Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** K*****, vertreten durch Dr. Andreas Köb, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S***** G.m.b.H., *****, vertreten durch die Stolitzka & Partner Rechtsanwälte OG, Wien, wegen 10.429,22 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 11. Jänner 2018, GZ 58 R 98/17k-22, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Mödling vom 25. Juli 2017, GZ 8 C 68/17h-17, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Parteien haben die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Der Kläger begehrte von der Beklagten die Zahlung von insgesamt 10.429,22 EUR sA. Dazu brachte er vor, es seien in der Zeit von (richtig) 8. 8. 2016 bis 18. 9. 2016 von dieser zehn, von ihm bezifferte, jeweils den Betrag von 2.000 EUR nicht übersteigende „Abbuchungen von“ seiner „Kreditkarte“ vorgenommen worden. Diesen seien weder Bestellungen durch ihn noch Leistungen der Beklagten ihm gegenüber zugrunde gelegen. Vielmehr habe ein Dritter Kreditkarten(-daten) anderer, darunter eben auch seine, missbräuchlich verwendet, um für Kfz-Mieten Kautionen bei der Beklagten zu hinterlegen und in weiterer Folge auch Mietzahlungen zu leisten. Mitarbeitern derselben sei bekannt gewesen, dass jener Dritte Unterschriften gefälscht habe und „unbefugte Kreditkartenbelastungen“ vorgenommen worden seien. Er habe diesen Dritten weder beauftragt noch bevollmächtigt, Fahrzeuge von der Beklagten anzumieten oder entgegenzunehmen.
Das Erstgericht wies die Klage zur Gänze ab.
Das Berufungsgericht gab der nur im Umfang von 8.470,38 EUR sA erhobenen Berufung des Klägers Folge. Es sprach aus, dass die Klagsforderung in dieser Höhe zu Recht, die Gegenforderung aber nicht zu Recht bestehe und erkannte die Beklagte schuldig, ihm 8.470,38 EUR sA zu zahlen. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil der Frage, ob Zahlungen aufgrund missbräuchlicher Verwendung fremder Kreditkartendaten Erfüllung bewirke, wenn der Zahlungsempfänger vom Missbrauch wisse, über den Einzelfall hinaus Bedeutung zukomme.
Die gegen das Urteil des Berufungsgericht erhobene Revision der Beklagten ist jedenfalls unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 502 Abs 2 ZPO ist dies der Fall, wenn der Streitgegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, an Geld oder Geldeswert insgesamt 5.000 EUR nicht übersteigt. Maßgeblich ist dabei – von einem Zwischenfeststellungsantrag abgesehen – nur der mit Klage verfolgte Anspruch, soweit dieser noch Gegenstand des angefochtenen Berufungsurteils war; auf eine aufrechnungsweise eingewendete Gegenforderung kommt es nicht an (vgl RIS-Justiz RS0041291 [insbes T1]).
Hat das Berufungsgericht über mehrere Entscheidungsgegenstände entschieden, deren Werte nicht zusammenzurechnen sind, ist die Revisionszulässigkeit für jeden einzelnen Entscheidungsgegenstand gesondert zu beurteilen (§ 55 Abs 4 JN). Eine Zusammenrechnung der einzelnen Ansprüche gemäß § 55 Abs 1 Z 1 JN kommt nur in Frage, wenn diese – nach den Klagsangaben – in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen (RIS-Justiz RS0042741 [insbes T7]).
Mehrere Ansprüche stehen dann in einem tatsächlichen Zusammenhang, wenn sie allesamt aus demselben Klagesachverhalt abgeleitet werden können, wenn also das für einen Anspruch erforderliche Sachvorbringen ausreicht, um auch über die anderen geltend gemachten Ansprüche entscheiden zu können, ohne dass noch ein ergänzendes Sachvorbringen erforderlich wäre (RIS-Justiz RS0042766; RS0037648 [T4]; RS0037899 [T3]). Ein rechtlicher Zusammenhang liegt vor, wenn die Ansprüche aus demselben Vertrag oder aus derselben Rechtsnorm abgeleitet werden und miteinander in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (RIS-Justiz RS0037648; RS0037899 [T3]; RS0037905). Es besteht aber kein solcher Zusammenhang, wenn jeder der mehreren Ansprüche ein verschiedenes rechtliches und tatsächliches Schicksal haben kann (RIS-Justiz RS0037648 [T18, T20]; RS0037899; RS0037905).
Die Voraussetzungen für eine Zusammenrechnung nach § 55 Abs 1 Z 1 JN sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt: Der Kläger leitet seine Forderungen aus der Verwendung seiner Kreditkartendaten an mehreren Tagen mit daraus resultierenden Abbuchungen unterschiedlicher Beträge ab, wobei an keinem Tag mehr als 5.000 EUR von seinem Konto abgebucht wurden. Es reicht damit das für jeweils einen Anspruch erforderliche Sachvorbringen nicht zur Gänze aus, um auch schon über die aus Abbuchungen an anderen Tagen erfolgten Forderungen entscheiden zu können. Die einzelnen Fälle teilen auch nicht notwendig dasselbe rechtliche Schicksal, sind doch die Voraussetzungen dafür, ob den einzelnen Abbuchungen tatsächlich keine Leistungen an den Kläger und auch keine mit ihm geschlossenen Verträge zu Grunde lagen, wie auch die Frage, ob die (einzelnen) Entgegennahmen der vom Kreditkartenunternehmen erfolgten Zahlungen durch die Beklagte als Erfüllung eines jeweils mit ihr geschlossenen (anderen) Vertrags zu beurteilen sind, jeweils gesondert und für sich zu beurteilen (wie auch der eingeschränkte Berufungsantrag zeigt). Jeder Anspruch kann unabhängig von den anderen (nicht) bestehen und somit ein verschiedenes rechtliches Schicksal haben (vgl zur Verneinung eines Zusammenhangs bei Ansprüchen aus verschiedenen Schadensereignissen die Entscheidung 5 Ob 1537/91 [Wassereintritte aufgrund einer dem Vermieter angelasteten Verstopfung des Kanals] und 3 Ob 520/95 [Weiterverkäufe von unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Elektrogeräten an Endverbraucher]; RIS-Justiz RS0042581).
Die Revision ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 40 iVm § 50 Abs 1 ZPO. Der Kläger hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen, weshalb der Schriftsatz nicht als zweckentsprechende Rechtsverteidigungsmaßnahme im Sinn des § 41 Abs 1 ZPO zu qualifizieren ist (vgl 1 Ob 148/09k mwN; 1 Ob 134/16m; 7 Ob 145/16y).
Textnummer
E121993European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0010OB00051.18H.0529.000Im RIS seit
13.07.2018Zuletzt aktualisiert am
21.01.2019