TE Vwgh Erkenntnis 2000/1/31 97/10/0031

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Veröffentlicht am 31.01.2000
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
82/05 Lebensmittelrecht;

Norm

LMG 1975 §74 Abs4 Z1;
LMKV §6;
LMKV 1993 §1 Abs1;
LMKV 1993 §4 Z4 litc;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Killian, in der Beschwerdesache des M in Attersee, vertreten durch Dr. Norman Dick und Dr. Michael Dyck, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Imbergstraße 15/1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 25. Jänner 1997, VwSen-240236/2/Gf/Km, betreffend Übertretung des Lebensmittelgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug erlassenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als für die Einhaltung aller lebensmittelrechtlichen Verwaltungsvorschriften Beauftragter im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG der D-Gesellschaft m.b.H. zu verantworten, dass im Verteilerzentrum dieser Gesellschaft in Enns am 11. September 1995 270 Stück des verpackten Produktes "Calcium Magnesium Brausetabletten" von der N-Gesellschaft m.b.H. übernommen und an diesem Tag zur Auslieferung bereitgehalten und somit in Verkehr gebracht wurden. Das Produkt sei nicht ordnungsgemäß nach § 4 Z 7 lit. c LMKV 1993 gekennzeichnet gewesen, und zwar habe die Angabe der Zusatzstoffklasse für Zitronensäure, nämlich "Säuerungsmittel", gefehlt. Der Beschwerdeführer habe hiedurch die Verwaltungsübertretung nach § 74 Abs. 4 Z 1 LMG 1975 iVm §§ 1 Abs. 1 und 4 Z 4 lit. c LMKV 1993 begangen. Es wurde eine Geldstrafe von S 667,-- (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Begründend wurde dargelegt, der Beschwerdeführer habe lediglich geltend gemacht, dass ihn kein Verschulden träfe, da er auf die Auskunft des inländischen Lieferanten, dass das Produkt den gesetzlichen Vorschriften entspreche, vertraut habe. Dies allein könne den Beschwerdeführer nicht entschuldigen; ein Gewerbetreibender habe im Zweifelsfall zweckdienliche Erkundigungen bei der zuständigen Behörde einzuholen.

Dagegen richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 LMKV 1993 ist diese Verordnung auf alle verpackten Waren gemäß den §§ 2 und 3 LMG 1975 (Lebensmittel und Verzehrprodukte) - ausgenommen Kakao- und Schokoladeerzeugnisse und Waren, die dem Weingesetz 1985 in der geltenden Fassung unterliegen -, die - ohne weitere Verarbeitung - für den Letztverbraucher bestimmt sind, anzuwenden; dem Letztverbraucher sind Einrichtungen der Gemeinschaftsversorgung gleichzustellen.

Gemäß § 4 Z 7 LMKV 1993 gehören zu den Kennzeichnungselementen von verpackten Waren, sofern die §§ 5 bis 7 nicht anderes bestimmen, (u.a) die Zutaten (Bestandteile und Zusatzstoffe). Nach lit. c leg. cit. sind die Zusatzstoffe - mit Ausnahme der Aromen - mit ihrem spezifischen Namen zu deklarieren; gehören sie zu einer der im Anhang II angeführten Klassen, sind sie mit dem Namen dieser Klasse zu bezeichnen, dem der spezifische Name oder die EWG-Nummer zu folgen hat; ...

Im Anhang II der LMKV 1993 sind (u.a.) Säuerungsmittel als Klasse der Zutaten angeführt, für die die Bezeichnung ihrer Klasse, gefolgt von ihren spezifischen Namen oder der EWG-Nummer, stets zu verwenden ist.

Im Beschwerdeverfahren ist nicht strittig, dass die Kennzeichnung der in Rede stehenden Ware den zitierten Vorschriften nicht entsprach, weil die Bezeichnung der Zutatenklasse "Säuerungsmittel" fehlte. Der Beschwerdeführer bestreitet sein Verschulden an dem Verstoß gegen die Kennzeichnungsvorschriften mit der Begründung, er sei weder Lebensmittelchemiker noch Jurist und müsse daher nur leicht erkennbare Mängel der Kennzeichnung erkennen. Im Übrigen könne er darauf vertrauen, dass der Lieferant das Lebensmittel bzw. Verzehrprodukt richtig gekennzeichnet habe. Der Umstand, dass im konkreten Fall das Wort "Säuerungsmittel" fehle, könne ohne Beiziehung eines Sachverständigen nicht festgestellt werden.

Damit verkennt die Beschwerde die Rechtslage. Zunächst ist zu bemerken, dass die LMKV 1993 - anders als die LMKV 1973 in ihrem § 6 (vgl. hiezu die Erkenntnisse vom 17. Februar 1997, 95/10/0228, und vom 26. Mai 1997, 93/10/0084) - keine Einschränkung des Kreises der Verantwortlichen enthält; verantwortlich ist somit jeder, der beim Inverkehrbringen von Waren, die den Merkmalen des § 1 Abs. 1 LMKV 1993 entsprechen, den Anordnungen der LMKV 1993 zuwiderhandelt (vgl. hiezu Barfuß ua, LebensmittelR2, II A, Komm z LMKV, 51 und Brustbauer, ern 1993, 503).

Zum Tatbestand der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretung gehört weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr. Es handelt sich somit um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG (vgl. zB das Erkenntnis vom 27. November 1997, 93/10/0061). Bei diesen Delikten besteht nach § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG die Rechtsvermutung für das Verschulden (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters. Bestreitet er dieses, so hat er nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes initiativ alles darzutun, was für seine Entlastung spricht, insbesondere dass er solche Maßnahmen getroffen habe, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten ließen. Ansonsten wäre er selbst dann strafbar, wenn die Verstöße ohne sein Wissen und ohne seinen Willen begangen wurden (vgl. das Erkenntnis vom 6. Mai 1996, 94/10/0116 mwN).

Mit dem Hinweis auf die Verantwortlichkeit des Lieferanten macht der Beschwerdeführer nicht glaubhaft, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft ( vgl zB das einen ganz ähnlichen Sachverhalt betreffende Erkenntnis vom 20. Dezember 1999, 99/10/0173). Es wäre Sache des Beschwerdeführers gewesen, von sich aus der Behörde darzulegen, welche Maßnahmen er getroffen hat, die eine Einhaltung der Kennzeichnungsvorschriften gewährleisten sollten. Da ein solches - konkretes - Vorbringen völlig fehlt, erübrigt sich auch eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob zumutbare Kontrollmaßnahmen im vorliegenden Fall zur Wahrnehmung des Verstoßes gegen Kennzeichnungsvorschriften geführt hätten.

Auch die Berufung der Beschwerde auf den Erlass des Bundesministeriums für Gesundheit und Konsumentenschutz, GZ 30721/4-III/B/12/96 ist im vorliegenden Zusammenhang nicht zielführend. Dieser stellt mangels gehöriger Kundmachung keine Rechtsquelle dar, die der Verwaltungsgerichtshof anzuwenden hätte. Allgemeine Verwaltungsanweisungen wie z.B. Erlässe und Richtlinien begründen keine Rechte und Pflichten für die Rechtsunterworfenen (vgl. zB das Erkenntnis vom 22. September 1999, 97/15/0005). Schon aus diesem Grund kann der Auffassung der Beschwerde, die aus dem erwähnten Erlass ableitet, es sei "nicht jede Deklaration, welche im Widerspruch zur LMKV steht, unzulässig", nicht gefolgt werden. Auch unter dem Gesichtspunkt der Schuld ist die Berufung auf den Erlass nicht zielführend; der Beschwerdeführer hat niemals behauptet, in Kenntnis des Erlasses und im Vetrauen auf dessen Inhalt gehandelt zu haben.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 31. Jänner 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1997100031.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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