TE Vwgh Beschluss 2018/6/19 Ra 2018/03/0023

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Veröffentlicht am 19.06.2018
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Index

E1P
L65008 Jagd Wild Vorarlberg
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
40/01 Verwaltungsverfahren
64/05 Sonstiges besonderes Dienstrecht und Besoldungsrecht

Norm

AVG §45 Abs2
AVG §52
AVG §53
AVG §53 Abs1
AVG §7
AVG §7 Abs1
AVG §7 Abs1 Z3
AVG §7 Abs1 Z4
B-VG Art130 Abs1
B-VG Art133 Abs4
JagdG Vlbg 1988 §43 Abs2
JagdG Vlbg 1988 §54 Abs4
MRK Art6
RStDG §57 Abs1
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGG §53 Abs1
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §18
VwGVG 2014 §6
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2018/03/0024
Ra 2018/03/0025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revisionen 1. des W G in B, Deutschland, 2. der Agrargemeinschaft A in R sowie 3. der Hegegemeinschaft W in R, alle vertreten durch die Sutterlüty Klagian Brändle Gisinger Rechtsanwälte GmbH in 6850 Dornbirn, Marktstraße 4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 20. Dezember 2017, Zl. LVwG-310-5/2016-R15, betreffend Untersagung einer Rotwildfütterung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bludenz),

Spruch

1. den Beschluss gefasst:

Die Revision der erst- und zweitrevisionswerbenden Parteien wird zurückgewiesen.

Die erst- und zweitrevisionswerbenden Parteien haben dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

2. zu Recht erkannt:

Das angefochtene Erkenntnis wird über Revision der drittrevisionswerbenden Partei wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat der drittrevisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit Bescheid vom 11. November 2016 untersagte die Bezirkshauptmannschaft Bludenz gemäß § 43 Abs. 2 Vorarlberger Jagdgesetz 1988, LGBl. Nr. 32/1988 (zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 78/2017; im Folgenden: Vlbg. JagdG 1988), die „Neuerrichtung der Rotwildfütterung L.“ und ordnete gemäß § 36 Abs. 3 der Verordnung der Landesregierung über das Jagdwesen (im Folgenden: Jagdverordnung), LGBl. Nr. 24/1995 (zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 75/2017), die rotwildsichere Einzäunung der bestehenden Rehfütterung L. bis zur Aufnahme des Fütterungsbetriebes an. Als Bearbeiter ist im Bescheid M. B. angeführt. Unterfertigt wurde der Bescheid vom Bezirkshauptmann. Der Bescheid erging an den Jagdverfügungsberechtigten und Jagdnutzungsberechtigten der Eigenjagd L. (erst- und zweitrevisionswerbende Parteien) sowie an die drittrevisionswerbende Hegegemeinschaft.

2        Die Bezirkshauptmannschaft stützte die Untersagung der „Errichtung der Fütterung sowie der Fütterung des Rotwildes“ nach § 43 Abs. 2 Vlbg. JagdG 1988 gemäß ihrer Begründung unter anderem auf die im Verfahren nach dem Vlbg. Baugesetz, LGBl. Nr. 52/2001, in der Fassung LGBl. Nr. 54/2015, betreffend die Errichtung der Rotwildfütterung L. erstattete Stellungnahme des Amtssachverständigen aus dem Fachbereich Forsttechnik. Der forstfachliche Amtssachverständige habe sich in diesem Verfahren angesichts der besonderen Verwendung des Objekts nicht ablehnend zur Errichtung des Gebäudes in Waldnähe geäußert, habe den Ortsaugenschein jedoch auch zum Anlass genommen, die Voraussetzungen für die Errichtung der Rotwildfütterung vor Ort zu analysieren und habe darüber unter Berufung auf die jagdrechtlichen Bestimmungen ein ablehnendes Gutachten erstattet, welches auch dem Jagdschutzorgan, dem Jagdverfügungsberechtigten und der Hegegemeinschaft unter Hinweis auf die relevanten jagdrechtlichen Bestimmungen zur Kenntnis übermittelt worden sei. Er habe unter anderem festgestellt, dass die Fütterung in unmittelbarer Nachbarschaft zu verbiss-, fege- sowie schälschadensgefährdeten Jungbeständen situiert und folglich davon auszugehen sei, dass dort eine untragbare Wildschadenssituation durch die Errichtung und den Betrieb der Fütterung induziert werde. Es handle sich dabei um Jungbestände im Verjüngungs- bis Dickungsstadium, die die Wald-Weide-freigestellten unmittelbar angrenzenden, südexponierten und mäßig steilen, mit Karst- und Gipsdolinen durchsetzten Hänge bestockten und damit auch attraktive Rotwildeinstandsgebiete darstellten mit damit einhergehender Wildschadensgefahr. Die Walderhaltung des betroffenen Jungwaldes, der als Standortschutzwald der WEP-Wertziffer 3 einzustufen sei, sei im öffentlichen Interesse gelegen. Angesichts der in der dortigen subalpinen Waldstufe gegebenen limitierenden Standortsfaktoren (Austrocknung, Erosion, Schneemächtigkeit mit Lawinen, Schneegleiten sowie Schneepilzgefahr) mit der damit einhergehenden sehr verzögerten Regeneration im Falle von Schäden am Wald habe der forstfachliche Amtssachverständige eine ablehnende Stellungnahme zum Ansinnen, dort eine Rotwildfütterung zu errichten, erstattet. Es sei damit nicht zu bestätigen, dass die Rotwildfütterung für die Vermeidung untragbarer Wildschäden während der Zeit der Vegetationsruhe und des Vegetationsbeginnes erforderlich sei, sondern ganz im Gegenteil, es sei laut forstfachlichem Gutachten zu erwarten, dass damit Schäden in dem zur Verjüngung anstehenden Schutzwald induziert würden - in einem vorhandenen Jungwuchs, der hinsichtlich Strukturierung und Vitalität der von Wald-Weide stark gezeichneten Waldbestände mit sehr unzureichender standortsangepasster Verjüngung auf der Alpe L. als weit überdurchschnittlich zu beurteilen sei.

3        Dagegen erhoben die revisionswerbenden Parteien Beschwerde an das Verwaltungsgericht.

4        In der am 29. Juni 2017 vor dem Verwaltungsgericht stattgefundenen Verhandlung erfolgte die Einvernahme des im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft erwähnten und vom Verwaltungsgericht beigezogenen Amtssachverständigen aus dem Fachbereich Forsttechnik. Aus dem diesbezüglichen Protokoll ergibt sich wörtlich:

„Über Fragen des Vertreters der Beschwerdeführer:

Die Anfrage der Frau [C. M.] von der Gemeinde [R. (Sachbearbeiterin der Behörde nach dem Vlbg. BauG)] ist an mich persönlich adressiert gewesen und ich habe daraufhin meine Stellungnahme vom 29.09.2016 als forsttechnischer Amtssachverständiger erstattet. Sie haben mir die Unterlagen über die Fütterung im Rahmen des Baurechtsverfahren übermittelt und die Stellungnahme des DI [S. (Amtssachverständiger aus dem Fachbereich Wildökologie)] übermittelt und mich um Stellungnahme gebeten. Es ist richtig, dass die Aktenzahl dieses Schreibens dieselbe Aktenzahl, wie der angefochtene Bescheid aufweist. Ich hatte bereits Kenntnis von der geplanten Fütterungsstelle, weil der verantwortliche Jagdaufseher [...] den Waldaufseher darüber informiert hat und der Waldaufseher [...], dessen Vorgesetzter ich bin, hat mich dann darüber informiert. Ich kann heute nicht mehr genau sagen, wann das war. Ich denke es war circa eine Woche vor der Mitteilung der Frau [M.] gewesen. Als Hinweis für den Jagdnutzungsberechtigten und den Jagdverfügungsberechtigten habe ich in dieser Stellungnahme auch auf die jagdrechtliche Situation hingewiesen. Ich bin davon ausgegangen, wie im Schreiben vom 29.09.2016 auch festgehalten, dass die Fütterung auf Nichtwaldstandort projektiert ist. Über Vorhalt des Vertreters der Beschwerdeführer, dass in diesem Fall der § 33 der Jagdverordnung nicht anwendbar ist, weil sich § 33 der Jagdverordnung explizit auf den Standort der Fütterung bezieht und nicht auf das Einstandsgebiet, gebe ich an, dass ich den Fütterungsstandort so weit gefasst habe bzw. so weitläufig verstehe, dass auch dieses Einstandsgebiet unter den Fütterungsstandort subsumiert wird. Die ‚jagdbehördliche Abwägung‘ in jenem Schreiben habe ich auch deshalb gemacht, weil ich Abteilungsleiter der Jagdabteilung in der BH Bludenz bin und die Jagdagenden wahrzunehmen habe. Ob dadurch der Eindruck entsteht, dass diese Stellungnahme ein jagdbehördliches Schreiben darstellt, kann ich nicht beurteilen.“

5        Das Verwaltungsgericht gab den Beschwerden mit einer Modifikation des Spruchs teilweise („insoweit“) Folge, als der Spruch des angefochtenen Bescheides wie folgt zu lauten habe:

„Gemäß § 43 Abs. 2 des Jagdgesetzes (JagdG) wird die angezeigte Rotwildfütterung im Eigenjagdgebiet [L.] untersagt.

Gemäß § 43 Abs. 3 lit. b JagdG iVm § 34 der Jagdverordnung wird festgelegt, dass die Untersagung der Fütterung erst mit Ablauf der laufenden Fütterungsperiode in Kraft tritt.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.“

6        Das Verwaltungsgericht stellte fest, die Eigenjagd L. gehöre zur Wildregion W und liege im hinteren Mtal. Sie umfasse eine Fläche von ca. 972 ha, während das gesamte Mtal eine Größe von ca. 4.500 ha aufweise. Die Rotwildfütterung sei nicht auf Waldfläche situiert. Im unmittelbaren Einstandsbereich um die Fütterung bestehe eine blößige forstliche Vegetation, primär aus Fichte mit einem Bestockungsgrad von 0,3. Im Bereich der Rotwildfütterung seien keine untragbaren Wildschäden an der forstlichen Vegetation vorhanden. Die in unmittelbarer Nähe befindliche Rehwildfütterung sei rotwildsicher eingezäunt worden.

7        Die getroffenen Feststellungen seien im Wesentlichen unbestritten. Insbesondere sei unbestritten, dass im Bereich der gegenständlichen Rotwildfütterung keine untragbaren Wildschäden an der forstlichen Vegetation vorhanden seien. Die im Erkenntnis wiedergegebenen Stellungnahmen des wildökologischen und des forstfachlichen Amtssachverständigen, des von den Revisionswerbern beauftragten Privatsachverständigen für Jagd- und Wildschäden und des als Zeugen einvernommenen Vertreters der Agrargemeinschaft würden das Parteienvorbringen, wonach im Bereich der gegenständlichen Rotwildfütterung keine untragbaren Wildschäden an der forstlichen Vegetation vorhanden seien, bestätigen.

8        Betreffend die aktuellen, durch das Rotwild im letzten Jahr entstandenen Schäden sei zunächst festzuhalten, dass sowohl der wildökologische als auch der forsttechnische Amtssachverständige eigene Befundungen des Gebietes um den Fütterungsstandort vorgenommen hätten. Demgegenüber baue der Privatsachverständige seine Schlussfolgerungen auf den Befundungen der beiden Amtssachverständigen auf, ohne eigene Wahrnehmungen gemacht zu haben. Die sachverständige Beurteilung des Privatsachverständigen orientiere sich weiters an allgemeinen Kriterien/Anforderungen, ohne jedoch auf die konkrete Situation im Speziellen einzugehen. Woraus der Sachverständige dann den Schluss ziehe, dass die umgebenden Fichtenbestände eine geringe Schälschadendisposition aufwiesen, führe er nicht näher aus. Schlussendlich habe er eine Interessenabwägung durchgeführt und sehe ein Überwiegen des wildökologischen und jagdlichen Nutzens gegenüber den forstlichen Bedenken. Demgegenüber gestehe der wildökologische Amtssachverständige einen gewissen Wildeinfluss auf den vorhandenen Wald/Baumbestand zu, auch wenn er den durch Wild verursachten Schaden nicht für untragbar erachte. Der forsttechnische Amtssachverständige wiederum habe den aktuellen Wildeinfluss dokumentiert und in der mündlichen Verhandlung ein entsprechendes Konvolut an Fotos vorgelegt. Auf diesen Bildern könnten die vom Amtssachverständigen festgestellten aktuellen Wildschäden nachvollzogen werden. Es stehe somit außer Zweifel, dass das Rotwild seit Beginn der Fütterung einen schädigenden Einfluss auf den Waldbestand im Bereich der Fütterung genommen habe, auch wenn dieser Einfluss bis dato noch nicht zu untragbaren Schädigungen am Waldbestand geführt habe.

9        In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf § 43 Abs. 2 Vlbg. JagdG 1988, die dieser Bestimmung zugrunde liegenden Gesetzesmaterialien (3. Beilage im Jahre 1988 zu den Sitzungsberichten des XXIV. Vorarlberger Landtages, S. 44 f) und das Erkenntnis VwGH 22.11.2017, Ra 2017/03/0014, aus, dass eine (Notzeit-)Fütterung des Wildes einzig und allein zu dem Zweck erfolgen dürfe, dass keine (weiteren) untragbaren Schäden entstünden. Im Umkehrschluss sei die Behörde somit verpflichtet, eine Fütterung zu untersagen, wenn auch ohne Fütterung keine untragbaren Schäden zu erwarten seien, weil die Fütterung in diesem Fall nicht notwendig sei, um untragbare Schäden zu vermeiden.

10       Dass im gegenständlichen Bereich untragbare Wildschäden vorlägen, sei nicht vorgebracht worden; vielmehr hätten die Beschwerdeführer selbst mehrfach darauf hingewiesen, dass gerade keine solchen Schäden im Gebiet um die Fütterung vorhanden seien. Auch die Ergebnisse des Beweisverfahrens hätten ergeben, dass im Einstandsbereich der Fütterung keine untragbaren Wildschäden vorhanden seien. Es bestehe deshalb auch keinerlei Notwendigkeit zur Fütterung des Rotwildes im Sinne des § 43 Abs. 2 Vlbg. JagdG 1988 in diesem Gebiet. Vielmehr müsse die Fütterung untersagt werden, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür gerade nicht vorlägen.

11       Zum Vorbringen, wonach der errichtete Fütterungsplatz sehr gut wildökologischen Kriterien einer Rotwildfütterung entspreche, sei anzumerken, dass diesem Vorbringen im Verfahren nach § 43 Abs. 2 Vlbg. JagdG 1988 keine Relevanz zukomme. Auf wildökologische Aspekte komme es ebenso wenig an wie auf TBC-präventive Wirkungen, weshalb auch die TBC-Problematik nicht mit Erfolg für die Notwendigkeit einer Fütterung ins Treffen geführt werden könne. Der TBC-Gefahr sei vielmehr durch die konsequente Reduktion des Wildbestandes zu begegnen.

12       Zum Vorbringen die Waldweide betreffend sei festzuhalten, dass diese im Hinblick auf ein Fütterungsverbot für Rotwild im vorliegenden Fall keine Relevanz habe. Ob Schädigungen durch Weidevieh vorliegen, sei von der dafür zuständigen Behörde zu beurteilen und allenfalls die Waldweide im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten einzuschränken bzw. zu untersagen. Der Argumentation der Beschwerdeführer, wonach keine jagdrechtlichen Maßnahmen zulässig sein sollten, weil möglicherweise Schädigungen durch eine Waldweide erfolgt seien, könne nicht gefolgt werden. Diese - außerhalb des Jagdrechtes stehenden - Maßnahmen seien unabhängig von den jagdrechtlichen Maßnahmen zu sehen.

13       Zum Vorbringen hinsichtlich der Befangenheit des forsttechnischen Amtssachverständigen sei anzumerken, die Heranziehung von Amtssachverständigen sei auch in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten zulässig (VfGH 7.10.2014, E 707/2014). Die Einbindung des Amtssachverständigen in die Amtshierarchie - als wesentliches Kennzeichen des Amtssachverständigen - begründe für sich allein keine Befangenheit (VwGH 11.9.2003, 2002/07/0023). Auch der Umstand, dass der Amtssachverständige bereits im behördlichen Verfahren herangezogen worden sei, begründe keine Befangenheit desselben (VwGH 29.1.2016, Ra 2016/06/0006); dies gelte auch für ein früheres behördliches Verfahren. Eine allfällige Befangenheit eines Sachverständigen könne nur dann mit Erfolg eingewendet werden, wenn sich sachliche Bedenken gegen die Erledigung dieses Verwaltungsorganes ergäben oder besondere Umstände hervorkämen, die geeignet seien, die volle Unbefangenheit desselben in Zweifel zu ziehen, etwa wenn aus konkreten Umständen der Mangel einer objektiven Einstellung gefolgert werden könne. Konkrete Umstände, welche die Objektivität des forsttechnischen Amtssachverständigen in Frage stellen würden oder zumindest den Anschein erwecken könnten, dass eine parteiische Entscheidung möglich wäre, könnten hier nicht erkannt werden. Dass der Amtssachverständige im Verfahren vor der Baubehörde auch auf (jagd-)rechtliche Aspekte hingewiesen habe, begründe ebenso keine Befangenheit (vgl. VwGH 17.12.2015, 2012/07/0137), wie die von ihm dort vorgenommenen „behördlichen Abwägungen“ (vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I² (1998) § 7 Rz 13, wonach nicht jede Einflussnahme auf das Verfahren, in dem der angefochtene Bescheid erlassen worden ist, sondern nur die unmittelbare Mitwirkung an der Bescheiderlassung eine Befangenheit zu begründen vermag). Selbst wenn man eine Befangenheit des forsttechnischen Amtssachverständigen annehmen würde, so hätte diese schon deshalb keine Auswirkungen auf die Entscheidung, weil die wesentlichen Feststellungen auf Grund der übrigen Beweisergebnisse hätten getroffen werden können. Die Beschwerdeführer selbst würden in ihrer Beschwerde vorbringen, dass die forstliche Eignung des Standortes gegeben sei, da keine untragbaren Schäden vorlägen und sich der Wald in einem guten Zustand befinde. Es würden im gesamten Gebiet keinerlei waldgefährdende Wildschäden vorliegen. Auch der Alpbewirtschafter habe in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass es in den vergangenen 37 Jahren nie ein Problem mit Waldschäden, Wildschäden oder mit der Waldweide gegeben habe und es sei ihm dies auch vom Waldaufseher bestätigt worden. Es habe daher schon aufgrund dieser Beweisergebnisse festgestellt werden können, dass keine untragbaren oder waldgefährdenden Wildschäden im Gebiet L. vorlägen, ohne dass es dazu der Feststellungen des forsttechnischen Amtssachverständigen bedurft hätte. Die diesbezüglichen Befundungen des forsttechnischen Amtssachverständigen würden lediglich die anderen Beweisergebnisse bestätigen.

14       Das Vorbringen der Beschwerdeführer, die Fütterung am angezeigten Standort sei erforderlich, um an anderen Standorten im Mtal untragbare Wildschäden hintan zu halten, könne nicht nachvollzogen werden. Im Lichte des § 43 Abs. 1 Vlbg. JagdG 1988 sei Gegenstand der Betrachtung jener Bereich, in dem untragbare Wildschäden festgestellt würden. Durch die Fütterung solle das Wild im Bereich der festgestellten untragbaren Schäden vom dortigen Bewuchs ferngehalten und zum vorgelegten Futter hingelenkt werden. Im Sinne der vom Verwaltungsgerichtshof dargelegten (engen) Auslegung der im § 43 Abs. 2 Vlbg. JagdG 1988 normierten Fütterungspflicht könne diese Bestimmung nicht dahingehend verstanden werden, dass in Bereichen, in denen bisher keine (untragbaren) Schäden vorhanden seien, Fütterungen zu errichten seien, um das Schadwild auf bisher nicht geschädigte Gebiete zu verteilen, die in der Folge (erstmals) geschädigt würden.

15       Zusammenfassend sei festzuhalten, dass die gegenständliche Rotwildfütterung zu untersagen gewesen sei, weil im Gebiet um den angezeigten Fütterungsstandort im Eigenjagdgebiet L. auch ohne Fütterung des Rotwildes keine untragbaren Wildschäden zu erwarten seien und deshalb keinerlei Notwendigkeit zur Fütterung des Rotwildes im Sinne des § 43 Abs. 2 Vlbg. JagdG 1988 in diesem Gebiet bestehe.

16       Gemäß § 43 Abs. 3 lit. b Vlbg. JagdG 1988 dürfe die Fütterung in der Zeit zwischen Beginn und Ende der jährlichen Fütterung nicht unterbrochen werden. Nach § 34 der Jagdverordnung dürften durch die Auflassung oder Verlegung von Fütterungen keine untragbaren Wildschäden hervorgerufen werden. Es seien daher die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, die derartige Schäden verhindern. Untersage die Behörde eine bisher durchgeführte Fütterung, so habe sie gleichzeitig die zur Vermeidung von untragbaren Schäden erforderlichen Maßnahmen anzuordnen.

17       Um allfällige untragbare Schäden durch die Untersagung der Fütterung zu vermeiden, sei daher anzuordnen gewesen, dass die Untersagung erst mit Ablauf der Fütterungsperiode wirksam werde.

18       Die Neufassung des Spruches sei darüber hinaus zur Klarstellung erforderlich, weil nicht die „Neuerrichtung“, sondern die Rotwildfütterung an sich zu untersagen gewesen sei. Dies bewirke entgegen dem Vorbringen der Revisionswerber keinen Eingriff in die Kompetenz der Baubehörde, sondern stelle gemäß § 43 Abs. 2 Vlbg. JagdG 1988 eine jagdbehördliche Zuständigkeit dar. Gegenstand des Fütterungsverbotes nach § 43 Vlbg. JagdG 1988 sei nicht die bauliche Konstruktion der Fütterungseinrichtung, sondern das Verbot zur Bereitstellung von Futter.

19       Nicht erforderlich sei es gewesen, den zweiten Spruchpunkt des angefochtenen Bescheides betreffend die rotwildsichere Einzäunung der Rehwildfütterung in den Spruch mitaufzunehmen, weil die Revisionswerber dieser Verpflichtung bereits nachgekommen seien und sich diese Verpflichtung darüber hinaus bereits unmittelbar aus § 36 Abs. 3 Jagdverordnung ergebe.

20       Gegen dieses Erkenntnis richten sich die außerordentlichen Revisionen. Die Revisionswerber beantragen die Abänderung des angefochtenen Erkenntnisses dahingehend, dass der Bescheid der belangten Behörde ersatzlos behoben und das Verfahren eingestellt werde, in eventu die Behebung des angefochtenen Erkenntnisses.

21       Die Bezirkshauptmannschaft erstattete zu den Revisionen eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Zurückweisung der außerordentlichen Revisionen, in eventu deren Abweisung, beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zur Rechtslage:

22       Die maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 161/2013, lauten (auszugsweise):

„Befangenheit von Verwaltungsorganen

§. 7 (1) Verwaltungsorgane haben sich der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen:

1.   in Sachen, an denen sie selbst, einer ihrer Angehörigen (§ 36a) oder einer ihrer Pflegebefohlenen beteiligt sind;

2.   in Sachen, in denen sie als Bevollmächtigte einer Partei bestellt waren oder noch bestellt sind;

3.   wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen;

4.   im Berufungsverfahren, wenn sie an der Erlassung des angefochtenen Bescheides oder der Berufungsvorentscheidung (§ 64a) mitgewirkt haben.

[...]

§ 53. (1) Auf Amtssachverständige ist § 7 anzuwenden.“

23       Die maßgeblichen Bestimmungen des Vorarlberger Jagdgesetzes 1988 (Vlbg. JagdG 1988), LGBl. Nr. 32/1988, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 78/2017, lauten (auszugsweise):

„2. Unterabschnitt

Vorschriften für Wildhege und Jagdbetrieb

§ 43

Verbesserung der Einstands- und Äsungsverhältnisse, Wildfütterung

(1) Der Jagdnutzungsberechtigte hat alle rechtlich möglichen und wirtschaftlich zumutbaren Gelegenheiten zu nützen, die Einstands- und Äsungsverhältnisse in seinem Jagdgebiet zu verbessern.

(2) Soweit es zur Vermeidung untragbarer Schäden während der Zeit der Vegetationsruhe und des Vegetationsbeginns erforderlich ist, muss das Rotwild gefüttert werden. Anderes Wild darf in diesem Umfang gefüttert werden. Die Behörde hat die Wildfütterung zu untersagen, soweit diese Voraussetzungen nicht gegeben sind.

(3) Für die Fütterung gelten folgende Bestimmungen:

a)   Wild, für das Freizonen und Randzonen festgelegt sind (§ 35), darf dort nicht gefüttert werden.

b)   Die Fütterung darf in der Zeit zwischen Beginn und Ende der jährlichen Fütterung nicht unterbrochen werden.

c)   Die Fütterung ist nach Art und Menge so zu beschränken, dass das Wild gesund bleibt und Schäden durch das Wild vermieden werden. Sie hat die vorhandene natürliche Äsung so zu ergänzen, dass das Nahrungsangebot insgesamt jenem möglichst nahe kommt, welches ein unversehrter natürlicher Lebensraum dem Wild bietet.

d)   Die Fütterung hat an Futterplätzen (§ 44) oder in Wintergattern (§ 45) zu erfolgen.

(4) Die Landesregierung hat durch Verordnung nähere Bestimmungen über die Art und das Ausmaß der Fütterung zu erlassen. Die Behörde hat erforderlichenfalls Beginn und Ende der Fütterung durch Verordnung festzulegen.

§ 44

Futterplätze

(1) Die Futterplätze müssen in solcher Ausstattung, Größe, Anzahl und Verteilung über das Jagdgebiet eingerichtet werden, dass den Erfordernissen nach § 43 Abs. 2 und 3 entsprochen werden kann und die Wildschäden im Bereich der Futterplätze möglichst gering gehalten werden. Die Standorte müssen eine ungestörte Nahrungsaufnahme und ausreichende Einstandsmöglichkeiten bieten und so gelegen sein, dass das Wild von Grundflächen, die eines besonderen Schutzes vor Wildschäden bedürfen, ferngehalten wird.

(2) Die Einrichtung von Futterplätzen muss vorher dem Waldaufseher angezeigt werden.

(3) Futterplätze für Schalenwild dürfen nur mit Zustimmung des Jagdverfügungsberechtigten, der zuvor die Eigentümer der im Einflussbereich des Futterplatzes gelegenen Grundstücke zu hören hat, eingerichtet werden. Wenn der Jagdverfügungsberechtigte nicht zustimmt, ist die Bewilligung der Behörde einzuholen. Diese ist nach Anhörung des Jagdverfügungsberechtigten erforderlichenfalls unter Auflagen zu erteilen, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 2 erfüllt sind. Die Bewilligung ist zu widerrufen, wenn diese Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind.

(4) Die Hegegemeinschaft hat sich um eine Vereinbarung zu bemühen, wonach die Hegegemeinschaft selbst oder Jagdnutzungsberechtigte und Jagdverfügungsberechtigte aus dem Gebiet der Hegegemeinschaft den Eigentümern oder Nutzungsberechtigten der betroffenen Grundstücke eine Abgeltung für die Bereitstellung von Futterplätzen und Einstandsgebieten für Rotwild leisten.

[...]

5. Unterabschnitt

Hegegemeinschaften

§ 54

Einrichtung, Organe, Aufgaben

(1) Für jede Wildregion im Bereich einer Kernzone oder Randzone für Rotwild (§ 35) besteht eine Hegegemeinschaft. Sie wird durch die Jagdnutzungsberechtigten der Jagdgebiete gebildet, auf die sich die Wildregion erstreckt.

(2) Für Wildregionen, die nicht unter den Abs. 1 fallen, hat die Behörde Hegegemeinschaften einzurichten, wenn dies die Mehrheit der Jagdnutzungsberechtigten unter sinngemäßer Anwendung des § 55 Abs. 1 beschließt.

(3) Die Hegegemeinschaft besitzt Rechtspersönlichkeit. Ihre Organe sind die Mitgliederversammlung, der Obmann und die Rechnungsprüfer. Zur Vorbereitung der Entscheidungen der Mitgliederversammlung und zur Mitwirkung bei der Durchführung ihrer Beschlüsse kann ein Ausschuss eingerichtet werden, der neben dem Obmann und dem Obmannstellvertreter höchstens drei weitere Mitglieder umfassen darf. Die Hegegemeinschaft untersteht der Aufsicht der Behörde.

(4) Neben den in diesem Gesetz besonders bezeichneten Aufgaben obliegen der Hegegemeinschaft die Fütterung des Rotwildes einschließlich der Einrichtung von Futterplätzen sowie die Abstimmung aller sonstigen das Rotwild betreffenden jagdwirtschaftlichen Maßnahmen.

(5) Auf Beschluss der Mitgliederversammlung hat die Hegegemeinschaft folgende weitere Aufgaben zu besorgen:

a)   die Fütterung von anderem Wild als Rotwild nach Maßgabe des § 43 Abs. 3 einschließlich der Einrichtung von Futterplätzen,

b)   die Abstimmung jagdwirtschaftlicher Maßnahmen bezüglich anderer Wildarten als Rotwild,

c)   die Durchführung jagdwirtschaftlicher Maßnahmen, die allen in der Hegegemeinschaft zusammengeschlossenen Jagdgebieten dienlich sind, wie die Verbesserung der Einstands- und Äsungsverhältnisse, die Errichtung von Wildwintergattern oder die Bestellung von Jagdschutzorganen,

d)   der Abschluss einer Vereinbarung nach § 44 Abs. 4.

(6) Soweit jagdwirtschaftliche Aufgaben von der Hegegemeinschaft besorgt werden, tritt diese an die Stelle der Jagdnutzungsberechtigten.“

24       Die hier einschlägigen Regelungen der Verordnung der Landesregierung über das Jagdwesen („Jagdverordnung“), LGBl. Nr. 24/1995, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 75/2017 lauten:

„4. Unterabschnitt

Wildfütterung

§ 33

Standort der Futterplätze

(1) Futterplätze müssen eine für die sachgerechte Fütterung geeignete Anlage aufweisen.

(2) Futterplätze dürfen in verbissgefährdeten Jungwaldbeständen, die dem Äser des Wildes noch nicht entwachsen sind, sowie in besonders schälgefährdeten Waldbeständen wie Dickungen oder Stangenhölzern nicht angelegt werden.

(3) Bei der Auswahl der Futterplätze ist unter Berücksichtigung der vom Wild bevorzugten Einstände darauf zu achten, dass das Wild am Futterplatz möglichst wenig beunruhigt wird und günstige Klima- und Geländeverhältnisse vorliegen. Insbesondere ist auf vorhandene Grünäsung nach der Ausaperung, Fließgewässer und Ruheplätze für das Wild in möglichster Nähe des Futterplatzes zu achten.

(4) Der Futterplatz ist so anzulegen, dass eine regelmäßige und sachgerechte Betreuung sichergestellt werden kann. Bei der Festlegung der Futterplätze ist auf Nachbarfütterungen entsprechend Bedacht zu nehmen.

§ 34

Auflassung oder Verlegung von Futterplätzen

Durch die Auflassung oder Verlegung von Fütterungen dürfen keine untragbaren Wildschäden hervorgerufen werden. Es sind daher die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, die derartige Schäden verhindern. Untersagt die Behörde eine bisher durchgeführte Fütterung, so hat sie gleichzeitig die zur Vermeidung von untragbaren Schäden erforderlichen Maßnahmen anzuordnen.

§ 35

Fütterung des Rotwildes

(1) Die Fütterung hat mit Wintereinbruch einzusetzen. Vor dem 15. Oktober darf nur mit Genehmigung der Behörde mit der Fütterung begonnen werden.

(2) Während der Fütterungsperiode darf die Fütterung nicht unterbrochen werden. Nach der Schneeschmelze ist die Fütterung so lange weiterzuführen, bis sich das Wild aufgrund des natürlichen Äsungsangebotes selbst von der Fütterung löst. Jedenfalls ist die Fütterung bis etwa drei Wochen nach dem Vegetationsbeginn im Frühjahr weiterzuführen.

(3) Die Fütterung ist täglich zu betreuen. Ist eine tägliche Betreuung z.B. wegen Lawinengefahr nicht möglich, so ist durch entsprechende Vorkehrungen sicherzustellen, dass es zu keiner Unterbrechung der Futtervorlage bzw. eines ausreichenden Futterangebotes kommt. Kann die tägliche Betreuung nicht sichergestellt werden, ist die Fütterung von Saftfutter verboten.

(4) Die Fütterung des Rotwildes ist überwiegend mit Heu zu betreiben. Die Gesamtheit des vorgelegten Futters muss eine qualitativ einwandfreie, wiederkäuergerechte sowie der Ernährungsphysiologie des Wildes während der Winterzeit angepasste Zusammensetzung mit einer entsprechend groben Struktur und einem Rohfaseranteil von mindestens 20 v.H. aufweisen. Kraftfuttermittel dürfen nur zum Zweck der Lenkung und Bindung des Rotwildes verwendet werden und müssen über einen Rohfaseranteil von wenigstens 15 v.H. verfügen. Mehlige Futtermittel sind sowohl in gepresster als auch in ungepresster Form verboten.

(5) Innerhalb einer Wildregion (Hegegemeinschaft) sind die Fütterungen nach Beschickungszeitraum, Art und Zusammensetzung des vorgelegten Futters aufeinander abzustimmen. Bei Wildwechsel über die Regionsgrenzen ist diesbezüglich auch auf die Fütterung in den benachbarten Wildregionen Bedacht zu nehmen.“

25       Die maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes über die Organisation der staatlichen Bezirksverwaltung (Bezirksverwaltungsgesetz), LGBl. Nr. 1/1976, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 44/2013, lauten (auszugsweise):

„§ 5

Bezirkshauptmann

(1) Der Bezirkshauptmann hat die Bezirkshauptmannschaft zu leiten. Er ist allen Bediensteten der Bezirkshauptmannschaft gegenüber weisungsberechtigt.

[...]

§ 6

Abteilungsleiter

(1) Für jede Abteilung ist vom Bezirkshauptmann mit Zustimmung der Landesregierung ein Abteilungsleiter zu bestellen. Er ist allen seiner Abteilung zugeteilten Bediensteten gegenüber weisungsberechtigt.

[...]

(3) Der Abteilungsleiter hat die zu besorgenden Aufgaben im Rahmen der vom Bezirkshauptmann gemäß § 5 Abs. 2 lit. b getroffenen Verfügungen auf die Bediensteten der Abteilung unter Berücksichtigung ihrer Leistungsfähigkeit und dienstrechtlichen Einstufung zu verteilen. Er muss soweit als möglich die Rechts- und Sachlage der Aufgaben seiner Abteilung kennen. Der Abteilungsleiter hat den zugeteilten Bediensteten die erforderlichen Anordnungen zu erteilen und ihre Tätigkeit zu beaufsichtigen.

[...]

§ 7

Übertragung von Aufgaben zur selbständigen Erledigung

(1) Der Bezirkshauptmann kann im Interesse einer raschen und zweckmäßigen Geschäftsbehandlung die Abteilungsleiter und die Leiter der Unterabteilungen beauftragen, bestimmte Gruppen der nach der Geschäftseinteilung ihrer Abteilung bzw. Unterabteilung zugewiesenen Aufgaben selbständig zu erledigen.

(2) Aufträge im Sinne des Abs. 1 bedürfen der Schriftform und können auch an andere hiefür geeignete Bedienstete ergehen, wenn die zeitgerechte Erledigung der Aufgaben dies erfordert.

(3) Der Bezirkshauptmann ist berechtigt, jeden Fall, dessen selbständige Erledigung gemäß Abs. 1 oder 2 übertragen wurde, an sich zu ziehen oder sich die Genehmigung der Entscheidung vorzubehalten. Das gleiche Recht hat der zuständige Abteilungs- bzw. Unterabteilungsleiter bei Aufträgen gemäß Abs. 2.

(4) Das Weisungsrecht des Bezirkshauptmannes und der Abteilungs- bzw. Unterabteilungsleiter wird durch Aufträge gemäß Abs. 1 oder 2 nicht berührt.“

Zur Zulässigkeit hinsichtlich der erst- und zweitrevisionswerbenden Parteien:

26       Die erst- und zweitrevisionswerbenden Parteien sind der Jagdverfügungsberechtigte bzw. die Jagdnutzungsberechtigte der Eigenjagd L. Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 11. November 2016 wurde den erst- und zweitrevisionswerbenden Parteien wie auch der drittrevisionswerbenden Partei zugestellt; er enthielt unter anderem den Auftrag, eine bestehende Rehwildfütterung im Eigenjagdgebiet L. rotwildsicher einzuzäunen.

27       Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Beschwerde der revisionswerbenden Parteien gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bludenz unter anderem insoweit stattgegeben, als der Spruchpunkt betreffend die Verpflichtung zur Einzäunung der Rehwildfütterung entfallen ist. Die Rehwildfütterung ist nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens.

28       Zum Revisionspunkt führt die Revision aus, dass sich die revisionswerbenden Parteien durch das angefochtene Erkenntnis „in ihren subjektiven Rechten auf Fütterung von Rotwild“ verletzt erachten.

29       Gemäß § 54 Abs. 4 Vlbg. JagdG obliegt die Fütterung des Rotwildes einschließlich der Errichtung von Futterplätzen der Hegegemeinschaft. Ein subjektives Recht des Jagdverfügungsberechtigten oder der Jagdnutzungsberechtigten auf Fütterung von Rotwild kommt daher nicht in Betracht. Die Revision der erst- und zweitrevisionswerbenden Parteien war daher, weil diese in dem von ihnen geltend gemachten Recht nicht verletzt sein können, in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Zur Zulässigkeit hinsichtlich der drittrevisionswerbenden Partei:

30       Entgegen der formelhaften - im Wesentlichen lediglich den Text des Art. 133 Abs. 4 B-VG wiedergebenden und damit nicht gesetzmäßig ausgeführten - Begründung des Verwaltungsgerichts ist die Revision der drittrevisionswerbenden Partei, wie diese zutreffend aufzeigt, schon deshalb zulässig, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur hier maßgebenden Bestimmung des § 43 Abs. 2 Vlbg. JagdG 1988 nicht ausreichend vorliegt, um dem Verwaltungsgericht die Leitlinien für seine Entscheidung zur Verfügung zu stellen. Soweit die Revisionsbeantwortung diesbezüglich auf das Erkenntnis VwGH 22.11.2017, Ra 2017/03/0014, verweist, ist ihr entgegenzuhalten, dass die im vorliegenden Fall entscheidende Frage, auf welches räumliche Umfeld bei der Beurteilung, ob die Rotwildfütterung zur „Vermeidung untragbarer Schäden“ erforderlich ist, Bedacht zu nehmen ist, in diesem Erkenntnis nicht behandelt wurde.

31       Die drittrevisionswerbende Partei macht in den Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision auch geltend, der forsttechnische Amtssachverständige sei befangen, weil er in dem für die gegenständliche Rotwildfütterung durchgeführten Bauverfahren nachweislich und schriftlich als Jagdbehörde fungiert habe. Damit wirft die Revision auch eine grundsätzliche Rechtsfrage des Verfahrensrechtes auf. Rechtsfragen des Verfahrensrechtes (insbesondere auch solche der Befangenheit) sind dann von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt ist und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hat (vgl. VwGH 11.1.2018, Ra 2017/02/0262, mwN).

Zur Befangenheit des Amtssachverständigen:

32       Nach der gefestigten Rechtsprechung hat das Verwaltungsgericht auf dem Boden des § 17 VwGVG iVm §§ 52 und 53 AVG die Verpflichtung, die ihm zur Verfügung stehenden amtlichen Sachverständigen (Amtssachverständigen) seinen Verfahren beizuziehen, wobei ein Verwaltungsgericht stets prüfen muss, ob ein Amtssachverständiger unbefangen, unter anderem also tatsächlich unabhängig von der Verwaltungsbehörde ist, deren Bescheid beim Verwaltungsgericht angefochten wird (vgl. VwGH 22.11.2017, Ra 2017/03/0014, mwN). Dabei geht es insbesondere darum, dass sichergestellt ist, dass nicht die Besorgnis besteht, dass bezüglich der Tätigkeit des Amtssachverständigen andere als rein sachliche Überlegungen eine Rolle spielen können, wobei es ausreicht, dass der Anschein einer Voreingenommenheit entstehen kann (vgl. VwGH 22.6.2016, Ra 2016/03/0027, mwN).

33       Es ist im Interesse der Sicherstellung der Unabhängigkeit bzw. der Unbefangenheit von sachverständigen Personen erforderlich, dass das Verwaltungsgericht die Frage ihrer Unbefangenheit bzw. Unabhängigkeit einschließlich eines allfälligen diesbezüglichen Vorbringens von Verfahrensparteien sorgfältig prüft und die Heranziehung jedenfalls in Form eines (verfahrensleitenden) Beschlusses anordnet, wobei gegebenenfalls zu begründen ist, wenn von den Parteien vorgebrachte Bedenken hinsichtlich der vollen Unbefangenheit nicht zutreffen (vgl. VwGH 22.11.2017, Ra 2017/03/0014).

34       Die Aufgabe des (Amts-)Sachverständigen ist darin zu sehen, der entscheidenden Behörde auf Grund besonderer Fachkenntnisse die Entscheidungsgrundlage im Rahmen des maßgebenden Sachverhaltes zu liefern. Die Mitwirkung bei der Feststellung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes durch den Sachverständigen besteht darin, dass er Tatsachen erhebt (Befund) und aus diesen Tatsachen auf Grund besonderer Fachkundigkeit Schlussfolgerungen zieht (Gutachten). Der Sachverständige hat somit Tatsachen klarzustellen und auf Grund seiner Sachkenntnisse deren allfällige Ursachen oder Wirkungen festzustellen; er muss aber immer im Bereich der Tatsachen bleiben und darf nicht Rechtsfragen lösen (vgl. VwGH 29.11.2017, Ra 2015/04/0014).

35       Der vom Verwaltungsgericht beigezogene Amtssachverständige aus dem Fachbereich Forsttechnik war Abteilungsleiter einer Abteilung der Bezirkshauptmannschaft, die den vor dem Verwaltungsgericht bekämpften Bescheid erlassen hat.

36       Ein Abteilungsleiter ist allen seiner Abteilung zugeteilten Bediensteten gegenüber weisungsberechtigt (vgl. § 6 Abs. 1 zweiter Satz Bezirksverwaltungsgesetz) und hat den zugeteilten Bediensteten die erforderlichen Anordnungen zu erteilen und ihre Tätigkeit zu beaufsichtigen (vgl. § 6 Abs. 3 letzter Satz Bezirksverwaltungsgesetz). Der Bezirkshauptmann ist berechtigt, jeden Fall, dessen selbständige Erledigung gemäß § 6 Abs. 1 leg. cit. dem Abteilungsleiter oder § 6 Abs. 2 leg. cit. einem anderen Bediensteten übertragen wurde, an sich zu ziehen oder sich die Genehmigung der Entscheidung vorzubehalten (vgl. § 7 Abs. 3 Bezirksverwaltungsgesetz). Das Weisungsrecht des Bezirkshauptmannes (vgl. § 5 Abs. 1 zweiter Satz Bezirksverwaltungsgesetz) oder des Abteilungsleiters (vgl. 6 Abs. 1 zweiter Satz Bezirksverwaltungsgesetz) wird durch Aufträge nach § 7 Abs. 1 oder 2 leg. cit. nicht berührt (vgl. § 7 Abs. 4 Bezirksverwaltungsgesetz).

37       Als Abteilungsleiter einer Abteilung, der die Gegenstände „forsttechnische Gutachten“ und „Jagdwesen“ zugewiesen waren, war der vom Verwaltungsgericht beigezogene Amtssachverständige unter anderem für die Vollziehung der der Bezirkshauptmannschaft durch das Vlbg. JagdG 1988 und die Jagdverordnung übertragenen Aufgaben und für die Erstattung forsttechnischer Gutachten selbstständig zuständig.

38       Infolge eines Ersuchens der Baubehörde erstattete er im Verfahren nach dem Vlbg. BauG betreffend die Errichtung der gegenständlichen Rotwildfütterung schriftlich eine von ihm als Amtssachverständigem gefertigte Stellungnahme, in der er zum öffentlichen Interesse der Sicherheit keine Bedenken äußerte. Gleichzeitig und eigeninitiativ sprach er sich in dem an die Baubehörde gerichteten (nachrichtlich auch einem Teil der Revisionswerber übermittelten) Schreiben nach Darstellung der einschlägigen Bestimmungen des Vlbg. JagdG 1988 aus forstfachlicher und aus „jagdbehördlicher Sicht“ gegen die gegenständliche Rotwildfütterung aus. In dem im hier gegenständlichen jagdrechtlichen Verfahren bekämpften Bescheid der Bezirkshauptmannschaft scheint als Bearbeiter ein der Abteilung „Jagdwesen“ zugewiesener und damit an die Weisungen des vom Verwaltungsgericht beigezogenen Amtssachverständigen gebundener Bediensteter der Bezirkshauptmannschaft auf. Den Bescheid, mit dem die Bezirkshauptmannschaft die Fütterung untersagte, genehmigte der Bezirkshauptmann.

39       Im vorliegenden Fall sind die Befangenheitsgründe des § 17 VwGVG in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Z 3 und 4 sowie § 53 Abs. 1 erster Satz AVG zu prüfen:

40       Amtssachverständige haben sich in Verfahren vor dem Verwaltungsgericht nach § 7 Abs. 1 Z 4 AVG der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen, wenn sie an der Erlassung des beim Verwaltungsgericht angefochtenen verwaltungsbehördlichen Bescheides mitgewirkt haben (vgl. VwGH 16.11.2017, Ra 2017/07/0042, bezüglich der an der Fällung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts teilnehmenden Organwalter).

41       Nur die unmittelbare Teilnahme des Amtssachverständigen an der Erzeugung des den förmlichen Verwaltungsakt darstellenden Spruches, nicht aber bereits jede andere Tätigkeit im verwaltungsbehördlichen Verfahren kann als Mitwirkung an der „Erlassung“ eines Bescheides gesehen werden. § 7 Abs. 1 Z 4 AVG findet sohin nur dann Anwendung, wenn ein Bescheid erlassen wurde, der ganz oder teilweise auf einem Willensakt des Amtssachverständigen basiert, wenn dieser also die (interne) Erledigung genehmigt hat (vgl. VwGH 15.5.2012, 2009/05/0083).

42       Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt der Befangenheitsgrund des § 7 Abs. 1 Z 4 AVG etwa dann nicht vor, wenn der betreffende Organwalter bloß durch Handhabung des Weisungsrechts auf den Inhalt der bekämpften Entscheidung Einfluss genommen hat (vgl. VwGH 23.9.2009, 2009/03/0091) oder lediglich schon vor Einleitung des verwaltungsbehördlichen Verfahrens eine für die Partei ungünstige Rechtsmeinung vertreten hat (vgl. VwGH 27.8.2002, 2000/10/0126). Auch die Erstattung eines Gutachtens durch einen Sachverständigen ist keine Mitwirkung an der Entscheidung, sondern am Beweisverfahren (vgl. VwGH 22.11.2017, Ra 2015/06/0055, mwN).

43       Im Lichte dieser Judikatur läge der Befangenheitsgrund des § 7 Abs. 1 Z 4 AVG nur vor, wenn der vom Verwaltungsgericht beigezogene Amtssachverständige den bekämpften Bescheid approbiert hätte. Dies war aber vorliegend nicht der Fall, weil der Bezirkshauptmann den Bescheid genehmigt hat.

44       Weder eine (allfällige) Beeinflussung des Bescheides durch Erteilung einer Weisung noch die Äußerung einer für die Revisionswerber ungünstigen Rechtsmeinung vor Erlassung des bekämpften Bescheides oder die Erstattung eines Gutachtens im verwaltungsbehördlichen Verfahren stellen demnach eine Mitwirkung an der Entscheidung dar. Der absolute Befangenheitsgrund des § 7 Abs. 1 Z 4 AVG liegt daher nicht vor.

45       Die Revisionswerber machen aber auch eine Befangenheit des vom Verwaltungsgericht beigezogenen Amtssachverständigen nach § 7 Abs. 1 Z 3 AVG geltend. Nach dieser Bestimmung haben sich Amtssachverständige in Verfahren vor dem Verwaltungsgericht der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen, wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen.

46       Die Untersagung der Wildfütterung nach § 43 Abs. 2 dritter Satz Vlbg. JagdG 1988 ist ein amtswegiges Verfahren. Die Einleitung eines solchen Verfahrens setzt einen entsprechenden Willensakt voraus, der der zuständigen Jagdbehörde zuzurechnen ist und seinem Inhalt nach - objektiv betrachtet - darauf abzielt, den Sachverhalt bezüglich der Voraussetzungen für die Wildfütterung zu klären. Ein solcher Willensakt kann auch bereits in der Befassung eines Amtssachverständigen durch die zuständige Behörde gelegen sein (vgl. VwGH 19.2.2003, 97/12/0375, zur amtswegigen Einleitung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens nach dem BDG 1979).

47       Der vom Verwaltungsgericht beigezogene Amtssachverständige hat sich im vorangegangenen Verfahren nach dem Vlbg. BauG - auch wenn er das an die Baubehörde gerichtete Schreiben mit „Der forstfachliche Sachverständige“ gefertigt hat - nicht auf seine Funktion als Hilfsorgan der Baubehörde beschränkt. Vielmehr hat er nach der Anfrage durch die Baubehörde den Sachverhalt amtswegig auch nach Maßgabe der einschlägigen Bestimmungen des Vlbg. JagdG 1988 erhoben, auf Grund des ihm zukommenden Fachwissens Schlüsse auf das Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 Vlbg. JagdG 1988 gezogen und sich darauf aufbauend zu Rechtsfragen geäußert.

48       Insofern hat der Amtssachverständige als Abteilungsleiter der für das „Jagdwesen“ zuständigen Abteilung bzw. Jagdbehörde das Verfahren nach § 43 Abs. 2 Vlbg. JagdG 1988 amtswegig eingeleitet, selbst dazu ein forsttechnisches Gutachten erstattet und eine rechtliche Beurteilung des Sachverhalts vorgenommen. Er hat sich damit nicht darauf beschränkt, als Hilfsorgan der Baubehörde dieser gegenüber eine Stellungnahme im baubehördlichen Verfahren abzugeben, sondern dies zum Anlass genommen, als für das Jagdwesen verantwortlicher Abteilungsleiter der Bezirkshauptmannschaft das Verfahren zur Untersagung der Rotwildfütterung einzuleiten, auch wenn er schließlich den vor dem Verwaltungsgericht bekämpften jagdrechtlichen Bescheid nicht selbst gefertigt hat.

49       Aufgabe des (Amts-)Sachverständigen ist es, unparteiisch und objektiv eine vorgegebene Sachlage fachlich zu beurteilen (vgl. VwGH 21.6.2017, Ra 2017/03/0016). Ihm kommt dabei die Stellung eines Hilfsorgans des erkennenden Verwaltungsgerichts zu (vgl. VwGH 24.11.2016, Ra 2016/08/0142), das den Parteien - und damit vor dem Verwaltungsgericht gemäß § 18 VwGVG insbesondere auch der belangten Behörde - gegenübersteht.

50       Im hier vorliegenden Fall hat der Amtssachverständige, wie bereits dargelegt, als Organwalter der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde das gegen die drittrevisionswerbende Partei geführte Verwaltungsverfahren zur Untersagung der Rotwildfütterung amtswegig eingeleitet und maßgeblich betrieben. Allein der Umstand, dass der in diesem Verfahren schließlich ergangene - von einem Mitarbeiter seiner Abteilung erstellte - Bescheid nicht vom Amtssachverständigen (als Abteilungsleiter der Bezirkshauptmannschaft) selbst, sondern vom Bezirkshauptmann genehmigt wurde, vermag vor diesem Hintergrund nichts daran zu ändern, dass bei objektiver Betrachtungsweise zumindest der Anschein entstehen konnte, dass der Amtssachverständige dem Prozessstandpunkt der belangten Behörde näher stünde, sodass im Sinne des § 7 Abs. 1 Z 3 AVG sonstige wichtige Gründe vorliegen, die volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen.

Zur Untersagung der Rotwildfütterung:

51       Die drittrevisionswerbende Partei macht im Wesentlichen geltend, dass das Rotwild durch die Fütterung auf der forstlich unsensiblen Alpe L. aus den sensiblen unterhalb der Alpe situierten Waldflächen herausgelenkt und an die Fütterung gebunden werden solle, sodass die durch das Rotwild verursachten untragbaren Schäden im Einzugsgebiet der Fütterung (dem gesamten Mtal) hintangehalten werden. Bei der Feststellung der Erforderlichkeit zur Vermeidung von untragbaren Schäden gemäß § 43 Abs. 2 Vlbg. JagdG 1988 sei daher nicht nur der Standort im Bereich der Fütterung zu beurteilen, wo im konkreten Fall keine untragbaren Schäden vorhanden seien, sondern vielmehr das Einzugsgebiet der Fütterung.

52       Das Verwaltungsgericht hat lediglich festgestellt, dass „[i]m Bereich der gegenständlichen Rotwildfütterung“ keine untragbaren Wildschäden an der forstlichen Vegetation vorhanden seien. Zwar werden in der Folge, außerhalb der Feststellungen, Aussagen des forsttechnischen Amtssachverständigen dargelegt, nach denen dieser die Auffassung vertrat, dass der gewählte Fütterungsstandort nicht so gelegen sei, dass Wild von Grundflächen, die eines besonderen Schutzes vor Wildschäden bedürften, ferngehalten werde, was man dahin verstehen könnte, dass die untersagte Rotwildfütterung nicht erforderlich (bzw. auch nicht geeignet) sei, um (untragbare) Schäden zu vermeiden. Feststellungen dazu hat das Verwaltungsgericht jedoch nicht getroffen. Vielmehr kommt auch in den Erwägungen zur Beweiswürdigung zum Ausdruck, dass das Verwaltungsgericht davon ausgeht, die Zulässigkeit der Rotwildfütterung setze untragbare Wildschäden „im Bereich der gegenständlichen Rotwildfütterung“ voraus, wobei damit erkennbar auf das engere Umfeld des Futterplatzes bzw. auf den Einstandsbereich Bezug genommen wird, nicht aber auf das Einzugsgebiet der Fütterung (das nach dem Vorbringen der drittrevisionswerbenden Partei im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht das gesamte Mtal umfasse).

53       Voraussetzung der Fütterungsverpflichtung nach § 43 Abs. 2 erster Satz Vlbg. JagdG ist allein, dass diese Fütterung „zur Vermeidung untragbarer Schäden während der Zeit der Vegetationsruhe und des Vegetationsbeginns erforderlich“ ist. Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem zu dieser Bestimmung ergangenen, auch vom Verwaltungsgericht zitierten Erkenntnis (VwGH 22.11.2017, Ra 2017/03/0014) ausgesprochen hat, greift die Fütterungsverpflichtung für Rotwild demnach nur dann und nur soweit, als gerade durch die Fütterung untragbare Schäden hintangehalten werden. Dies setzt jedoch nicht voraus, dass - wovon aber das Verwaltungsgericht ausgeht - derartige Schäden im unmittelbaren Bereich eines konkreten Futterplatzes vorliegen.

54       Im Hinblick darauf, dass die unter den Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 erster Satz Vlbg. JagdG bestehende Fütterungsverpflichtung für Rotwild (ebenso wie die Pflicht, eine derartige Fütterung bei Nichtvorliegen dieser Voraussetzungen zu unterlassen) gemäß § 54 Abs. 4 Vlbg. JagdG die Hegegemeinschaft trifft, ist vielmehr zu prüfen, ob im Bereich der jeweiligen Wildregion untragbare Schäden vorliegen oder zu erwarten sind, und ob die Fütterung zur Vermeidung dieser Schäden erforderlich und geeignet ist. Um beurteilen zu können, ob eine bereits an einem konkreten Futterplatz durchgeführte Fütterung zu untersagen ist, bedarf es daher entsprechender Feststellungen zum - innerhalb der Wildregion gelegenen - Einzugsbereich der Fütterung (jenem Bereich der Wildregion, in dem die Lenkungswirkung der Fütterung das Verhalten des Rotwildes beeinflusst), zur Schadenssituation in diesem Einzugsbereich und zur Auswirkung der Fütterung auf diese Schäden.

55       Das Verwaltungsgericht hat - offenbar ausgehend von einer unzutreffenden Rechtsansicht - diese Feststellungen nicht getroffen, sodass das angefochtene Erkenntnis gemäß § 41 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen vorrangig aufzugreifender Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben war.

56       Gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG konnte von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen werden, weil das Verwaltungsgericht, ein Tribunal im Sinne der EMRK bzw. ein Gericht im Sinne des Art. 47 GRC, eine mündliche Verhandlung durchgeführt hat (vgl. dazu VwGH 11.10.2017, Ro 2016/03/0004, mwN).

57       Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung

Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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