten, dass die Frau und die Kinder des Beschwerdeführers in Österreich einen Asylantrag gestellt hätten im Jahr 2015, dieser sei zurückgewiesen worden, gegen diese Entscheidung sei nunmehr eine Beschwerde erhoben worden. Es wurde in der Anfrage jedoch nicht ausgeführt, dass den Familienangehörigen bereits der subsidiäre Schutzstatus in Österreich zuerkannt wurde. Im Bescheid auf Seite 13 wird zudem aktenwidrig festgehalten, dass der Beschwerdeführer in Italien subsidiär schutzberechtigt ist, obwohl er laut Mitteilung der italienischen Behörden in Italien über einen Asylstatus bis zum XXXX verfügt. Diesbezüglich ist überdies abzuklären, über welchen Aufenthaltsstatus der Beschwerdeführer nunmehr in Italien verfügt.

Insbesondere liegen im gegenständlichen Fall keine ausreichenden Ermittlungen und in der Folge keine abschließende Beurteilung betreffend den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers sowie betreffend die Versorgungslage in Italien und die familiären Beziehungen des Beschwerdeführers zu seiner in Österreich lebenden Ehefrau sowie zu seinen vier Kindern vor. Die Beweiserhebung des BFA stellt keine geeignete Ermittlungstätigkeit dar, um ausschließen zu können, dass beim Beschwerdeführer aufgrund der ihm gegenüber ausgesprochenen Außerlandesbringung ein unzulässiger Eingriff in ihr von Art. 3 EMRK geschütztes Recht und in ihr von Art. 8 EMRK geschütztes Privat- und Familienleben droht.

Im vorliegenden Fall kann jedoch die allfällige Verpflichtung der Republik Österreich zur Ausübung des Selbsteintrittsrechtes noch nicht abschließend beurteilt werden. Aufgrund der von der Behörde im Beschwerdefall zugrunde gelegten Länderfeststellungen ist für gegenständlichen Fall nicht erkennbar, wie sich aktuell konkret die Lage von asylberechtigten an einem Tumor erkrankten Mann, dessen Krankheitsbild aktuell in Österreich abgeklärt wird, darstellt. Dies ist im gegenständlichen Fall insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass er in Österreich über eine Frau und vier Kinder verfügt, welche bereits über einen subsidiären Schutzstatus verfügen und deren Beschwerdeverfahren derzeit beim BVwG anhängig ist, zweifellos entscheidungswesentlich.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wird sich daher im fortgesetzten Verfahren zunächst den aktuellen Aufenthaltstitel des Beschwerdeführers in Italien festzustellen haben und wird auf der Grundlage zeitnaher, die aktuellen Entwicklungen berücksichtigenden Berichte, mit der aktuellen medizinischen Versorgungslage von Personen, die einen Aufenthaltstitel in Italien besitzen, auseinander zu setzen und ausgehend davon die Frage zu klären haben, ob in Italien aktuell für diese Personengruppe bzw. konkret für den Beschwerdeführer eine Situation vorherrscht, die einen Selbsteintritt Österreichs zur Vermeidung einer Grundrechtsverletzung nach Art. 3 EMRK (bzw. Art. 4 GRC) geboten erscheinen lässt.

In der gegen nunmehr angefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2017 endlich seine Familie in Österreich gefunden habe und eine zeitlang auf Leistungen aus der Grundversorgung verzichtet habe, um bei seiner Familie leben zu können. Da sich sein Gesundheitszustand gravierend verschlechtert habe, habe er im April 2018 beschlossen sich wieder in die Grundversorgung aufnehmen zu lassen und in die Erstaufnahmestelle Ost zu ziehen, um krankenversichert sowie medizinisch versorgt zu werden. Unter Verweis auf zahlreiche im Verfahrensgang wiedergegebene medizinische Unterlagen wurde in der Beschwerde moniert, dass keinerlei weitere Ermittlungen zum Gesundheitszustand durchgeführt wurden. Es wurde weiters bemängelt, dass im Bescheid insbesondere keine Länderberichte zur medizinischen Versorgung in Italien enthalten sind. Die Beurteilung des BFA sei mangelhaft, da ausgeführt werde, der Beschwerdeführer sei freiwillig wieder von seiner Familie weggezogen und habe von einem gemeinsamen Familienleben Abstand genommen. Diesbezüglich wurde jedoch in der Beschwerde darauf verwiesen, dass der Beschwerdeführer zu diesem Schritt gezwungen gewesen sei, weil es aufgrund seiner schwerwiegenden gesundheitlichen Probleme unbedingt notwendig gewesen sei, dass er wieder in die Grundversorgung aufgenommen werde, um krankenversichert zu sein und medizinisch versorgt zu werden. Dem Vorwurf des BFA, der Beschwerdeführer sei seit 23.05.2018 unbekannten Aufenthalts wurde entgegnet, dass der Beschwerdeführe ab XXXX in einer österreichischen Lungenabteilung stationär aufhältig gewesen sei und diese Information auch im GVS-System erkennbar und dem BFA zugänglich gewesen sei. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass im aktuellen GVS-Auszug vermerkt ist, dass der Beschwerdeführer am 20.02.2018, nachdem er privat verzogen war, darum ersucht hatte, wieder in die Grundversorgung aufgenommen zu werden, um krankenversichert zu sein und ab XXXX und dann wieder ab XXXX - somit vor und nach seinem stationären Krankenhausaufenthalt - im Erstaufnahmezentrum gemeldet war.

Die Ausführungen im nunmehr angefochtenen Bescheid vermögen in Summe eine konkrete Auseinandersetzung der belangten Behörde mit den Auswirkungen der Überstellung des Beschwerdeführers auf das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers nicht zu ersetzen. Im Besonderen hat es die belangte Behörde unterlassen, klare und schlüssig nachvollziehbare Feststellungen über die familiären und privaten Verhältnisse des Beschwerdeführers, insbesondere in Bezug zur in Österreich lebenden Ehefrau und den vier Kindern, mit welchem er in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hat und eine enge Beziehung behauptet auch wenn er von seiner Familie wieder weggezogen ist um behaupteter Maßen wieder Leistungen aus der Grundversorgung zu erhalten und um insbesondere krankenversichert zu sein, nachvollziehbar und unter Verweis auf entsprechende Beweismittel zu treffen.

Die von der belangten Behörde angeführten Ausführungen stellen jedenfalls - wie bereits oben näher ausgeführt - keine maßgeblichen Schritte zur Ermittlung des relevanten Sachverhalts dar.

3.5. Im fortgesetzten Verfahren bedarf es daher auch aktueller Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers, um seine mittels medizinischer Befunde dargelegten gesundheitlichen Beeinträchtigungen als möglichen Grund einer Gefährdung der durch Art. 3 EMRK geschützten Rechtsposition des Beschwerdeführers im Falle seiner Außerlandesbringung nach Italien ausschließen zu können. Schließlich werden aktuelle Länderberichte zu Italien, insbesondere zur Gesundheitsversorgung von Personen, denen in Italien ein Aufenthaltstitel zuerkannt wurde, einzuholen und dem Beschwerdeführer zur Kenntnis zu bringen sein.

Weiters erweist sich die von der belangten Behörde vorgenommene Interessensabwägung in Bezug auf die Zulässigkeit eines Eingriffs in das von Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Privat- und Familienleben als unzureichend.

Das Bundesamt wird daher im fortgesetzten Verfahren im Sinne des Art. 8 EMRK eine eingehende Prüfung des in Österreich vorhandenen Privat- und Familienlebens vorzunehmen habe.

Das BFA wird im fortgesetzten Verfahren zunächst den Aufenthaltsstatus des Beschwerdeführers und die tatsächlichen familiären Verhältnisse unter Zugrundelegung hinreichender Beweismittel festzustellen haben und allenfalls auch die in Österreich aufhältigen Familienangehörigen, welchen subsidiärer Schutzstatus in Österreich zuerkannt wurde, zur Beziehungsintensität zu befragen haben.

3.6. Im vorliegenden Fall kann zum Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichts aufgrund der mangelnden Sachverhaltserhebungen durch die erstinstanzliche Behörde nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, ob beim Beschwerdeführer aufgrund der ihm gegenüber ausgesprochenen Außerlandesbringung ein unzulässiger Eingriff in ihr von Art. 8 EMRK geschütztes Privat- und Familienleben droht und um eine Gefährdung der durch Art. 3 EMRK geschützten Rechtsposition des Beschwerdeführers im Falle seiner Außerlandesbringung nach Italien ausschließen zu können.

3.7. Wie dargelegt wurde im gegenständlichen Fall der entscheidungsrelevante Sachverhalt trotz bestehender Möglichkeiten nicht ausreichend ermittelt, weshalb gemäß § 21 Abs. 3 2. Satz BFA-VG zwingend vorzugehend war.

3.8. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 6a und 7 BFA-VG unterbleiben.

3.9. Eine gesonderte Erwägung bezüglich einer allfälligen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 17 BFA-VG konnte angesichts des Spruchinhaltes entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

Aufenthaltstitel, Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht,
Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W240.2199699.1.00

Zuletzt aktualisiert am

13.07.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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