TE Vwgh Erkenntnis 2000/1/28 97/02/0396

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Veröffentlicht am 28.01.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/02 Arbeitnehmerschutz;

Norm

AAV §24 Abs6;
AAV §8 Abs1;
ASchG 1994 §106 Abs3 Z2;
ASchG 1994 §130 Abs5 Z1;
ASchG 1994 §99 Abs3 Z3;
VStG §26 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Breunlich, über die Beschwerde des ES in W, vertreten durch Dr. Ferdinand Neundlinger, Rechtsanwalt in Wien XVIII, Schopenhauerstraße 14, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 23. Oktober 1996, Zl. UVS-07/S/03/10/96, betreffend Übertretungen von Arbeitnehmerschutzvorschriften, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565.-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 18. Bezirk, vom 21. Dezember 1995 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe es als Generalsekretär und somit zur Vertretung nach außen berufenes Organ eines näher genannten Vereins zu verantworten, dass in der von diesem Verein eingerichteten Arbeitsstätte (Krankenhaus) an einem näher genannten Ort in Wien die zum Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer erlassenen Vorschriften insofern nicht eingehalten wurden, als ad I im Zeitraum vom 8. Feber 1994 bis 6. April 1995 folgende Mängel bestanden hätten:

I: 1) Im Apothekenbereich (2. Kellergeschoß) seien ständige Arbeitsplätze eingerichtet worden, obwohl dies mangels Belichtung und Sichtverbindung mit dem Freien untersagt sei. Im Apothekendepot seien zwei näher genannte Arbeitnehmerinnen jeweils 8 bis 9 Stunden beschäftigt gewesen und auch anlässlich der Inspektion bei einschlägigen Tätigkeiten der Medikamentenmanipulation dort angetroffen worden.

2) Im Wäschelager (2. Kellergeschoß) seien ständige Arbeitsplätze eingerichtet worden, obwohl dies mangels Belichtung und Sichtverbindung mit dem Freien untersagt sei. Im Wäschelager seien zwei näher genannte Arbeitnehmerinnen jeweils ca. 3 Stunden (von 8 Std.) mit Ein- und Auslagerungsarbeiten von Wäsche, selten mit Näharbeiten, beschäftigt worden.

II: 3) Am 6. April 1995 seien unmittelbar vor dem Ausgang im Erdgeschoß (Lieferantenein- und -ausgang) am Gang, der zusätzlich einen Fluchtweg darstelle, folgende Lagerungen vorgenommen worden:

10 Stk. große Sauerstoffflaschen (stehend, ungesichert) 6 Stk. kleine Sauerstoffflaschen

6 Stk. Gittercontainer für Wäsche (Abmaße 0,6 x 0,9 x 1,6 m).

Er habe dadurch ad 1) und 2) § 8 Abs. 1 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV), BGBl. Nr. 218/1983, übergeleitet durch § 106 Abs. 3 Z. 2 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), BGBl. Nr. 450/1994, wonach Arbeitsräume ins Freie führende Lichtaustrittsflächen besitzen müssen, deren Summe mindestens ein Zehntel der Fußbodenfläche betragen muss und wonach mindestens eine etwa in Augenhöhe gelegene Sichtverbindung mit dem Freien in einer Größe von mindestens einem Zwanzigstel der Fußbodenfläche vorhanden sein muss, übertreten.

Ferner habe er ad 3) § 24 Abs. 6 AAV, übergeleitet durch § 106 Abs. 3 Z. 3 AschG, übertreten, wonach auf Gängen auch vorübergehend keine Lagerungen vorgenommen werden dürfen.

Deshalb wurden über ihn drei Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) gemäß § 130 Abs. 5 Z. 1 ASchG verhängt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, welcher mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 23. Oktober 1996 "keine Folge" gegeben und das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt wurde, dass die Punkte 1) bis 3) der Tatumschreibungen wie folgt zu lauten haben:

1) Im Zeitraum vom 8. Feber 1994 bis 6. April 1995 habe ein Arbeitsraum im Apothekenbereich im zweiten Kellergeschoß, nämlich das Apothekendepot, keine ins Freie führenden Lichteintrittsflächen und keine Sichtverbindung mit dem Freien besessen.

2) Im Zeitraum vom 8. Feber 1994 bis 6. April 1995 habe ein weiterer Arbeitsraum im zweiten Kellergeschoß, nämlich das Wäschelager, keine ins Freie führenden Lichteintrittsflächen und keine Sichtverbindung mit dem Freien besessen.

3) Am 6. April 1995 seien unmittelbar vor dem Ausgang im Erdgeschoß auf dem Gang Lagerungen, nämlich 10 Stück große Sauerstoffflaschen (stehend ungesichert), 6 Stück kleine Sauerstoffflaschen und 6 Stück Gittercontainer für Wäsche (Abmaße 0,6 x 0.9 x 1,6 m), vorgenommen worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Der Beschwerdeführer wendet zunächst ein, im angefochtenen Bescheid werde eingeräumt, dass der Landeshauptmann eine Zuständigkeit zur Zulassung von Ausnahmegenehmigungen, insbesondere im Sinne des § 8 Abs. 1 AAV in Anspruch nehmen könne. Weil im Genehmigungsbescheid (gemeint: Bescheid des Landeshauptmanns von Wien vom 15. März 1991 betreffend eine Änderung einer arbeitnehmerschutzrechtlichen Betriebsbewilligung gemäß § 27 Abs. 3 und 4 Arbeitnehmerschutzgesetz, BGBl. Nr. 234/1972, für eine näher genannte private Krankenanstalt) über keinerlei (erörterte und nicht erörterte) Ausnahmegenehmigungen abgesprochen worden sei, habe der Landeshauptmann nach Ansicht der belangten Behörde eine derartige Kompetenz nicht in Anspruch genommen. Dem sei entgegenzuhalten, dass der Landeshauptmann im Genehmigungszeitpunkt die einzige zuständige Behörde gewesen sei. Es seien auch die Hinweise der Berufung auf "§ 100 Abs. 3 ASchG" (gemeint wohl: § 99 Abs. 3 Z. 3 AschG 1994) und auf § 99 AAV, wonach bei Krankenanstalten der Landeshauptmann als zuständige Behörde anzusehen sei, unbeachtet geblieben. Wäre die Rechtsansicht der belangten Behörde richtig, würde das bedeuten, dass der Magistrat der Stadt Wien (gemeint wohl: als Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz) zumindest nachträglich eine Kompetenz in Anspruch nehme, die dem Landeshauptmann von Wien zustehe. Das vorliegende Straferkenntnis sowie auch der angefochtene Bescheid seien von einer unzuständigen Behörde erlassen worden.

Nach § 130 Abs. 5 Z. 1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (AschG 1994), BGBl. Nr. 450/1994, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 2.000 S bis 100.000 S, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 4.000 S bis 200.000 S zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem

9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

Die dem 9. Abschnitt angehörende Bestimmung des § 106 Abs. 3 AschG 1994 mit den im Beschwerdefall maßgeblichen Z. 2 und 3 lautet:

"(3) Bis zum Inkrafttreten einer Verordnung nach diesem Bundesgesetz zur Durchführung des 2. Abschnittes gelten für Arbeitsstätten die nachstehend angeführten Bestimmungen der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) als Bundesgesetz:

1.

.....

2.

Für die Belichtung der Arbeitsräume gilt § 8 AAV mit der Maßgabe, dass die Genehmigung von Ausnahmen gemäß § 8 Abs. 3 durch die zuständige Behörde zu erfolgen hat.

              3.              Für Ausgänge und Verkehrswege in Arbeitsstätten gelten § 22 Abs. 1 bis 5 und 7, §§ 23 bis 26, § 27 Abs. 1 und § 28 AAV.

§ 21 AAV gilt mit der Maßgabe, dass in Abs. 2 die Worte im Sinne des § 10 des Arbeitnehmerschutzgesetzes'' entfallen.

....."

Nach § 99 Abs. 3 Z. 3 AschG 1994 ist, soweit in diesem Bundesgesetz auf die „zuständige Behörde'' verwiesen wird, darunter bei Krankenanstalten, deren Errichtung und Betrieb nach den in Ausführung des Krankenanstaltengesetzes, BGBl. Nr. 1/1957, ergangenen landesgesetzlichen Bestimmungen einer Genehmigung durch die Landesregierung bedarf, der Landeshauptmann zu verstehen.

In den Erläuterungen betreffend die Regierungsvorlage zum AschG 1994 (1590 der Beilagen zu den Stenografischen Protokollen des Nationalrates, XVIII. GP, S. 119) wird zu § 99 Abs. 3 leg. cit. u. a. ausgeführt, dass diese Bestimmung "im Einzelnen die Behördenzuständigkeit für jene Vorschreibungen, Ausnahmen usw., die eine Entscheidung der 'zuständigen Behörde' vorsehen", regelt. Wie schon dem Wortlaut des § 106 Abs. 3 Z. 2 AschG 1994 zu entnehmen ist, wird nur hinsichtlich der "Genehmigung von Ausnahmen gemäß § 8 Abs. 3" (AAV) auf die "zuständige Behörde" verwiesen. Daraus ist aber zu ersehen, dass der Gesetzgeber nicht beabsichtigte, hinsichtlich der Behördenzuständigkeit für Verwaltungsstrafverfahren betreffend eine Übertretung nach § 8 Abs. 1 AAV in erster Instanz durch § 106 Abs. 3 Z. 2 in Verbindung mit § 99 Abs. 3 Z. 3 AschG 1994 eine von § 26 Abs. 1 VStG abweichende Regelung zu schaffen, weshalb die belangte Behörde im Ergebnis zu Recht von der Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz ausgegangen ist. Die Zuständigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate zur Behandlung von Berufungen im Verwaltungsstrafverfahren ist insbesondere in § 51 Abs. 1 VStG festgelegt, weshalb auch der Rüge der Unzuständigkeit der belangten Behörde keine Berechtigung zukommt.

Nach Ansicht des Beschwerdeführers lägen die Verwaltungsübertretungen "nach § 8 Abs. 1 und § 24 Abs. 6 AAV" nicht vor. Der angefochtene Bescheid berücksichtige nicht die Kenntnis des Arbeitsinspektorates von der gegebenen Situation im Apothekenbereich und im Wäschelager seit 5. März 1991, insbesondere dass "diese Umstände" bis 1995 "nicht beanstandet" worden seien. Unberücksichtigt bleibe auch, dass das Protokoll der Augenscheinsverhandlung vom 5. März 1991 keinerlei Einsprüche oder Hinweise des Arbeitsinspektors enthalte und nicht einmal "pflichtgemäße Hinweise" auf die Notwendigkeit einer Ausnahmegenehmigung gemacht worden seien. Von der belangten Behörde werde ein Hinweis auf Seite 4 des Augenscheinsprotokolls übergangen, worin festgehalten worden sei, dass im Zuge der Verhandlung von der Antragstellerseite der Antrag auf Bewilligung des geänderten Projektes auch nach dem Arbeitnehmerschutzgesetz gestellt worden sei. Wäre der Vertreter des Arbeitsinspektorates im Zuge dieser Augenscheinsverhandlung auch hinsichtlich der nunmehr getätigten Vorwürfe betreffend das Wäschelager und das Apothekenlager tätig geworden, wären dafür ebenfalls sofort die Ausnahmegenehmigungen beantragt worden und "mit allergrößter Wahrscheinlichkeit" ebenso wie für die anderen Räume erteilt worden. Der "nachträgliche Schuldvorwurf" nach vier Jahren erscheine rechtlich mehr als fraglich und sei keinesfalls geeignet, eine subjektive Tatseite zu begründen. Die protokollierte Antragstellung "Im Zuge der Verhandlung wird von Antragstellerseite der Antrag auf Bewilligung des geänderten Projektes auch nach dem Arbeitnehmerschutzgesetz gestellt" begründe die Rechtsmeinung des Beschwerdeführers. Damit seien die erforderlichen Anträge hinsichtlich des gesamten geänderten Projektes gestellt worden.

Mit dem Antrag auf Erteilung einer behördlichen Genehmigung seien nach Ansicht des Beschwerdeführers auch allfällige notwendige Ausnahmegenehmigungen, ohne dass diese extra beantragt werden müssten, jedenfalls als beantragt anzusehen. Die "Bewilligung des gesamten Projektes" (offenbar gemeint: durch den Bescheid des Landeshauptmanns von Wien vom 15. März 1991) habe zwangsläufig zur Folge, dass anzunehmen sei, dass über alle erforderlichen Ausnahmegenehmigungen ebenfalls abgesprochen worden sei. Bei einer Erstbewilligung einer Betriebsanlage werde der gesamte Betrieb in dem zum Zeitpunkt der Erteilung der Betriebsanlagenbewilligung zur Kenntnis genommenen Umfang bewilligt. Andernfalls müssten im Bewilligungsbescheid entsprechende Teile ausgenommen werden.

Sowohl die erwähnte Augenscheinsverhandlung vom 5. März 1991 als auch der Bescheid des Landeshauptmanns von Wien vom 15. März 1991 bezogen sich auf eine Änderung der Betriebsbewilligung nach § 27 Abs. 3 und 4 ASchG 1972. In § 27 Abs. 3 leg. cit. wird auf Gefährdungen nach § 27 Abs. 1 leg. cit. verwiesen.

Nach § 27 Abs. 1 erster Satz ASchG 1972 dürfen Betriebe, bei deren Führung infolge der Art der Betriebseinrichtungen , der Betriebsmittel, der verwendeten Arbeitsstoffe oder der Arbeitsverfahren in besonderem Maße eine Gefährdung des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer auftreten kann, nur aufgrund einer Bewilligung der zuständigen Behörde geführt werden.

Der mit Bescheid vom 15. März 1991 erteilten Änderungbewilligung nach § 27 Abs. 3 und 4 ASchG 1972, die den Verwaltungsakten zuliegt, kann nicht entnommen werden, dass die seinerzeitige Bewilligungsbehörde (unzuständigerweise; vgl. § 3 Abs. 2 ASchG 1972 i.V.m. § 8 Abs. 3 AAV) auch eine Ausnahmebewilligung für die von den Punkten 1 und 2 des Straferkenntnisses erfassten Arbeitsräume (Apothekendepot und Wäschelager, jeweils im 2. Kellergeschoß) erteilt hätte.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung am 9. August 1996 wurde vom Beschwerdeführer gegenüber der belangten Behörde angegeben, dass bis zu diesem Zeitpunkt keine Ausnahmebewilligung nach § 8 Abs. 3 AAV vom gegenständlichen Krankenhausverein erwirkt wurde. Die belangte Behörde ging somit zutreffend vom Fehlen einer Ausnahmebewilligung nach § 8 Abs. 3 AAV für die in den Spruchpunkten 1 und 2 genannten Arbeitsräume und daher auch von einer Verwirklichung der objektiven Tatseite der Übertretungen nach § 8 Abs. 1 AAV in Verbindung mit § 106 Abs. 3 Z. 2 AschG 1994 aus.

Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers - worauf die belangte Behörde im Rahmen eines Vorhalts gegenüber dem Beschwerdeführer im Zuge der vorgenannten mündlichen Verhandlung am 9. August 1996 hinwies - wurde vom Arbeitsinspektor bereits im Zuge der Augenscheinsverhandlung vom 5. März 1991 auf die Notwendigkeit einer Ausnahmebewilligung nach § 8 Abs. 3 AAV für Räume ohne Lichteintrittsflächen hingewiesen. Dass der Beschwerdeführer aufgrund einer von ihm vertretenen unzutreffenden gegenteiligen Rechtsansicht eine solche Ausnahmebewilligung für derartige Räume für nicht erforderlich erachtete und in der Folge eine diesbezügliche Ausnahmegenehmigung nicht erwirkte, zeigt nicht auf, dass etwa ein unverschuldeter Rechtsirrtum seinerseits vorgelegen wäre, zumal ihm (als bei der Augenscheinsverhandlung für den antragstellenden Verein anwesenden Vertreter) das Erfordernis einer Ausnahmebewilligung nach § 8 Abs. 3 AAV für Arbeitsräume ohne ins Freie führende Lichteintrittsflächen schon damals vom Arbeitsinspektor zur Kenntnis gebracht wurde.

Ferner ist dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, dass der Bestrafung eine ausdrückliche Beanstandung der Verwendung des Apothekendepots und des Wäschelagers als Arbeitsräume durch den Arbeitsinspektor als Ergebnis der Besichtigung vom 12. Jänner 1994 mit Schriftsatz vom 8. Februar 1994 voranging und die Verwendung dieser Räume als Arbeitsräume dennoch - ohne eine entsprechende Ausnahmebewilligung zu erwirken - beibehalten wurde. In diesem Schriftsatz des Arbeitsinspektors wurde auch auf die Unzulässigkeit der Lagerung von Gegenständen auf Stiegen und Gängen - insbesondere im Gangbereich des Erdgeschosses beim Lieferanteneingang - hingewiesen. Der Beschwerdeführer vermag daher unter Hinweis auf die Vorgänge aus dem Jahre 1991 nicht darzutun, dass ihn - als im Tatzeitraum zur Vertretung des gegenständlichen Vereins nach außen Verantwortlichen - kein Verschulden an den angelasteten Verwaltungsübertretungen trifft.

Der Beschwerdeführer rügt schließlich im Zusammenhang mit der nach Spruchpunkt 3 angelasteten Verwaltungsübertretung, es sei im Ermittlungsverfahren in keiner Form festgehalten worden, ob der ebenerdige Gang durch die Wäschekörbe bzw. Gasflaschen "in einer relevanten Form" verstellt gewesen sei. Bei der gegebenen Breite und Aufstellung der Flaschen nebeneinander an der Gangwand ergebe sich beispielsweise keinerlei Relevanz. Ferner sei im Ermittlungsverfahren die Frage, was eine Lagerung nach dieser Gesetzesstelle sei, unrichtig gelöst worden und jedes nur kurzfristige Abstellen im Widerspruch zum Sinn des Gesetzes als Lagerung gewertet worden. Eine Verwaltungsübertretung, "die durch Dritte begangen werde", nämlich durch Zulieferfirmen, könne bestenfalls durch Duldung nach einer gewissen Zeit vorliegen. Es könne aber nicht verlangt werden, dass der Generalsekretär des Krankenhausvereins "alle halben Stunden" die "Eingänge, Treppenhäuser etc." in einem großen Spital inspiziere.

Nach § 24 Abs. 6 AAV dürfen auf Stiegen und Gängen auch vorübergehend keine Lagerungen vorgenommen werden. Auf sonstigen Verkehrswegen dürfen die durch die Arbeitsvorgänge und Arbeitsverfahren vorübergehend notwendigen Lagerungen nur dann vorgenommen werden, wenn die geforderte Mindestbreite der Verkehrswege nicht verringert ist.

Im Gegensatz zu sonstigen Verkehrswegen verbietet § 24 Abs. 6 erster Satz AAV schlechthin "Lagerungen" auf Stiegen und Gängen. Auf ein Verstellen des Ganges "in einer relevanten Form" - etwa wegen ausreichender Mindestbreite des Ganges oder wegen der Art der Aufstellung der Gegenstände (z.B. entlang der Gangwand) - kommt es nach § 24 Abs. 6 erster Satz AAV nicht an. Mit der Wendung "auch vorübergehend" wird zum Ausdruck gebracht, dass jegliche - wenngleich auch kurzfristige - Lagerung (z.B. auch das Abstellen von gelieferten Waren am Gang in unmittelbarer Nähe eines Ausgangs bis zu deren Abholung durch Arbeitnehmer des Krankenhauses) gemeint ist, zumal gerade von den in Gängen - noch dazu in unmittelbarer Nähe eines Ausgangs - gelagerten Gegenständen (z.B. wegen der damit verbundenen Beeinträchtigung eines möglichen Fluchtweges) für die Arbeitnehmer nicht unerhebliche Gefahren ausgehen, die aufgrund dieser Bestimmung unterbunden werden sollen. Es bedurfte daher auch keiner ergänzenden Ermittlungen im Sinne der Ausführungen des Beschwerdeführers.

Den Arbeitgeber als Normadressaten des § 24 Abs. 6 AAV (vgl. auch § 130 Abs. 5 Z. 1 AschG 1994; arg.: "..., wer als Arbeitgeber/in ... zuwiderhandelt ...") trifft aber auch die Pflicht, dass ein Verstoß gegen diese Vorschrift nicht durch betriebsfremde Personen - etwa durch Lieferanten - herbeigeführt wird (vgl. in diesem Zusammenhang auch das zu § 23 Abs. 3 AAV in Bezug auf das Verstellen eines Notausganges durch einen Kunden ergangene hg. Erkenntnis vom 9. Feber 1992, Zl. 91/19/0362). Der Hinweis auf die Begehung der Tat durch Dritte geht daher schon aus diesem Grund ins Leere. Überdies zeigte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend auf, dass es auch an der Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems bezüglich der Einhaltung der sich aus § 24 Abs. 6 erster Satz AAV ergebenden Verpflichtung fehlte.

Die sich somit insgesamt als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 28. Jänner 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1997020396.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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