TE Vfgh Erkenntnis 2018/6/26 G254/2017, V110/2017 ua

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Veröffentlicht am 26.06.2018
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung
L8200 Bauordnung

Norm

B-VG Art139 Abs1 Z2
B-VG Art140 Abs1 Z1 litb
B-VG Art10 Abs1 Z9, Art15 Abs1
Vlbg BauG 2001 §1 Abs1 litd, §2, §28
Räumliches Entwicklungskonzept der Marktgemeinde Lauterach vom 17.09.2013
Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Lauterach vom 13.03.2003
Vlbg RaumplanungsG 1996 §11, §12, §18, §35
BStG 1921 §12, §24
BStG 1971 §3, §27

Leitsatz

Kompetenzwidrigkeit einer Regelung des Vorarlberger Baugesetzes betreffend die Ausnahme näher genannter Bauvorhaben vom Geltungsbereich dieses Gesetzes; Verkehrskontrollplatz an einer Bundesstraße samt darauf befindlichem Bauwerk vom Kompetenztatbestand "Bundesstraßen" erfasst; Gesetzwidrigkeit von Teilen des Räumlichen Entwicklungskonzepts und Teilen des Flächenwidmungsplanes wegen Verstoßes gegen die im Vorarlberger Raumplanungsgesetz vorgesehene Pflicht zur Berücksichtigung von Planungen des Bundes

Spruch

I. 1. Die Wortfolge "unmittelbaren technischen" in §1 Abs1 litd des Vorarlberger Baugesetzes, Vbg. LGBl Nr 52/2001, in der Fassung Vbg. LGBl Nr 11/2014 wird als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

3. Der Landeshauptmann von Vorarlberg ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt verpflichtet.

4. Im Übrigen wird §1 Abs1 litd. des Vorarlberger Baugesetzes, Vbg. LGBl Nr 52/2001, in der Fassung Vbg. LGBl Nr 11/2014, nicht als verfassungswidrig aufgehoben.

II. 1. Das Räumliche Entwicklungskonzept der Marktgemeinde Lauterach, beschlossen von der Gemeindevertretung der Marktgemeinde Lauterach am 17. September 2013, wird, soweit es im Textteil, auf Seite 10 unter dem Punkt "1.3 Grüne Lungen", in der zweiten Zeile des dritten Absatzes die Wortfolge "insgesamt sechs", in der vierten Zeile des dritten Absatzes das Wort "sechs" sowie den letzten Aufzählungspunkt "Grüne Lunge Flotzbach - große zusammenhängende Freifläche am Ortsrand / an der A 14 - zusammenhängende, sehr langfristige Entwicklungsreserve" betrifft, im Textteil, auf Seite 11 unter dem Punkt "Ziele + Maßnahmen", im ersten Aufzählungspunkt das Wort "sechs" und in der Überschrift über dem dargestellten Plan das Wort "Sechs" betrifft, im Planteil, auf Seite 11 die als grün dargestellte Fläche "Grüne Lunge Flotzbach" betrifft, im Textteil, auf Seite 13 unter dem Punkt "Ziele + Maßnahmen", im zweiten Aufzählungspunkt die Wort- und Zeichenfolge "- für Bereiche an der A 14;" betrifft und im Planteil, auf Seite 14 die als grün dargestellte Fläche "Grüne Lunge Flotzbach" und in der dazugehörigen Legende das Wort "Sechs" betrifft, als gesetzwidrig aufgehoben.

2. Der Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Lauterach, beschlossen von der Gemeindevertretung der Marktgemeinde Lauterach am 13. März 2003, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 2. April 2003 und kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel der Marktgemeinde Lauterach in der Zeit vom 29. April bis 14. Mai 2003, wird, soweit er sich auf das Grundstück Nr 3546, EZ 700, KG Lauterach, bezieht, als gesetzwidrig aufgehoben.

3. Die Vorarlberger Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser beiden vorgenannten Aussprüche im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe

I.       Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren

1.       Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl E778/2016 eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde anhängig, der folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

1.1.    Die beschwerdeführende Gesellschaft ist Straßenerhalterin der Autobahnen und Schnellstraßen und für die Aufrechterhaltung der Leichtigkeit, Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs auf dem gesamten hochrangigen Straßennetz in Österreich verantwortlich. Um dieser Verpflichtung gerecht werden zu können, sind nach den Ausführungen der beschwerdeführenden Gesellschaft bestimmte Maßnahmen – insbesondere auch die Errichtung und der Betrieb von Verkehrskontrollplätzen – erforderlich. Verkehrskontrollplätze dienten unterschiedlichen Kontrollzwecken des Bundes und der Länder, wie etwa Kontrollen nach dem Kraftfahrgesetz, der Straßenverkehrsordnung, dem Führerscheingesetz sowie den zoll- und mautrechtlichen Bestimmungen.

1.2.    Mit Bescheid vom 28. Oktober 2015 versagte die – mit Devolutionsantrag angerufene – Berufungskommission der Marktgemeinde Lauterach gemäß §28 Abs3 des Vorarlberger Baugesetzes (im Folgenden: "Vbg. BauG") die am 4. Juni 2009 von der beschwerdeführenden Gesellschaft beantragte Baubewilligung zur Neuerrichtung eines Dienstgebäudes mit Überdachung und einer Prüfhalle im Rahmen eines geplanten Verkehrskontrollplatzes an der A 14-Rheintal-Autobahn in Fahrtrichtung Feldkirch auf Grundstück Nr 3546, EZ 700, KG 91115 Lauterach (im Folgenden: "Verkehrskontrollplatz Lauterach"), wegen Widerspruchs zu der im Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Lauterach festgelegten Widmung "Freifläche Freihaltegebiet".

1.3.    Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg gab der dagegen von der beschwerdeführenden Gesellschaft erhobenen Beschwerde mit Erkenntnis vom 14. März 2016 keine Folge und bestätigte den angefochtenen Bescheid der Berufungskommission der Marktgemeinde Lauterach vom 28. Oktober 2015. Die grundsätzliche Frage der landesrechtlichen Bewilligungspflicht für die Errichtung des Verkehrskontrollplatzes Lauterach sei zunächst nach dem Vorarlberger Baugesetz zu beurteilen. Der Geltungsbereich dieses Gesetzes sei mit LGBl 11/2014 dahin geändert worden, dass nach §1 Abs1 litd Vbg. BauG öffentliche Straßen, soweit es sich nicht um Gebäude handelt, es sei denn, sie stehen in einem unmittelbaren technischen Zusammenhang mit der Errichtung oder dem Betrieb der Straße, vom Anwendungsbereich des Vorarlberger Baugesetzes ausgenommen seien.

§3 des Bundesstraßengesetzes 1971 (im Folgenden: "BStG 1971") enthalte eine taxative Aufzählung der Bestandteile von Bundesstraßen. Verkehrskontrollplätze seien darin nicht aufgezählt; Verkehrskontrollplätze seien nicht unter einen der dort genannten Begriffe zu subsumieren und dienten keinem dort genannten Zweck. Ein Verkehrskontrollplatz falle insbesondere auch nicht unter die Bestimmung des §27 Abs1 BStG 1971. Für eine funktionsgerechte Benützung der Bundesautobahnen und -schnellstraßen seien die unmittelbar an ihnen gelegenen Einrichtungen, wie Tankstellen, Raststätten, Motels und Werkstätten wesentlich. Ein Verkehrskontrollplatz stelle keinen Betrieb im Zuge von Bundesstraßen dar, der den Belangen der Verkehrsteilnehmer auf diesen diene (wie Tankstellen, Raststätten, Motels, Werkstätten und dergleichen) und stehe in keinem funktionalen Zusammenhang mit der Benützung der A 14-Rheintal-Autobahn. Es sei nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg kein Grund ersichtlich, weshalb §3 BStG 1971 extensiv interpretiert werden solle. Die in dieser Bestimmung genannten anderen baulichen Anlagen dienten nämlich im Wesentlichen Schutzzwecken, nicht aber Zwecken der Verkehrskontrolle schlechthin. Ein Verkehrskontrollplatz stelle keinen Bestandteil einer Bundesstraße iSd §3 BStG 1971 dar. Der Verwaltungsgerichtshof weise in seinem Erkenntnis vom 31. Jänner 2008, 2007/06/0197, – in dem die Entleerung eines Silos für Streusalz Verfahrensgegenstand gewesen sei – darauf hin, es könne aus dem Bundesstraßengesetz aus dem Jahr 1921 nicht abgeleitet werden, dass auch die Errichtung und Änderung baulicher Anlagen (die in keinerlei Zusammenhang mit dem Straßenkörper für eine Bundesstraße stünden) auf Grundstücken, die den Zwecken einer Bundesstraße mittelbar dienten (wie sie nunmehr in §3 BStG 1971 als Bestandteile der Bundesstraße aufgezählt seien), allein dem Kompetenztatbestand für Bundesstraßen unterliegen sollten. So habe §24 des Bundesstraßengesetzes aus dem Jahr 1921 vorgesehen, dass bauliche Anlagen, wie Vorbauten, Freitreppen, Geschäftsportale, Luftschächte, Kellereinwurfsöffnungen, die über die Straßenfluchtlinie vorspringen, auf Grundstücken entlang einer Bundesstraße der Bewilligung der Bundesstraßenverwaltung bedurften, selbst wenn deren Herstellung nach der Bauordnung nur mit Genehmigung der Baubehörde erfolgen durfte. Der Bundesstraßengesetzgeber habe in dieser Bestimmung zum Ausdruck gebracht, dass er die baurechtliche Kompetenz betreffend die Errichtung und Änderung baulicher Anlagen auf Grundstücken, die nahe einer Bundesstraße gelegen sind, nicht in Anspruch genommen, sondern akzeptiert habe.

Der geplante Verkehrskontrollplatz Lauterach stelle eine bauliche Anlage dar, die für den Betrieb der A 14-Rheintal-Autobahn nicht erforderlich sei. Die A 14-Rheintal-Autobahn könne in der derzeitigen Art und Weise mit oder ohne Verkehrskontrollplatz uneingeschränkt betrieben und erhalten werden. Im beantragten Verkehrskontrollplatz könne auch keine unmittelbare und unbedingt notwendige Funktion für den Durchzugsverkehr auf der A 14-Rheintal-Autobahn selbst erkannt werden. Ein Zusammenhang mit der Herstellung und Erhaltung des Straßenkörpers an der A 14-Rheintal-Autobahn bestehe nicht. Selbst die Errichtung des Verkehrskontrollplatzes auf Grundstücken, die den Zwecken einer Bundesstraße nur mittelbar dienten, rechtfertige keine Sonderkompetenz des Bundes.

Das beantragte Vorhaben falle somit nicht in die Kompetenz des Bundes, sondern in den Anwendungsbereich der Vorarlberger Bauvorschriften und sei nach dem Vorarlberger Baugesetz bewilligungspflichtig. Das (Bau-)Grundstück Nr 3546, EZ 700, KG Lauterach, sei im Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Lauterach als "Freifläche Freihaltegebiet" gewidmet. Der beantragte Verkehrskontrollplatz werde weder auf einer Waldfläche errichtet noch sei dieser für forstwirtschaftliche Zwecke notwendig. Es liege ein Widerspruch zu den raumplanungsrechtlichen Vorschriften vor, weshalb die Erteilung der Baubewilligung für den Verkehrskontrollplatz gemäß §28 Vbg. BauG iVm §18 Abs5 Vorarlberger Raumplanungsgesetz (im Folgenden: "Vbg. RPG") zu versagen sei.

1.4.    Bei der Behandlung der gegen diese Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg gerichteten Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof zunächst Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §1 Abs1 litd Vbg. BauG, LGBl 52/2001, idF LGBl 11/2014 entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher am 28. September 2017 beschlossen, diese Gesetzesbestimmung von Amts wegen auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.

Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken, die ihn zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:

"3. Der Verfassungsgerichtshof hegt gegen den hiemit in Prüfung gezogenen §1 Abs1 litd Vbg. BauG folgende Bedenken:

3.1. Gemäß §1 Abs1 erster Satz Vbg. BauG gilt dieses Gesetz für alle Bauvorhaben (iSd Begriffsbestimmung in §2 Abs1 lite Vbg. BauG). §1 Abs1 Vbg. BauG nimmt näher bezeichnete Bauvorhaben vom Geltungsbereich des Gesetzes aus. So sind unter anderem gemäß §1 Abs1 litd Vbg. BauG Bauvorhaben betreffend 'öffentliche Straßen, soweit es sich nicht um Gebäude handelt, es sei denn sie stehen in einem unmittelbaren technischen Zusammenhang mit der Errichtung und dem Betrieb der Straße', von der Geltung des Gesetzes ausgenommen. §1 Abs2 Vbg. BauG bestimmt ferner, das Gesetz sei 'so anzuwenden, dass es in die Zuständigkeit des Bundes nicht eingreift'.

Die Erläuternden Bemerkungen (ErlRV 90/2013 BlgLT 29. GP, 3) zur Novelle LGBl 11/2014, mit welcher der in Prüfung gezogene §1 Abs1 litd Vbg. BauG seine aktuelle Fassung erhielt, führen Folgendes aus (siehe auch oben Punkt II.2.; Hervorhebung nicht im Original):

'Gemäß §1 Abs1 litd Baugesetz gilt das Baugesetz für alle Bauvorhaben; ausgenommen sind u.a. Bauvorhaben betreffend öffentliche Straßen, soweit es sich nicht um Gebäude handelt. Ein Gebäude ist ein überdachtes Bauwerk, das von Menschen betreten werden kann und mindestens einen Raum allseits oder überwiegend umschließt (§2 Abs1 liti Baugesetz). Ein Bauwerk ist eine Anlage, zu deren fachgerechter Herstellung bautechnische Kenntnisse erforderlich sind und die mit dem Boden in Verbindung steht (§2 Abs1 litf Baugesetz).

Was als 'Straße' anzusehen ist, ist den straßenrechtlichen Vorschriften (Straßengesetz, Bundesstraßengesetz) zu entnehmen (siehe dazu insb. die in §2 Abs2 lita bis e des Straßengesetzes, LGBl Nr 79/2012, genannten Bestandteile der Straße).

Mit der im Entwurf vorgesehenen Bestimmung ('in einem unmittelbaren technischen Zusammenhang mit der Errichtung oder dem Betrieb der Straße') soll nunmehr klargestellt werden, dass bei öffentlichen Straßen insbesondere folgende Anlagen vom Geltungsbereich des Baugesetzes ausgenommen sind, auch wenn es sich dabei um Gebäude oder Gebäudeteile (die nach den straßenrechtlichen Vorschriften Bestandteil der Straße sind) handelt:

Tunnel (mit Portalbauwerk); Fluchtstollen (mit Portalbauwerk), Querschläge, Fluchträume; Galerien; Lüftungsanlagen (z.B. Lüftungsgebäude, Schachtbauwerke, Lüfterkaverne); elektrotechnische Betriebsanlagen, Betriebsstationen, Betriebszentralen; Räume mit Pumpen (Pumpstationen) u.ä., z.B. bei Brückenbauwerken; Anlagen für die Löschwasserversorgung oder die Straßenentwässerung u. dgl.

Nicht in einem 'unmittelbaren technischen Zusammenhang' mit der Errichtung oder dem Betrieb einer öffentlichen Straße stehen beispielsweise Straßenmeistereien oder Bauhöfe des Straßenerhalters oder auch Raststationen (z.B. öffentliche WC-Anlagen).

Ein unmittelbarer technischer Zusammenhang mit der Errichtung oder dem Betrieb der Straße besteht auch nicht bei Kontrollplätzen (diese dienen u.a. der Kontrolle der Einhaltung der Tonnagebeschränkung von LKWs etc.); denn die Errichtung und der Betrieb der Straße hängen nicht von der Kontrolle der Einhaltung von Bestimmungen der StVO oder des KFG durch die Verkehrsteilnehmer ab.'

Der Begriff der 'Straße' in §1 Abs1 litd Vbg. BauG dürfte – nicht zuletzt vor dem Hintergrund der wiedergegebenen Erläuterungen zur Novellierung des §1 Abs1 litd Vbg. BauG durch LGBl 11/2014 – zwar auch Bundesstraßen umfassen, ein Verkehrskontrollplatz samt darauf befindlicher Bauwerke an einer Bundesstraße (im Beschwerdefall: der Verkehrskontrollplatz Lauterach an der A 14 Rheintal Autobahn) – wie er von der beschwerdeführenden Partei geplant ist – scheint aber nicht unter §1 Abs1 litd Vbg. BauG zu fallen und somit der Baubewilligungspflicht nach dem Vorarlberger Baugesetz zu unterliegen. Dabei geht der Verfassungsgerichtshof vom Verständnis aus, dass ein Verkehrskontrollplatz samt darauf befindlicher Bauwerke unterschiedlichen Kontrollzwecken, wie etwa Kontrollen nach den mautrechtlichen, aber auch straßenverkehrs-, kraftfahr- und führerscheinrechtlichen Bestimmungen dient; ein Verkehrskontrollplatz liegt ferner in unmittelbarer Nähe der Hauptfahrbahn der (Bundes-)Straße und weist eine direkte Verbindung zu dieser auf.

3.2. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes dürfte §1 Abs1 litd Vbg. BauG – bei dem dargelegten, vorläufig zugrunde gelegten Verständnis dieser Bestimmung – kompetenzwidrig sein.

Gemäß der aktuellen Fassung des Art10 Abs1 Z9 B-VG sind 'Angelegenheiten der wegen ihrer Bedeutung für den Durchzugsverkehr durch Bundesgesetz als Bundesstraßen erklärten Straßenzüge außer der Straßenpolizei' in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache. Dieser Kompetenztatbestand wurde in seiner jetzigen Fassung durch das Bundesverfassungsgesetz vom 6. Juli 1960, BGBl 148, geschaffen. Da dieses Bundesverfassungsgesetz aber nur eine Kompetenzverschiebung der Kompetenz in Angelegenheiten der 'Straßenpolizei' (von Art10 Abs1 Z9 und Art12 Abs1 Z9 in Art11 Abs1 Z4 B-VG), nicht aber eine Änderung des Inhaltes der Kompetenzbegriffe mit sich brachte (vgl. dazu näher VfSlg 4349/1963), ist der Inhalt des Kompetenztatbestandes betreffend 'Bundesstraßen' in Art10 Abs1 Z9 B-VG gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes danach zu beurteilen, in welcher rechtlichen Prägung die Rechtsordnung diesen Kompetenztatbestand im Zeitpunkt seiner Schaffung mit der am 1. Oktober 1925 in Kraft getretenen Bundes-Verfassungsnovelle BGBl 269/1925 verwendet hat.

Der Verfassungsgerichtshof sprach in seinem (Kompetenzfeststellungs-)Erkenntnis VfSlg 4349/1963 folgenden Rechtssatz zum Kompetenzbegriff der 'Bundesstraßen' in Art10 Abs1 Z9 B-VG aus:

'a) Die Erlassung von gesetzlichen Vorschriften über die Herstellung und Erhaltung des Straßenkörpers in allen seinen Bestandteilen (einschließlich der Gehsteige) ist hinsichtlich der Bundesstraßen gemäß Art10 Abs1 Z9 B.-VG. ('Angelegenheiten der wegen ihrer Bedeutung für den Durchzugsverkehr durch Bundesgesetz als Bundesstraßen erklärten Straßenzüge außer der Straßenpolizei') Sache des Bundes, hinsichtlich anderer Straßen gemäß Art15 Abs1 B.-VG. Sache der Länder.'

Der Verfassungsgerichtshof untersuchte zunächst, ob das zum Zeitpunkt der Schaffung des Kompetenzbegriffes 'Bundesstraßen' in Art10 Abs1 Z9 B-VG (1. Oktober 1925) geltende Bundesgesetz vom 8. Juli 1921, betreffend die Bundesstraßen, BGBl 387/1921 ('Bundesstraßengesetz aus dem Jahr 1921'), Regelungen über die Herstellung der öffentlichen Straßenbeleuchtungen und die Herstellung von Gehsteigen längs der Fahrbahn öffentlicher Verkehrsflächen – wenigstens ihrer Art nach – enthält. Näherhin begründete der Verfassungsgerichtshof sein im zitierten Rechtssatz geäußertes kompetenzrechtliches Verständnis folgendermaßen:

'a) Ausdrücklich ist von Gehsteigen im Bundesstraßengesetz aus 1921 zwar nicht die Rede. Es kann aber keinem Zweifel unterliegen, daß sich die Erklärung der in der Anlage zu diesem Gesetz bezeichneten Straßenzüge auch auf die damals als Bestandteil der Straßenkörper vorhandenen Gehsteige bezog, die schon in diesem Zeitpunkt (wie heute) ausschließlich für den Fußgängerverkehr bestimmte Straßenflächen waren, damit die Straßen – entsprechend der Vorschrift des §4 leg. cit. – auch 'von Fußgängern ohne Gefahr benutzt werden' konnten. Darauf deutet auch die Regelung des §18 (über die Einhaltung der festgesetzten Baulinien) und des §24 (betreffend Vorbauten u. dgl., die über die Straßenfluchtlinie vorspringen, usw.) hin; beide Bestimmungen setzen nämlich voraus, daß die Gehsteige ein Teil der Straße sind. Auch die Bestimmung des §6 gemäß der für Mehrkosten, die in geschlossenen Ortschaften 'durch die besonderen Bedürfnisse der Ortsbewohner bezüglich der Bauweise (Pflasterung, Kanalisation u. dgl.) ... bedingt sind, ... die Gemeinde aufzukommen' hatte, ist so zu verstehen, daß sie auch für Gehsteige galt. Die Herstellung und die Erhaltung von Gehsteigen auf Straßen, die zu Bundesstraßen erklärt worden sind, war demnach im Bundesstraßengesetz aus 1921 geregelt. Diese Regelung fällt somit zunächst unter den Begriff 'Straßenangelegenheiten einschließlich der Straßenpolizei'. Daran ändert der Umstand nichts, daß damals Vorschriften, betreffend die Gehsteige teilweise in Bauordnungen enthalten waren. Diese Vorschriften konnten sich – bei verfassungskonformer Auslegung – nur auf andere Straßen als Bundesstraßen beziehen. Die Zuständigkeit der Landesgesetzgebung war somit gegeben.

[…]

4) Daraus ergibt sich für den gegebenen Zusammenhang:

a) Regelungen, die die Herstellung und Erhaltung des Straßenkörpers in allen seinen Bestandteilen, zu denen auch die Gehsteige gehören, betreffen, fallen, soweit es sich um Bundesstraßen handelt, unter den Kompetenztatbestand des Art10 Abs1 Z9 B.-VG. ('Angelegenheiten der wegen ihrer Bedeutung für den Durchzugsverkehr durch Bundesgesetz als Bundesstraßen erklärten Straßenzüge außer der Straßenpolizei'), soweit es sich aber um andere Straßen handelt, unter Art15 Abs1 B.-VG.

b) Vorschriften, die bestimmen, welchen Erfordernissen der Verkehrsregelung und Verkehrssicherung die Straßen in bezug auf ihre Ausstattung mit Straßenbeleuchtungsanlagen und in bezug auf den Betrieb dieser Anlagen entsprechen müssen, sind dem Kompetenztatbestand des Art11 Abs1 Z4 B.-VG. ('Straßenpolizei') zu unterstellen. Im übrigen trifft für Vorschriften über die Ausstattung der Straßen mit verkehrssichernden Beleuchtungsanlagen und den Betrieb dieser Anlagen Art10 Abs1 Z9 B.-VG. zu, wenn es sich um Bundesstraßen handelt, und Art15 Abs1 B.-VG., wenn es sich um andere Straßen handelt. Das schließt nicht aus, daß solche Straßenbeleuchtungsanlagen auch Gegenstand einer anderen Gesetzgebung (z.B. in Angelegenheiten der Sicherheitspolizei oder des Naturschutzes) sein können und daß der Straßeneigentümer (Straßenerhalter) solche Anlagen kraft seiner privatrechtlichen Dispositionsbefugnis anbringt und betreibt, soweit nicht gesetzliche Vorschriften entgegenstehen.'

3.3. Ausgehend von dem im Erkenntnis VfSlg 4349/1963 (vgl. zB auch VfSlg 6685/1972, 6770/1972) ausgesprochenen Rechtssatz ist sohin zu untersuchen, ob Verkehrskontrollplätze als Bestandteile einer Bundesstraße und die auf Verkehrskontrollplätzen befindlichen Bauwerke als Anlagen im Zuge einer Bundesstraße anzusehen sind. Ist dies jeweils der Fall, scheidet eine Baurechtskompetenz der Länder gemäß Art15 Abs1 B-VG aus.

3.3.1. Diese kompetenzrechtliche Beurteilung ist – wie bereits unter Punkt III.3.2. dargelegt – anhand des zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Kompetenzbegriffs 'Bundesstraßen' (1. Oktober 1925) bestehenden Versteinerungsmaterials, somit des damals geltenden Bundesstraßengesetzes aus dem Jahr 1921 zu beurteilen.

§12 des Bundesstraßengesetzes aus dem Jahr 1921 sah vor, dass '[f]ür die Herstellung, Erhaltung und Umgestaltung von Bundesstraßen samt den zugehörigen baulichen Anlagen […] das Eigentum an Liegenschaften, die dauernde oder zeitweilige Einräumung, Einschränkung und Aufhebung von dinglichen Rechten an solchen im Wege der Enteignung in Anspruch genommen werden [kann]. Auch können zu diesen Zwecken durch Enteignung die zur Gewinnung von Steinen, Schotter, Sand u. dgl., dann für die Anlage von Ablagerungsplätzen, Zufahrten, von Straßenwärterhäusern und anderen Baulichkeiten erforderlichen Grundstücke erworben werden.' Gemäß §24 Abs1 des Bundesstraßengesetzes aus dem Jahr 1921 bedurfte '[d]ie Benutzung von Bundesstraßen und der dazu gehörigen Anlagen, wie Straßengräben, Stütz- und Futtermauern, Brücken, Durchlässe u. dgl. für andere Zwecke als für den Gemeingebrauch […] der Bewilligung der Bundesstraßenverwaltung. Insoweit solche Benutzungsrechte ordnungsgemäß an einer vom Bunde übernommenen Straße begründet worden sind, bleiben sie auch nach deren Umwandlung in eine Bundesstraße aufrecht. Die Bundesstraßenverwaltung kann jedoch jederzeit eine entsprechende Abänderung der hergestellten Einrichtungen verlangen, falls dies aus Verkehrsrücksichten oder wegen einer baulichen Umgestaltung der Straße notwendig wird, es sei denn, daß dies den Bedingungen der Benutzungsbewilligung widersprechen würde. Eine Bewilligung der Bundesstraßenverwaltung ist auch für alle über die Straßenfluchtlinie vorspringende Vorbauten, Freitreppen, Geschäftsportale, Luftschächte, Kellereinwurfsöffnungen u. dgl. selbst dann erforderlich, wenn nach der Bauordnung deren Herstellung nur mit Genehmigung der Baubehörde erfolgen darf. Diese Bewilligung entfällt jedoch, insoweit nach der Bauordnung bis zu einem gewissen Abstande ohne besondere Bewilligung Gebäudesockel, Auslagekästen, Zierverputze u. dgl. vor die Baulinie vorrücken oder Balkone und sonstige Gebäudebestandteile in den Luftraum oberhalb der Straße hineinragen können oder bei Bauführungen an der Straße die Einplankung und Verwendung des Straßengrundes bis zu einer bestimmen Breite gestattet ist.'

3.3.2. Nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes sind – ungeachtet des derzeit geltenden §3 BStG 1971 idF BGBl I 58/2006 – Verkehrskontrollplätze bei Bundesstraßen Bestandteile der Bundesstraßen (vgl. zB auch VwGH 3.7.2000, 2000/10/0002, wonach Zu- und Abfahrten zur Bundesstraße Bestandteil derselben sind; vgl. auch VwGH 20.4.2004, 2001/06/0120). Verkehrskontrollplätze scheinen Verkehrsflächen zu sein, die aus Sicherheitsgründen von der Hauptfahrbahn getrennt sind und – wie bereits dargelegt – unter anderem der Kontrolle der Mautentrichtung auf Bundesstraßen dienen. Darüber hinaus dürfte auf diesen Grundflächen die Überprüfung der Einhaltung sämtlicher einschlägiger gesetzlicher Vorschriften, bspw. im Hinblick auf die Sicherheit der Kraftfahrzeuge, welche die Bundesstraßen benützen, stattfinden.

Der Verfassungsgerichtshof geht ferner vorläufig davon aus, dass auf Verkehrskontrollplätzen befindliche Bauwerke, jedenfalls soweit diese in unmittelbarem Zusammenhang mit der Funktion der Verkehrskontrollplätze stehen, als Anlagen im Zuge der Bundesstraßen anzusehen sein dürften. Obgleich solche Bauwerke nicht als Anlagen in dem als Versteinerungsmaterial heranzuziehenden §24 Abs1 des Bundesstraßengesetzes aus dem Jahr 1921 ('Anlagen, wie Straßengräben, Stütz- und Futtermauern, Brücken, Durchlässe u. dgl.') anzusehen sein dürften, scheinen die bezeichneten Bauwerke auf Verkehrskontrollplätzen im Rahmen der sogenannten intrasystematischen Fortentwicklungsmöglichkeit (vgl. zB VfSlg 2500/1953, 2721/1954, 2905/1955, 12.996/1992) der Art nach unter die in §24 Abs1 des Bundesstraßengesetzes aus dem Jahr 1921 genannten Anlagen zu fallen.

Da somit Verkehrskontrollplätze samt darauf befindlicher Bauwerke, jedenfalls soweit diese in unmittelbarem Zusammenhang mit der Funktion der Verkehrskontrollplätze stehen, als Bestandteil der Bundesstraßen und dazu gehörige Anlagen anzusehen sein dürften, scheint die Regelung dieser Einrichtungen unter den Kompetenztatbestand betreffend 'Bundesstraßen' in Art10 Abs1 Z9 B-VG und nicht in die Kompetenz der Länder gemäß Art15 Abs1 B-VG zu fallen.

Der Verfassungsgerichtshof geht sohin vorläufig davon aus, dass der Vorarlberger Landesgesetzgeber gemäß Art15 Abs1 B-VG nicht befugt ist, Verkehrskontrollplätze samt darauf befindlicher Bauwerke, welche in unmittelbarem Zusammenhang mit der Funktion solcher Einrichtungen stehen, einer baurechtlichen Regelung zu unterwerfen.

4. Im Gesetzesprüfungsverfahren wird – sollte sich die vorläufige Auffassung des Verfassungsgerichtshofes, dass Verkehrskontrollplätze samt darauf befindlicher Bauwerke, jedenfalls soweit diese in unmittelbarem Zusammenhang mit der Funktion solcher Einrichtungen stehen, nicht in die Baurechtskompetenz der Länder gemäß Art15 Abs1 B-VG fallen, als zutreffend erweisen – aber auch zu erörtern sein, ob die Bestimmung des §1 Abs1 litd (iVm §1 Abs2) Vbg. BauG einer verfassungskonformen Interpretation zugänglich ist und damit nicht gegen die bundesverfassungsrechtliche Kompetenzverteilung verstößt."

1.5.    Bei der Behandlung der gegen die oben dargestellte Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg gerichteten Beschwerde sind im Verfassungsgerichtshof darüber hinaus Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit folgender Verordnungen entstanden:

1.5.1.  des Räumlichen Entwicklungskonzepts der Marktgemeinde Lauterach, beschlossen von der Gemeindevertretung der Marktgemeinde Lauterach am 17. September 2013, soweit es

a) im Textteil, auf Seite 10 unter dem Punkt "1.3 Grüne Lungen", in der zweiten Zeile des dritten Absatzes die Wortfolge "insgesamt sechs", in der vierten Zeile des dritten Absatzes das Wort "sechs" sowie den letzten Aufzählungspunkt "Grüne Lunge Flotzbach - große zusammenhängende Freifläche am Ortsrand / an der A 14 - zusammenhängende, sehr langfristige Entwicklungsreserve" betrifft,

b) im Textteil, auf Seite 11 unter dem Punkt "Ziele + Maßnahmen", im ersten Aufzählungspunkt das Wort "sechs" und in der Überschrift über dem dargestellten Plan das Wort "Sechs" betrifft,

c) im Planteil, auf Seite 11 die als grün dargestellte Fläche "Grüne Lunge Flotzbach" betrifft,

d) im Textteil, auf Seite 13 unter dem Punkt "Ziele + Maßnahmen", im zweiten Aufzählungspunkt die Wort- und Zeichenfolge "- für Bereiche an der A 14;" betrifft und

e) im Planteil, auf Seite 14 die als grün dargestellte Fläche "Grüne Lunge Flotzbach" und in der dazugehörigen Legende das Wort "Sechs" betrifft;

1.5.2.  des Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde Lauterach, beschlossen von der Gemeindevertretung der Marktgemeinde Lauterach am 13. März 2003, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 2. April 2003 und kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel der Marktgemeinde Lauterach in der Zeit vom 29. April bis 14. Mai 2003, soweit er sich auf das Grundstück Nr 3546, EZ 700, KG Lauterach, bezieht.

1.6.    Der Verfassungsgerichtshof hat daher am 28. September 2017 beschlossen, diese Verordnungen von Amts wegen auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen.

Der Verfassungsgerichtshof legte seine Bedenken, die ihn zur Einleitung der Verordnungsprüfungsverfahren bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:

"4. Der Verfassungsgerichtshof hegt ferner gegen das hiemit in Prüfung gezogene Räumliche Entwicklungskonzept der Marktgemeinde Lauterach, beschlossen von der Gemeindevertretung der Marktgemeinde Lauterach am 17. September 2013 in dem in Spruchpunkt II.1. erwähnten Umfang sowie zum Zweiten gegen den hiemit in Prüfung gezogenen Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Lauterach, beschlossen von der Gemeindevertretung der Marktgemeinde Lauterach am 13. März 2003, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 2. April 2003 und kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel der Marktgemeinde Lauterach in der Zeit vom 29. April bis 14. Mai 2003, soweit er sich auf das Grundstück Nr 3546, EZ 700, KG Lauterach, bezieht, folgende Bedenken:

4.1. Der Verfassungsgerichtshof sprach in seinem Erkenntnis VfSlg 2674/1954 folgenden Rechtssatz aus:

'Die planmäßige und vorausschauende Gesamtgestaltung eines bestimmten Gebietes in Bezug auf seine Verbauung, insbesondere für Wohn- und Industriezwecke einerseits und für die Erhaltung von im wesentlichen unbebauten Flächen andererseits, 'Landesplanung' – 'Raumordnung', ist nach Art15 Abs1 B.-VG. in der Fassung von 1929 in Gesetzgebung und Vollziehung insoweit Landessache, als nicht etwa einzelne dieser planenden Maßnahmen, wie im besonderen solche auf den Gebieten des Eisenbahnwesens, des Bergwesens, des Forstwesens und des Wasserrechts, nach Art10 bis 12 B.-VG. in der Fassung von 1929 der Gesetzgebung oder auch der Vollziehung des Bundes ausdrücklich vorbehalten sind.'

In den Entscheidungsgründen dieses Erkenntnisses führte der Verfassungsgerichtshof aus, dass ein besonderer Kompetenztatbestand 'Raumordnung', der gemäß Art15 Abs1 B-VG in die Zuständigkeit der Länder fiele und aus dieser generellen Zuständigkeit herausgeschält werden könnte, nicht besteht:

'Es handelt sich bei dieser Sache keineswegs um eine neue, erst nach der Schaffung der Kompetenzartikel der Bundesverfassung entstandene Materie. Denn 'Raumordnung' ist keine besondere für sich bestehende Verwaltungsmaterie, sondern, vom verfassungsrechtlichen Standpunkte betrachtet, ein komplexer Begriff, der alle Tätigkeiten umfaßt, die auf den einzelnen Verwaltungsgebieten der vorsorgenden Planung einer möglichst zweckentsprechenden räumlichen Verteilung von Anlagen und Einrichtungen dienen. Die Zuständigkeit zu dieser raumordnenden Tätigkeit ergibt sich als Ausfluß der Zuständigkeit zur Regelung der betreffenden Verwaltungsmaterie überhaupt. Es können daher sowohl der Bund als auch die Länder raumordnende Tätigkeiten entfalten, jede dieser Autoritäten jedoch immer nur auf Gebieten, die nach der Kompetenzverteilung der Bundesverfassung in ihre Zuständigkeit fallen. Daß sich hiebei in einem Bundesstaat, der sowohl dem Oberstaat als auch den Gliedstaaten Befugnisse hinsichtlich des gleichen, weil eben nur einmal vorhandenen Raumes einräumt, Schwierigkeiten und Reibungen ergeben können, ist in der Natur des Bundesstaates begründet.'

Aus dem Rechtssatz im Erkenntnis VfSlg 2674/1954 ergibt sich, dass bestimmte planende Maßnahmen, wie im Besonderen solche auf dem Gebiet des Eisenbahnwesens, des Bergwesens, des Forstwesens und des Wasserrechts oder solche, die Angelegenheiten der Bundesstraßen betreffen, nicht in die Zuständigkeit der Länder fallen. Im gegebenen Zusammenhang bedeutet dies, dass Landesvorschriften nicht mit verbindlicher Wirkung bestimmen können, wo und wie Bundesstraßen zu führen sind. Die planende und vorausschauende Tätigkeit auf diesem Gebiet zB durch Festlegung eines Bundesstraßenplanungsgebietes nach §14 Abs1 BStG 1971 ist ebenso Bundessache in Gesetzgebung und Vollziehung wie die Festlegung der Trasse einer Bundesstraße und die Erlassung und Vollziehung der Vorschriften zur Durchführung eines Bundesstraßenprojektes (vgl. VfSlg 7658/1975).

4.2. Der Verfassungsgerichtshof geht hinsichtlich des Verkehrskontrollplatzes Lauterach im Zusammenhang mit der A 14-Rheintal Autobahn auf Basis der dem Verfassungsgerichtshof vorliegenden Planunterlagen (hinsichtlich des Straßenverlaufs der A 14 Rheintal Autobahn) zur Verordnung BGBl 323/1973, dem Räumlichen Entwicklungskonzept der Marktgemeinde Lauterach vom 17. September 2013, dem Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Lauterach vom 13. März 2003 und den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakten vorläufig davon aus, dass der Verkehrskontrollplatz Lauterach innerhalb der Bundesstraßentrasse liegt, wie sie in der Verordnung BGBl 323/1973 festgelegt worden ist (vgl. dazu auch zB VfSlg 5677/1968, Änderungen an einer Bundesstraße ohne Verlegung der Trasse; vgl. auch VfSlg 9763/1983).

Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes dürfte – und zwar unabhängig davon, ob Verkehrskontrollplätze als Bestandteile einer Bundesstraße anzusehen sind (vgl. oben Punkt III.3.) – jedenfalls keine Kompetenz des Landes Vorarlberg (und der Marktgemeinde Lauterach) zur Regelung der planenden Gestaltung für jenes Gebiet bestehen, das von der – auf Grund des §4 BStG 1971 in der Stammfassung erlassenen – Verordnung BGBl 323/1973 betreffend die Bestimmung des Straßenverlaufs der A 14 Rheintal Autobahn im Bereich der Gemeinden Wolfurt, Lauterach, Kennelbach, Bregenz und Lochau, erfasst ist. Für dieses Gebiet scheint ausschließlich die (Fach-)Planungskompetenz des Bundes gemäß dem Kompetenztatbestand 'Bundesstraßen' in Art10 Abs1 Z9 B-VG zu bestehen (vgl. zB VfSlg 16.567/2002).

4.3. Gemäß §11 Abs1 Vbg. RPG soll die Gemeindevertretung 'als Grundlage für die Flächenwidmungs- und Bebauungsplanung unter Abwägung der Interessen nach §3 für das gesamte Gemeindegebiet bzw. Teile desselben ein räumliches Entwicklungskonzept für die Gemeinde erstellen'. Im räumlichen Entwicklungskonzept ist gemäß §11 Abs2 Vbg. RPG unter anderem auf Planungen des Bundes Bedacht zu nehmen.

 

Für den Entwurf des Flächenwidmungsplanes bestimmt §12 Abs3 Vbg. RPG, dass auf Planungen des Bundes und des Landes Bedacht zu nehmen ist. Darüber hinaus verlangt §12 Abs5 Vbg. RPG, dass im Flächenwidmungsplan 'soweit nicht besondere Widmungen festgelegt werden, die für die Raumplanung bedeutsamen Gegebenheiten, wie Waldflächen, öffentliche Gewässer, bestehende und geplante Landes- und Bundesstraßen, Eisenbahn, Flugplätze, bedeutende Versorgungs- und Entsorgungsanlagen sowie besonders geschützte Gebiete ersichtlich zu machen' sind.

4.3.1. Da der Verfassungsgerichtshof vorläufig davon ausgeht, dass die Planung von Verkehrskontrollplätzen bei Bundesstraßen nicht in die Raumordnungskompetenz der Länder (und der Gemeinden) gemäß Art15 Abs1 B-VG, sondern in die ausschließliche (Fach-)Planungskompetenz des Bundes gemäß Art10 Abs1 Z9 B-VG ('Bundesstraßen') fällt, hätte – so der Verfassungsgerichtshof vorläufig – auf diese 'Bundesstraßen-Widmung' des Bundes im Räumlichen Entwicklungskonzept der Marktgemeinde Lauterach vom 17. September 2013 Bedacht genommen werden müssen.

Da aber die Gemeindevertretung der Marktgemeinde Lauterach in dem hiemit in Prüfung gezogenen Räumlichen Entwicklungskonzept vom 17. September 2013 die in Spruchpunkt II.1. erwähnten Festlegungen getroffen und damit nicht auf die 'Bundesstraßen-Widmung' für das Grundstück Nr 3546, EZ 700, KG Lauterach, Bedacht genommen haben dürfte, scheint das Räumliche Entwicklungskonzept der Marktgemeinde Lauterach, an das die Gemeindevertretung der Marktgemeinde Lauterach bei Erlassung eines Flächenwidmungsplanes gebunden zu sein scheint (vgl. §11 Abs1 Vbg. RPG), insoweit gesetzwidrig zu sein.

4.3.2. Dasselbe gilt sinngemäß für den in Prüfung gezogenen Teil des Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde Lauterach: Da die Gemeindevertretung der Marktgemeinde Lauterach im Flächenwidmungsplan, soweit er sich auf das Grundstück Nr 3546, EZ 700, KG Lauterach, bezieht, die Widmung 'Freifläche Freihaltegebiet' (vgl. §18 Vbg. RPG) festgelegt hat und damit nicht der gemäß §12 Abs3 Vbg. RPG vorgesehenen Pflicht zur Berücksichtigung der Bundesstraßen-Planung des Bundes gemäß der Verordnung BGBl 323/1973 nachgekommen sein dürfte und auch nicht die gemäß §12 Abs5 Vbg. RPG vorgesehene Ausweisung (Ersichtlichmachung) für die bestehende Bundesstraße A 14 Rheintal Autobahn vorgenommen haben dürfte, scheint der Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Lauterach, soweit er sich auf das Grundstück Nr 3546, EZ 700, KG Lauterach, bezieht, gesetzwidrig zu sein.

Da das Räumliche Entwicklungskonzept der Marktgemeinde Lauterach vom 17. September 2013 die Parzellennummer des Grundstückes Nr 3546, EZ 700, KG Lauterach, auf dem ein Dienstgebäude mit Überdachung und eine Prüfhalle im Rahmen des geplanten Verkehrskontrollplatzes errichtet werden sollen, nicht erkennen lässt, kann der Verfassungsgerichtshof seine Prüfung der Gesetzmäßigkeit des räumlichen Entwicklungskonzepts nicht auf das genannte Grundstück beschränken. Im Sinne der ständigen Rechtsprechung (vgl. VfSlg 11.592/1987, 12.231/1989, 12.582/1990, 13.911/1994, 15.308/1998) ist daher die Lage des Grundstücks unter Verwendung der im Plan enthaltenen Ortsbezeichnungen und Abgrenzungen zu umschreiben und der dementsprechende Teil des räumlichen Entwicklungskonzepts in Prüfung zu ziehen. In Zusammenschau mit dem ebenfalls in Prüfung gezogenen Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Lauterach vom 13. März 2003 ergibt sich, dass das zu bebauende Grundstück, dessen Bebaubarkeit den Gegenstand des Anlassbeschwerdeverfahrens bildet, in dem Gebiet liegen dürfte, in dem das Räumliche Entwicklungskonzept der Marktgemeinde Lauterach vom 17. September 2013 die in Spruchpunkt II.1. erwähnten Festlegungen trifft; insoweit scheint die Prüfung der Gesetzmäßigkeit des Räumlichen Entwicklungskonzepts der Marktgemeinde Lauterach vom 17. September 2013 sohin geboten und zulässig zu sein."

1.7.    Die Vorarlberger Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §1 Abs1 litd Vbg. Baugesetz, LGBl 52/2001, idF LGBl 11/2014 und ob der Gesetzmäßigkeit des Räumlichen Entwicklungskonzepts der Marktgemeinde Lauterach, soweit es im Textteil, auf Seite 10 unter dem Punkt "1.3 Grüne Lungen", in der zweiten Zeile des dritten Absatzes die Wortfolge "insgesamt sechs", in der vierten Zeile des dritten Absatzes das Wort "sechs" sowie den letzten Aufzählungspunkt "Grüne Lunge Flotzbach - große zusammenhängende Freifläche am Ortsrand / an der A 14 - zusammenhängende, sehr langfristige Entwicklungsreserve" betrifft, im Textteil, auf Seite 11 unter dem Punkt "Ziele + Maßnahmen", im ersten Aufzählungspunkt das Wort "sechs" und in der Überschrift über dem dargestellten Plan das Wort "Sechs" betrifft, im Planteil, auf Seite 11 die als grün dargestellte Fläche "Grüne Lunge Flotzbach" betrifft, im Textteil, auf Seite 13 unter dem Punkt "Ziele + Maßnahmen", im zweiten Aufzählungspunkt die Wort- und Zeichenfolge "- für Bereiche an der A 14;" betrifft und im Planteil, auf Seite 14 die als grün dargestellte Fläche "Grüne Lunge Flotzbach" und in der dazugehörigen Legende das Wort "Sechs" betrifft, sowie des Flächenwidmungsplanes der Marktgemeinde Lauterach, beschlossen von der Gemeindevertretung der Marktgemeinde Lauterach am 13. März 2003, soweit er sich auf das Grundstück Nr 3546, EZ 700, KG Lauterach, bezieht, wie folgt entgegentritt (ohne die Hervorhebungen im Original):

"I. Zu den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes die Verfassungsmäßigkeit des §1 Abs1 litd Baugesetz betreffend

[…]

I.2. In der Stammfassung des Baugesetzes, LGBl Nr 52/2001, waren gemäß §1 Abs1 litd öffentliche Straßen, soweit es sich nicht um Gebäude handelt, vom Geltungsbereich des Baugesetzes ausgenommen.

Der Motivenbericht zur Regierungsvorlage zum Baugesetz in der Stammfassung (Blg. 45/2001 27. LT) führt dazu aus:

'Die Ausnahme der litd gilt nur für öffentliche Straßen, wie sie insbesondere im Straßengesetz (Landes-, Gemeinde-, Genossenschaftsstraßen und öffentliche Privatstraßen) und im BStG (Bundesstraßen) geregelt sind. Was als 'Straße' anzusehen ist, ist den straßenrechtlichen Vorschriften (Straßengesetz, BStG) zu entnehmen. Danach umfasst der Begriff 'Straße' nicht nur die Fahrbahn bzw. die für die Verkehrsteilnehmer ohne Fahrzeug zur Fortbewegung vorgesehene Grundfläche, sondern auch bestimmte andere Bestandteile. Die Ausnahme erstreckt sich jedoch – anders als die bisherige Ausnahme des §3 lita BauG – nicht auf Gebäude als Bestandteile öffentlicher Straßen. Die Geltung dieses Gesetzes auch für Gebäude, die Bestandteil einer Bundesstraße sind, ist kompetenzrechtlich unbedenklich. Nach dem für die Auslegung der Bundeskompetenz maßgeblichen Bundesstraßengesetz von 1921 zählten zu Bundesstraßen neben der Fahrbahn nämlich nur 'Straßengräben, Stütz- und Futtermauern, Brücken, Durchlässe u.dgl.', d.h. nur Anlagen, die technisch für die Errichtung der Straße unerlässlich sind, nicht aber Gebäude (wie z.B. Mautstellengebäude; Straßenmeisterei).'

§1 Abs1 litd Baugesetz lautet seit der Novelle LGBl Nr 11/2014 wie folgt:

'd) öffentliche Straßen, soweit es sich nicht um Gebäude handelt, es sei denn sie stehen in einem unmittelbaren technischen Zusammenhang mit der Errichtung oder dem Betrieb der Straße;'

Der Motivenbericht zur Novelle LGBl Nr 11/2014 (Blg. 90/2013 29. LT) führt dazu aus:

'Gemäß §1 Abs1 litd Baugesetz gilt das Baugesetz für alle Bauvorhaben; ausgenommen sind u.a. Bauvorhaben betreffend öffentliche Straßen, soweit es sich nicht um Gebäude handelt. Ein Gebäude ist ein überdachtes Bauwerk, das von Menschen betreten werden kann und mindestens einen Raum allseits oder überwiegend umschließt (§2 Abs1 liti Baugesetz). Ein Bauwerk ist eine Anlage, zu deren fachgerechter Herstellung bautechnische Kenntnisse erforderlich sind und die mit dem Boden in Verbindung steht (§2 Abs1 litf Baugesetz).

Was als 'Straße' anzusehen ist, ist den straßenrechtlichen Vorschriften (Straßengesetz, Bundesstraßengesetz) zu entnehmen (siehe dazu insb. die in §2 Abs2 lita bis e des Straßengesetzes, LGBl Nr 79/2012, genannten Bestandteile der Straße).

Mit der im Entwurf vorgesehenen Bestimmung ('in einem unmittelbaren technischen Zusammenhang mit der Errichtung oder dem Betrieb der Straße') soll nunmehr klargestellt werden, dass bei öffentlichen Straßen insbesondere folgende Anlagen vom Geltungsbereich des Baugesetzes ausgenommen sind, auch wenn es sich dabei um Gebäude oder Gebäudeteile (die nach den straßenrechtlichen Vorschriften Bestandteil der Straße sind) handelt:

Tunnel (mit Portalbauwerk); Fluchtstollen (mit Portalbauwerk), Querschläge, Fluchträume; Galerien; Lüftungsanlagen (z.B. Lüftungsgebäude, Schachtbauwerke, Lüfterkaverne); elektrotechnische Betriebsanlagen, Betriebsstationen, Betriebszentralen; Räume mit Pumpen (Pumpstationen) u.ä., z.B. bei Brückenbauwerken; Anlagen für die Löschwasserversorgung oder die Straßenentwässerung u. dgl.

Nicht in einem 'unmittelbaren technischen Zusammenhang' mit der Errichtung oder dem Betrieb einer öffentlichen Straße stehen beispielsweise Straßenmeistereien oder Bauhöfe des Straßenerhalters oder auch Raststationen (z.B. öffentliche WC-Anlagen).

Ein unmittelbarer technischer Zusammenhang mit der Errichtung oder dem Betrieb der Straße besteht auch nicht bei Kontrollplätzen (diese dienen u.a. der Kontrolle der Einhaltung der Tonnagebeschränkung von LKWs etc.); denn die Errichtung und der Betrieb der Straße hängen nicht von der Kontrolle der Einhaltung von Bestimmungen der StVO oder des KFG durch die Verkehrsteilnehmer ab.'

Dies zeigt, dass durch die Novelle LGBl Nr 11/2014 der Geltungsbereich des Baugesetzes für öffentliche Straßen im Vergleich zur Stammfassung wesentlich eingeschränkt wurde, indem auch Gebäude, welche in einem unmittelbaren technischen Zusammenhang mit der Errichtung oder dem Betrieb der Straße stehen, vom Geltungsbereich des Baugesetzes ausgenommen wurden. Dem Motivenbericht zur genannten Novelle ist jedoch zu entnehmen, dass Kontrollplätze nicht in einem unmittelbaren technischen Zusammenhang mit der Errichtung oder dem Betrieb der Straße stehen, weshalb auf Kontrollplätzen errichtete Gebäude, welche der Verkehrskontrolle dienen, nicht vom Geltungsbereich des Baugesetzes ausgenommen sind.

Im Folgenden wird daher zu prüfen sein, ob der Landesgesetzgeber gemäß Art15 Abs1 B-VG befugt ist, dem Zweck der Verkehrskontrolle dienende Gebäude auf Verkehrskontrollplätzen an Bundestraßen dem Geltungsbereich des Baugesetzes zu unterwerfen.

I.3. Was als Bestandteil einer Bundesstraße anzusehen ist, bestimmt §3 BStG 1971:

'Als Bestandteile der Bundesstraße gelten neben den unmittelbar dem Verkehr dienenden Flächen wie Fahrbahnen (zB Hauptfahrbahnen inklusive Kollektoren, Zu- und Abfahrtstraßen, Anschlussstellen samt ihren Rampen) und Parkflächen auch der Grenzabfertigung, der Verkehrsbeeinflussung, der Kontrolle oder der Bemautung dienende Grundflächen und Anlagen, weiters Anlagen im Zuge einer Bundesstraße wie Tunnel, Brücken, Durchlässe, Stütz- und Futtermauern, Straßenböschungen, Straßengräben und Sanitäranlagen, ferner Betriebsgrundstücke gemäß §27, sowie sonstige der Erhaltung und der Beaufsichtigung der Bundesstraßen dienende bebaute und unbebaute Grundstücke und Anlagen zum Schutz vor Beeinträchtigungen durch den Verkehr auf der Bundesstraße, insbesondere gegen Lärmeinwirkung.'

Für das gegenständliche Verfahren von Interesse ist, dass §3 erst durch die Novelle zum BStG 1971, BGBl I Nr 58/2006, dahingehend abgeändert wurde, dass auch der Kontrolle dienende Grundflächen und Anlagen als Bestandteile der Bundesstraße gelten.

Die Erläuterungen (RV 1333 BIgNR 22. GP) führen zu dieser Änderung aus:

'Ziel dieser Bestimmung ist die Klarstellung der Bestandteile der Bundesstraßen, indem der Fahrbahnbegriff durch beispielhafte Aufzählung klargestellt wird, Doppelnennungen bestimmter Anlagen (Maut- und Grenzabfertigungsanlagen) entfallen, Sanitäranlagen und Verkehrskontrollplätze sowie Verkehrsbeeinflussungsanlagen als Bundesstraßenbestandteile in die Bestimmung neu aufgenommen werden.'

Neben der Definition der Bestandteile der Bundesstraße in §3 enthält §27 BStG 1971 eine demonstrative Aufzählung, was unter Betrieben an Bundesstraßen zu verstehen ist. §27 BStG 1971 lautet:

'(1) Betriebe im Zuge von Bundesstraßen, die den Belangen der Verkehrsteilnehmer auf diesen dienen (wie Tankstellen, Raststätten, Motels, Werkstätten und dergleichen) und unmittelbare Zu-und Abfahrten zu diesen Straßen haben, dürfen nur mit Zustimmung des Bundes (Bundesstraßenverwaltung) errichtet werden. Jede bauliche Änderung eines solchen Betriebes bedarf der Zustimmung des Bundes (Bundesstraßenverwaltung). Die gewerberechtlichen Vorschriften werden hiedurch nicht berührt. Verkehrsflächen in diesem Bereich, insbesondere Zu- und Abfahrten zu und von den Betrieben, und Parkplätze, sind Bestandteile der Bundesstraßen (§3).

(2) Zu- und Abfahrten zu und von einzelnen Grundstücken dieser Betriebe sind unzulässig. Im Bereich dieser Betriebe sind Anschlüsse zum übrigen Straßennetz zulässig, sofern sie keine Verbindung mit der Bundesstraße ermöglichen. Die Behörde hat die Beseitigung eines durch vorschriftswidriges Verhalten herbeigeführten Zustandes auf Kosten des Betroffenen anzuordnen.'

I.4. Gemäß Art10 Abs1 Z9 B-VG, BGBl Nr 1/1930 idgF, sind 'Angelegenheiten der wegen ihrer Bedeutung für den Durchzugsverkehr durch Bundesgesetz als Bundesstraßen erklärten Straßenzüge außer der Straßenpolizei' in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache. Dieser Kompetenztatbestand wurde in seiner jetzigen Fassung durch Art1 Z1 des Bundesverfassungsgesetzes vom 6. Juli 1960, BGBl Nr 148/1960, geschaffen.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 11.01.1963 (VfSlg 4349/1963) festgestellt, dass der Inhalt des Kompetenzbegriffs 'Straßenangelegenheiten' danach zu beurteilen ist, in welcher rechtlichen Prägung die Rechtsordnung diesen Kompetenzbegriff im Zeitpunkt seiner Schaffung (das heißt im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1925, BGBl Nr 269/1925, am 1. Oktober 1925) verwendet hat (sog. 'Versteinerungstheorie'). In diesem Zeitpunkt war das Bundesgesetz vom 08. Juli 1921 betreffend die Bundesstraßen, BGBl Nr 387/1921, in Kraft, welches daher als Versteinerungsmaterial heranzuziehen ist.

Im oben genannten Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof folgenden Rechtssatz ausgesprochen:

'a) Die Erlassung von gesetzlichen Vorschriften über die Herstellung und Erhaltung des Straßenkörpers in allen seinen Bestandteilen (einschließlich der Gehsteige) ist hinsichtlich der Bundesstraßen gemäß Art10 Abs1 Z9 B.-VG. ('Angelegenheiten der wegen ihrer Bedeutung für den Durchzugsverkehr durch Bundesgesetz als Bundesstraßen erklärten Straßenzüge außer der Straßenpolizei') Sache des Bundes, hinsichtlich anderer Straßen gemäß Art15 Abs1 B.-VG. Sache der Länder'.

Somit ist klar, dass die Erlassung gesetzlicher Vorschriften über die Herstellung und Erhaltung des Straßenkörpers von Bundesstraßen in allen seinen Bestandteilen, worunter auch Gehsteige fallen, in die Kompetenz des Bundes nach Art10 Abs1 Z9 B-VG fällt.

Der Klärung bedarf allerdings, ob Verkehrskontrollplätze unter den Begriff 'Straßenkörper in allen seinen Bestandteilen' subsumiert werden können, wozu das als Versteinerungsmaterial dienende Bundesgesetz vom 08. Juli 1921 betreffend die Bundesstraßen heranzuziehen ist.

 

§24 Abs1 leg.cit. lautet:

'Die Benutzung von Bundesstraßen und der dazu gehörigen Anlagen, wie Straßengräben, Stütz-und Futtermauern, Brücken, Durchlässe u. dgl. für andere Zwecke als für den Gemeingebrauch bedarf der Bewilligung der Bundesstraßenverwaltung. Insoweit solche Benutzungsrechte ordnungsgemäß an einer vom Bunde übernommenen Straße begründet worden sind, bleiben sie auch nach deren Umwandlung in eine Bundesstraße aufrecht. Die Bundesstraßenverwaltung kann jedoch jederzeit eine entsprechende Abänderung der hergestellten Einrichtungen verlangen, falls die

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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