Entscheidungsdatum
04.07.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W215 2001263-3/2E
W215 2001265-3/2E
W215 2001264-3/2E
W215 2001266-3/2E
W215 2124632-2/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. STARK über die Beschwerden von 1) XXXX , 2) XXXX ,
3) XXXX , 4) XXXX und
5) XXXX , alle Staatsangehörigkeit Russische Föderation, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.06.2018, Zahlen
1) 831354201-170214865, 2) 831354310-170214903, 3) 831354408-170214938,
4) 831354408-170214938 und 5) 831354408-170214938, zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerden gegen Spruchpunkt I. werden wegen entschiedener Sache als unbegründet abgewiesen.
II. Die Beschwerden hinsichtlich Spruchpunkt II. und III. werden gemäß § 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG), in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, und § 55 Abs. 1a FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist jeweils gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind die Eltern der minderjährigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer. Ihre Identitäten konnten in den Asylverfahren nicht festgestellt werden. Die Erst- bis Viertbeschwerdeführer reisten unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet und die Erst- und Zweitbeschwerdeführer stellten für sich und die Dritt- und Viertbeschwerdeführer am 19.09.2013 die ersten Anträge auf internationalen Schutz.
Mit Bescheiden des Bundesasylamts wurden die Anträge der Erst- bis Viertbeschwerdeführer auf internationalen Schutz vom 19.09.2013 gemäß § 3 Abs. 1 iVm
§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm
§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Gemäß
§ 10 Abs. 1 Z 2 AsylG wurden die Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt III.). Gegen diese Bescheide wurde fristgerecht Beschwerden erhoben.
Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.05.2015, Zahlen
1) W112 2001263-1/11, 2) W112 2001265-1/7E, 3) W112 2001264-1/6E und
4) W112 2001266-1/6E, wurden nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Beschwerden in Spruchpunkt I. gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Z 1 AsylG als unbegründet abgewiesen. In Spruchpunkt II. wurden gemäß § 75 Abs. 20 AsylG die Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen. Die Revision war gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. In den Erkenntnissen wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die Identitäten der Beschwerdeführer nicht festgestellt werden konnten. Im Wesentlichen habe der Erstbeschwerdeführer als Fluchtgrund angegeben, Polizisten hätten auf seinem Grundstück eine Waffe gefunden und ihn deshalb zur Einvernahme auf die Polizeistation mitgenommen. Dabei sei er zur Herkunft der Waffe und zu seinem Nachbarn befragt worden, dem man Verbindungen zu Kämpfern nachsage. Da er keine Antworten geliefert habe, sei der Erstbeschwerdeführer geschlagen worden. Am nächsten Tag hätten sie ihn überstellen wollen, doch der Erstbeschwerdeführer habe flüchten können.
Auch wenn die Erst- und Zweitbeschwerdeführer die Rahmengeschichte ihres Fluchtvorbringens stimmig vorbringen konnten, offenbarten sich im Detail zahlreiche Widersprüche und Unplausibilitäten, auf Grund derer das Fluchtvorbringen der Erst- und Zweitbeschwerdeführer unglaubwürdig war. Dass aus anderen Gründen als dem Erstbeschwerdeführer ein Interesse der Behörden an den Beschwerdeführern bestanden hätte, wurde nie behauptet. Eine Gefährdung von Familienangehörigen besteht vor allem im Hinblick auf die Verwandten aktiver Widerstandskämpfer (ACCORD 01.07.2014). Dass es in der Familie der Beschwerdeführer gegenwärtig aktive Widerstandskämpfer gibt, hatten diese nie behauptet, ebensowenig ein direktes Engagement des Erstbeschwerdeführers oder der Zweitbeschwerdeführerin in einem der beiden Tschetschenienkriege oder im Zusammenhang mit den aktuellen Rebellen. Für den Dritt- und den Viertbeschwerdeführer wurden keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht. Eine Gefahr bei der Wiedereinreise in die Russische Föderation bestand daher angesichts des unglaubhaften Fluchtvorbringens nicht. Zurückkehrende werden wegen der Stellung eines Asylantrages im Ausland nicht verfolgt. Ebensowenig ist eine asylrelevante Verfolgung von Rückkehrern belegt. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Falle ihrer Rückkehr in die Russische Föderation einer ausrelevanten Verfolgung ausgesetzt sein würden.
Es wurde in den Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes zusammengefasst festgestellt, dass die Beschwerdeführer bis zu ihrer Ausreise in Tschetschenien mit der Großmutter des Erstbeschwerdeführers im familieneigenen Haus, wo die Großmutter noch immer lebt, gelebt haben. Mit seinem Vater und seinen Halbgeschwistern hatte der Erstbeschwerdeführer nur selten bzw. keinen Kontakt. Ebenso leben die Eltern und Geschwister der Zweitbeschwerdeführerin im Herkunftsstaat, zu diesen und zur Großmutter des Erstbeschwerdeführers besteht auch weiterhin Kontakt. Der Erstbeschwerdeführer spricht Russisch und Tschetschenisch, hat im Herkunftsstaat eine XXXX Schulbildung, eine Berufsausbildung zum XXXX absolviert und war danach als XXXX erwerbstätig. Er ist Eigentümer eines Grundstücks mit zwei Häusern in Tschetschenien. Der (damals XXXX ) Erstbeschwerdeführer gab an, arbeitsfähig zu sein und konnte den Lebensunterhalt für seine Familie im Herkunftsstaat bisher auch ohne staatliche Unterstützung bestreiten. Die Zweitbeschwerdeführerin spricht Russisch und Tschetschenisch. Sie hat im Herkunftsstaat die Grundschule absolviert, aber keine Berufsausbildung und bereits mit XXXX geheiratet. Sie konnte ihren Lebensunterhalt durch den Verdienst des Erstbeschwerdeführers bestreiten. Der (damals XXXX ) Drittbeschwerdeführer und der (damals XXXX ) Viertbeschwerdeführer wurden im Herkunftsstaat geboren, wo sie die ersten XXXX Jahre bzw. XXXX Jahre ihres Lebens verbrachten. Sie sprechen Tschetschenisch und Russisch. Es wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführer in Tschetschenien über ein soziales Netz und über eine Immobilie verfügen, sodass ihre Existenz im Falle ihrer Rückkehr gesichert ist. Die Existenz der Dritt- und Viertbeschwerdeführer ist über ihre Eltern gesichert. Weiters wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführer an keinen dermaßen schweren physischen oder psychischen akut lebensbedrohlichen und zudem im Herkunftsstaat nicht behandelbaren Erkrankungen, die einer Rückkehr in die Russische Föderation iSd Art. 3 EMRK unzulässig machen würden leiden. Der Erstbeschwerdeführer ist gesund. Die Zweitbeschwerdeführerin litt an einer XXXX . Der Gesundheitszustand der Zweitbeschwerdeführerin stellte sich als nicht lebensbedrohlich dar und stand daher nach der dargestellten Judikatur einer Abschiebung nicht entgegen. Sollte die Zweitbeschwerdeführerin im Herkunftsstaat ärztlicher Behandlung bedürfen, ist eine solche nach den Länderfeststellungen im Fall ihrer Rückkehr möglich, da laut Länderfeststellungen - neben der kostenlosen medizinischen Grundversorgung - auch kostenlose XXXX Hilfe zur Verfügung steht. Die minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführer waren gesund. Es konnten keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Falle ihrer Zurückweisung, Zurückschiebung und Abschiebung in die Russische Föderation einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe oder sonst einer konkreten individuellen Gefahr ausgesetzt sein würden.
Es wurde zudem festgestellt, dass die Erst- bis Viertbeschwerdeführer in Österreich im gemeinsamen Haushalt leben, aber über keine weiteren familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfügen. Eine ausgeprägte und verfestigte, entscheidungserhebliche individuelle Integration der Beschwerdeführer in Österreich konnte nicht festgestellt werden. Sie hielten sich seit der unrechtmäßigen Einreise am 19.09.2013 in Österreich auf. Alle vier Beschwerdeführer bezogen seit ihrer illegalen Einreise im Bundesgebiet Leistungen aus der Grundversorgung, lebten in einem Quartier der Grundversorgung und die Erst- und Zweitbeschwerdeführer waren nicht selbsterhaltungsfähig. Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer waren in Österreich noch nie einer legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen, arbeiteten auch nicht ehrenamtlich und hatten nie versucht, seine Selbsterhaltungsfähigkeit herzustellen. Er gab keine Bildungsmaßnahmen außer einem Deutschkurs, sie waren nicht Mitglied in Vereinen oder sonstigen Organisationen. Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer verfügten über keine Deutschkenntnisse. Sie hatten Freundschaften mit Asylwerbern und Nachbarn geschlossen. Diese Freundschaften wurden in der Zeit begründet, als sich die Erst- und Zweitbeschwerdeführer ihres unsicheren Aufenthalts bewusst sein mussten. Sie verfügten über keine besonderen Bindungen zu Österreich. Der Drittbeschwerdeführer besuchte nach XXXX und versteht Deutsch. Der Viertbeschwerdeführer besuchte XXXX . Diese Erkenntnisse erwuchsen mit Zustellung an die Beschwerdeführer am 22.05.2015 in Rechtskraft.
2. In den fortgesetzten Verfahren erteilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Erst- bis Viertbeschwerdeführern mit Bescheiden vom 27.08.2015, jeweils keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG, erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegenüber den Beschwerdeführern jeweils eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung der Erst- bis Viertbeschwerdeführern in die Russische Föderation gemäß
§ 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt I.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrug die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.). Gegen diese Bescheide wurden fristgerecht Beschwerden erhoben.
Der Fünftbeschwerdeführers wurde in Österreich geboren und ist das Kind der Erst- und Zweitbeschwerdeführer. Diese stellten für den Fünftbeschwerdeführer am 14.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies mit Bescheid vom 08.10.2015, zugestellt am 14.10.2015, den Antrag des Fünftbeschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm
§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.), als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt II.) ab, erkannte ihm einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 55 und 57 AsylG nicht, erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Russland zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß
§ 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrug die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.). Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.
Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.2016, Zahlen
1) W237 2001263-2/6E, 2) W237 2001265-2/5E, 3) W237 2001264-2/5E und
4) W237 2001266-2/4E, wurden nach Durchführung einer Verhandlung am
14.10.2016 die Beschwerden der Erst- bis Viertbeschwerdeführer gemäß
§ 28 Abs. 2 VwGVG iVm §§ 57 und 55 AsylG, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm
§ 52 Abs. 2 Z 2 FPG und § 9 BFA-VG, sowie § 52 Abs. 9 iVm
§ 50 FPG als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 55 Abs. 2 und 3 FPG
wurde die Frist für die freiwillige Ausreise bis zum 12.02.2017 festgesetzt. Die Revision wurde jeweils gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt. In den Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes stimmen die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat mit jenen im den Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.05.2015 überein (siehe weiter oben Verfahrensgang 1.). Zur Situation in Österreich wurde festgestellt: "...Die Zweitbeschwerdeführerin leidet an einer rezidivierenden XXXX sowie an XXXX , jedoch an keinen schwerwiegenden, lebensbedrohenden bzw. in diesem Sinne akut behandlungsbedürftigen Krankheiten. Die übrigen Beschwerdeführer sind gesund. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind arbeitsfähig.
Der Erstbeschwerdeführer verrichtet in geringfügigem Beschäftigungsausmaß für seine Wohnsitzgemeinde handwerkliche Tätigkeiten und engagiert sich im Rahmen der Nachbarschaftshilfe und beim XXXX . Die Zweitbeschwerdeführerin geht derzeit keiner legalen Arbeit nach und ist nicht selbsterhaltungsfähig; sie kümmerte sich bislang um die Kindererziehung. Mehrere Bewohner ihrer Wohnsitzgemeinde im XXXX sprechen sich für den Verbleib der Beschwerdeführer in Österreich aus; der Erstbeschwerdeführer legte auch eine auf den 08.10.2016 datierende Zusage eines Bekannten vor, wonach er in dessen XXXX in vollem Beschäftigungsausmaß eingestellt werden könnte.
Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin besuchten einen Deutschkurs, legten aber bislang noch keine Prüfung ab. Sie können sich mit niederschwelligen Deutschkenntnissen im Alltag verständigen. Der Drittbeschwerdeführer besucht XXXX und beherrscht die deutsche Sprache. Er ist Mitglied in einem XXXX und hat Freundschaften mit gleichaltrigen Kindern geschlossen. Der Viertbeschwerdeführer besucht XXXX . Das Aus- und Fortkommen der minderjährigen Beschwerdeführer wird durch den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin gesichert."
Mit Erkenntnis, ebenfalls vom 24.11.2016, Zahl W237 2124632-1/3E, wurde die Beschwerde im Verfahren des Fünftbeschwerdeführers gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 und
§ 8 Abs. 1 Z 1 AsylG, §§ 57 und 55 AsylG, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm
§ 9 BFA-VG und § 52 Abs. 9 iVm § 50 FPG als unbegründet abgewiesen.
Gemäß
§ 55 Abs. 2 und 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise bis zum 12.02.2017 festgesetzt. Die Revision wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt. Im Verfahren des Fünftbeschwerdeführers waren keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht worden.
3. Nach rechtskräftigem Abschluss ihrer Asylverfahren kamen die Beschwerdeführer ihren Ausreiseverpflichtungen nicht nach, blieben illegal im Bundesgebiet und die Erst- und Zweitbeschwerdeführer stellten am 17.02.2017 die zweiten Anträge auf internationalen Schutz für sich und die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer. Noch am selben Tag erfolgten die niederschriftlichen Erstbefragungen der Erst- und Zweitbeschwerdeführer in den zweiten Asylverfahren. Der Erstbeschwerdeführer berief sich auf die bereits in den ersten Asylverfahren vorgebrachten angeblichen Ausreisegründe, welche er kurz wiederholte und behauptete, dass er in diesem Zusammenhang die Kopie eine Ladung als Beschuldigter vom 14.11.2016 in Vorlage bringen wolle, welche ihm am Vortag von einem unbekannten Tschetschenen in XXXX übergeben worden sei. Die Diakonie habe ihm gesagt, wenn er in Österreich bleiben wolle, solle er neue Beweismittel bringen. Die Zweitbeschwerdeführerin führte wörtlich aus: "Ich habe keine neuen Gründe. Mein Ehemann hat Gründe. Mir ist bekannt, dass er gestern ein neues Beweismittel bekommen hat. Mehr weiß ich nicht, aber es hängt mit seinen früheren Gründen zusammen."
Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer wurden am 04.05.2017 im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich befragt. Sie gaben zusammengefasst übereinstimmend an, seit der illegalen Einreise im September 2013, selbst nach rechtskräftigem Abschluss ihrer ersten Asylverfahren, das Bundesgebiet nicht verlassen zu haben und beriefen sich erneut auf ihre Ausreisegründe in den ersten Asylverfahren. Der Erstbeschwerdeführer gab an, dass er neben der bereits am 17.02.2017 erwähnten Kopie einer Vorladung noch Integrationsunterlagen vorlegen wolle, welche in Kopie zum Akt genommen wurden. Der Inhalt der in Kopie vorgelegten Ladung bestehe laut Angaben des Erstbeschwerdeführers darin, dass er Ende November 2016 wegen der im ersten Asylverfahren genannten Gründe - bei ihm zu Hause sei eine Waffe gefunden worden - zu einer bestimmten Person kommen hätte sollen bzw. als Verdächtiger vorgeladen gewesen sei. Er hätte in das Dorf XXXX im Bezirk XXXX zu dieser Person kommen sollen. Wie diese Person heiße, wisse der Erstbeschwerdeführer nicht, er habe sich nicht dafür interessiert. Der Erstbeschwerdeführer habe dort nicht hingehen wollen, er habe sich die Ladung kurz angeschaut und dann bei einem Polizisten im XXXX abgegeben. Der Erstbeschwerdeführer glaube nicht, dass er vom Polizisten dafür eine Bestätigung erhalten habe. Das sei aber nicht die einzige Ladung gewesen, der Erstbeschwerdeführer bekommen regelmäßig Ladungen an seine letzte Wohnadresse in XXXX . Wo diese anderen Ladungen seien, wisse der Erstbeschwerdeführer nicht, vielleicht zu Hause oder weggeschmissen; er habe sich nicht dafür interessiert und nicht nachgefragt. Seine Großmutter erhalte seit zwei Jahren die Ladungen an die gemeinsame Wohnadresse in XXXX . Die Diakonie habe dem Erstbeschwerdeführer empfohlen, dass er neue Beweismittel vorlegen müsse. Seine Familie sei von niemandem in Österreich in irgendeiner Weise abhängig. Freunde würden ihm mit Kleidung helfen und ihn begleiten, wenn er in Österreich einen Dolmetscher brauche. Im Herkunftsstaat leben derzeit noch sein Vater, seine drei Halbbrüder, eine Halbschwester und sechs Tanten mütterlicherseits, eine Siebente lebe irgendwo in Europa. Der Erstbeschwerdeführer halte Kontakt zu einem Freund in Tschetschenien. Der Erstbeschwerdeführer und seine Familie leben vom österreichischen Staat; man bekommen Geld für die Wohnung und die Versorgung. Der Erstbeschwerdeführer habe vier Monate lang einen Deutschkurs besucht und werde am XXXX eine Deutschprüfung Niveau A1 ablegen. Er spreche Tschetschenisch, Russisch und ein bisschen Deutsch. Der Erstbeschwerdeführer legte Unterstützungsschreiben seines Vermieters und einer Mitarbeiterin beim XXXX seiner Heimatgemeinde aus dem Jahre 2016 sowie von Nachbarn vor, die sich "positive Abschlüsse" der Asylverfahren der Beschwerdeführer wünschen.
Die Zweitbeschwerdeführerin gab an, dass sie den zweiten Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, weil es einen neuen Asylgrund gibt. Damit meine sie die neue Vorladung. Der Erstbeschwerdeführer erzähle ihr nicht alles. Sie habe am 16.02.2017 die letzte Ladung gesehen, von der sie aber über den besten Freund ihres Mannes gewusst habe. Die Zweitbeschwerdeführerin habe die Ladung, die der Erstbeschwerdeführer im November 2016 erhalten habe gelesen und in dieser sei gestanden, dass der Erstbeschwerdeführer als Beschuldigter zu einer Person gehen müsse. Als die Zweitbeschwerdeführerin die Ladung im Original abgegeben habe, habe die Zweitbeschwerdeführerin etwas bekommen, von dem sie nicht gewusst habe, dass es sich um eine Sicherstellung handle; das habe sie zu Hause und werde es vorlegen. Die Zweitbeschwerdeführerin habe bereits im ersten Asylverfahren gewusst, dass es im Jahr 2012 eine Vorladung des Erstbeschwerdeführers gegeben habe, habe es in ihrem ersten Asylverfahren aber nicht gesagt. Das Risiko im Herkunftsstaat für ihre Familie bestehe weiterhin. Die Zweitbeschwerdeführerin brachte eine Bestätigung aus dem Jahr 2016 in Vorlage aus der hervorgeht, dass sie an einem Deutschkurs A1 teilnahm. Zudem einen XXXX Befundbericht vom XXXX in welchem auf Wunsch der Zweitbeschwerdeführerin von einer XXXX ausgeführt wird, dass bei ihr die " XXXX " vorliege und deswegen bereits seit XXXX bzw. bei der XXXX seit XXXX Behandlung ist. Es wird unter anderem darin ausgeführt: "... XXXX ..." Die Zweitbeschwerdeführerin gab dazu an, dass sie regelmäßig diese XXXX aufsuche, von ihr aber keine Medikamente verschrieben bekomme. Derzeit nehme die Zweitbeschwerdeführerin keine Medikamente ein, sie habe von ihrem Hausarzt aber einen Sirup " XXXX " (Anmerkung: wörtliches Zitat) auf dem stehe etwas mit " XXXX " (Anmerkung: wörtliches Zitat). Ein Onkel der Zweitbeschwerdeführerin lebe in XXXX und eine Cousine in XXXX , allerdings kenne die Zweitbeschwerdeführerin nicht deren Adresse. Die beiden seien seit ca. 14 Jahren in Österreich und es bestehe keinerlei Abhängigkeitsverhältnis zu ihnen. Im Herkunftsstaat leben die Eltern, zwei Brüder und zwei Schwerstern der Beschwerdeführerin; diese hätten aber keinen Kontakt zu ihnen. Die Zweitbeschwerdeführerin würde von Freunden in Österreich Geschenke bekommen und diese würden für ihrer Familie Kleidungsstücke organisieren, es bestehe aber keinerlei Abhängigkeitsverhältnis zu diesen. Die Zweibeschwerdeführer haben in Österreich noch nie gearbeitet und lebe ausschließlich von der Grundversorgung des österreichischen Staates. Sie spreche Tschetschenisch und Russisch, sprach zudem auch noch gebrochen Deutsch.
Die Zweitbeschwerdeführerin brachte eine Schulbesuchsbestätigung des Drittbeschwerdeführers wonach dieser im Schuljahr 2016/2017 eine XXXX besucht habe und eine Bestätigung vom 09.10.2016 in Vorlage, wonach der Drittbeschwerdeführer am XXXX teilnimmt. Es wurde eine Bestätigung vom 03.02.2017 in Vorlage gebracht, wonach der Viertbeschwerdeführer einen XXXX besucht. Die Zweitbeschwerdeführer gab an, das sie darauf warte, dass der Fünftbeschwerdeführer einen XXXX besuche.
Am 05.10.2017 langte eine schriftliche Stellungnahme der Beschwerdeführer beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein. Darin werden zusammengefasst auszugsweise einzelne Stellen der vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Beschwerdeführern zur Kenntnis gebrachten Länderberichte zitiert und abschließend ausgeführt, dass die Beschwerdeführer "der Behörde nunmehr ihrer Asylgründe offen gelegt" (Anmerkung: wörtliches Zitat) hätten und ihnen im Fall der Rückkehr in die Russische Föderation eine Verletzung der Unversehrtheit sowie ihres Rechts auf Leben drohen und das Vorbringe zu den Asylgründe plausibel und nachvollziehbar sei, weshalb das Bundesasylamt angehalten sei, den Beschwerdeführer internationalen Schutz zu gewähren.
Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.03.2018, zugestellt am 13.03.2018, wurden den Beschwerdeführern aktuelle Länderfeststellungen zur Lage im Herkunftsstaat zur Kenntnis gebracht und ihnen Gelegenheit gegeben dazu im Rahmen des Parteiengehörs eine Stellungnahme abzugeben.
Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.06.2018, Zahlen
1) 831354201-170214865, 2) 831354310-170214903, 3) 831354408-170214938,
4) 831354408-170214938 und 5) 831354408-170214938, wurden in Spruchpunkt I. die zweiten Anträge auf internationalen Schutz vom 17.02.2017 gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. In Spruchpunkt II. wurden Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführer Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Russland zulässig ist. In
Spruchpunkt III. wurde gemäß § 55 Abs. 1a FPG ausgesprochen, dass keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht.
Gegen diese Bescheide, zugestellt am 05.06.2018, wurden fristgerecht am 22.06.2018 gegenständliche Beschwerden eingebracht. In den Beschwerden werden die Anträge gestellt den Beschwerden aufschiebende Wirkung gemäß § 17 BFA-VG zuzuerkennen, eine mündliche Beschwerdeverhandlung zu Wahrung des Rechts des Art 47 GRC anzuberaumen, den Beschwerden stattzugeben, die Bescheide zu beheben und die Sacher zur neuerlichen Prüfung an diese zurückzuverweisen, in eventu die Bescheide bezüglich Spruchpunkt II aufzuheben bzw. dahingehend abzuändern, dass die Rückkehrentscheidung aufgehoben und auf Dauer für unzulässig erklärt wurde sowie den Beschwerdeführern Aufenthaltstitel gemäß
§ 55 AsylG zu erteilen. Den Beschwerden waren Kopien von jeweils einem Zeugnis beigelegt, wonach der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin am XXXX eine Deutschprüfung Modul A1 bestanden haben. In den Kopien der Zeugnisse steht, dass damit der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin vertraute Wörter und ganz einfache Sätze verstehen, wenn langsam und deutlich gesprochen wird, einzelne vertraute Namen, Wörter und ganz einfache Sätze z.B. auf Schildern, Plakaten oder in Katalogen lesen können, einfache Fragen stellten und beantworten können, sofern es sich um sehr vertraute Themen handelt, einfache Wendungen und Sätze gebrauchen können, um sich über Menschen und Orte zu äußern, kurze einfache Postkarten schreiben und einfache Formulare (z.B. Name, Adresse, Nationalität) ausfüllen können. Die Kopie einer Bestätigung vom 12.06.2018 wonach der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin drei Stunden pro Woche einen Deutschkurs A2 besuchen wurden vorgelegt. Ebenso die Kopie einer Bescheinigung wonach der Erstbeschwerdeführer zwei Tage im Februar 2018 an einem Erste Hilfe Grundkurs im Ausmaß von insgesamt 16 Stunden teilgenommen hat.
3. Die Beschwerdevorlagen vom 25.06.2018 langten am 28.06.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein, wovon das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl noch am selben Tag schriftlich verständigt wurde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
1. Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer sind die Eltern der minderjährigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer. Alle Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Russischen Föderation. Die Identitäten der Beschwerdeführer konnten nicht festgestellt werden.
Die Erst- bis Viertbeschwerdeführer reisten zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet und die Erst- und Zweitbeschwerdeführer stellten für sich und die Dritt- und Viertbeschwerdeführer am 19.09.2013 ihre ersten Anträge auf internationalen Schutz. Mit Bescheiden des Bundesasylamts wurden die Anträge der Erst- bis Viertbeschwerdeführer auf internationalen Schutz vom 19.09.2013 gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG wurden die Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt III.).
Mit seit 22.05.2015 rechtskräftigen Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.05.2015, Zahlen 1) W112 2001263-1/11, 2) W112 2001265-1/7E, 3) W112 2001264-1/6E und 4) W112 2001266-1/6E, wurden nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Beschwerden in Spruchpunkt I. gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 Z 1 AsylG als unbegründet abgewiesen. In Spruchpunkt II. wurden gemäß § 75 Abs. 20 AsylG die Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen. Die Revision war gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
In den fortgesetzten Verfahren erteilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Erst- bis Viertbeschwerdeführern mit Bescheiden vom 27.08.2015, jeweils keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG, erließ gemäß
§ 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegenüber den Beschwerdeführern jeweils eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung der Erstbis Viertbeschwerdeführern in die Russische Föderation gemäß
§ 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt I.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrug die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.). Gegen diese Bescheide wurden fristgerecht Beschwerden erhoben.
Der Fünftbeschwerdeführer wurde in Österreich geboren und ist das Kind der Erst- und Zweitbeschwerdeführer. Diese stellten für den Fünftbeschwerdeführer am 14.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies mit Bescheid vom 08.10.2015, zugestellt am 14.10.2015, den Antrag des Fünftbeschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm
§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.), als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt II.) ab, erkannte ihm einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß
§§ 55 und 57 AsylG nicht zu, erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Russland zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß
§ 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrug die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.). Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.
Mit rechtskräftigen Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.2016, Zahlen
1) W237 2001263-2/6E, 2) W237 2001265-2/5E, 3) W237 2001264-2/5E und
4) W237 2001266-2/4E, wurden nach Durchführung einer Verhandlung am 14.10.2016 die Beschwerden der Erst- bis Viertbeschwerdeführer gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm
§§ 57 und 55 AsylG, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und § 9 BFA-VG, sowie
§ 52 Abs. 9 iVm § 50 FPG als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 55 Abs. 2 und 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise bis zum 12.02.2017 festgesetzt. Die Revision wurde jeweils gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt. Mit Erkenntnis ebenfalls vom 24.11.2016, Zahl W237 2124632-1/3E, wurde die Beschwerde im Verfahren des Fünftbeschwerdeführers § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG, §§ 57 und 55 AsylG,
§ 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 9 iVm § 50 FPG als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 55 Abs. 2 und 3 FPG wurde die Frist für die freiwillige Ausreise bis zum 12.02.2017 festgesetzt. Die Revision wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.
2. Die Beschwerdeführer kamen ihren Ausreiseverpflichtungen nicht nach, sondern blieben illegal im Bundesgebiet, wo die Erst- und Zweitbeschwerdeführer am 17.02.2017 die zweiten (Folge-)Anträge auf internationalen Schutz für sich und die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer stellten. Mit gegenständlichen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.06.2018, Zahlen 1) 831354201-170214865, 2) 831354310-170214903, 3) 831354408-170214938,
4) 831354408-170214938 und 5) 831354408-170214938, wurden in Spruchpunkt I. die zweiten Anträge auf internationalen Schutz vom 17.02.2017 gemäß
§ 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. In Spruchpunkt II. wurden Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführer Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Russland zulässig ist. In Spruchpunkt III. wurde gemäß § 55 Abs. 1a FPG ausgesprochen, dass keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht. Gegen diese Bescheide, zugestellt am 05.06.2018, wurden fristgerecht am 02.06.2018 gegenständliche Beschwerden eingebracht.
Bezüglich der Vorbringen der Erst- und Zweitbeschwerdeführer zu den Gründen für die Stellung der gegenständlichen zweiten Anträge auf internationalen Schutz ist festzustellen, dass die bereits im ersten Asylverfahren geltend gemachten angeblichen Fluchtgründe wiederholt und bereits in den seit 22.05.2015 rechtskräftigen Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.05.2015, Zahlen 1) W112 2001263-1/11,
2) W112 2001265-1/7E, 3) W112 2001264-1/6E und 4) W112 2001266-1/6E, - mit denen die Verfahren der Erst- bis Viertbeschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und gemäß § 8 Abs. 1 iVm
§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen wurden - als unglaubwürdig erachtet wurden, sodass diese Rechtskraft einer neuerlichen Beurteilung desselben Vorbringens entgegen steht. Mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.11.2016, Zahl W237 2124632-1/3E, wurde der Antrag des Fünftbeschwerdeführers ebenfalls gemäß § 3 Abs. 1 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen.
Zum auf dem unglaubwürdigen Vorbringen der ersten Asylverfahren aufbauenden neuen Vorbringen der Erst- und Zweitbeschwerdeführer, wonach der Erstbeschwerdeführer seit weiteren zwei Jahren aus den vorgebrachen Gründen weitere Vorladungen erhalten soll, ist festzustellen, dass es sich um eine unglaubwürdige Weiterentwicklung der für die ersten Asylverfahren erfundenen Geschichte handelt.
3. In den gegenständlichen Verfahren können keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer im Fall ihrer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe oder sonst einer konkreten individuellen Gefahr ausgesetzt sein würden.
Der Erstbeschwerdeführer ist gesund, ebenso die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer. Bei der Zweitbeschwerdeführerin wurde - wie auch schon während des rechtskräftig abgeschlossenen ersten Asylverfahrens - im XXXX eine XXXX " diagnostiziert, sie war deshalb im XXXX bereits seit XXXX bzw. bei ihrer XXXX seit XXXX Behandlung. Die Zweitbeschwerdeführerin gab dazu an, dass sie regelmäßig diese XXXX aufsuchte, von ihr aber keine Medikamente verschrieben bekam. Im XXXX nahm die Zweitbeschwerdeführerin keine Medikamente ein, sie hatte von ihrem Hausarzt aber einen Sirup " XXXX " (Anmerkung: wörtliches Zitat) auf dem etwas mit " XXXX " (Anmerkung: wörtliches Zitat) stand.
Zusammengefasst wird festgestellt, dass der Erst- und die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer gesund sind. Die Zweitbeschwerdeführerin litt im XXXX nach wie vor an denselben Beschwerden, welche sich bereits im ersten Asylverfahren angeführt hatte. Sollte sie, obwohl sie von ihrer langjährigen XXXX keine Medikamente verschreiben bekam, in Zukunft dennoch Medikamente benötigen könnte sie diese in der Russische Föderation, gegebenenfalls gegen Zuzahlung, erhalten.
Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer sind im arbeitsfähigen Alter. Der Erstbeschwerdeführer konnten vor der Ausreise im Herkunftsstaat den Lebensunterhalt für sich und die Familie als XXXX bestreiten und ist im Herkunftssaat Eigentümer eines Grundstückes auf dem zwei Häusern stehen. Die Zweitbeschwerdeführerin hat bereits im Alter von XXXX den Erstbeschwerdeführer geheiratet und musst nie einer Arbeit nachgehen; die Familie konnte es sich leisten, dass sich die Zweitbeschwerdeführerin ausschließlich um Haushalt und Kinder kümmert. Die Großmutter des Erstbeschwerdeführers lebt nach wie vor in einem der beiden Häuser des Beschwerdeführers in der Russische Föderation; weiters leben dessen Vater, mehrere "Halbgeschwister" und sechs Tanten im Herkunftsstaat. Ebenso die Eltern und Geschwister der Zeitbeschwerdeführerin.
4. Obwohl die Beschwerden gegen die Rückkehrentscheidungen mit rechtskräftigen Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.2016, Zahlen
1) W237 2001263-2/6E, 2) W237 2001265-2/5E, 3) W237 2001264-2/5E und
4) W237 2001266-2/4E, nach Durchführung einer Verhandlung am 14.10.2016 die Beschwerden der Erst- bis Viertbeschwerdeführer gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm
§§ 57 und 55 AsylG, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 52 Abs. 2 Z 2 FPG und § 9 BFA-VG, sowie
§ 52 Abs. 9 iVm § 50 FPG als unbegründet abgewiesen wurden und gemäß
§ 55 Abs. 2 und 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise bis zum
12.02.2017 festgesetzt wurde, blieben die Beschwerdeführer danach illegal in Österreich und die Erst- und Zweitbeschwerdeführer stellten für sich und die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer am 17.02.2017 gegenständliche zweiten (Folge)Anträge auf internationalen Schutz. Die unbescholtenen Beschwerdeführer sind von niemandem in Österreich in irgendeiner Weise abhängig. Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer sind nach wie vor nicht in der Lage für ihren Lebensunterhalt in Österreich kraft legaler Arbeit zu sorgen und somit auch nicht für den der Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer. Laut Kopien haben der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin - erst nach rechtskräftigem Abschluss ihrer ersten Asylverfahren - am XXXX eine Deutschprüfung Modul A1 bestanden und besuchen derzeit Sprachkurse Deutsch Modul A2. Der Drittbeschwerdeführer und der Viertbeschwerdeführer besuchen XXXX , weshalb davon auszugehen ist, dass beide Deutsch sprechen. Nicht festgestellt werden kann eine ausgeprägte und verfestigte entscheidungserhebliche individuelle Integration der Beschwerdeführer in Österreich. Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für eine "Aufenthaltsberechtigung besondere Schutz" kamen nicht hervor.
5. In Übereinstimmung mit den Feststellungen in gegenständlichen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wird zur Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer festgestellt:
Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen
Der Inhalt dieser Kurzinformation wird mit 07.05.2018 in das LIB Russische Föderation übernommen (Abschnitt 1/Relevant für Abschnitt 13).
Der russische Präsident Wladimir Putin hat am Montag (07.05.2018) den Eid für seine vierte und somit letzte Amtszeit abgelegt. Vor etwa 5.000 Gästen im Kreml in Moskau gelobte er, "dem Volk treu zu dienen", wie es in der Eidesformel heißt (Kurier.at 07.05.2018).
Bei der Präsidentenwahl im März 2018 hatte die Wahlbehörde ihm ein Rekordergebnis von knapp 77% der Stimmen zugesprochen. Überschattet wird die Amtseinführung von der Gewalt, mit der die Polizei am 5.5.2018 Kundgebungen von Regierungsgegnern auflöste. Landesweit wurden dabei etwa 1.600 Anhänger des Oppositionellen Alexej Nawalny festgenommen, die meisten aber wieder freigelassen. Doch das Bürgerrechtsportal "OVD-Info" zählte am Montag immer noch dutzende Demonstranten in Gewahrsam (Standard.at 07.05.2018).
Alexej Nawalny hatte zu landesweiten Protesten gegen den Kremlchef aufgerufen, unter dem Motto "Er ist nicht unser Zar" fanden sich in rund 90 Städten Demonstranten zusammen. Die größten Veranstaltungen gab es traditionell in Moskau und St. Petersburg. Vor allem junge Menschen folgten dem Aufruf Nawalnys. In der Hauptstadt Moskau waren es nach Einschätzung der Tageszeitung Kommersant rund 10.000 Demonstranten, während die Polizei die Menge dort auf nur 1.500 Personen taxierte. Die in jedem Fall verhältnismäßig geringe Zahl der Demonstranten ist auch auf die anhaltende Zersplitterung der russischen Opposition zurückzuführen. So beteiligten sich weder die sozialliberale Jabloko-Partei, noch die neue "Partei der Veränderungen" um Xenia Sobtschak und Dmitri Gudkow an den Kundgebungen. Die Obrigkeit hingegen hatte eine enorme Anzahl an Sicherheitskräften aufgefahren, um mögliche Unmutsbekundungen im Keim zu ersticken. Neben der Polizei waren Männer in Kosakenuniform im Einsatz. Kosaken - eigentlich Folklore - treten immer wieder als Hilfspolizisten auf. In Moskau gingen sie hart gegen die Menge vor. Auch die Polizei setzte Schlagstöcke gegen die Demonstranten ein. Kritik am harten Vorgehen der Behörden gab es nicht nur von der EU, sondern auch aus dem Menschenrechtsrat des russischen Präsidenten. Speziell der Einsatz der Kosaken rief dort Unmut hervor. Kremlsprecher Dmitri Peskow hingegen kommentierte die Vorfälle nicht. Nawalny wurde gleich nach seinem Eintreffen auf dem für die Protestaktion zentralen Puschkin-Platz abgeführt. Etwa 80% der Festgenommen wurden innerhalb eines Tages wieder auf freien Fuß gesetzt. Auch Nawalny kam nach mehreren Stunden vorläufig frei, allerdings muss er sich am 11.5.2018 - vier Tage nach den Inaugurationsfeiern im Kreml - vor Gericht wegen der Organisation einer ungenehmigten Kundgebung und Widerstands gegen die Staatsgewalt verantworten. Als Wiederholungstäter droht dem Oppositionellen eine empfindliche Strafe (Standard.at 06.05.2018).
(Standard.at (06.05.2018): Härte gegen Proteste vor erneuter Putin-Amtseinführung,
https://derstandard.at/2000079263953/Nawalny-nach-Festnahme-bei-Oppositionskundgebung-wieder-frei, Zugriff 07.05.2018
Standard.at (07.05.201): Putin trat vierte Amtszeit als Präsident an, kommt am 5. Juni nach Wien, https://derstandard.at/2000079311730/Putin-tritt-vierte-Amtszeit-als-russischer-Praesident-an, Zugriff 07.05.2018
Kurier.at (07.05.2018): Putin trat vierte Amtszeit an und besucht am 05. Juni Wien,
https://kurier.at/politik/ausland/putin-trat-vierte-amtszeit-an-geloebnis-vor-5000-gaesten/400031920, Zugriff 07.05.2018)
Der Inhalt dieser Kurzinformation wird mit heutigem Datum in das LIB Russische Föderation übernommen (Abschnitt 1/Relevant für Abschnitt 2. Politische Lage).
Wie erwartet ist Russlands Präsident Putin bei der Präsidentschaftswahl am 18.03.2018 im Amt bestätigt worden. Nach Auszählung von 99% der Stimmen errang er 76,7% der Stimmen. Putins stärkster Herausforderer, der Kommunist Pawel Grudinin, kam auf 11,8%, dahinter der Rechtspopulist Wladimir Schirinowski mit 5,7%. Die Wahlbeteiligung lag der Nachrichtenagentur Tass zufolge bei knapp 67%, und erfüllte damit nicht ganz die Erwartungen der Präsidialadministration. 70% waren in den letzten Wochen inoffiziell als Ziel gestellt worden, zuletzt hatte der Kreml die Erwartungen auf 65% heruntergeschraubt (Standard.at 19.3.2018, vgl. Presse.at 19.3.2018). Die Beteiligung galt als wichtiger Indikator für Putins Rückhalt in der Bevölkerung. Entsprechend beharrlich hatte die russische Führung die Bürger aufgerufen, ihre Stimme abzugeben (Tagesschau.de 19.03.2018).
Putins wohl ärgster Widersacher Alexej Nawalny durfte nicht bei der Wahl kandidieren. Er war zuvor in einem von vielen als politisch motivierten Prozess verurteilt worden und rief daraufhin zum Boykott der Abstimmung auf, um die Wahlbeteiligung zu drücken (Presse.at 19.03.2018).
Oppositionelle Politiker und die Wahlbeobachtergruppe Golos hatten mehr als 2400 Verstöße gezählt, darunter mehrfach abgegebene Stimmen und die Behinderung von Wahlbeobachtern. Wähler waren demnach auch massiv unter Druck gesetzt worden, um an der Wahl teilzunehmen. Auch die Wahlkommission wies auf mutmaßliche Manipulationen hin. Sie stellte Bilder einer Überwachungskamera in einem Wahllokal nahe Moskau zur Verfügung, die offenbar zeigen, wie Wahlhelfer gefälschte Stimmzettel in eine Urne stopfen. Putin kann dem Ergebnis zufolge nach 18 Jahren an der Staatsspitze weitere sechs Jahre das Land führen. Gemäß der Verfassung darf er nach dem Ende seiner sechsjährigen Amtszeit nicht erneut antreten, da es eine Beschränkung auf zwei aufeinanderfolgende Amtszeiten gibt (Tagesschau.de 19.03.2018).
(Presse.at (19.03.2018): Putin: "Das russische Volk schließt sich um Machtzentrum zusammen",
https://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5391213/Putin_Das-russische-Volk-schliesst-sich-um-Machtzentrum-zusammen, Zugriff 19.03.2018
Standard.at (19.03.2018): Putin sichert sich vierte Amtszeit als Russlands Präsident,
https://derstandard.at/2000076383332/Putin-sichert-sich-vierte-Amtszeit-als-Praesident, Zugriff 19.03.2018
Tagesschau.de (19.03.2018): Klarer Sieg für Putin, https://www.tagesschau.de/ausland/russland-wahl-putin-101.html, Zugriff 19.03.2018)
Der Inhalt dieser Kurzinformation wird mit heutigem Datum in das LIB Russische Föderation übernommen (Abschnitt 1/Relevant für Abschnitt
2.2 Politische Lage Dagestan und Abschnitt 4 Rechtsschutz/Justizwesen).
In Machatschkala, der Hauptstadt Dagestans, ist die gesamte Regierungsspitze auf Befehl Moskaus festgenommen worden, insgesamt sieben Personen: der kommissarische Regierungschef Abdussamad Gamidow, zwei seiner Stellvertreter und vier weitere ranghohe Beamte. Ihnen wird Korruption vorgeworfen. Persönliche Waffen der Politiker wurden beschlagnahmt. Die Politiker wurden von Sicherheitskräften aus Moskau in Handschellen zum Flughafen gebracht und zu Vernehmungen in die russische Hauptstadt geflogen. Die muslimisch geprägte russische Teilrepublik Dagestan wird von Korruption und islamistischem Extremismus geprägt und macht Moskau Sorgen. Präsident Wladimir Putin entsandte im vergangenen Oktober den ehemaligen russischen Vize-Innenminister Wladimir Wassiljew, um für Ordnung zu sorgen. Im Januar war bereits der Bürgermeister der Hauptstadt, Mussa Mussajew, wegen Amtsmissbrauchs verhaftet worden (Euronews 06.02.2018, vgl. Kurier 05.02.2018).
Der Präsident der Republik Dagestan, Ramasan Abdulatipow, ist im September 2017 von seinem Amt aus Altersgründen zurückgetreten (Ostexperte.de 28.09.2017). Am 09.10.2017 wird daraufhin Wladimir Wasiljew zum kommissarischen Oberhaupt der Republik Dagestan ernannt (Länderanalysen - Chronik 09.10.2017).
(Euronews (06.02.2018): Dagestan: Gesamte Regierung in Handschellen abgeführt,
http://de.euronews.com/2018/02/06/dagestan-gesamte-regierung-in-handschellen-abgefuhrt, Zugriff 70.02.2018
Kurier (05.02.2018): Russland: Regierungsspitze in Dagestan festgenommen,
https://kurier.at/politik/ausland/russland-regierungsspitze-in-dagestan-festgenommen/309.777.147, Zugriff 07.02.2018
Russland Analysen (09.10.2017): Chronik: Russland im Jahr 2017, http://www.laender-analysen.de/russland/chroniken/Chronik_RusslandAnalysen_2017.pdf, Zugriff 07.02.2018
Ostexperte.de (28.09.2017): Präsident von Dagestan verkündet Rücktritt,
https://ostexperte.de/praesident-von-dagestan-verkuendet-ruecktritt/, Zugriff 07.02.2018)
Politische Lage
Die Russische Föderation hat knapp 143 Millionen Einwohner (CIA 15.06.2017, vgl. GIZ 07.2017c). Die Russische Föderation ist eine föderale Republik mit präsidialem Regierungssystem. Am 12. Juni 1991 erklärte sie ihre staatliche Souveränität. Die Verfassung der Russischen Föderation wurde am 12. Dezember 1993 verabschiedet. Das russische Parlament besteht aus zwei Kammern, der Staatsduma (Volksvertretung) und dem Föderationsrat (Vertretung der Föderationssubjekte) (AA 03.2017a). Der Staatspräsident der Russischen Föderation verfügt über sehr weitreichende exekutive Vollmachten, insbesondere in der Außen- und Sicherheitspolitik. Seine Amtszeit beträgt sechs Jahre. Amtsinhaber ist seit dem 7. Mai 2012 Wladimir Putin (AA 03.2017a, vgl. EASO 03.2017). Er wurde am 4. März 2012 (mit offiziell 63,6% der Stimmen) gewählt. Es handelt sich um seine dritte Amtszeit als Staatspräsident. Dmitri Medwedjew, Staatspräsident 2008-2012, übernahm am 8. Mai 2012 erneut das Amt des Ministerpräsidenten. Seit der Wiederwahl von Staatspräsident Putin im Mai 2012 wird eine Zunahme autoritärer Tendenzen beklagt. So wurden das Versammlungsrecht und die Gesetzgebung über Nichtregierungsorganisationen erheblich verschärft, ein föderales Gesetz gegen "Propaganda nicht-traditioneller sexueller Beziehungen" erlassen, die Extremismus-Gesetzgebung verschärft sowie Hürden für die Wahlteilnahme von Parteien und Kandidaten beschlossen, welche die Wahlchancen oppositioneller Kräfte weitgehend zunichtemachen. Der Druck auf Regimekritiker und Teilnehmer von Protestaktionen wächst, oft mit strafrechtlichen Konsequenzen. Der Mord am Oppositionspolitiker Boris Nemzow hat das Misstrauen zwischen Staatsmacht und außerparlamentarischer Opposition weiter verschärft (AA 03.2017a). Mittlerweile wurden alle fünf Angeklagten im Mordfall Nemzow schuldig gesprochen. Alle fünf stammen aus Tschetschenien. Der Oppositionelle Ilja Jaschin hat das Urteil als "gerecht" bezeichnet, jedoch sei der Fall nicht aufgeklärt, solange Organisatoren und Auftraggeber frei sind. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hat verlautbart, dass die Suche nach den Auftraggebern weiter gehen wird. Allerdings sind sich Staatsanwaltschaft und Nebenklage, die die Interessen der Nemzow-Familie vertreten, nicht einig, wen sie als potenziellen Hintermann weiter verfolgen. Die staatlichen Anklagevertreter sehen als Lenker der Tat Ruslan Muchutdinow, einen Offizier des Bataillons "Nord", der sich in die Vereinigten Arabischen Emirate abgesetzt haben soll. Nemzows Angehörige hingegen vermuten, dass die Spuren bis "zu den höchsten Amtsträgern in Tschetschenien und Russland" führen. Sie fordern die Befragung des Vizebataillonskommandeurs Ruslan Geremejew, der ein entfernter Verwandter von Tschetscheniens Oberhaupt Ramsan Kadyrow ist (Standard 29.06.2017). Ein Moskauer Gericht hat den Todesschützen von Nemzow zu 20 Jahren Straflager verurteilt. Vier Komplizen erhielten Haftstrafen zwischen 11 und 19 Jahren. Zudem belegte der Richter Juri Schitnikow die fünf Angeklagten aus dem russischen Nordkaukasus demnach mit Geldstrafen von jeweils 100.000 Rubel (knapp 1.500 Euro). Die Staatsanwaltschaft hatte für den Todesschützen lebenslange Haft beantragt, für die Mitangeklagten 17 bis 23 Jahre (Kurier 13.07.2017).
Russland ist formal eine Föderation, die aus 83 Föderationssubjekten besteht. Die im Zuge der völkerrechtswidrigen Annexion erfolgte Eingliederung der ukrainischen Krim und der Stadt Sewastopol als Föderationssubjekte Nr. 84 und 85 in den russischen Staatsverband ist international nicht anerkannt. Die Föderationssubjekte genießen unterschiedliche Autonomiegrade und werden unterschiedlich bezeichnet (Republiken, Autonome Gebiete, Autonome Kreise, Regionen, Gebiete, Föderale Städte). Die Föderationssubjekte verfügen jeweils über eine eigene Legislative und Exekutive. In der Praxis unterstehen die Regionen aber finanziell und politisch dem föderalen Zentrum (AA 03.2017a).
Die siebte Parlamentswahl in Russland hat am 18. September 2016 stattgefunden. Gewählt wurden die 450 Abgeordneten der russischen Duma. Insgesamt waren 14 Parteien angetreten, unter ihnen die oppositionellen Parteien Jabloko und Partei der Volksfreiheit (PARNAS). Die Wahlbeteiligung lag bei 47,8%. Die meisten Stimmen bei der Wahl, die auch auf der Halbinsel Krim abgehalten wurde, erhielt die von Ministerpräsident Dmitri Medwedew geführte Regierungspartei "Einiges Russland" mit gut 54%. Nach Angaben der Wahlkommission landete die Kommunistische Partei mit 13,5% auf Platz zwei, gefolgt von der nationalkonservativen LDPR mit 13,2%. Die nationalistische Partei "Gerechtes Russland" erhielt 6%. Diese vier Parteien waren auch bislang schon in der Duma vertreten und stimmten in allen wesentlichen Fragen mit der Mehrheit. Den außerparlamentarischen Oppositionsparteien gelang es nicht die Fünf-Prozent-Hürde zu überwinden. In der Duma verschiebt sich die Macht zugunsten der Regierungspartei "Einiges Russland". Die Partei erreicht im Parlament mit 343 Sitzen deutlich die Zweidrittelmehrheit, die ihr nun Verfassungsänderungen ermöglicht. Die russischen Wahlbeobachter von der NGO Golos berichteten auch in diesem Jahr über viele Verstöße gegen das Wahlrecht (GIZ 04.2017a, vgl. AA 03.2017a).
Das Verfahren am Wahltag selbst wurde offenbar korrekter durchgeführt als bei den Dumawahlen im Dezember 2011. Direkte Wahlfälschung wurde nur in Einzelfällen gemeldet, sieht man von Regionen wie Tatarstan oder Tschetschenien ab, in denen Wahlbetrug ohnehin erwartet wurde. Die Wahlbeteiligung von über 90% und die hohen Zustimmungsraten in diesen Regionen sind auch nicht geeignet, diesen Verdacht zu entkräften. Doch ist die korrekte Durchführung der Abstimmung nur ein Aspekt einer demokratischen Wahl. Ebenso relevant ist, dass alle Bewerber die gleichen Chancen bei der Zulassung zur Wahl und die gleichen Möglichkeiten haben, sich der Öffentlichkeit zu präsentieren. Der Einsatz der Administrationen hatte aber bereits im Vorfeld der Wahlen - bei der Bestellung der Wahlkommissionen, bei der Aufstellung und Registrierung der Kandidaten sowie in der Wahlkampagne - sichergestellt, dass sich kein unerwünschter Kandidat und keine missliebige Oppositionspartei durchsetzen konnte. Durch restriktives Vorgehen bei der Registrierung und durch Behinderung bei der Agitation wurden der nichtsystemischen Opposition von vornherein alle Chancen genommen. Dieses Vorgehen ist nicht neu, man hat derlei in Russland vielfach erprobt und zuletzt bei den Regionalwahlen 2014 und 2015 erfolgreich eingesetzt. Das Ergebnis der Dumawahl 2016 demonstriert also, dass die Zentrale in der Lage ist, politische Ziele mit Hilfe der regionalen und kommunalen Verwaltungen landesweit durchzusetzen. Insofern bestätigt das Wahlergebnis die Stabilität und Funktionsfähigkeit des Apparats und die Wirksamkeit der politischen Kontrolle. Dies ist eine der Voraussetzungen für die Erhaltung der politischen Stabilität (RA 07.10.2016).
(AA - Auswärtiges Amt (03.2017a): Russische Föderation - Innenpolitik,
http://www.auswaertiges-amt.de/sid_167537BE2E4C25B1A754139A317E2F27/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/RussischeFoederation/Innenpolitik_node.html, Zugriff 21.6.2017
CIA - Central Intelligence Agency (15.06.2017): The World Factbook, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/rs.html, Zugriff 21.06.2017
EASO - European Asylum Support Office (03.2017): COI-Report Russian Federation - State Actors of Protection, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1489999668_easocoi-russia-state-actors-of-protection.pdf, Zugriff 21.06.2017
GIZ Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (4.201