TE Lvwg Erkenntnis 2018/6/26 405-3/402/1/2-2018

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Veröffentlicht am 26.06.2018
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Entscheidungsdatum

26.06.2018

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
L80005 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Salzburg
L82005 Bauordnung Salzburg

Norm

VVG §4
ROG 2009 Slbg §46
BauPolG Slbg §16 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Salzburg erkennt durch den Richter Dr. Martin Warter über die Beschwerde des AB AA, AE 13, AC AD, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. AG AF, AH 7, AC AD, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Hallein (belangte Behörde) vom 22.5.2018, Zahl xxx,

z u R e c h t:

I.   Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG iVm § 4 Abs 1 VVG iVm § 16 Abs 3 zweiter Satz BauPolG 1997 wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II.  Gegen dieses Erkenntnis ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Das Verwaltungsgericht geht von nachstehendem Sachverhalt aus:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde AD vom 25.7.2010, Zahl yyy, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 16 Abs 3 Baupolizeigesetz 1997 (BauPolG 1997) die Beseitigung eines Stallgebäudes samt Pferdeboxen auf Grundstück-Nummer (GSt-Nr) zz/1, KG AL, bis 31.12.2010 aufgetragen. Dieser Bescheid wurde mit dem in innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid der Gemeindevertretung der Stadtgemeinde AD vom 11.4.2013 bestätigt; die Leistungsfrist wurde mit sechs Monaten ab Rechtskraft des Berufungsbescheides neu festgesetzt.

Eine Vorstellung gegen den Bescheid der Gemeindevertretung vom 11.4.2013 wurde nicht erhoben; der Bescheid der Gemeindevertretung vom 11.4.2013 ist rechtskräftig.

Mit Erledigung vom 1.3.2018, dem Beschwerdeführer zugestellt am 5.3.2018, hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer in Bezug auf den obgenannten Beseitigungsauftrag die Ersatzvornahme angedroht.

Am 20.3.2018 hat der Beschwerdeführer bei der Stadtgemeinde AD (Gemeindevertretung der Stadtgemeinde AD) um Einzelbewilligung gemäß § 46 Abs 1 Raumordnungsgesetz 2009 (ROG 2009) für das Stallgebäude mit Pferdeboxen angesucht. Das Verfahren über dieses Ansuchen ist bis dato noch nicht abgeschlossen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 22.5.2018 hat die belangte Behörde gemäß § 4 Abs 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG) verfügt, dass das baubehördlich nicht bewilligte Stallgebäude mit Pferdeboxen beim Objekt AC AD, AE 13, auf GSt-Nr zz/1, KG AL, durch Ersatzvornahme auf Gefahr und Kosten des Beschwerdeführers zu entfernen ist. Begründend führt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus, dass nach dem rechtskräftigen Bescheid der Gemeindevertretung der Stadtgemeinde AD der Beschwerdeführer das Stallgebäude mit Pferdeboxen zu entfernen habe. Der Androhung der Ersatzvornahme mit Erledigung vom 1.3.2018 sei keine Folge geleistet worden. Aufgrund des Ergebnisses dieser Erhebungen sei erwiesen, dass die in § 4 Abs 1 VVG genannten Voraussetzung für die Durchführung einer Ersatzvornahme vorliegen würden, weshalb diese bescheidmäßig anzuordnen gewesen sei.

Gegen den angefochtenen Bescheid hat der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 14.6.2018 Beschwerde erhoben. Er beantragt darin, dass das Landesverwaltungsgericht Salzburg „den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs 3 VwGVG mit Beschluss aufheben und das Vollstreckungsverfahren für gehemmt erklären“ möge. Auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung werde verzichtet. Begründend wird in der Beschwerde ausgeführt, dass nach der Judikatur das Vollstreckungsverfahren gehemmt werde, wenn im Hinblick auf einen Entfernungsauftrag ein Bewilligungsverfahren anhängig gemacht worden sei. Dies sei hier der Fall, da der Beschwerdeführer am 20.3.2018 um Einzelbewilligung gemäß § 46 Abs 1 ROG 2009 für das Stallgebäude mit Pferdeboxen angesucht habe. Verwiesen werde auf eine E-Mail der Bauabteilung der Stadtgemeinde AD, mit der die belangte Behörde gebeten werde, die Vollstreckung des Beseitigungsauftrages nicht fortzusetzen, solange nicht über das Ansuchen rechtskräftig entschieden worden sei.

Beweiswürdigend ist zu den Sachverhaltsfeststellungen auszuführen, dass sich diese auf den Inhalt des von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsaktes betreffend das Vollstreckungsverfahren gründen. Widersprüche auf Sachverhaltsebene, die beweiswürdigend aufzulösen gewesen wären, sind nicht hervorgekommen.

Rechtlich ist hiezu auszuführen wie folgt:

Wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, so kann gemäß § 4 Abs 1 VVG die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.

Gemäß § 46 Abs 1 ROG 2009 können die Wirkungen des Flächenwidmungsplanes nach § 45 Abs 1 leg cit auf Ansuchen für ein genau zu bezeichnendes Vorhaben durch Bescheid der Gemeindevertretung ausgeschlossen werden (Einzelbewilligung).

Gemäß § 16 Abs 3 erster Satz BauPolG 1997 hat die Baubehörde, wenn eine bauliche Anlage ohne Bewilligung ausgeführt oder ihre Bewilligung nachträglich aufgehoben worden ist, dem Eigentümer oder allenfalls auch dem Veranlasser aufzutragen, die bauliche Anlage binnen einer angemessenen Frist zu beseitigen.

Nach § 16 Abs 3 zweiter Satz BauPolG 1997 darf eine Vollstreckung des Beseitigungsauftrages, wenn ein Ansuchen um nachträgliche Baubewilligung gestellt wird, nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann jeder unbefugt errichtete Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung nicht erwirkt wurde, Gegenstand eines Beseitigungsauftrages sein, auch dann, wenn ein Ansuchen um nachträgliche Bewilligung eingebracht wurde; allerdings ist die Vollstreckung des Bauauftrages (und eine Bestrafung) solange unzulässig, als ein Ansuchen um nachträgliche Bewilligung anhängig ist (vgl VwGH 90/06/0214 zum BauPolG 1973).

Das Anhängigsein eines entsprechenden Bauansuchens (Ansuchen um nachträgliche Baubewilligung) hindert die Erlassung eines Beseitigungsauftrages gemäß § 16 Abs 3 BauPolG 1997 nicht; gemäß ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung darf allerdings in dieser Zeit der Beseitigungsauftrag nicht vollstreckt werden (vgl VwGH 2000/06/0034).

Auch zu Bauordnungen anderer Bundesländer judiziert der Verwaltungsgerichtshof, dass zusammengefasst ein Beseitigungsauftrag erst nach rechtskräftiger Versagung der nachträglichen baubehördlichen Bewilligung vollstreckt werden darf (vgl VwGH Ra 2017/05/0293 zur Wiener Bauordnung; VwGH Ra 2017/05/0082 zur Niederösterreichischen Bauordnung; VwGH 2002/06/0004 zur Tiroler Bauordnung; VwGH 2010/06/0007 zum Steiermärkischen Baugesetz).

Die Einleitung oder Fortführung der Vollstreckung ist unzulässig, wenn ein Bewilligungsansuchen (im Sinne der §§ 4, 5 BauPolG 1997) bei der Baubehörde nachträglich eingebracht wird (vgl Giese, Salzburger Baurecht², § 16 BauPolG Rn 35).

Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 16 Abs 3 zweiter Satz BauPolG 1997 bezieht sich die Unzulässigkeit der Einleitung oder Fortsetzung eines Vollstreckungsverfahrens betreffend einen Beseitigungsauftrag auf „ein Ansuchen um nachträgliche Baubewilligung“. Es wird damit (so auch Giese aaO) auf ein Bauansuchen im Sinne der §§ 4, 5 BauPolG 1997 abgestellt. Somit ist nach der eindeutigen gesetzlichen Anordnung nur ein Ansuchen um nachträgliche baubehördliche Bewilligung dazu geeignet, zur Unzulässigkeit der Einleitung oder Fortsetzung des Vollstreckungsverfahrens zu führen.

Hätte der Landesgesetzgeber gewollt, so wie dies der Beschwerdeführer offenbar vor Augen hat, dass auch die Einleitung eines Verfahrens zur Erlangung einer Einzelbewilligung nach § 46 ROG 2009 zu einer Unzulässigkeit der Einleitung oder Fortsetzung des Vollstreckungsverfahrens führen soll, hätte er dies in § 16 Abs 3 zweiter Satz BauPolG 1997 so normiert. Anhaltspunkte für die Annahme einer echten bzw planwidrigen Lücke in diesem Zusammenhang bestehen nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes nicht, dies auch vor dem Hintergrund, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine auftretende Rechtslücke im Zweifel als beabsichtigt anzusehen ist (vgl VwGH Ro 2014/08/0060). Im Zweifel ist das Unterbleiben einer bestimmten Regelung im Bereich des öffentlichen Rechts als beabsichtigt anzusehen (vgl VwGH 2010/12/0120).

Da zusammengefasst das vom Beschwerdeführer bei der Gemeindevertretung der Stadtgemeinde AD anhängig gemachte Verfahren zur Erlangung einer Einzelbewilligung nach § 46 ROG 2009 nicht zur Unzulässigkeit der Einleitung oder Fortsetzung der Vollstreckung des Beseitigungsauftrages führt (die Einleitung oder Fortsetzung der Vollstreckung wäre gemäß § 16 Abs 3 zweiter Satz BauPolG 1997 nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nur bei Anhängigkeit eines Verfahrens über ein Ansuchen um nachträgliche Baubewilligung unzulässig), erweist sich die mit dem angefochtenen Bescheid durch Ersatzvornahme gemäß § 4 Abs 1 VVG verfügte Beseitigung des Stallgebäudes samt Pferdeboxen nicht als rechtswidrig. Weder für eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 3 VwGVG mittels Beschluss noch für eine Erklärung, dass das Vollstreckungsverfahren gehemmt wäre, verbleibt daher ein Raum. Die Beschwerde war somit insgesamt als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil der Beschwerdeführer auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ausdrücklich verzichtet hat (vgl § 24 Abs 5 VwGVG).

Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision (§ 25a Abs 1 VwGG; Spruchpunkt II.):

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zu beurteilen war. Zwar ist Giese (vgl Giese aaO) mit Hinweis auf VwGH 96/06/0277 darin zuzustimmen, dass sich der Verwaltungsgerichtshof – soweit erkennbar – mit der Frage, ob die Einleitung eines Verfahrens über eine Einzelbewilligung nach § 46 ROG 2009 zur Unzulässigkeit der Verwaltungsvollstreckung führt, noch nicht abschließend auseinandergesetzt hat (in VwGH 96/06/0277 konnte die Frage infolge bereits erfolgten Abschlusses des Einzelbewilligungsverfahrens dahingestellt bleiben). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG liegt aber im Allgemeinen dann nicht vor, wenn sich das Verwaltungsgericht – wie vorliegend – in seiner Entscheidung auf einen eindeutigen Gesetzeswortlaut zu stützen vermag (vgl VwGH Ra 2017/12/0081). Ist die Rechtslage wie gegenständlich nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG vor, und zwar selbst dann, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen wäre (vgl VwGH Ra 2016/18/0343).

Schlagworte

Baurecht, Vollstreckungsverfahren, Beseitigungsauftrag, anhängiges Einzelbewilligungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGSA:2018:405.3.402.1.2.2018

Zuletzt aktualisiert am

11.07.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Salzburg LVwg Salzburg, https://www.salzburg.gv.at/lvwg
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